Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Restschuldversicherung im Fokus: Anspruch bei Herzinfarkt beleuchtet
- Der Fall vor Gericht
- Versicherung muss nach Herzinfarkt über 50.000 Euro zahlen – Gericht erkennt instabile Angina als Versicherungsfall an
- Versicherungsschutz trotz umstrittener Diagnose
- Medizinische Expertise bestätigt Herzinfarkt-Charakter
- Versicherungsbedingungen zugunsten der Versicherten ausgelegt
- Klausel der Versicherung als intransparent eingestuft
- Versicherungsleistung unter Anrechnung bisheriger Zahlungen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was deckt eine Restschuldversicherung bei Krankheiten typischerweise ab?
- Wie sind medizinische Fachbegriffe in Versicherungsbedingungen zu verstehen?
- Welche Rechte haben Versicherte bei Ablehnung eines Leistungsantrags?
- Wann sind Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen unwirksam?
- Wie berechnet sich die Versicherungsleistung bei mehreren Versicherungsfällen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Nürnberg-Fürth
- Datum: 06.03.2024
- Aktenzeichen: 8 O 6422/22
- Verfahrensart: Zivilverfahren wegen Ansprüchen aus einer Gewerbekreditschutzversicherung
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Vertragsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Klägerin, eine ehemalige Gastwirtin, argumentiert, dass sie Anspruch auf Versicherungsleistungen aufgrund einer schweren Krankheit und Arbeitsunfähigkeit hat. Sie hatte eine Gewerbekreditschutzversicherung abgeschlossen und erlitt nach eigener Aussage einen Herzinfarkt, der zu ihrer Arbeitsunfähigkeit führte.
- Beklagte: Die Beklagte, ein Versicherungsunternehmen, behauptet, dass die Klägerin keinen Herzinfarkt im Sinne der Versicherungsbedingungen erlitten habe. Sie argumentiert, dass maximal ein stummer bzw. Mikroinfarkt vorläge, was nicht unter den Versicherungsschutz falle. Außerdem sei die Kündigung der Darlehensverträge auf die Abmeldung des Gewerbes der Klägerin zurückzuführen.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin schloss eine Gewerbekreditschutzversicherung zur Absicherung von Darlehen ab. Sie stellte Ansprüche aus der Versicherung, nachdem sie ihre Geschäftstätigkeit beendet hatte und die Darlehensverträge gekündigt wurden. Die Beklagte verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass kein versicherter Herzinfarkt vorliege.
- Kern des Rechtsstreits: Im Mittelpunkt steht die Frage, ob ein Herzinfarkt im Sinne der Versicherungsbedingungen vorlag und ob der Ausschluss von stummen Infarkten und Angina pectoris rechtmäßig ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 50.836,27 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.293,24 € zu zahlen. Die Feststellungsklage, dass die Beklagte jedweden Schaden ersetzen muss, wurde abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass eine instabile Angina pectoris, die bei der Klägerin diagnostiziert wurde, im Sinne der Versicherungsbedingungen als Herzinfarkt gilt. Die Klausel, welche stumme Infarkte ausschließt, ist intransparent und damit unwirksam. Zudem konnte die Krankheit erstmals nach Unterzeichnung des Versicherungsantrags diagnostiziert werden.
- Folgen: Die Beklagte muss die festgelegten Beträge zahlen. Das Urteil macht deutlich, dass Versicherungsbedingungen klar und verständlich formuliert sein müssen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, aber für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung. Die festgestellten Rechtsprinzipien könnten Auswirkungen auf zukünftige Versicherungsstreitigkeiten haben.
