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Rohrreinigungsfirma – Haftung wegen Sorgfaltspflichtverstößen

LG Stuttgart – Az.: 23 O 56/21 – Urteil vom 10.12.2021

1. Der Anspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

2. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

Die Kläger verlangen von der Beklagten, einem Rohrreinigungsunternehmen, Schadensersatz wegen Rohrreinigungs-Abwasserschadens.

Die Kläger sind Wohnungseigentums-Eigentümer (WE-Eigentümer) nach WEG einer Wohnung im 1. OG (Whg. Nr. 5) in der M.-Straße ### in ### L###-E###. Die Wohnung ist vermietet an Frau G., die dort zusammen mit Herrn Z### (Sohn der Kläger) wohnt.

Die Kläger erneuerten in der genannten Wohnung im 1. OG im Zuge ihres Wohnungskaufs (Whg. Nr. 5) im April 2019 die zur Wohnung gehörenden Abwasserrohleitungen bis zu den jeweiligen nach unten führenden sog. „Fallsträngen“ (Fallrohre) des Hauses. Es bestanden seither keine Rohrverstopfungen o. Ä. (Bl. 26).

Am 30.11.2020 (Bl. 15) beauftragte WE-Eigentümerin N. (Whg. Nr. 10 in der M.-Straße ###) für ihre Wohnung im 3. OG die Beklagte zur Beseitigung einer schlecht ablaufenden Küchenspüle („Bestätigung“ vom 03.12.2020 mit AGB, Anlage B 1).

Die Vertrags-AGB enthalten „Haftungsausschlüsse der Rohr ### GmbH“ im Wesentlichen wie folgt (Anlage B 1 a. E.):

  • Schäden wegen Unwegsamkeiten (Sanitärobjektbeschädigungen bei z. B. Höhenversatz)
  • Beschädigung/Brüche von Altrohren (Altrohr-Vorschädigungen: Abnutzungs- und Korrosionserscheinungen)
  • Verhärtete Stoffe in den Abwasserleitungen (z. B. Farb- und Gips-/Betonreste etc.)

Am 03.12.2020 begann der Beklagtenmitarbeiter Herr T. mit der Beseitigung der Küchenspülenteilverstopfung im 3. OG in der Wohnung Nr. 10. Die Verstopfung im horizontalen Abwasserrohr in der Wohnung Nr. 10 wurde gelöst, die gelösten Teile in den hauseigenen vertikalen sog. „Fallstrang“ geschoben und mit Wasser gespült.

Rohrreinigungsfirma - Haftung wegen Sorgfaltspflichtverstößen
(Symbolfoto: M-Production/Shutterstock.com)

Hieraufhin war während der Rohrreinigungsarbeiten in der zwei Stockwerke tiefer im selben Bereich darunterliegenden Küche der Mietwohnung im 1. OG der Mieterin G### Schmutzwasser ausgetreten. Dieses – schwarze und übelriechende – Schmutzwasser trat in der Küche im 1. OG aus dem Spülbecken schwallartig aus und floss über die Küchenarbeitsplatte in die Küchen-Unterschränke, unter die Schränke, auf bzw. in Elektrogeräte und auf den Laminatboden (Anlage B 3: Lichtbilder) und beschädigte Vermietereigentum der Kläger (Einbauküche [EBK]) und Eigentum der Mieter (etwa Babyausstattung/-nahrung, Topfunterlagen etc.).

Der Abwasserrückstau bildete sich, nachdem die bereits älteren verengten vertikalen Haus-Fallrohre die gelöste Verstopfung aus der Küche im 3. OG nicht nach unten bzw. nur bis zum Fallrohr unterhalb des 1. OG und nicht bis zur Kanalisation abführen konnte, woraufhin das Spülwasser sich von der Fallrohrverengung-/ bzw. -verstopfungsstelle das Fallrohr hochstaute, bis das Schmutzwasser sich in das seitlich abzweigende horizontale Küchenabwasserrohr der Küche im 1. OG der Whg. Nr. 5 (Mieterin: G.) floss und das Schmutzwasser aus dem Küchenspülbecken im 1. OG austrat.

Am 01.02.2021 forderte der Klägervertreter die Beklagte unter Fristsetzung auf den 15.02.2021 zur Zahlung auf (Anlage K 1).

