BGH
Az: IV ZR 165/09
Urteil vom 18.05.2011
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2011 für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 6. Januar 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet seien, sie von Schadensersatzansprüchen der Bundesrepublik Deutschland in Höhe von 85.077,88 € freizustellen.
Der Schaden resultiert daraus, dass das der Klägerin gehörende Motorschiff am 29. Januar 2003 zweimal mit dem Trogtor eines Schiffshebewerks kollidierte.
Die Klägerin stützt ihre Forderung gegen die Beklagte zu 1 auf einen mit dieser angeblich geschlossenen Versicherungsvertrag gemäß einer so genannten „Cover-Note“ vom 13. Februar 2003. Dieses von der Beklagten zu 1 unter ihrem Briefkopf ausgestellte Dokument enthält Angaben zu Versicherungsnehmer, Schiff, Versicherungssumme, Fahrtgebiet, Laufzeit, Bedingungen, Selbstbehalt, Prämie und Versicherer. Als Laufzeit ist der Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2003 angegeben. Unter dem Punkt „Bedingungen“ heißt es:
„Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Flusskaskorisiken 2000 (AVB Flusskasko 2000). … Besondere Bedingungen gemäß Anlage. Die Besonderen Bedingungen gehen den gedruckten Klauseln, diese den AVB Flusskasko 2000 und diese den gesetzlichen Bestimmungen voran.“
Die AVB Flusskasko 2000 lauten auszugsweise:
„3. Umfang des Versicherungsschutzes
3.1
Versicherte Gefahren, Aufwendungen und Kosten
3.1.1
Der Versicherer leistet Ersatz für Verlust oder Beschädigung des versicherten Schiffes, verursacht durch: – Schiffahrtsunfall; …
3.1.3
Ferner leistet der Versicherer Ersatz für:
3.1.3.1
Ersatz an Dritte gemäß Ziffer 4; …
3.2
Nicht versicherte Gefahren und nicht ersatzpflichtige Schäden
3.2.1
Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, leistet der Versicherer keinen Ersatz für Verlust oder Beschädigung des versicherten Schiffes, verursacht
3.2.1.1
durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln des Versicherungsnehmers auch dann, wenn er das Schiff selbst führt. … …
3.2.1.2
dadurch, daß das versicherte Schiff nicht fahrtüchtig, insbesondere – nicht gehörig ausgerüstet, bemannt oder beladen ist; …
4. Eratz an Dritte
4.1
Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz auch für den Fall, d aß er einem Dritten wegen des Verlustes oder der Beschädigung von Sachen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Ersatz zu leisten hat und der Verlust bzw. die Beschädigung durch unmittelbare navigatorische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Schiffsverkehr verursacht worden sind. …
4.7
Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die durch Freiwerden von flüssigen oder gasförmigen Stoffen sowie Chemikalien verursacht worden sind, …
4.8
Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, leistet der Versicherer keinen Ersatz für Verlust oder Beschädigung von Sachen, die sich an Bord des versicherten Schiffes befinden.
4.9
Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, hat im Falle der Kollision zwischen Schiffen desselben Versicherungsnehmers jedes Schiff bzw. dessen Versicherer seinen eigenen Schaden zu tragen.“
Weiterhin nimmt die Klägerin die Beklagte zu 2 als persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1 in Anspruch.
Die Beklagten wenden ein, die Beklagte zu 1 sei nur als Versicherungsmaklerin tätig geworden und habe ein Versicherungsverhältnis mit einem Konsortium von Versicherern, darunter der Streithelferin als führender Versicherer, vermittelt. Außerdem berufen sie sich darauf, dass die Haftung schon deshalb ausgeschlossen sei, weil das Schiff aufgrund gravierender Mängel der Umsteueranlage bereits bei Antritt seiner Reise fahruntüchtig gewesen sei.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin aufgrund eines durchgreifenden Haftungsausschlusses gemäß § 132 Abs. 1 VVG a.F. keine Ansprüche aus einem etwaigen mit der Beklagten zu 1 geschlossenen Versicherungsvertrag zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass das Schiff aufgrund eines technischen Defekts der Umsteueranlage bei Fahrtantritt am 29. Januar 2003 objektiv fahruntüchtig gewesen und deshalb mit der Schleusenanlage kollidiert sei. Das Schiff sei nicht fähig gewesen, die gewöhnlichen Gefahren der geplanten Reise zu bestehen.