Restschuldversicherung im Fokus: Anspruch bei Herzinfarkt beleuchtet
Die Restschuldversicherung ist eine Form der Kreditversicherung, die dazu dient, Kreditnehmer bei unvorhergesehenen Ereignissen abzusichern. Dies kann insbesondere relevant werden, wenn gesundheitliche Risiken wie ein Herzinfarkt eintreten. In solchen Fällen stellen sich viele die Frage: Zahlt die Versicherung bei einem Herzinfarkt? Die finanziellen Auswirkungen eines Krankheitsfalls oder eines Todesfalls können gravierend sein und die Existenzgrundlage von Angehörigen gefährden, wodurch die Rolle der Restschuldversicherung in der Risikovorsorge an Bedeutung gewinnt.
Vertragsbedingungen und Ausschlüsse in der Versicherung sind entscheidend, um die Versicherungsleistungen im Ernstfall zu verstehen. Insbesondere die Frage nach den Anspruchsvoraussetzungen bei Krankheit und die Prämienanpassungen sollten im Vorfeld sorgfältig geprüft werden. Im Folgenden wird ein konkreter Fall analysiert, der aufzeigt, wie Gerichte über die Ansprüche aus einer Restschuldversicherung bei einem Herzinfarkt entscheiden.
Der Fall vor Gericht
Versicherung muss nach Herzinfarkt über 50.000 Euro zahlen – Gericht erkennt instabile Angina als Versicherungsfall an
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat einer ehemaligen Gastwirtin in einem Rechtsstreit mit ihrer Restschuldversicherung Recht gegeben. Die Versicherung wurde zur Zahlung von 50.836,27 Euro nebst Zinsen verurteilt.
Versicherungsschutz trotz umstrittener Diagnose
Die Klägerin hatte für zwei Gewerbekredite bei der Sparkasse eine Restschuldversicherung abgeschlossen, die unter anderem das Risiko schwerer Krankheiten absicherte. Im Februar 2021 wurde bei ihr eine instabile Angina pectoris diagnostiziert. Die Versicherung lehnte eine Leistung mit der Begründung ab, dass laut Versicherungsbedingungen nur Herzinfarkte versichert seien, nicht jedoch eine Angina pectoris.
Medizinische Expertise bestätigt Herzinfarkt-Charakter
Die vom Gericht beauftragte medizinische Sachverständige stellte klar, dass der Begriff „Herzinfarkt“ in der leitlinienbasierten Medizin nicht verwendet wird. Stattdessen spreche man von einem akuten Koronarsyndrom, das verschiedene Erscheinungsformen umfasse. Eine instabile Angina pectoris sei dabei ein dringender Zustand, der sofortiges Handeln erfordere und von Laien als Herzinfarkt bezeichnet werde.
Versicherungsbedingungen zugunsten der Versicherten ausgelegt
Das Gericht folgte dieser Einschätzung und betonte, dass Versicherungsbedingungen so auszulegen seien, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne Spezialkenntnisse sie verstehen müsse. Da die Versicherung selbst den laienhaften Begriff „Herzinfarkt“ verwende, müsse der Versicherungsschutz auch für Erkrankungen gelten, die medizinische Laien als Herzinfarkt wahrnehmen.
Klausel der Versicherung als intransparent eingestuft
Die Richter kritisierten zudem die Formulierung der Ausschlussklausel als intransparent und widersprüchlich. Der Versuch der Versicherung, die instabile Angina pectoris vom Versicherungsschutz auszuschließen, sei mit dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht vereinbar. Unklarheiten in den Versicherungsbedingungen gingen zu Lasten des Versicherers.
