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Rücktritt vom Reisevertrag nach § 651h I BGB – Rückerstattung Reisepreis

Mallorca-Urlaub platzt wegen Corona, doch die Stornogebühren bleiben: Ein Münchner Gericht hat entschieden, dass kurzfristige Stornierungen auch bei Reisewarnungen teuer werden können. Eine Reisende wollte wegen steigender Infektionszahlen nicht mehr fliegen, doch ihr Rücktritt kam zu spät – und das Gericht ließ das „einfach nicht erscheinen“ nicht gelten. Jetzt droht die saftige Stornogebühr, und der Fall könnte sogar Grundsatzfragen im Reiserecht klären.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin wollte den Reisepreis für eine nicht angetretene Reise nach Palma de Mallorca zurückfordern.
  • Die Beklagte verlangte aufgrund des Rücktritts ein Stornoentgelt in Höhe von 85 Prozent des Reisepreises.
  • Streitpunkt war, ob außergewöhnliche Umstände aufgrund der COVID-19-Pandemie vorlagen, die eine Rückforderung des Reisepreises ermöglichen würden.
  • Das Gericht wies die Klage ab und entschied, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert war, da die Reisenden unterschiedliche Nachnamen führten.
  • Die Beklagte war der Meinung, dass kein unvermeidbarer Umstand vorlag, da die Reise in Kenntnis der Pandemie gebucht worden war.
  • Das Gericht entschied, dass die Klägerin den Rücktritt nicht wirksam erklärt habe, aufgrund der besonderen Umstände des Reisepreises und des Buchungszeitpunkts.
  • Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die Beklagte sofort handeln kann.
  • Es wurde die Möglichkeit zur Berufung zugelassen, was der Klägerin einen weiteren Rechtsweg eröffnet.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf ähnliche Streitfälle, insbesondere in Bezug auf die Frage der Aktivlegitimation und die Definition außergewöhnlicher Umstände im Kontext von Reisen während der Pandemie.

Rücktritt vom Reisevertrag: Rechte und Urteile im Reiserecht verstehen

Der Rücktritt vom Reisevertrag ist ein zentrales Thema im Reiserecht und betrifft sowohl Verbraucher als auch Reisevermittler. Laut § 651h BGB haben Reisende unter bestimmten Bedingungen das Recht, von ihrem Reisevertrag zurückzutreten, etwa wenn erhebliche Reisemängel auftreten oder andere schwerwiegende Gründe gegeben sind. In solch einem Fall stellt sich schnell die Frage nach der Rückerstattung des Reisepreises und welchen rechtlichen Ansprüche die Betroffenen auf Erstattung ihrer Reisekosten haben.

Reisende sollten sich bewusst sein, dass die Buchungsbedingungen und vertraglichen Rücktrittsrechte eine entscheidende Rolle spielen. Diese Aspekte regeln, unter welchen Umständen Stornierungen ohne finanzielle Einbußen möglich sind. Zudem kann es in bestimmten Situationen sinnvoll sein, eine Kulanzregelung mit dem Reiseveranstalter zu prüfen, da dies die individuelle Lösung vereinfachen kann. Verbrauchern ist es wichtig, ihre Rechte bezüglich Reisemängeln und Rücktrittsrechten zu kennen, um im Fall der Fälle gut informiert handeln zu können.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die oben genannten Aspekte beleuchtet und eine Analyse des gerichtlichen Urteils dazu bietet.

Der Fall vor Gericht


Reiseveranstalter behält Stornogebühr trotz Corona-Lage auf Mallorca ein

Rücktritt vom Reisevertrag: Gerichtliche Bewertung des "no show"
Ein Gericht entschied, dass das Nichterscheinen am Abflugort („no show“) bei einer Pauschalreise nicht automatisch als wirksamer Rücktritt vom Reisevertrag gilt, da verschiedene Gründe dafür möglich sind. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Amtsgerichts München (Az.: 242 C 15369/23) befasst sich mit dem Anspruch einer Reisenden auf Rückerstattung des Reisepreises für eine nicht angetretene Pauschalreise nach Mallorca im Juli 2021. Die Klägerin hatte am 13. Juni 2021 über einen Vermittler bei der beklagten Reiseveranstalterin eine viertagige Pauschalreise nach Palma de Mallorca für zwei Personen zum Preis von 1.114,00 Euro gebucht. Der Reisepreis wurde vollständig im Voraus bezahlt.