Der damit zugunsten der Beklagten gemäß § 132 Abs. 1 VVG a.F. eingreifende objektive Risikoausschluss sei nicht durch die – bei Annahme eines wirksam geschlossenen Versicherungsvertrages entsprechend der „Cover-Note“ vom 13. Februar 2003 – vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen abbedungen worden. Soweit Ziff. 3.2.1.2 AVB Flusskasko 2000 für einen Leistungsausschluss wegen Fahruntüchtigkeit des Schiffes ein Verschulden des Versicherungsnehmers voraussetze, gelte dies allein für den hier nicht in Rede stehenden Ersatz wegen Verlustes oder Beschädigung des versicherten Schiffes. Hier gehe es um Ersatzansprüche Dritter, die abschließend in Ziff. 4 AVB Flusskasko 2000 geregelt seien. Das ergebe sich ausdrücklich aus Ziff. 3.1.3.1 („Ersatz an Dritte gemäß Ziff. 4“) und aus der Überschrift der Ziff. 4 („Ersatz an Dritte“). In der letztgenannten Bestimmung fänden sich in den Unterpunkten 4.7 bis 4.9 für Fremdschäden eigenständige Haftungsausschlüsse, allerdings nicht wegen Fahruntüchtigkeit. Aus dieser Regelung könne daher keine Abbedingung der gesetzlichen Bestimmung des § 132 Abs. 1 VVG a.F. auch für Drittschäden hergeleitet werden. Weder die systematische Stellung noch der Sinn oder Wortlaut der Ziff. 3.2.1.2 AVB Flusskasko 2000 geböten die Annahme, dass damit eine für alle Bereiche der Flusskaskoversicherung geltende Sonderregelung zu § 132 Abs. 1 VVG a.F. geschaffen werden sollte. Falls allein das Überfüllen der Ölspeicher der Deutz-Anlage zum Ausfall der Umsteuerungsfunktion geführt habe, könnte sich die Klägerin möglicherweise über Ziff. 3.2.1.1 Satz 2 AVB Flusskasko 2000 insoweit entlasten, als sie ein schadenursächliches Fehlverhalten der Besatzung nicht zu vertreten hätte. Daneben läge aber als weiterer Haftungsausschlussgrund eine objektive Fahruntüchtigkeit des Schiffes vor.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1.
Anders als das Landgericht, das ein Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 bejaht hatte, hat das Berufungsgericht offen gelassen, ob ein Versicherungsvertrag gemäß der „Cover-Note“ vom 13. Februar 2003 zustande gekommen ist. Für das Revisionsverfahren ist dies zugunsten der Klägerin zu unterstellen.
2.
Das Berufungsgericht hat § 132 Abs. 1 VVG a.F. zutreffend für einschlägig gehalten, aber letztlich nicht richtig angewandt.
a)
Entgegen der Auffassung der Revision schließt Ziff. 3 AVB Flusskasko 2000 nicht als versicherungsvertragliche Spezialregelung den vom Berufungsgericht bejahten Rückgriff auf § 132 Abs. 1 VVG a.F. aus.
aa)
Nach dem Inhalt der „Cover-Note“ vom 13. Februar 2003 sollten Kasko, Haftpflicht und Wrackbeseitigung mit unterschiedlichen Versicherungssummen abgedeckt sein. Dabei sollten die AVB Flusskasko 2000 und die Besonderen Bedingungen gemäß der Anlage zur „Cover-Note“ gelten, wobei die Besonderen Bedingungen „den gedruckten Klauseln, diese den AVB Flusskasko 2000 und diese den gesetzlichen Bestimmungen“ vorangehen sollten. Daraus ergibt sich nach dem maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht, dass die gesetzlichen Regelungen überhaupt nicht zum Zuge kommen sollten. Vielmehr zielt die in der „Cover-Note“ vorgenommene Abstufung ersichtlich darauf, dass die AVB Flusskasko 2000 die allgemeinen Normen des VVG ergänzen und gegebenenfalls modifizieren.
