AG Recklinghausen – Az.: 19 C 96/20 – Urteil vom 10.09.2021
1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Rücknahme und Übereignung des Bettes Dafne Boza Seti (207), 200 cm x 200 cm, und der Matratze Prestige Prime, 200 cm x 200 cm, an den Kläger 2125,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2020 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der zu Ziffer 1) aufgeführten Gegenstände in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung der nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. Rechnung der Rechtsanwälte L. & T. vom 25.05.2020 in Höhe eines Betrages von 334,75 Euro freizustellen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 17 % und die Beklagte 83 % zu tragen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger erwarb mit Vertrag vom 26.02.2019 von der Beklagten das in der Urteilsformel näher bezeichnete Bett nebst Matratze einschließlich Lieferung und Montage für 2.575,00 Euro. Nachdem am 05.09.2019 die Beklagte ein Scharnier im Wege der Nachbesserung austauschte, bemängelte der Kläger spätestens mit E-Mail vom 20.11.2019, dass das Bett und die Matratze erheblich schief seien und die Seitenteile abfielen. Der Aufforderung zur Nachbesserung kam die Beklagte nicht nach. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21.01.2020 forderte der Kläger die Beklagte nochmals erfolglos zur Mängelbeseitigung auf. Schließlich erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 03.06.2020 auf, Zug um Zug gegen Rücknahme des Bettes den Kaufpreis zu erstatten.
Der Kläger behauptet, das Bett und die Matratze seien derart schief, dass es nicht mehr zur gewöhnlichen Verwendung geeignet sei. Zudem fielen die Seitenteile ab. Dies habe er gegenüber der Beklagten auch schon spätestens im September 2019 telefonisch gerügt, jedenfalls wenige Wochen nach Lieferung bemerkt. Die Lieferung und Montage des Bettes sei im Mai 2019 erfolgt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zug um Zug gegen Rücknahme und Rückübereignung des Bettes Dafne Boza Seit (207) 200cm x 200cm und der Matratze Prestige Prime 200cm x 200cm einen Betrag in Höhe von 2.575,00 Euro nebst Zinsen n Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.06.2020 zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme der im Antrag zu 1. aufgeführten Gegenstände in Annahmeverzug befindet, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung der nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß Rechnung der Rechtsanwälte L. und T. vom 25.05.2020 in Höhe eines Betrages von 334,75 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2020 freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben über die Mangelhaftigkeit des Bettes durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie Vernehmung der Zeugen Z. L. und F. Z.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme werden das schriftliche Gutachten des Dipl.-Ing. N. T. vom 24.03.2021, Bl. 63 ff. d.A., sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2021 in Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Das für den Antrag zu 2. nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus §§ 756, 765 ZPO.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2.125,00 Euro Zug um Zug gegen Rücknahme des Bettes und der Matratze aus §§ 433 Abs. 1 Satz 2, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB sowie Freistellung der außergerichtlichen Anwaltskosten.
Das Bett ist – nach Einholung des schriftlichen Gutachtens – unstreitig mangelhaft i.S.v. § 434 BGB. Denn es ist nach den Feststellungen des Sachverständigen derart schief, dass es sich zur gewöhnlichen Verwendung nicht mehr eignet. Das Gericht ist nach der Anhörung des Klägers und der Vernehmung der Zeugen davon überzeugt, dass sich die Mangelfolgen innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang gezeigt haben.
Der Gefahrübergang erfolgte mit der Lieferung und Montage des Bettes und damit zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Mai 2019. Soweit die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 01.06.2021 behauptet, die Lieferung sei Ende Februar, Anfang März 2019 erfolgt, steht dies bereits im Widerspruch zu den Angaben aus dem Bestellschein vom 26.02.2019, Bl. 6 d.A. Dort ist eine Lieferzeit von ca. 8 – 12 Wochen angegeben. Die Aussage des von der Beklagten dazu benannten Zeugen Z. war unergiebig, da er das Lieferdatum nicht benennen konnte. Dagegen sind die Angaben des Klägers, die im Übrigen mit den Bekundungen der Zeugin L. übereinstimmen, glaubhaft. Denn eine Lieferung im Mai 2019 entspricht den Angaben auf dem Bestellschein.
Die Mangelfolgen haben sich zur Überzeugung des Gerichts bis spätestens zum 01.11.2019 und damit innerhalb von sechs Monaten gezeigt. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung konnte der Kläger glaubhaft angeben, dass er bereits kurze Zeit nach der Lieferung bemerkt hat, dass die Liegefläche eine Schrägstellung aufwies. Dabei spricht für den Kläger, dass er Unsicherheiten stets einräumte, u.a. auch auf Nachfragen nicht angeben konnte, wann genau das Bett geliefert und wann genau er erstmals die Mangelfolgen erkannt hat. Auch passen die vom Sachverständigen festgestellten Mängel zu der Schilderung des Klägers. Nachfragen konnte er lebensnah und widerspruchsfrei beantworten, insbesondere angeben, dass er schließlich seine Vermutung mit einer Wasserwaage überprüft habe.