Stornierung kurz vor Reiseantritt wegen steigender Corona-Zahlen

Im Juli 2021 stiegen die Corona-Infektionszahlen im Zielgebiet deutlich an. Es wurde eine Reisewarnung ausgesprochen, und Mallorca sollte ab dem 27. Juli 2021 als Hochinzidenzgebiet eingestuft werden. Am geplanten Abreisetag, dem 23. Juli 2021, erklärte die Klägerin per E-Mail um 17:54 Uhr ihren Rücktritt vom Reisevertrag. Der Abflug war für 17:50 Uhr geplant gewesen. Die Reisenden traten den Flug und die Reise nicht an.

Streit um Höhe der Stornogebühren

Die Reiseveranstalterin stellte daraufhin eine Stornorechnung über 85% des Reisepreises (946,90 Euro) aus, berief sich dabei auf § 651h Abs. 2 BGB und reduzierte den Betrag später aus Kulanz auf 543,47 Euro. Die Klägerin forderte die vollständige Rückerstattung des Reisepreises und argumentierte, dass unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände am Reiseziel vorlagen, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Reisedurchführung darstellten. Sie berief sich dabei auf § 651h Abs. 3 S. 1 BGB, wonach der Reiseveranstalter in solchen Fällen keine Entschädigung verlangen könne.

Gericht weist Klage ab: Kein wirksamer Rücktritt vor Reisebeginn

Das Amtsgericht München wies die Klage ab und entschied zugunsten der Reiseveranstalterin. Das Gericht stellte fest, dass kein wirksamer Rücktritt vom Reisevertrag vor Reisebeginn erfolgt war. Die per E-Mail versandte Rücktrittserklärung ging erst nach dem geplanten Abflug bei der Reiseveranstalterin ein. Das Gericht betonte, dass der bloße Nichtantritt der Reise („no show“) nicht als konkludente Rücktrittserklärung gewertet werden könne.

Rechtliche Bewertung des „no show“

Das Gericht setzte sich eingehend mit der Frage auseinander, ob ein Nichterscheinen am Abflugort als Rücktrittserklärung zu werten sei. Es argumentierte, dass ein „no show“ verschiedene Ursachen haben könne und nicht zwangsläufig bedeute, dass der Reisende kein Interesse mehr an der Reise habe. Bei einem Pauschalreisevertrag mit mehreren Leistungen könne die Nichtinanspruchnahme eines Leistungsteils nicht automatisch als Rücktritt vom gesamten Vertrag interpretiert werden.

Berufung zugelassen

Das Gericht ließ die Berufung gegen das Urteil zu, da die Frage, ob ein „no show“ bei Pauschalreiseverträgen als Rücktrittserklärung zu werten ist, in der Rechtsprechung umstritten sei und grundsätzliche Bedeutung habe. Dies eröffnet die Möglichkeit, dass höhere Instanzen sich mit dieser Rechtsfrage befassen und möglicherweise zu einer einheitlichen Rechtsprechung beitragen werden.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass ein wirksamer Rücktritt vom Pauschalreisevertrag eine eindeutige, rechtzeitige Erklärung erfordert. Der bloße Nichtantritt der Reise („no show“) reicht nicht aus, um als konkludente Rücktrittserklärung gewertet zu werden. Dies gilt insbesondere bei Pauschalreisen mit mehreren Leistungskomponenten. Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer klaren Kommunikation zwischen Reisenden und Veranstaltern und könnte weitreichende Auswirkungen auf die Handhabung von Stornierungen im Reiserecht haben.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige Konsequenzen für Reisende, die eine Pauschalreise in Krisenzeiten gebucht haben. Es zeigt, dass ein bloßes Nichterscheinen am Flughafen („No-Show“) rechtlich nicht automatisch als Rücktritt vom Reisevertrag gewertet wird. Für Sie als Reisende bedeutet das: Wenn Sie Ihre Reise nicht antreten möchten, müssen Sie den Rücktritt explizit und rechtzeitig vor Reisebeginn erklären, um mögliche Stornogebühren zu minimieren. Selbst bei sich verschlechternder Lage am Reiseziel (wie steigende Corona-Zahlen) reicht ein „No-Show“ nicht aus, um Anspruch auf volle Rückerstattung zu haben. Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit, sich frühzeitig und schriftlich mit dem Reiseveranstalter in Verbindung zu setzen, wenn Sie Bedenken bezüglich Ihrer gebuchten Reise haben.