Versicherungsleistung unter Anrechnung bisheriger Zahlungen
Von der ursprünglichen Versicherungssumme von rund 79.000 Euro wurden bereits geleistete Zahlungen der Versicherung in Höhe von 28.361,71 Euro abgezogen, die aufgrund einer nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin erfolgt waren. Die Versicherung muss nun den Restbetrag von 50.836,27 Euro nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.293,24 Euro zahlen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass Versicherungen bei der Verwendung medizinischer Begriffe in ihren Bedingungen die Sichtweise eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers berücksichtigen müssen. Wenn eine Versicherung den allgemein bekannten Begriff „Herzinfarkt“ verwendet, muss sie auch Krankheitsbilder einschließen, die medizinische Laien darunter verstehen würden – wie eine instabile Angina pectoris. Unklare Formulierungen in Versicherungsbedingungen gehen zu Lasten der Versicherung, nicht des Versicherten.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie eine Restschuldversicherung haben und unter Herzbeschwerden leiden, können Sie auch dann Ansprüche haben, wenn kein „klassischer“ Herzinfarkt vorliegt. Die Versicherung muss zahlen, wenn Ihre Erkrankung für einen Laien einem Herzinfarkt ähnelt – selbst wenn Ärzte dies medizinisch anders bezeichnen. Bei Ablehnung durch die Versicherung sollten Sie prüfen lassen, ob die verwendeten medizinischenBegriffe in den Versicherungsbedingungen klar und verständlich sind. Lassen Sie sich nicht vorschnell abweisen, wenn Ihre Symptome aus Ihrer Sicht einem versicherten Krankheitsbild entsprechen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was deckt eine Restschuldversicherung bei Krankheiten typischerweise ab?
Eine Restschuldversicherung übernimmt bei Krankheit die zeitlich begrenzte Übernahme der monatlichen Kreditraten, wenn der Versicherte arbeitsunfähig wird und seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.
Typische Leistungen bei Krankheit
Der Versicherungsschutz greift üblicherweise für einen festgelegten Zeitraum von 12 bis 24 Monaten. Dabei gilt häufig eine Karenzzeit von 30 bis 90 Tagen, in der noch keine Leistungen erbracht werden.
Einschränkungen bei Herzerkrankungen
Bei Herzerkrankungen ist die Abdeckung durch Restschuldversicherungen unterschiedlich geregelt. Je schwerwiegender und lebensbedrohlicher die Herzerkrankung, desto wahrscheinlicher ist eine Abdeckung durch die Versicherung. Ein Herzinfarkt wird jedoch nicht automatisch als versicherter Fall anerkannt. Die vertragliche Definition der versicherten Krankheiten ist hier entscheidend.
Ausschlüsse und Einschränkungen
Die Versicherungen schließen häufig bestimmte Erkrankungen vom Versicherungsschutz aus. Besonders bei psychischen Erkrankungen greifen viele Versicherungen nicht. Auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen können Einschränkungen bestehen.
Versicherte Herzerkrankungen
Folgende Herzerkrankungen werden typischerweise als versicherte Fälle anerkannt:
- Schwerer Herzinfarkt mit dauerhaften Schäden am Herzmuskel
- Fortgeschrittene koronare Herzkrankheit mit notwendiger Bypass-Operation
- Schwere Herzinsuffizienz mit stark eingeschränkter Pumpleistung
Die genaue Ausgestaltung der Leistungen variiert zwischen den Versicherungen. Die Versicherungsbedingungen definieren präzise, welche Krankheitsbilder in welchem Schweregrad als versicherter Fall gelten.
Wie sind medizinische Fachbegriffe in Versicherungsbedingungen zu verstehen?
Medizinische Fachbegriffe in Versicherungsbedingungen werden nach dem Verständnishorizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ausgelegt. Dies bedeutet, dass nicht die streng medizinische Definition entscheidend ist, sondern wie ein Laie ohne medizinische Fachkenntnisse den Begriff verstehen würde.
Auslegung nach dem Empfängerhorizont
Bei der Interpretation medizinischer Begriffe gilt der Grundsatz der kundenfreundlichen Auslegung. Wenn Sie beispielsweise in Ihren Versicherungsbedingungen auf den Begriff „Herzinfarkt“ stoßen, umfasst dies auch verwandte Krankheitsbilder wie ein Akutes Koronarsyndrom oder eine instabile Angina pectoris.
Unklarheiten gehen zu Lasten der Versicherung
Versicherungsunternehmen müssen ihre Bedingungen klar und verständlich formulieren. Sind die medizinischen Definitionen in den Vertragsbedingungen unklar oder mehrdeutig, geht dies zu Lasten des Versicherers. Wenn Sie also einen medizinischen Fachbegriff unterschiedlich interpretieren können, gilt im Zweifel die für Sie günstigere Auslegung.