Die Hausverwaltung der Kläger für die „M.-Straße ###“ beglich die Rechnung der Beklagten unter Vorbehalt der Rückforderung.

Am 11.05.2021 traten die Mieterin der Kläger, Frau G., und Herr Z. die „Ansprüche aus dem Wasserschaden“ vom 03.12.2021 in der Mietwohnung (Whg. Nr. 5) an die Kläger ab (Anlage „K – Abtretungserklärung„).

Die Kläger behaupten, eine Vielzahl von einzeln genannten und aufgeführten Gegenständen (vgl. im Einzelnen tabellarische Aufstellung: Anlage K 2) seien beschädigt und die dort genannten Schadensersatzpositionen der Höhe nach samt ein Mietminderungsschaden von 425 EUR/Monat der Höhe nach eingetreten. Insgesamt sei ein Gesamtschaden von 6.342,66 EUR entstanden, der von den Klägern mit dem Klagantrag geltend gemacht wird.

Die Kläger sind der Auffassung, es sei Aufgabe der Beklagten als Fachfirma mit entsprechendem Fachwissen gewesen, sich vor Durchführung der Beseitigung der Verstopfung im 3. OG in der Wohnung Nr. 10 von Frau N. zunächst über das System der hauseigenen vertikalen Rohrleitungen (sog. Fallstränge) im Objekt „M.-Straße ###“ zu informieren und gegebenenfalls entsprechend zu den örtlichen Verhältnissen (Rohre, Alter, Wartung etc.) fragen und zu beraten. Hätte die Beklagte dies getan, so wäre dieser aufgefallen, dass die Küche der Wohnung Nr. 10 im 3. OG an demselben Küchenfallstrang wie die Wohnung Nr. 5 im 1. OG angeschlossen ist und die Beklagte hätte dann in der klägerischen Wohnung Nr. 5 im 1. OG die entsprechenden Vorkehrungen (Verschließen der Leitung im 1. OG, vorherige Reinigung von etwaigen Fallrohrverengungen o. Ä.) durchführen können. Dies sei hier zwingend erforderlich gewesen. Insofern liege ein klarer Pflichtverstoß und ein Verschulden seitens der Beklagten vor, was zu den Schäden geführt habe.

Die Kläger beantragen: Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger EUR 6.342,66 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.02.2021 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte bestreitet insbesondere die Schäden der Höhe nach. Ursache für den Schaden sei gewesen, dass „die Fallstränge (nach unten) in einem sehr schlechten Zustand“ gewesen seien. Hierfür sei die Beklagte nicht verantwortlich.

Die Beklagte ist unter anderem der Auffassung, die Arbeiten seien ordnungsgemäß und mangelfrei erfolgt. Eine Haftung der Beklagten wegen Schadensersatzes sei mit den zwischen Frau N. und der Beklagten vereinbarten AGB ausgeschlossen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung die Parteien, insbesondere auch die anwesende Geschäftsführerin der Beklagten, informatorisch angehört und die aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung ersichtlichen Hinweise erteilt (Protokoll vom 20.05.2021, Bl. 37 ff.). Ferner hat es das Original der Zession vom 11.05.2021 zu den Gerichtsakten genommen (vgl. auch Anlage „K – Abtretungserklärung“).

Die Parteien, namentlich die von der Beklagten eingeschaltete Betriebshaftpflichtversicherung, haben im Anschluss an die mündliche Verhandlung lange verhandelt und die Versicherung der Beklagten letztendlich eine – teilweise – Regulierung der Schäden abgelehnt.

Die Geschäftsführerin der Beklagten hat im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Anhörung erklärt, der Schaden sei durch einen Rückstau im vertikalen Fallrohr (nach unten) entstanden, wo sich danach ein Fallrohr-Wasserrückstau mit den im 3. OG aus den Abwasserrohren gelösten und ins Fallrohr geschobenen Verstopfungen gebildet habe. Die entstandene Verstopfung im Fallrohr müsse in der Vertikale zwischen dem EG und 1. OG gelegen haben, weil sonst auch im EG ein Wasserschaden mittels Rückflusses ins EG hätte entstehen müssen. Der Rückstau im Fallrohr habe nach Erreichen des entsprechenden Höhenniveaus dazu geführt, dass das Schmutzwasser in die seitlichen Abwasserrohre ab- und in der Küche im 1. OG aus dem Abguss ausfloss. Für ältere, insbesondere nicht gewartete (durchgespülte und wieder erweiterte), verengte Fallrohre sei nicht die Beklagte, sondern die WE-Gemeinschaft und die Hausverwaltung zuständig. Es sei weder üblich noch in der notwendigen Kürze zwischen Auftragserteilung und Auftragsdurchführung möglich, vor jeder Durchführung von Rohrreinigungsarbeiten entsprechende Informationen beim Hauseigentümer oder WE-Hausverwalter einzuholen. Den Zustand der Fallrohre und die offensichtlich nicht durchgeführte Wartung über die Jahre und Jahrzehnte der Beklagte mitzuteilen, sei Aufgabe der WE-Hausverwaltung oder der WE-Eigentümer gewesen.

