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Prozesskostenhilfe in Familiensachen und Haus mit Rückauflassungsvormerkung

OLG Frankfurt am Main

Az.: 1 WF 207/00

Beschluss vom 16.10.2000

Vorinstanz: AG Frankfurt am Main – Az.: 35 F 4095/00-55


In der Familiensache hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main vom 21.08.2000 am 16. Oktober 2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Dem Kläger wird ratenfreie Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin X. bewilligt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 1 GKG; § 127 Abs. 4 ZPO).

Gründe:

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe stammt eine im Jahr 1992 geborene Tochter. Im Scheidungstermin vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Hanau am 23. 07. 1997 schlossen die Parteien einen Vergleich, mit dem sich der Kläger u. a. verpflichtete, Kindesunterhalt für die gemeinsame Tochter in Höhe von 300,– DM monatlich sowie einen Ehegattenunterhalt von 460,– DM monatlich zu zahlen. Der Kläger, der als Fernmeldetechniker zuletzt rund 2.900,– DM monatlich netto verdiente, lebt in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, aus der eine am 01. 05. 2000 geborene Tochter stammt. Seine Lebensgefährtin ist Beamtin. Nach seinen Angaben erzielt sie ein höheres Nettoeinkommen als er selbst und ist zudem nicht bereit, die Betreuung des gemeinsamen Kindes auch nur teilweise zu übernehmen. Seit dem 27. 06. 2000 ist der Kläger in Erziehungsurlaub und bezieht seit diesem Zeitpunkt ein monatliches Erziehungsgeld von 600,– DM.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger eine Abänderung des vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Hanau am 23. 07. 1997 abgeschlossenen Vergleichs dahingehend, daß der Kläger ab 28. 06. 2000 an die Beklagte keinen Ehegattenunterhalt mehr zu zahlen hat. Den hierfür gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluß vom 21. 08. 2000 zurückgewiesen. Die Beklagte brauche sich hinsichtlich ihres auf § 1570 BGB beruhenden Unterhaltsanspruchs die Entscheidung des Klägers, das nichteheliche Kind aus der neuen Partnerschaft betreuen zu wollen, nicht entgegenhalten zu lassen, zumal der Kläger gegen die Mutter des von ihm betreuten Kindes keinen Unterhaltsanspruch habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluß des Amtsgerichts vom 21. 08. 2000 verwiesen (Bl. 27/28 d.A.).

Die Beschwerde, der das Amtsgericht mit Verfügung vom 06. 09. 2000 nicht abgeholfen hat, ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Zwar hat der Bundesgerichtshof in einem vor Inkrafttreten des Kindschaftsreformgesetzes ergangenen Beschluß vom 21. 12. 1994 ausgeführt, daß die Grundsätze der Rechtsprechung zu den sogenannten Hausmann-Fällen angesichts der rechtlichen Unverbindlichkeit einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht herangezogen werden könnten, wenn der geschiedene Ehegatte ein nichteheliches Kind aus einer neuen eheähnlichen Gemeinschaft betreue; die Unterhaltspflicht dieses geschiedenen Ehegatten könne daher gegenüber seinen minderjährigen ehelichen Kindern in einer solchen Konstellation nicht wegfallen (vgl. BGH, FamRZ 1995, S. 598). Ob nach Inkrafttreten des Kindschaftsreformgesetzes am 01. 07. 1998 dieser Auffassung noch uneingeschränkt gefolgt werden kann, erscheint jedoch zweifelhaft. So vertreten Kalthoener/Büttner/Niepmann, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl. 2000, Randnr. 665) die Auffassung, daß sich die nicht miteinander verheirateten Partner bei gemeinsamer ehelicher Sorge in einer § 1356 BGB vergleichbaren Position befänden, in der von ihnen zur Wahrung der Belange des Kindes wie von Eheleuten eine gegenseitige Rücksichtnahme auf den anderen verlangt werde. Zum anderen habe der betreuende Elternteil unter Umständen gegen den erwerbstätigen Partner einen Unterhaltsanspruch aus § 1615 l BGB, den er geltend machen und für den Unterhalt der Berechtigten aus der ersten Ehe verwenden müsse. Schließlich dürfe die Besserstellung des ein nichteheliches Kind betreuenden Unterhaltsverpflichteten gegenüber dem Verheirateten gegen Artikel 3 und 6 Grundgesetz verstoßen. Dementsprechend hat das Oberlandesgericht Köln mit Beschluß vom 06.01.2000 entschieden, daß der einem minderjährigen Kind aus erster Ehe zum Unterhalt verpflichtete Vater, der in nichtehelicher Lebensgemeinschaft ein weiteres minderjähriges Kind betreut, dem minderjährigen unterhaltsberechtigten aus erster Ehe nicht seine mangelnde Leistungsfähigkeit entgegenhalten könne, soweit es die Zahlung des Mindestunterhaltes betreffe; vielmehr sei seine Leistungsfähigkeit fiktiv nach seinem letzten Erwerbseinkommen zu berechnen (vgl. OLG Köln, FamRZ 2000, S. 687).

Die Frage, ob der Unterhaltspflichtige, der ein aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stammendes nichteheliches Kind betreut, nach diesen Maßstäben auch zur Sicherung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau verpflichtet ist, ist eine in rechtlicher Hinsicht schwierige Frage, die vom Senat als offen angesehen wird und in der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist. Unter Berücksichtigung des im Prozeßkostenhilfeverfahren anzuwendenden großzügigen Prüfungsmaßstabs war dem Kläger danach Prozeßkostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Abänderungsklage zu bewilligen. Dem steht auch nicht entgegen, daß er Eigentümer eines Hausgrundstücks mit einem Verkehrswert von 300.000,– DM ist. Der Verwertung dieses Grundstücks steht eine im Grundbuch eingetragene Rückauflassungsvormerkung zugunsten seiner Eltern entgegen. Eine weitere Belastung des Grundstücks – deren Realisierbarkeit einmal unterstellt – dürfte daran scheitern, daß der Kläger mangels eigenen Erwerbseinkommens einen aufzunehmenden Kredit nicht finanzieren können dürfte.

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