Weiterführende Informationen

Sie haben eine Reise gebucht, aber nun werden Sie nicht reisen können? Was passiert mit Ihrem Geld? Und vor allem: Was bedeutet Rücktritt vom Reisevertrag: Gerichtliche Bewertung des „no show“ in diesem Zusammenhang? Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)


 

Wann gilt ein Rücktritt vom Reisevertrag rechtlich als wirksam erklärt?

Ein Rücktritt vom Reisevertrag gilt rechtlich als wirksam erklärt, wenn er dem Reiseveranstalter oder dem Reisevermittler zugeht. Der Zeitpunkt des Zugangs ist entscheidend für die rechtlichen Folgen und mögliche Entschädigungszahlungen.

Form der Rücktrittserklärung

Die Rücktrittserklärung ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie können den Rücktritt schriftlich, in Textform oder sogar mündlich erklären. Aus Beweisgründen ist jedoch eine schriftliche Erklärung, idealerweise per Einschreiben, zu empfehlen.

Zeitpunkt der Rücktrittserklärung

Sie können jederzeit vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktreten. Der genaue Zeitpunkt ist wichtig, da er Einfluss auf die Höhe einer möglichen Entschädigung hat. Je früher Sie zurücktreten, desto geringer fallen in der Regel die Stornokosten aus.

Empfänger der Rücktrittserklärung

Ihre Rücktrittserklärung müssen Sie entweder gegenüber dem Reiseveranstalter oder dem Reisevermittler abgeben. Wenn Sie die Reise über ein Reisebüro gebucht haben, können Sie den Rücktritt auch dort erklären. Das Reisebüro muss die Erklärung dann an den Veranstalter weiterleiten.

Wirksamkeit der Erklärung

Ihre Rücktrittserklärung wird wirksam, sobald sie dem Empfänger zugeht. Bei einer schriftlichen Erklärung ist dies der Zeitpunkt, zu dem das Schreiben in den Machtbereich des Empfängers gelangt, also etwa wenn es in seinen Briefkasten eingeworfen wird. Bei einer E-Mail gilt der Zeitpunkt, zu dem sie abrufbar im Postfach des Empfängers eingeht.

Bedeutung einer klaren und rechtzeitigen Erklärung

Eine klare und rechtzeitige Rücktrittserklärung ist wichtig, um Ihre Rechte zu wahren und mögliche finanzielle Nachteile zu vermeiden. Wenn Sie zu spät oder unklar zurücktreten, riskieren Sie höhere Stornokosten oder sogar die volle Zahlung des Reisepreises.

Beachten Sie: Sobald Sie die Reise angetreten haben, etwa durch Gepäckaufgabe, ist ein Rücktritt nicht mehr möglich. In diesem Fall können Sie den Vertrag nur noch unter bestimmten Voraussetzungen kündigen.


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Welche rechtlichen Folgen hat ein „No-Show“ bei einer Pauschalreise?

Ein „No-Show“ bei einer Pauschalreise hat erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen für den Reisenden. Anders als bei einem formellen Rücktritt vom Reisevertrag nach § 651h Abs. 1 BGB, bei dem der Reisende aktiv seinen Rücktrittswillen erklärt, liegt beim „No-Show“ kein wirksamer Rücktritt vor.

Rechtliche Bewertung des „No-Show“

Wenn Sie als Reisender einfach nicht zum Reiseantritt erscheinen, ohne vorher den Rücktritt zu erklären, bleiben Sie weiterhin zur Zahlung des vollen Reisepreises verpflichtet. Der Reiseveranstalter kann den gesamten Reisepreis einfordern, da der Vertrag rechtlich gesehen weiterhin besteht. Dies unterscheidet sich grundlegend von einem ordnungsgemäßen Rücktritt, bei dem der Veranstalter lediglich eine angemessene Entschädigung verlangen kann.