Im Übrigen wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung (Bl. 37 ff.) und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, § 304 ZPO.

I.

Die Klage und das Grundurteil gem. § 304 Abs. 1 ZPO sind zulässig.

Die Klage ist auf eine bezifferte Geldschuld gerichtet. Es sind sowohl Grund als auch Höhe des Anspruchs streitig, § 304 Abs. 1 ZPO. Der Rechtsstreit über den Anspruch dem Grunde nach ist entscheidungsreif. Der Anspruch der Höhe nach bleibt dem nachfolgenden Betragsverfahren im Schlussurteil vorbehalten.

II.

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt und begründet.

Den Kläger stehen dem Grunde nach – aus genuin eigenem und abgetretenem Recht (§ 389 BGB) – Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte als Rohrreinigungsfirma wegen fahrlässigen Sorgfaltspflichtverletzungen zu, §§ 831 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB.

1. Den Klägern stehen keine vertraglichen Ansprüche, etwa aus § 631 ff. BGB, zu.

Den Werkvertrag mit der Beklagten als Werkunternehmerin hat am 30.11.2020 die WE-Eigentümerin N. zur Rohrreinigung des Küchenspülabflusses ihrer Wohnung Nr. 10 im 3. OG geschlossen. Ob für sich selbst oder als falsus procurator für die ganze WE-Gemeinschaft kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls keine Verträge zwischen den Klägern (Whg. Nr. 5 im 1. OG) und der Beklagten oder zwischen den geschädigten Zedenten Frau G./Z. (Zession vom 11.05.2021) und der Beklagten geschlossen wurden.

Die vertraglichen AGB-Haftungsausschlüsse der Beklagten können – ungeachtet dessen, dass sie in der Sache auch nicht einschlägig sein dürften – schon mangels Vertragspartnerschaft zwischen den Parteien keine schadensersatzausschließende Wirkung entfalten, sondern allenfalls innerhalb der Vertragsbänder/-partner. Die Kläger haben mit der Beklagten keine vertraglichen Beziehungen.

2. Den Klägern stehen dem Grunde nach deliktische Schadensersatzansprüche wegen Sorgfaltspflichtverstößen der Mitarbeiter der Beklagten bei Ausführung der Rohrreinigung im 3. OG im Haus „M.-Straße ###“ in Leinfelden-Echterdingen zu, §§ 831 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB. Die Beklagte haftet als juristische Person gem. § 831 BGB für ihre Mitarbeiter (Herr T. u.a.).

a) Die Mitarbeiter der Beklagten (Mitarbeiter T.) sind als Hilfspersonen sog. Verrichtungsgehilfen der Beklagten, § 831 Abs. 1 BGB.

b) Die Mitarbeiter handelten bei den Rohrreinigungsarbeiten im 3. OG im Haus „M.-Straße ###“ am 03.12.2020 unzweifelhaft in Ausführung der Verrichtung gem. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB. Es besteht ein äußerer und innerer Zusammenhang zwischen der vom Geschäftsherrn, Beklagte, ihren Mitarbeitern aufgetragenen Verrichtung der Rohrreinigungsarbeiten.

Der Schaden wurde den Geschädigten zugefügt, indem die Verrichtungsgehilfen innerhalb des von diesen übernommenen Pflichtenkreises (hier: Rohrreinigungsarbeiten) handelten, somit besteht nach Art und Zweck der ihnen vom Geschäftsherrn, der Beklagten, aufgetragenen Verrichtung ein unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen dieser und der schädigenden Handlung (BGH NJW 1971, 31; BGH NJW-RR 1989, 723). So liegt der Fall hier.

c) Die Mitarbeiter der Beklagten haben einen Tatbestand einer unerlaubten Handlung (§§ 823 – 826, §§ 832 ff. BGB) rechtswidrig erfüllt, wobei es auf etwaiges tatbestandliches Verschulden nicht ankommt.

