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Bei Missbrauch von „roten Überführungskennzeichen“ keine Haftung der Händler-Fahrzeugversicherung (hier: Totalschaden)


OLG Köln

Az.: 9 U 113/99

Verkündet am 28.03.2000

Vorinstanz: LG Köln – Az.: 24 O 280/98


Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat auf die mündliche Verhandlung vom 22.02.2000 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.07.1999 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 24 0 280/98 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Entschädigungsanspruch wegen des Unfallereignisses vom 22.02.1998 mit Totalschaden an dem PKW Peugot 306 Cabrio (amtliches Kennzeichen XX-XX-XXX ) auf Grund des Händler – Fahrzeugversicherung zwischen der Firma Autohaus G. und der Beklagten nicht zu.

2. Da der Versicherungsnehmer, die Firma G., den Anspruch nicht selbst verfolgen will, kann die Klägerin grundsätzlich als Mitversicherte den Entschädigungsanspruch geltend machen (vgl. Prölss -in Prölss/Martin, VVG, 26 Aufl. § 75, Rn 5, 8, 10) .

Der Senat hat allerdings bereits Bedenken, ob der Klägerin im Rahmen der zwischen dem Autohaus G. und der Beklagten bestehenden Händler-Fahrzeugversicherung überhaupt die Stellung einer Mitversicherten zukommt.

Nach Ziffer I 1. der Sonderbedingungen zur Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für Kraftfahrzeug – Handel und Handwerk bezieht sich die Versicherung auf alle „Fahrzeuge, wenn und solange sie mit einem dem Versicherungsnehmer von der Zulassungsstelle zugeteilten roten Kennzeichen versehen sind“. Ob damit auch die Fahrzeuge versichert sind, die nicht vom Versicherungsnehmer selbst oder seinem Repräsentanten mit dem roten Kennzeichen versehen sind, ist zweifelhaft. Vorliegend hat der frühere Angestellte der Streithelferin, Herr D., der in keiner Rechtsbeziehung zu dem Versicherungsnehmer steht, der Klägerin das rote Kennzeichen übergeben. Es hat also ein Dritter das Kennzeichen an die Klägerin ausgegeben, so dass Zweifel bestehen, ob in diesem Fall der Empfänger des roten Kennzeichens zum Mitversicherten wird. Hinzu kommt, dass die Klägerin auch nicht Kundin des Versicherungsnehmers G. war, sondern der Streithelferin. Dass die Ehefrau des Geschäftsführers des Autohauses G. die Geschäftsführerin der Streithelferin ist, spielt hierbei keine Rolle. Denn eine rechtliche Beziehung zwischen den beiden Autohändlern besteht nicht. Eine Einbeziehung von nicht mit dem Versicherungsnehmer rechtlich verbundener Personen in den Versicherungsschutz der Händlerversicherung könnte zu einer nicht absehbaren Ausweitung der Haftung führen. Letzlich kommt es aber im vorliegenden Fall auf diese Problematik nicht an.

2. Die Beklagte ist nämlich leistungsfrei, weil die Klägerin gegen die Verwendungsklausel des § 2 Nr. 2 AKB a. F. ( § 2 b Nr. 1 a AKB n. F.) verstoßen hat.

Es besteht kein Versicherungsschutz, wenn das rote Kennzeichen missbräuchlich verwendet wird. In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen die genannte Verwendungsklausel vor (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., Kfz-Handel, Rn 2 mit weiteren Nachweisen).

Die Verwendung von roten Kennzeichen ist nach § 28 Abs. 1 S. 1 u. 2 StVZO vorgeschrieben – neben Prüfungsfahrten von amtlich anerkannten Sachverständigen – für Fahrten zur Feststellung und zum Nachweis der Gebrauchsfähigkeit von Fahrzeugen (Probefahrten) und Fahrten, die in der Hauptsache der Überführung eines Fahrzeugs an einen anderen Ort dienen (Überführungsfahrten). Probefahrten in diesem Sinne sind Fahrten mit dem Ziele, die Leistung und Gebrauchsfähigkeit von Kraftwagen festzustellen, zum Beispiel von Herstellern, Händlern und Inhabern von Werkstätten, auch mit Interessenten und mit Vorführwagen (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 34. Aufl., § 28 StVO, Rn 9). Überführungsfahrten sind Fahrten zur beabsichtigten Überbringung an einen anderen Ort (vgl. Jagusch/Hentschel, a.a.O., Rn 12). Diese genannten Voraussetzungen liegen hier erkennbar nicht vor.

Vielmehr ist der Unfall anlässlich einer dem Wochenendvergnügen dienende Spritztour geschehen, die die Klägerin mit ihrem Ehemann unternommen hat. Damit war der Ausflug keine Fahrt im Sinne des § 28 Abs. 1 S. 1 StVZO. Das erhellt aus den Gesamtumständen, insbesondere dem Anlass und dem Umfang der Fahrt. Wie die Klägerin selbst vorträgt, hat der frühere Angestellte der Streithelferin, Herr D., bei einem Gesprächs über die Um- beziehungsweise Anmeldung des Wagens, auf das frühlingshafte Wetter hingewiesen. Die Klägerin und ihr Ehemann unternahmen daraufhin an dem Unfalltag, einem Sonntag, dem 22.02.1998, die vorher bereits in Aussicht genommene Freizeitfahrt. Der Schadenereignis fand etwa 60 km vom Wohnsitz der Klägerin statt. Dass zu einem noch nicht fest bestimmten Termin eine Inspektion des Fahrzeugs im Autohaus der Streithelferin stattfinden sollte, war gegenüber dem Ausflugscharakter der Fahrt nur von untergeordneter Bedeutung, würde aber die Ausgabe eines roten Kennzeichens auch nicht rechtfertigen. Hinzu kommt, dass sich der Verkäufer am folgenden Montag, nachdem der Wagen in das Autohaus geschleppt worden war, dahingehend geäußert hat, man könne als Grund für die Fahrt die Erprobung wegen der ablaufenden Garantie angeben. Das belegt, dass den Beteiligten klar war, dass eine das rote Kennzeichen rechtfertigende Fahrt nicht beabsichtigt war.

Diese Obliegenheitsverletzung hat auch die Klägerin selbst begangen. Sie war Beifahrerin in dem von ihrem Ehemann gesteuerten Fahrzeug und hat die Wochenendtour jedenfalls bewusst mitveranlasst und beeinflusst. Dass die missbräuchliche Verwendung des roten Kennzeichens darüber hinaus durch mangelnde Kontrolle des Versicherungsnehmers im Hinblick auf die Ausgabe der roten Kennzeichen verursacht worden ist, erscheint ebenfalls nicht zweifelhaft.

Einer Kündigung des Versicherungsvertrages bedurfte es nicht, weil nicht der Versicherungsnehmer, das Autohaus G., die hier maßgebliche Obliegenheitsverletzung durch Verstoß gegen die Verwendungsklausel begangen hat, sondern der Mitversicherte (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, a.a.O., § 6 VVG, Rn 110). Damit ist Leistungsfreiheit eingetreten §§ 6 Abs. 1, 2 VVG, § 2 Nr. 2 AKB a . F . ( § 2 b Nr. 1 a AKB n . F.).

Auf die Frage der grob fahrlässigen Herbeiführung des Unfalls ( § 61 VVG) kam es danach nicht mehr an.

2. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert der Beschwer ist nach § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer der Klägerin: 24.900,– DM.

 

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