Finanzielle Folgen

Bei einem „No-Show“ müssen Sie als Reisender mit folgenden finanziellen Konsequenzen rechnen:

  • Volle Zahlung des Reisepreises: Der Reiseveranstalter kann den gesamten Reisepreis verlangen, auch wenn Sie die Reise nicht angetreten haben.
  • Keine Rückerstattung: Im Gegensatz zum Rücktritt haben Sie keinen Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen.
  • Zusätzliche Kosten: Es können sogar zusätzliche Gebühren für administrative Aufwendungen des Veranstalters anfallen.

Unterschied zum formellen Rücktritt

Ein formeller Rücktritt nach § 651h BGB bietet Ihnen als Reisenden deutlich mehr Schutz. Beim Rücktritt:

  • Verliert der Veranstalter den Anspruch auf den vollen Reisepreis.
  • Kann der Veranstalter nur eine angemessene Entschädigung verlangen.
  • Werden bereits geleistete Zahlungen abzüglich der Entschädigung zurückerstattet.

Besonderheiten bei Pauschalreisen

Bei Pauschalreisen wird ein „No-Show“ besonders streng bewertet, weil:

  • Der Veranstalter verschiedene Leistungen gebündelt hat und diese oft nicht einzeln stornieren oder weiterverkaufen kann.
  • Die Gewinnmargen bei Pauschalreisen oft gering sind und Veranstalter auf eine hohe Auslastung angewiesen sind.
  • Der Veranstalter Vorauszahlungen an Hotels, Airlines und andere Dienstleister geleistet hat, die er bei einem „No-Show“ nicht zurückerhält.

Wenn Sie eine Pauschalreise gebucht haben und absehen können, dass Sie diese nicht antreten werden, ist es daher dringend zu empfehlen, einen formellen Rücktritt zu erklären. Dies kann Ihnen erhebliche Kosten ersparen und gibt dem Veranstalter die Möglichkeit, die Reiseleistungen anderweitig zu verwenden.


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Unter welchen Umständen kann ein Reisender kostenlos vom Vertrag zurücktreten?

Ein Reisender kann kostenlos vom Reisevertrag zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

Was sind unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände?

Unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände liegen vor, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich darauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären. Beispiele hierfür sind:

  • Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche, Waldbrände, Unwetter, Überschwemmungen, Erdbeben oder Hurrikane
  • Terrorgefahr oder politische Unruhen
  • Schwere Epidemien oder Pandemien
  • Kriegshandlungen

Wie werden diese Umstände rechtlich bewertet?

Für die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise ist eine Gesamtwürdigung erforderlich. Dabei werden der Zweck und die konkrete Ausgestaltung der Reise sowie Art und Dauer der Beeinträchtigung berücksichtigt. Es kommt darauf an, wie gravierend sich der Mangel für den Reisenden auswirkt und wie groß der Anteil des Mangels in Relation zur gesamten Reiseleistung ist.

Reisewarnung vs. andere Umstände

Eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt in der Regel als erhebliches Indiz für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände. Sie wird ausgesprochen, wenn eine akute Gefahr für Leib und Leben besteht. Wenn Sie eine Pauschalreise gebucht haben und eine Reisewarnung erst nach der Buchung ausgesprochen wurde, können Sie in der Regel kostenlos stornieren.

Beachten Sie jedoch, dass auch ohne offizielle Reisewarnung außergewöhnliche Umstände vorliegen können. In solchen Fällen können Stellungnahmen fachkundiger Stellen wie des Robert-Koch-Instituts oder der Weltgesundheitsorganisation berücksichtigt werden.

Rechtliche Grundlage

Die rechtliche Grundlage für den kostenlosen Rücktritt bei unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen findet sich in § 651h Abs. 3 BGB. Dieser Paragraph regelt speziell den Rücktritt vor Reisebeginn und die damit verbundenen Rechte und Pflichten von Reisenden und Reiseveranstaltern.

Wenn Sie von Ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch machen möchten, sollten Sie den Rücktritt gegenüber dem Reiseveranstalter erklären. Eine bestimmte Form ist dafür nicht vorgeschrieben, Sie können den Rücktritt also schriftlich, in Textform oder mündlich erklären. Um Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt sich jedoch eine schriftliche oder zumindest textliche (z.B. per E-Mail) Erklärung.


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Wie berechnet sich die Höhe der Stornogebühren bei einem Reiserücktritt?