Die Mitarbeiter der Beklagten haben als Verrichtungsgehilfen den Tatbestand der unerlaubten Handlung gem. § 823 Abs. 1 BGB erfüllt und klägerische Rechte verletzt.

aa) Die Beklagte hat mittels ihrer Verrichtungsgehilfen unstreitig fremde Rechtsgüter verletzt, indem durch diese die eingebaute Küche im Eigentum der klägerischen WE-Eigentümer (Whg. Nr. 5 im 1. OG) und Küchenutensilien (Lebensmittel, Babynahrung, etc.) der Mieter/Zedenten beschädigt bzw. zerstört wurden.

bb) Der Schaden ist zurechenbar durch eine Handlung bzw. Unterlassung (Pflicht zum Handeln zur Geschädigtenrechtsgutvermeidung; Verkehrssicherungspflichten) gem. § 823 Abs. 1 BGB entstanden und es wurden dadurch fremde Rechtsgüter verletzt.

aaa) Die Beklagte ist mit ihren Verrichtungsgehilfen nach allgemeinen Grundsätzen zur Abwendung ihr erkennbarer Schäden aufgrund des überlegenen (Fach-) Wissens als Fachfirma für Rohrreinigung von sorgfaltspflichtigen Verhaltensweisen – hier: Überschwemmung anderer Stockwerke nach Rückstau im Fallrohr nach Unterlassen der Einholung von notwendigen Gebäudeinformationen oder vorheriger Rohr-Kamerabefahrung – verpflichtet.

Aus Treu und Glauben abzuleitende Informations- und Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass jeder verpflichtet ist, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2001 – V ZR 402/99: vertraglicher Schadensersatzanspruch). Dies gilt sowohl für den Unternehmer gegenüber dem Besteller eines Werkes (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 – X ZR 26/97 Rn. 18 m.w.N.; BGH, Urteil vom 2. November 1995 – X ZR 81/93 – Rn. 25) als auch gegenüber einem deliktisch Geschädigten im Rahmen der üblichen Sorgfaltspflichtanforderungen bei allgemeinen Handlungs- und Verkehrssicherungspflichten.

Der Umfang der Aufklärungs- und Prüfungspflicht wird maßgeblich durch das Fachwissen des Unternehmers und den Beratungsbedarf auf der Gegenseite bestimmt. Insbesondere ist es nach allgemeinen Grundsätzen geboten, dass der Wissende den Unwissenden aufklärt bzw. der ausführende Handelnde die aufgrund seines überlegenen Fachwissens notwendigen Fragen vor Beginn der Handlung bzw. Arbeiten aufwirft und stellt.

Im Übrigen entspricht dies im Wesentlichen den allgemeinen sog. Obhuts- und Beratungspflichten.

bbb) Ein solches Informationsgefälle zwischen der Beklagten bzw. hier deren Mitarbeiter und dem Auftraggeber, der WE-Gemeinschaft oder den Geschädigten, das hätte beseitigt werden müssen bzw. die Beklagtenmitarbeiter die entsprechenden Information vorher hätten einholen müssen, ist hier feststellbar:

Die von der Beklagten eingesetzten Mitarbeiter hätten unter anderem aufgrund Verantwortlichkeit für eine von ihnen eröffnete Gefahrenquelle oder schadensgeneigte Arbeiten und einhergehender Obuts- und Beratungspflichten zum Integritätsschutz fremder Rechtsgüter mit Beginn und im Verlauf der Rohrreinigungsarbeiten (Lösung der horizontalen Rohrverstopfung und Schubtransports gelösten Schmutzes o. Ä. zum nicht vorab geklärten vertikalen Fallrohr) im Rahmen ihres überlegenen Fachwissens bei Rohrreinigungsarbeiten gegenüber einem nicht fachkundigen Laien (Auftraggeber) das Folgende vor dem Rohrreinigungsarbeitsbeginn (auf-) klären bzw. beraten müssen:

1. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten bei sorgfaltspflichtgemäßen Handeln vor den Rohrreinigungsarbeiten durch eigene Kamera-Rohrbefahrung den Zustand und die Aufnahmefähigkeit (ggf. älterer oder altersbedingter verengter) Fallrohre im Gebäude „M.-Straße ###“ in 70771 Leinfelden-Echterdingen unschwer prüfen können und müssen.