Bedeutung der medizinischen Diagnose
Die genaue medizinische Bezeichnung einer Krankheit spielt dennoch eine wichtige Rolle. Versicherungsverträge enthalten oft detaillierte Definitionen von Krankheiten, die als Versicherungsfall gelten. Stellen Sie sich vor, Ihre Versicherung listet bestimmte Krankheiten wie Krebs, Schlaganfall oder Multiple Sklerose als versicherte Ereignisse auf – dann muss die diagnostizierte Erkrankung unter eine dieser Definitionen fallen.
Die medizinische Fachsprache unterscheidet sich erheblich von der Alltagssprache. Ein medizinischer Fachbegriff kann für Laien eine andere Bedeutung haben als in der Medizin. Gerichte berücksichtigen diese Diskrepanz und legen die Versicherungsbedingungen so aus, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer verstehen würde.
Welche Rechte haben Versicherte bei Ablehnung eines Leistungsantrags?
Prüfung der Ablehnungsgründe
Bei einer Ablehnung von Versicherungsleistungen haben Versicherte das Recht, die genauen Gründe zu erfahren. Die Versicherung muss ihre Entscheidung nachvollziehbar begründen. Wenn die Ablehnung auf unklaren Versicherungsbedingungen basiert, wirkt sich dies zu Gunsten der Versicherten aus, da Zweifel bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen zu Lasten des Versicherers gehen.
Widerspruchsverfahren
Nach einer Ablehnung können Versicherte schriftlich Widerspruch einlegen. Dabei ist es wichtig, alle relevanten medizinischen Unterlagen und Dokumentationen beizufügen, die den Anspruch begründen. Bei einem Herzinfarkt sind dies beispielsweise Arztberichte, Krankenhausentlassungsbriefe und Atteste über die Arbeitsunfähigkeit.
Rechtliche Durchsetzung
Wenn der Widerspruch erfolglos bleibt, können Versicherte ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen. Die Gerichte prüfen dabei den Erwartungshorizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers. So hat beispielsweise ein Oberlandesgericht entschieden, dass nicht nur der klassische Herzinfarkt, sondern auch andere akute Herzbeschwerden wie die instabile Angina pectoris von der Versicherung abgedeckt sein können.
Verjährungsfristen beachten
Versicherte müssen die Verjährungsfristen ihrer Ansprüche im Blick behalten. Wenn die Ablehnung im Jahr 2021 erfolgte, verjähren die Ansprüche Ende 2024. Bei einer Ablehnung aus dem Jahr 2022 tritt die Verjährung erst am 31.12.2025 ein. Versicherte können den Versicherer um einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung bitten, bis die rechtliche Frage abschließend geklärt ist.
Wann sind Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen unwirksam?
Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen sind unwirksam, wenn sie gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Klauseln zu vage formuliert sind und der Versicherungsnehmer den Umfang der Einschränkung nicht klar erkennen kann.
Kriterien der Unwirksamkeit
Eine Ausschlussklausel ist rechtlich nicht haltbar, wenn sie zu weit gefasst ist und auch nicht behandlungsbedürftige Krankheiten einschließt. Wenn Sie beispielsweise eine Restschuldversicherung abschließen, muss die Versicherung präzise definieren, welche Erkrankungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.
Der Versicherer muss die Nachteile und Belastungen einer Ausschlussklausel so deutlich machen, dass der Versicherungsnehmer den verbleibenden Versicherungsumfang erkennen kann. Eine bloß beispielhafte Aufzählung von Ausschlussgründen reicht nicht aus, wenn keine einheitlichen Kriterien erkennbar sind.