Die Angaben des Klägers stimmen zudem in den wesentlichen Details mit der Aussage der Zeugin L. überein. Diese ist auch glaubwürdig. Allein die Tatsache, dass sie die Ehefrau des Klägers ist, spricht nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit. Vielmehr hat sie stets Unsicherheiten eingeräumt und manche wesentlichen Punkte erst auf Nachfrage geschildert. Dabei wirkte ihre Aussage auch nicht mit dem Kläger abgesprochen, unterschied sie sich doch von dessen Angaben in allerdings unwesentlichen Nebenfragen. So schilderte die Zeugin, dass sie zunächst selbst die Schrägstellung des Bettes nicht bemerkt habe, sondern erst, nachdem ihr Mann ein Brett – keine Wasserwaage – aufgelegt habe. Auch konnte die Zeugin nicht genau benennen, wann sich die Mangelfolgen gezeigt haben. Glaubhaft schilderte sie aber, dass dies jedenfalls schon vor der ersten Nachbesserung wegen des Scharniers, die unstreitig am 05.09.2019 erfolgte, der Fall war. Denn sie schilderte lebensnah, dass sie und der Kläger in mehreren Telefonaten mit Mitarbeitern der Beklagten beide Mängel angesprochen haben. Auf Nachfrage konnte sie zudem bekunden, dass sie wegen der streitgegenständlichen Mängel sich bereits im September 2019 an einen Rechtsanwalt gewandt hätten. Daraus folgt zwingend, dass die Mangelfolgen spätestens im September 2019 aufgetreten waren.
Damit wird zugleich nach § 477 BGB vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war. Denn der zugrunde liegende Vertrag ist ein Verbrauchsgüterkauf i.S.v. § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Beklagte konnte die Vermutung nicht widerlegen. Die Aussage des Zeugen Z. war insofern unergiebig. Der Sachverständige konnte bei der mündlichen Ergänzung seines Gutachtens nur angeben, dass sich die Ursache des Mangels nicht feststellen lasse; auch dieses Beweismittel war insoweit unergiebig. Denn der Sachverständige gab an, dass ein fehlerhafter Umgang des Bettes beim vom Kläger später selbst durchgeführten Umzug die Mängel zwar verursacht haben kann, aber genauso gut auch andere Erklärungen, insbesondere eine fehlerhafte Konstruktion, in Betracht kommen. Soweit die Beklagte die Vermutung äußerte, die Mangelfolgen seien durch ein Betreten des Bettes entstanden, gab der Sachverständige überzeugend an, dass ein Bett zum einen einer solchen Belastung standhalten müsse, zum anderen dann auch in der Mitte durchhängen und nicht zur Seite abfallen würde. Dafür, dass der Mangel nicht durch den Umzug verursacht wurde, spricht im Übrigen schon, dass der Kläger die Mängelerscheinungen unstreitig bereits vor dem Umzug gerügt hatte.
Da die Beklagte der Aufforderung zur Nachbesserung unter Fristsetzung nicht nachkam, konnte der Kläger vom Vertrag zurücktreten. Nach § 346 Abs. 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugeben bzw. nach Abs. 2 Wertersatz zu leisten. Der von der Beklagten zu leistende Wertersatz in Höhe des Kaufpreises ist um die gezogenen Nutzungen, hier gem. § 100 BGB der Gebrauchsvorteile, zu reduzieren. Dabei entspricht der Gebrauchsvorteil der zeitanteiligen linearen Wertminderung. Ausgangspunkt ist dabei der Bruttopreis einschließlich Umsatzsteuer. Der Wert des Gegenstands ist sodann durch die Restnutzungsdauer zu teilen (vgl. zum Ganzen Röthel/Metzger, in Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 346 BGB, Rn. 33 m.w.N.). Ausgehend von einer Lebensdauer von zehn Jahren entspricht der monatliche Wert bei einem Bruttokaufpreis von 2.575,00 Euro gerundet 21,46 Euro. Da der Kläger das Bett bi zum Schluss der mündlichen Verhandlung etwa 28 Monate genutzt hat, entspricht dies einem Gebrauchsvorteil von 600,88 Euro. Aufgrund der Mangelhaftigkeit der Sache ist davon ein Abschlag von 25 % angemessen, so dass sich ein Nutzungsvorteil von gerundet 450,00 Euro ergibt.
Darüber hinaus ist kein weiterer Wertersatz nach § 346 Ab. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB wegen einer Verschlechterung des Gegenstands zu leisten. Beweispflichtig ist insofern die Beklagte. Es lässt sich aber wie erörtert nicht feststellen, dass Mängel an dem Bett erst nach Gefahrübergang entstanden sind.
Da der Klägerin der Beklagten eine angemessene Frist zur Rücknahme des Bettes gesetzt hat, befindet sich diese im Annahmeverzug.
Die Beklagte hat den Kläger zudem von den angemessenen und erforderlichen Kosten der Rechtsverfolgung freizustellen. Soweit der Kläger mit dem Antrag zu 1. einen zu hohen Geldbetrag fordert, ist dies unschädlich. Denn der Gegenstandswert bleibt in derselben Gebührenstufe bis 3.000,00 Euro und ist zutreffend von dem Kläger berechnet. Für die Freistellung kommt indes eine Verzinsung aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht, da es an einer Geldforderung fehlt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 2.575,00 EUR festgesetzt.