Dabei wäre schnell und unschwer aufgefallen, dass die unstreitig verengten, nach unten führenden vertikalen sog. „Fallrohre“ (jedenfalls auf Höhe 1. OG) bereits verengt waren und keine größeren und rohrreinigungsbedingt gelösten Schmutzteile o. Ä aus den horizontalen Abwasserleitungen von der Küche kommend im 3. OG aufnehmen konnten. Jedenfalls nicht ohne Gefährdung eines Rückstaus und einer teilweisen Überschwemmung der (teils) unterliegenden Stockwerke mit abwasserhaltigem Spülwasser. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten daraufhin im Rahmen einer gegebenenfalls vorzunehmenden Auftragserweiterung zur Wartung/Reinigung/Erweiterung der verengten vertikalen „Fallrohre“ beim Auftraggeber nachsuchen und vor den schadensbedingt durchgeführten Rohrarbeiten im 3. OG zuerst die Fallrohre reinigen müssen, so dass die Fallrohre etwaige gelöste Schmutzteile aus den Horizontalabwasserrohren aufnehmen und nicht selbst (vollends) verstopfen konnten. Widrigenfalls hätten die Beklagtenmitarbeiter die Arbeiten schon nicht beginnen, jedenfalls begonnene Arbeiten abbrechen müssen, die Bedenken wegen eines Schadenseintritts mitteilen müssen oder ggf. nur mit einer ausdrücklichen Schadens-Haftungsfreistellung nach Aufklärung über die konkreten Schadensrisiken sinnvollerweise weiterarbeiten sollen.

Diese Sorgfaltsanforderungen und ein solcher Sorgfaltsmaßstab sind gemessen an den potentiell erheblich eintretenden Schadensfolgen und der Gefährdung der Beschädigung von fremden Rechtsgütern ohne Weiteres zumutbar.

Die Auffassung der Beklagten, ein solches Vorgehen zur Vermeidung von Schäden an fremden Rechtsgütern sei bei ihr oder anderen Rohrreinigungsfirmen (auch zeitlich) nicht üblich oder möglich sowie rechtlich nicht gefordert, ist rechtsirrig und unbeachtlich.

2. Die Beklagtenmitarbeiter hätten ersatzweise auch Auskünfte über den Hauseigentümer, hier über die Wohnungseigentümer-Verwaltung, einholen können, um ihren Sorgfaltspflichten ausreichend zu genügen.

Es ist bei sorgfaltspflichtgemäßem Vorgehen die Aufgabe der Beklagten bzw. deren Mitarbeiter als Verrichtungsgehilfen, die Fallrohrverhältnisse und -zustände entweder selbst zu prüfen oder durch beratende Befragung zum Alter und des Wartungszustandes des Abwasserrohrsystems, insbesondere der vertikalen „Fallrohre“, zu klären.

Die Beklagtenmitarbeiter hätten bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt telefonisch oder schriftlich, insbesondere bei älteren Gebäuden im Gebäudebestand, die letzte Abwasserrohr-Erneuerung oder -Wartung mittels Rohrreinigung der „Fallrohre“ bei dem für das Haus Verantwortlichen (hier: WE-Verwaltung) erfragen können und müssen.

Entgegen der rechtsirrigen Auffassung der Beklagten ist es nicht Aufgabe des Auftraggebers, hier: WE-Eigentümerin N., solche Fachkenntnisse selbst zu erwerben oder zu besitzen, ersatzweise bei der WE-Verwaltung Informationen zum Abwassersystemzustand im Gebäude selbst zu erfragen und unaufgefordert bzw. ungefragt einem Rohrreinigungsunternehmen mitzuteilen.

Hätten die Beklagtenmitarbeiter diese Sorgfaltspflichten in diesem erforderlichen und geforderten Maßstab beachtet, wäre der Schaden nach Mitteilung der Abwasserrohrzustände (Alter, Wartung etc.) nicht eingetreten, weil die Beklagtenmitarbeiter zur Abklärung die vertikalen „Fallrohre“ vor Beginn der weiteren Rohrreinigungsarbeiten auf die Aufnahmefähigkeit von Schmutzteilen hätte prüfen oder zuvor die „Fallrohre“ vorausschauend und vorbeugend hätten reinigen müssen. Erst dann wären die weiteren Arbeiten an den horizontal verlaufenden Abwasserrohen im 3. OG von der Küche zu den „Fallrohren“ hin schadensvermeidend bzw. haftungsfrei möglich gewesen.