bb)
Maßgeblich für den Umfang des Versicherungsschutzes ist zunächst Ziff. 3 AVB Flusskasko 2000. Unter Ziff. 3.1 „Versicherte Gefahren, Aufwendungen und Kosten“ findet sich bei Ziff. 3.1.1 und 3.1.2 die Ersatzpflicht für Verlust oder Beschädigung des versicherten Schiffes und seines Zubehörs und damit die Regelung der Kaskoversicherung. Ziff. 3.1.3.1 sieht den „Ersatz an Dritte gemäß Ziff. 4“ vor. Dort wird die Haftpflichtversicherung dergestalt umschrieben, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz auch für den Fall gewährt, „dass er einem Dritten wegen des Verlustes oder der Beschädigung von Sachen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Ersatz zu leisten hat und der Verlust bzw. die Beschädigung durch unmittelbare navigatorische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Schiffsverkehr verursacht worden sind“.
Danach kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer im Rahmen der Schiffsversicherung Deckungsschutz sowohl im Kasko- als auch im Haftpflichtbereich erwarten. Von einem uneingeschränkten Versicherungsschutz wird er aber nicht ausgehen. Aus Ziff. 3.2 „Nicht versicherte Gefahren und nicht ersatzpflichtige Schäden“ entnimmt er weiter die Risikoausschlüsse und Beschränkungen des Versicherungsschutzes. Diese Einschränkungen, unter anderem den Haftungsausschluss wegen Fahruntüchtigkeit des versicherten Schiffes in Ziff. 3.2.1.2, wird er – wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und auch die Beklagten einräumen – nicht auch auf Ersatzansprüche Dritte r beziehen. Den Umfang des Versicherungsschutzes für Drittschäden wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer nur aus Ziff. 4 herleiten, die den Ersatz an Dritte im Einzelnen regelt. Da dort unter Ziff. 4.7 bis 4.9 verschiedene Leistungsausschlüsse – darunter keiner wegen Fahruntüchtigkeit – vorgesehen sind, wird er angesichts der ohnehin sehr verzweigten Systematik des Bedingungswerks nicht auf den Gedanken kommen, dass der Haftpflichtversicherungsschutz zusätzlich durch Ziff. 3.2.1.2 eingeschränkt wird (a.A. Koller in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. Nr. 4 AVB Flusskasko 2000/2008 Rn. 1; Bremke/Gerhard, TranspR 2008, 297 m.w.N.) . Dies gilt umso mehr, als Ziff. 3.2.1 nur von „Verlust und Beschädigung des vers i-cherten Schiffes“ spricht. Zudem enthält Ziff. 4 AVB Flusskasko 2000 keinen Verweis auf Ziff. 3.2, während Ziff. 4.10 AVB Flusskasko 2008 klarstellt: „Die Ausschlüsse gemäß Ziff. 3.2.1 bleiben unberührt.“
cc)
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird Ziff. 4 AVB Flusskasko 2000 nicht so deuten, dass daneben die gesetzlichen Vorschriften des VVG – unter anderem des § 132 a.F. – nicht gelten. Insbesondere wird ihm ein Rückgriff auf das VVG nach der zitierten Prioritätsregelung in der „Cover-Note“ nicht ausgeschlossen erscheinen. Denn dort sind die gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich, wenn auch nachrangig genannt. Daher wird ein verständiger durchschnittlicher Versicherungsnehmer nicht meinen, der Umfang des Versicherungsschutzes sei allein und abschließend in den AVB Flusskasko beschrie ben. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt.