Die Höhe der Stornogebühren bei einem Reiserücktritt richtet sich nach § 651h Abs. 1 und 2 BGB. Der Reiseveranstalter kann eine angemessene Entschädigung verlangen, die sich nach dem Reisepreis abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitiger Verwendung der Reiseleistungen berechnet.

Gesetzliche Grundlage und Berechnung

Nach § 651h Abs. 2 BGB kann der Reiseveranstalter die Entschädigung entweder konkret berechnen oder pauschalieren. Bei der Pauschalierung müssen die Stornogebühren in einem angemessenen Verhältnis zur Reiseleistung stehen. Typischerweise staffeln sich die Stornogebühren nach dem Zeitpunkt des Rücktritts vor Reisebeginn:

  • Bis 30 Tage vor Reisebeginn: 10-20% des Reisepreises
  • 29-22 Tage vor Reisebeginn: 25-30% des Reisepreises
  • 21-15 Tage vor Reisebeginn: 35-45% des Reisepreises
  • 14-7 Tage vor Reisebeginn: 50-65% des Reisepreises
  • 6-1 Tage vor Reisebeginn: 70-80% des Reisepreises
  • Am Tag des Reisebeginns: bis zu 95% des Reisepreises

Wenn Sie eine Reise stornieren möchten, prüfen Sie zunächst die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Ihres Reiseveranstalters. Dort finden Sie in der Regel die genauen Staffelungen der Stornogebühren.

Anfechtung überhöhter Stornogebühren

Sie können die Höhe der Stornogebühren anfechten, wenn diese unangemessen hoch erscheinen. In diesem Fall müssen Sie dem Reiseveranstalter die Möglichkeit geben, die Angemessenheit der Pauschale nachzuweisen. Der Veranstalter muss dann darlegen, welche konkreten Kosten ihm durch Ihre Stornierung entstanden sind und welche Einnahmen er durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erzielen konnte.

Berücksichtigung ersparter Aufwendungen

Bei der Berechnung der Stornogebühren muss der Reiseveranstalter die ersparten Aufwendungen berücksichtigen. Dazu gehören beispielsweise nicht in Anspruch genommene Hotelübernachtungen, Mahlzeiten oder Ausflüge. Wenn Sie der Meinung sind, dass der Veranstalter zu wenig Aufwendungen eingespart hat, können Sie eine detaillierte Aufstellung der Kosten verlangen.

Einfluss der Reiseart auf die Stornogebühren

Die Art der gebuchten Reise kann ebenfalls Einfluss auf die Höhe der Stornogebühren haben. Bei Kreuzfahrten oder speziellen Gruppenreisen fallen oft höhere Stornogebühren an als bei gewöhnlichen Pauschalreisen. Dies liegt daran, dass diese Reisearten für den Veranstalter schwieriger anderweitig zu verkaufen sind.

Wenn Sie eine Reise buchen, achten Sie besonders auf die Stornobedingungen. Je näher der Reisetermin rückt, desto höher werden in der Regel die Stornogebühren. Bei einer kurzfristigen Stornierung können Sie mit erheblichen Kosten rechnen. Überlegen Sie daher gut, ob Sie die Reise wirklich stornieren möchten oder ob es eventuell andere Optionen gibt, wie zum Beispiel eine Umbuchung oder die Übertragung der Reise auf eine andere Person.


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Welche Rechtsmittel haben Reisende, wenn sie mit der Entscheidung des Reiseveranstalters nicht einverstanden sind?

Wenn Sie als Reisender mit der Entscheidung des Reiseveranstalters bezüglich Stornogebühren oder anderen Aspekten nicht einverstanden sind, stehen Ihnen mehrere Rechtsmittel zur Verfügung:

Widerspruch einlegen

Der erste Schritt ist ein schriftlicher Widerspruch gegen die Entscheidung des Reiseveranstalters. Erklären Sie darin detailliert, warum Sie die geforderten Stornogebühren für unangemessen halten. Berufen Sie sich dabei auf § 651h BGB, der die Rechte bei Rücktritt vom Pauschalreisevertrag regelt. Fordern Sie den Reiseveranstalter auf, seine Forderung zu begründen und die Berechnung der Stornokosten offenzulegen.