Im Übrigen kann auf die obige Begründung unter bbb) Nummer 1 Bezug genommen werden.

Diese Sorgfaltsanforderungen und ein solcher Sorgfaltsmaßstab sind gemessen an den potentiell erheblich eintretenden Schadensfolgen und der Gefährdung der Beschädigung von fremden Rechtsgütern ohne Weiteres auch hier zumutbar.

Die Auffassung der Beklagten, ein solches Vorgehen zur Vermeidung von Schäden an fremden Rechtsgütern sei bei ihr oder anderen Rohrreinigungsfirmen (auch zeitlich) nicht üblich oder möglich sowie rechtlich nicht gefordert, ist erneut und auch hier rechtsirrig und unbeachtlich.

d) Die eingetretenen Schäden sind im Hinblick auf die sorgfaltspflichtwidrigen Handlungen bzw. Unterlassungen der Beklagtenmitarbeiter ohne Weiteres und zweifelsfrei kausal.

e) Die Rechtswidrigkeit wird durch die objektive Verwirklichung des deliktischen Haftungstatbestandes zu Lasten des Schädigers indiziert.

Im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte für rechtfertigende Tatbestände zugunsten der Beklagten bzw. Beklagtenmitarbeiter.

f) Das Verschulden der Beklagten als Geschäftsherrin bei der Auswahl und Beaufsichtigung der Verrichtungsgehilfen wird vermutet und die Beklagte hat oder konnte sich nicht exkulpieren, § 831 Abs. 1 S. 2 BGB.

Der Beklagten ist wenigstens eine leicht fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung zur Last zu legen. Das Gericht geht überdies von grober Fahrlässigkeit aus, was im Ergebnis wegen § 276 BGB (Vorsatz und jede Form der Fahrlässigkeit) dahinstehen kann.

Von einer Entschuldigung im Rahmen der Exkulpation gem. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB durch die Beklagte kann zudem schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Beklagte, Geschäftsführerin S., sowohl schriftsätzlich im Rechtsstreit als auch bei ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung der dezidierten (Rechts-) Auffassung gewesen war, ihre Rohrreinigungsfirma und kein Rohrreinigungsunternehmen sei zu den vom Gericht in der mündlichen Verhandlung geforderten Sorgfaltspflichtanforderungen verpflichtet. Diese seien weder üblich noch notwendig.

Das Gericht hat erhebliche Zweifel, wie ihm mündlich mitgeteilt, dass ein Teil oder sogar ein großer Teil der Rohrreinigungsfirmen unter Außerachtlassung der Verkehrssicherungspflichten und Obhutspflichten für fremde Rechtsgüter die Rohrreinigungstätigkeiten verrichten.

Dies kann indes bei einer zu entscheidenden Rechtsfrage zum Sorgfaltspflichtmaßstab auch dahinstehen, weil auch bei Außerachtlassung von im Verkehr erforderlichen und geforderten Verkehrssicherungspflichten oder allgemeinen Sorgfaltspflichtanforderungen die am Verkehr Beteiligten sich diesen Anforderungen nicht durch Nichtbeachtung kurzerhand entziehen und lossagen können. Dies etwa dadurch, indem ein kleiner, aber auch größerer Teil oder sogar das Gros dieser Gruppe – aus Zeitgründen oder anderweitigen Gründen – die objektiv im Verkehr geforderten Sorgfaltspflichtsanforderungen und -maßstäbe zum Nachteil potentieller oder am Ende tatsächlicher Geschädigter unbeachtet lässt.

Selbst der behauptete Umstand, was offen bleiben kann, dass eine Vielzahl von Rohrreinigungsunternehmen tatsächlich und häufig so fahrlässig mit fremden Rechtsgütern umgehen sollten, entledigte sowohl vertragliche als auch deliktische Schädiger nicht von gebotenen Sorgfaltsanforderungen und gegebenenfalls von eingetretenen Schäden sowie Schadensersatzansprüchen.

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