b)
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass § 132 Abs. 1 VVG a.F. auch für Drittschäden gilt, die durch eine Kollision eines Schiffes mit einer anderen Sache verursacht worden sind.
aa)
Die Revision wendet ohne Erfolg ein, der Haftpflichtversicherungsschutz für den Ersatz von Drittschäden jenseits der Kollision mehrerer Schiffe unterfalle nicht dem gesetzlichen Regelungsbereich des § 129 Abs. 2 Satz 2 VVG a.F. und damit auch nicht § 132 Abs. 1 VVG a.F. Die in § 129 Abs. 2 VVG a.F. (§ 130 Abs. 2 VVG n.F.) normierte Versicherung eines Schiffes gegen die Gefahren der Binnenschifffahrt umfasst als Kaskoversicherung das Risiko der Beschädigung des Schi f-fes selbst (§ 129 Abs. 2 Satz 1 VVG a.F., so auch § 130 Abs. 2 Satz 1 VVG n.F.). Daneben deckt die Schiffsversicherung auch Schäden, die der Versicherungsnehmer Dritten infolge eines Zusammenstoßes von Schiffen zu ersetzen hat (§ 129 Abs. 2 Satz 2 VVG a.F., § 130 Abs. 2 Satz 2 VVG n.F.). Die Versicherung dieses Risikos hat der Gesetzgeber nicht der Haftpflichtversicherung unterstellt, um die Einheit der Transportversicherung nicht zu gefährden (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über den Versicherungsvertrag, Verhandlungen des Reichstags Band 241 §§ 129 bis 133 S. 130; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 129 Rn. 11). Gleichwohl handelt es sich um die – jetzt in § 130 Abs. 2 Satz 2 VVG n.F. enthaltene – Regelung der Kollisionshaftpflicht in der Binnenschifffahrt (vgl. Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Versicherungsvertragsreformgesetz, BT-Drucks. 16/3945 S. 91 zu § 130).
bb)
Die erweiterte Fassung des § 130 Abs. 2 Satz 2 VVG n.F. erfasst zusätzlich zur bisherigen Regelung in § 129 Abs. 2 Satz 2 VVG a.F. auch den Fall, dass der Schaden durch einen Zusammenstoß des versicherten Schiffes mit einem Gegenstand – wie hier mit einem Schleusentor – verursacht wird (Gesetzesbegründung aaO S. 92). § 129 Abs. 2 Satz 2 VVG a.F. umfasst diesen Fall nicht, sondern ist auf den Zusammenstoß des versicherten Schiffes mit einem anderen Schiff beschränkt (Gesetzesbegründung VVG a.F. §§ 129 bis 133 S. 132). Daraus lässt sich aber nicht der von der Revision angestrebte Umkehrschluss ziehen, dass auch der (im Wesentlichen unverändert von § 138 Satz 1 VVG n.F. übernommene) § 132 Abs. 1 VVG a.F. nur Schäden betrifft, die durch Kollisionen zwischen Schiffen verursacht werden. § 132 Abs. 1 VVG a.F. spricht allgemein von der „Versicherung eines Schiffes“, ohne auf § 129 Abs. 2 VVG a.F. Bezug zu nehmen. Daher muss der Haftungsausschluss nicht auf die dort geregelten Arten der Schiffsversicherung beschränkt sein, sondern kann jedenfalls dann eingreifen, wenn eine darüber hinausgehende Kollisionshaftpflicht in einem Versicherungsvertrag bzw. den in diesen einbezogenen AVB – wie hier nach Ziff. 3.1.3.1 i.V.m. Ziff. 4 AVB Flusskasko 2000 – vereinbart ist.