Schlichtungsverfahren nutzen

Führt der Widerspruch nicht zum gewünschten Ergebnis, können Sie ein kostenloses Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle für Reise und Verkehr (SÖP) beantragen. Dieses Verfahren ist für Sie als Verbraucher kostenlos und bietet eine neutrale Bewertung des Falls. Die Schlichtungsstelle prüft den Sachverhalt und gibt eine Empfehlung ab. Die Einigungsquote liegt bei etwa 90%, was die hohe Akzeptanz der Schlichtungsvorschläge zeigt.

Klage vor Gericht

Als letztes Mittel bleibt der Weg zum Gericht. Beachten Sie dabei:

  • Sie müssen die Klage innerhalb der Verjährungsfrist einreichen, die in der Regel zwei Jahre beträgt.
  • Es entstehen Gerichtskosten und möglicherweise Anwaltskosten.
  • Das Prozessrisiko liegt bei Ihnen. Im Falle einer Niederlage müssen Sie alle Kosten tragen.

Beweislast und Dokumentation

Unabhängig davon, welchen Weg Sie wählen, ist eine sorgfältige Dokumentation entscheidend. Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen wie Buchungsbestätigung, Korrespondenz mit dem Reiseveranstalter und Belege für eventuelle Zusatzkosten. Die Beweislast für die Angemessenheit der Stornogebühren liegt beim Reiseveranstalter. Er muss nachweisen, dass die geforderten Pauschalen seinen tatsächlichen Aufwendungen entsprechen.