Konkrete Fallbeispiele
Bei psychischen Erkrankungen hat das Landgericht Hamburg eine Ausschlussklausel für unwirksam erklärt, weil sie bereits bei einer bloßen Mitursächlichkeit der psychischen Erkrankung griff. Die Klausel benachteiligte Verbraucher unangemessen, da sie auch dann galt, wenn die psychische Erkrankung nur eine Begleiterscheinung einer anderen Krankheit war.
Rechtliche Folgen
Bei einer unwirksamen Ausschlussklausel kann der Versicherer sich nicht auf den Ausschluss berufen. Die Versicherung muss in diesem Fall grundsätzlich leisten, sofern die sonstigen Voraussetzungen für den Versicherungsfall vorliegen. Wenn Sie als Versicherungsnehmer von einer unwirksamen Ausschlussklausel betroffen sind, können Sie Ihre Ansprüche auch dann noch geltend machen, wenn die Versicherung die Leistung zunächst abgelehnt hat.
Wie berechnet sich die Versicherungsleistung bei mehreren Versicherungsfällen?
Bei einer Restschuldversicherung wird die Versicherungsleistung für jeden Versicherungsfall separat berechnet und kann sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen.
Berechnung der Grundleistung
Die Versicherungsleistung errechnet sich aus der monatlichen Versicherungssumme multipliziert mit der Restlaufzeit der Versicherung in Monaten. Wenn Sie mehrere Versicherungsverträge abgeschlossen haben, wird die Leistung für jeden Vertrag einzeln ermittelt.
Anrechnung verschiedener Leistungsarten
Bereits erfolgte Leistungen aus anderen Versicherungsfällen, wie etwa Zahlungen wegen Arbeitsunfähigkeit, werden auf die Gesamtleistung angerechnet. Wenn Sie beispielsweise zunächst Leistungen wegen Arbeitsunfähigkeit erhalten haben und später eine schwere Krankheit diagnostiziert wird, reduziert sich die Einmalzahlung um die bereits erhaltenen Beträge.
Höchstgrenzen und Beschränkungen
Die Gesamtleistung unterliegt häufig einer vertraglichen Höchstgrenze. In der Praxis liegt diese beispielsweise bei 200.000 Euro. Bei Arbeitslosigkeit ist der Leistungszeitraum meist auf zwölf bis 24 Monate begrenzt.
Zeitpunkt der Leistungsberechnung
Entscheidend für die Berechnung ist der Zeitpunkt der ersten ärztlichen Diagnose des Versicherungsfalls. Die zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Restlaufzeit des Versicherungsvertrags bestimmt die Höhe der Gesamtleistung.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Restschuldversicherung
Eine spezielle Versicherung, die Kreditnehmer gegen Risiken wie Tod, Arbeitsunfähigkeit oder schwere Krankheiten absichert und in diesen Fällen die ausstehenden Kreditraten übernimmt. Sie wird meist beim Abschluss eines Kredits angeboten und soll sicherstellen, dass die Kreditsumme auch bei unerwarteten Lebensereignissen zurückgezahlt werden kann. Geregelt ist dies im Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Beispiel: Ein Hausbesitzer schließt mit seinem Immobilienkredit eine Restschuldversicherung ab, die bei schwerer Krankheit die Kreditraten weiterzahlt.
Akutes Koronarsyndrom
Ein medizinischer Sammelbegriff für verschiedene schwere Herzerkrankungen, bei denen die Herzkranzgefäße nicht ausreichend durchblutet werden. Umfasst sowohl die instabile Angina pectoris als auch verschiedene Formen des Herzinfarkts. Diese Differenzierung ist rechtlich relevant bei Versicherungsleistungen, da verschiedene Schweregrade unterschiedlich eingestuft werden können. Grundlage sind die medizinischen Leitlinien der Fachgesellschaften. Ein typisches Beispiel ist plötzlich auftretender Brustschmerz mit Atemnot.