Dieses – auch vom Berufungsgericht zugrunde gelegte – Verständnis bedeutet nicht, dass die AVB Flusskasko § 132 Abs. 1 VVG a.F. auf vertraglicher Basis auf Haftpflichtfälle erstrecken, für die der Gesetzgeber einen solchen Haftungsausschluss nicht vorgesehen hat. Vielmehr gilt neben den AVB Flusskasko 2000 die gesetzliche Regelung, die hier nach der „Cover-Note“ gerade nicht ausgeschlossen worden ist. Eine von der Revision reklamierte unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann darin schon deshalb nicht liegen, weil durch § 132 Abs. 1 VVG a.F. die Haftung gesetzlich eingeschränkt wird und somit dem Versicherungsnehmer kein dem Gesetz widersprechender Nachteil i.S. von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB auferlegt wird.
c)
Die objektiven Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 VVG a.F. hat das Berufungsgericht ohne Verfahrens- oder Rechtsfehler bejaht.
aa)
Nach der allgemein anerkannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Binnenschifffahrtsrecht liegt anfängliche Fahruntüchtigkeit dann vor, wenn ein Schiff bereits bei Antritt der Reise nicht fähig ist, deren gewöhnliche Gefahren zu bestehen (BGH, Urteile vom 20. Februar 1995 – II ZR 60/94, VersR 1995, 685 unter 2; vom 24. April 1989 – II ZR 208/88, VersR 1989, 761 unter 4; vom 15. Oktober 1979 – II ZR 80/77, VersR 1980, 65 unter II 3 m.w.N.; vom 21. April 1975 – II ZR 164/73, MDR 1976, 29 unter 1 m.w.N.).
bb)
Davon ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat aufgrund des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens festgestellt, dass entweder die Deutz-Umsteueranlage infolge eines Überfüllens der Ölspeicher ausgefallen sei oder die Weiterleitung der Steuerbefehle aufgrund eines technischen Defekts der dafür vorgesehenen Sempress -Anlage versagt habe oder aber beide Fehlerquellen in einem Zusammenspiel unfallursächlich geworden seien. Da aus seiner Sicht eine der in Betracht kommenden Fehlervarianten zur Fahruntüchtigkeit bei Reisebeginn führte, konnte das Berufungsgericht offen lassen, welche dieser Unfallursachen zutraf.
d)
Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht § 132 Abs. 1 VVG a.F. als objektiven Risikoausschluss und nicht als so genannte verhüllte Obliegenheit angesehen hat.
aa)
Eine vergleichbare Klausel aus der Flusskaskoversicherung hatte der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Urteil vom 11. Februar 1985 (II ZR 290/83 – VersR 1985, 629 unter 2) ebenso wie § 132 VVG Abs. 1 a.F. als objektiven Risikoausschluss verstanden, weil die Klausel an den Zustand des Schiffes und nicht an ein Verhalten des Versicherungsnehmers anknüpfe (so auch BGH, Urteil vom 4. Dezember 2000 – II ZR 293/99, VersR 2001, 457 unter II; OLG Karlsruhe VersR 1983, 74; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 132 Rn. 5; Römer aaO § 132 Rn. 1; Thume in Thume/de la Motte, Transportversicherungsrecht Kap. 2 § 132 VVG Rn. 178; ebenso für § 138 Satz 1 VVG n.F.: HK-VVG/Harms, § 138 VVG Rn. 2; Koller aaO § 138 Rn. 2; Thume in Thume/de la Motte/Ehlers, Transportversicherungsrecht 2. Aufl. § 138 Rn. 465; zweifelnd Pisani in Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG § 138 Rn. 12 f.; Paffenholz in Looschelders/Pohlmann, VVG § 138 Rn. 7). An dieser eher formalen Betrachtungsweise, die bei der Auslegung nicht auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers abstellt, hat der Senat in seinem Urteil vom 24. Mai 2000 (IV ZR 186/99, VersR 2000, 969 unter 1 b) ausdrücklich nicht festgehalten.
bb)
Die Erwägungen, mit denen der Senat in dem genannten Urteil vom 24. Mai 2000 Nr. 6.1.5 AVB Werksverkehr nicht als objektiven Risikoausschluss, sondern als verhüllte Obliegenheit eingeordnet hat, gelten auch für die gesetzliche Regelung des § 132 Abs. 1 VVG a.F.