Wenn Sie diese Schritte befolgen, erhöhen Sie Ihre Chancen, eine faire Lösung zu erreichen. Bedenken Sie, dass viele Reiseveranstalter bereit sind, einen Kompromiss zu finden, um langwierige Auseinandersetzungen zu vermeiden.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Stornierungsgebühren: Stornierungsgebühren sind Kosten, die anfallen, wenn ein Reisender eine gebuchte Reise vor Reisebeginn absagt. Diese Gebühren kompensieren den Reiseveranstalter für entgangene Einnahmen und bereits entstandene Kosten. Im deutschen Reiserecht hängt die Höhe der Stornogebühren oft vom Zeitpunkt der Stornierung ab: Je näher am Reisebeginn storniert wird, desto höher sind die Gebühren. In diesem Fall veranschlagte der Reiseveranstalter zunächst 85% des Reisepreises als Stornogebühr.
  • Rücktritt vom Reisevertrag: Ein Rücktritt vom Reisevertrag bedeutet, dass der Reisende die Reise nicht antreten und den Vertrag beenden möchte. Laut § 651h BGB darf ein Reisender unter bestimmten Bedingungen vom Reisevertrag zurücktreten, zum Beispiel bei erheblichen Reisemängeln oder außergewöhnlichen Umständen am Reiseziel. Wichtig ist, dass der Rücktritt klar und rechtzeitig erklärt wird, um hohe Stornogebühren zu vermeiden. Hier meldete die Klägerin per E-Mail ihren Rücktritt erst nach der geplanten Abflugzeit.
  • Kulanzregelung: Eine Kulanzregelung ist eine freiwillige, nicht gesetzlich vorgeschriebene Entgegenkommen eines Dienstleisters. Im Kontext von Reisen bedeutet es, dass der Reiseveranstalter aus eigenem Ermessen und im Interesse der Kundenzufriedenheit einer niedrigeren Stornogebühr oder Rückerstattung zustimmt, auch wenn dies rechtlich nicht vorgeschrieben ist. Im vorliegenden Fall reduzierte die Reiseveranstalterin aus Kulanz die Stornogebühr von 85% auf 48,8 % des Reisepreises.
  • Unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände: Dieser Begriff bezieht sich auf Situationen, die außerhalb der Kontrolle der Vertragsparteien liegen und die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigen, z. B. Naturkatastrophen, Terroranschläge oder Epidemien. Laut § 651h Abs. 3 S. 1 BGB können Reisende in solchen Fällen kostenfrei vom Reisevertrag zurücktreten. Im beschriebenen Fall argumentierte die Klägerin, dass die steigenden Corona-Zahlen und die Einstufung Mallorcas als Hochinzidenzgebiet solche Umstände darstellen.
  • Konkludente Rücktrittserklärung: Eine konkludente Erklärung erfolgt durch schlüssiges Verhalten, aus dem eindeutig eine bestimmte Absicht hervorgeht, ohne dass diese ausdrücklich erklärt wird. Im juristischen Kontext muss solch eine Handlung ausreichend klar sein, damit sie als Erklärung gewertet werden kann. Das Gericht entschied, dass das bloße Nichterscheinen am Flughafen („no show“) nicht als konkludente Rücktrittserklärung gilt, da es verschiedene Gründe für das Nichterscheinen geben könnte, die nicht zwingend einen Rücktritt nahelegen.
  • Pauschalreisevertrag: Ein Pauschalreisevertrag ist ein Vertrag, der mindestens zwei Reiseleistungen (z. B. Flug und Hotel) zu einem Gesamtpreis umfasst. Diese Art von Vertrag bietet dem Reisenden verschiedene rechtliche Sicherheiten, z.B. gegen Insolvenz des Veranstalters oder für Entschädigungen bei Reisemängeln. Im aktuellen Fall buchte die Klägerin eine viertägige Pauschalreise nach Mallorca. Die Besonderheit solcher Verträge liegt auch darin, dass die Rechtslage bei Stornierungen komplexer ist, insbesondere wenn mehrere Leistungen betroffen sind, was durch das Urteil im Text thematisiert wird.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 651h BGB (Rücktritt vom Pauschalreisevertrag): Dieser Paragraf regelt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bei Rücktritt vom Pauschalreisevertrag. Im Falle eines Rücktritts durch den Reisenden kann der Reiseveranstalter einen pauschalen Schadensersatz verlangen, § 651h Abs. 2 BGB. Der Reiseveranstalter kann aber keinen Schadensersatz geltend machen, wenn „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen erheblich beeinträchtigen, § 651h Abs. 3 BGB. Im konkreten Fall könnte dieser Paragraf eine Rolle spielen, da die Klägerin den Rücktritt vom Reisevertrag aufgrund der sich zuspitzenden Corona-Situation in Palma de Mallorca erklärt hat.
  • § 651f BGB (Pflichten des Reiseveranstalters): Dieser Paragraf regelt die Pflichten des Reiseveranstalters im Rahmen des Pauschalreisevertrags. Er ist insbesondere für die ordnungsgemäße Durchführung der Reise verantwortlich und verpflichtet, den Reisenden vor Reisebeginn über die wichtigsten Merkmale der Reise zu informieren sowie alle Reiseleistungen vertragsgemäß zu erbringen. Für Reisende, die aufgrund von „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen“ nicht anreisen konnten, sollte der Reiseveranstalter eine Entschädigung anbieten.
  • § 651b BGB (Pauschalreisevertrag ): Dieser Paragraf definiert den Pauschalreisevertrag und bestimmt seine wesentlichen Bestandteile. Er legt fest, welche Leistungen von dem Reiseveranstalter zu erbringen sind und welche Rechte und Pflichten die einzelnen Vertragsparteien haben. Im vorliegenden Fall ist ein Pauschalreisevertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossen worden, welcher die notwendigen Elemente nach diesem Paragraphen beinhaltet.
  • § 651a BGB (Schutz des Reisenden beim Abschluss von Pauschalreiseverträgen): Dieser Paragraph legt diverse Informationspflichten des Reiseveranstalters fest, die er gegenüber dem Reisenden zu erfüllen hat. Dazu gehören unter anderem die Mitteilung der Identität des Reiseveranstalters, des Reisepreises, der wesentlichen Reisemerkmale und der Bedingungen für den Rücktritt vom Reisevertrag. Da sich die Klägerin über die Reisebedingungen nicht im Detail informieren konnte, könnte dieser Punkt von Relevanz sein.
  • Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 261/2004 (Fluggastrechte-Verordnung): Die Verordnung (EU) Nr. 261/2004 regelt die Rechte von Fluggästen, die von Flugverspätungen, Flugausfällen oder Annullierungen betroffen sind. Im Streitfall könnte § 7 der Verordnung von Bedeutung sein, da die Klägerin den Flug nach Palma de Mallorca aufgrund der Corona-Situation nicht antrat.

Das vorliegende Urteil

AG München – Az.: 242 C 15369/23 – Urteil vom 05.02.2024


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