Intransparente Klausel
Eine Vertragsbestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die für den durchschnittlichen Vertragspartner nicht klar, verständlich oder eindeutig formuliert ist. Nach § 307 BGB sind solche Klauseln unwirksam. Bei Versicherungsverträgen werden unklare Formulierungen zu Gunsten des Versicherungsnehmers ausgelegt. Beispiel: Eine Versicherungsklausel, die medizinische Fachbegriffe verwendet, ohne diese für Laien verständlich zu erklären.
Versicherungsfall
Das Ereignis, bei dessen Eintritt die Versicherung gemäß Vertrag zur Leistung verpflichtet ist. Die genaue Definition des Versicherungsfalls muss in den Versicherungsbedingungen eindeutig festgelegt sein (§ 1 VVG). Wichtig ist die präzise Beschreibung der Voraussetzungen, unter denen ein Versicherungsfall vorliegt. Beispiel: Bei einer Krankenversicherung ist der Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung der versicherten Person.
Anspruchsvoraussetzungen
Die im Versicherungsvertrag festgelegten Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Versicherungsleistungen hat. Diese müssen nach § 307 BGB klar und verständlich formuliert sein. Dazu gehören etwa der Nachweis bestimmter Erkrankungen oder Diagnosen durch ärztliche Atteste. Beispiel: Bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung muss eine mindestens 50-prozentige Arbeitsunfähigkeit ärztlich nachgewiesen werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieses Gesetz regelt die Grundlagen für Versicherungsverträge in Deutschland, einschließlich der Pflichten der Versicherung und des Versicherungsnehmers. Im Rahmen der Restschuldversicherung trifft dies insbesondere auf die Pflicht der Versicherung zu, im Versicherungsfall Leistungen zu erbringen, wenn die vertraglichen Voraussetzungen erfüllt sind. Im vorliegenden Fall wird der Anspruch der Klägerin auf Versicherungsschutz aufgrund eines Herzinfarkts, der im Versicherungsvertrag als versichertes Risiko aufgeführt ist, thematisiert.
- § 2 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieser Paragraph beschreibt die Offenbarungspflicht des Versicherungsnehmers. Der Versicherungsnehmer muss alle für die Risikobewertung relevanten Informationen wahrheitsgemäß angeben. Die Klägerin hat angegeben, dass ihr die Erkrankung bei Antragstellung nicht bekannt war, was für die Beurteilung eines eventuellen Leistungsanspruchs entscheidend ist, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob hier eine grobe Fahrlässigkeit vorliegt.
- § 61 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Der Paragraph regelt die gesetzlichen Leistungsverweigerungsrechte der Versicherung im Falle einer Verletzung der Anzeigepflicht. Dies ist besonders relevant, da die Beklagte in ihrem Schreiben vom 08.02.2022 jegliche Regulierung verweigert hat. Der Fall muss untersuchen, ob die vorgetragene Gesundheitsgeschichte der Klägerin eine solche Leistungsverweigerung rechtfertigt.
- § 192 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph definiert den Umfang der Leistungspflicht aus einem Versicherungsvertrag. Die Beklagte könnte sich auf den Ausschluss bestimmter Krankheiten (z.B. stumme Infarkte und Angina pectoris) berufen, um die Auszahlung zu verweigern. Hierbei wird die ungenaue Definition des Begriffs „Herzinfarkt“ und die Einordnung des klinischen Zustands der Klägerin als entscheidend erachtet, um zu klären, ob der Anspruch gegeben oder ausgeschlossen ist.
- Art. 2 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche): Dieser Artikel beinhaltet Regelungen zur Anwendung deutschen Rechts und zum Schutz der Verbraucher. In diesem Fall ist er relevant, da die Klage einer Verbraucherin gilt, die möglicherweise durch unklare oder missverständliche Versicherungsbedingungen benachteiligt wird. Die Frage der Transparenz und Verständlichkeit der vertraglichen Bestimmungen wird zentral sein, um zu prüfen, ob die Klägerin ausreichend informiert wurde.
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Das vorliegende Urteil
LG Nürnberg-Fürth – Az.: 8 O 6422/22 – Endurteil vom 06.03.2024
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