(1)
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats k ommt es bei der Unterscheidung zwischen einer Obliegenheit und einer Risikobegrenzung nicht nur auf Wortlaut und Stellung einer Versicherungsbedingung an. Entscheidend ist vielmehr der materielle Gehalt der einzelnen Klausel. Es kommt darauf an, ob sie eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ihn verliert. Wird von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt und nicht ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens wieder entzogen, so handelt es sich um eine Risikobegrenzung (Senatsurteile vom 18. Juni 2008 – IV ZR 87/07, VersR 2008, 1107 Rn. 9; vom 16. November 2005 – IV ZR 120/04, VersR 2006, 215 unter II 1 a m.w.N.; vom 14. Mai 2003 – IV ZR 140/02, VersR 2003, 897 unter 1 b; vom 24. Mai 2000 aaO unter 1 a m.w.N.). Das gilt auch für gesetzliche Bestimmungen, die den Verlust des Versicherungsschutzes unter bestimmten Voraussetzungen vorsehen.
(2)
Die Einordnung des § 132 Abs. 1 VVG a.F. als verhüllte Obliegenheit steht mit ihrem Wortlaut in Einklang. Danach bezieht sich der Haftungsausschluss auf Schäden, die dadurch entstehen, dass das versicherte Schiff in einem nicht fahrtüchtigen Zustand oder nicht gehörig ausgerüstet oder bemannt die Reise antritt. Derartige Mängel liegen im Verantwortungsbereich des Versicherungsnehmers und können von ihm vermieden werden, indem er die Fahrtauglichkeit seines Schiffes sichert und es mit genügender Ausrüstung und Personal versieht. Damit wird ein bestimmtes vorbeugendes, gefahrminderndes Verhalten gefordert, von dem es abhängt, ob der Versicherungsnehmer eine zugesagte Deckung behält oder verliert. Dass der Versicherungsschutz auch schon dann entfallen soll, wenn das Schiff ohne Verschulden und möglicherweise sogar ohne Kenntnis des Versicherungsnehmers in einen verkehrsunsicheren Zustand geraten ist, kann der Formulierung des § 132 Abs. 1 VVG a.F. nicht entnommen werden. Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Materialien zu dieser Bestimmung (Gesetzesbegründung aaO S. 131 f.), die sich zu ihrer rechtlichen Einordnung nicht verhalten.
Auch dem erkennbaren Sinn und Zweck des § 132 Abs. 1 VVG a.F. entspricht es, ihn als verhüllte Obliegenheit anzusehen. Der Versicherer soll nicht für Schäden haften, die der Versicherungsnehmer durch ordnungsgemäße Instandhaltung und Ausrüstung sowie personelle Ausstattung des Schiffes hätte verhindern können. In solchen Fällen kann der Versicherungsnehmer nicht erwarten, dass er Deckungsschutz erhält. Mit einem Verlust des Versicherungsschutzes muss er aber nur dann rechnen, wenn er dafür verantwortlich ist, dass sich das versicherte Schiff bei Fahrtantritt nicht in einem verkehrssicheren Zustand befindet oder nicht ausreichend ausgerüstet oder mit zuwenig Personal ausgestattet ist. Die berechtigten Interessen des Versicherers gebieten es nicht, unabhängig vom Verschulden des Versicherungsnehmers einen bestimmten Teil des übernommenen Risikos aus dem Deckungsschutz herauszunehmen.
3.
Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil daher keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO abschließend in der Sache entscheiden, weil noch Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. fehlen. Diese Prüfung hat das Berufungsgericht nachzuholen und der Klägerin Gelegenheit zu geben, zur Entkräftung der Vorsatzvermutung ergänz end vorzutragen. Falls es eine unverschuldete Obliegenheitsverletzung annimmt, wird es zu klären haben, ob die Beklagten der Klägerin, wie diese meint, aus einem Versicherungsvertrag verpflichtet sind.