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Rücktritt von Unternehmenskauf bei grundlegender Umgestaltung des Unternehmens

LG Hamburg – Az.: 412 HKO 163/16 – Urteil vom 21.12.2018

1. Die Klage wird bezüglich der Hauptanträge abgewiesen.

2. Auf den Hilfsantrag wird die Beklagte zu 1) unter Abweisung des weitergehenden Zinsantrags verurteilt, an die Klägerin EUR 110.245,86 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen Zustimmungserklärung der Klägerin gegenüber Frau Rechtsanwältin T. S., Kanzlei C-Straße … , … G. auf Freigabe des auf ihrem bei der D. D. Kreditbank geführten Kontos mit der IBAN DE… zugunsten der Beklagten.

3. Die Klägerin hat die dem Beklagten zu 2) entstandenen Kosten sowie 3/4% der übrigen Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Beklagte zu 1) hat 1/4 der übrigen Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin fordert von den Beklagten nach einem ihrerseits erklärten Rücktritt von einem Geschäftsanteilverkauf Schadensersatz, und zwar gegen die Beklagte zu 1) aus dem Rückabwicklungsverhältnis, gegen den Beklagten zu 2), den Geschäftsführer der Beklagten zu 1), persönlich aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, wobei sie im Wege der Stufenklage zunächst Auskünfte zu Berechnung ihres Anspruchs erhalten will.

Die Klägerin und die Beklagte zu 1) schlossen am 8.7.2015 einen Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 08.07.2015 (Anlage K 1). Darin veräußerte die Klägerin sämtliche Geschäftsanteile einer englischen Kapitalgesellschaft namens L. Ltd. an die Beklagte. Als Sitz der Gesellschaft angegeben war die Adresse R. Court, 68 C-Street in B.. Eingetragen war die Gesellschaft beim Companies House von England und Wales in Cardiff unter der Nr. 05…. Im Handelsregister von J. (B…) hatte die Gesellschaft eine Zweigniederlassung eintragen lassen, mit dem Geschäftsgegenstand Verwaltung von Grundbesitz und die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, sowie die Vermittlung von Immobilien und Grundstücken, Darlehen sowie Bauträger/Baubetreuer gem. § 34c GewO. Daneben soll sich die Gesellschaft nach Bekundung des Geschäftsführers der Klägerin mit Beratungsleistungen gegenüber anderen Zeitarbeitsunternehmen befasst haben. Die Gesellschaft war Eigentümerin eines Grundstücks in der Straße „A.-Straße Nr…. „, G., …, eingetragen im Grundbuch von …).

Das Grundstück war mit einem außer Betrieb genommenen Schlachthof bebaut, Nutzfläche ca. 4.000m². Verschiedene Gebäudeflächen waren vermietet. Das Gebäude hatte einen Überflutungsschaden erlitten. Mit Bescheid vom 1.4.2015 (Anlage K 21) hatte die T. Aufbaubank der Gesellschaft eine Zuwendung aus öffentlichen Mitteln bewilligt, wonach die Instandsetzung des Gebäudes mit 79,8% der dazu erforderlichen Aufwendungen, d.h. mit bis zu € 763.934,80, gefördert würde. Der Bescheid sah eine Zweckbindung der Mittel für dieses Gebäude vor. Für die weiteren damit verbunden Auflagen wird auf den Förderbescheid Bezug genommen.

Im Zuge der Veräußerung wurde der Geschäftsführer der Beklagten, der spätere Beklagte zu 2), am 20.07.2015 neuer Geschäftsführer der Ltd.

Als vorläufigen Kaufpreis für die Ltd. vereinbarten die Parteien einen Betrag in Höhe von EUR 90.000,00. Dieser Betrag wurde, dem Kaufvertrag entsprechend, zuzüglich eines Betrags in Höhe von EUR 60.000,00, auf das Treuhandkonto der Frau Rechtsanwältin T. S. gezahlt. Grundlage dieses Treuhandkontos ist ein zwischen der Klägerin und der Treuhänderin abgeschlossener Treuhandvertrag. Von diesen EUR 150.000,00 sollte die Treuhänderin zunächst die offenen Verbindlichkeiten der Ltd. tilgen und schließlich den verbleibenden Betrag an die Klägerin als geschuldeten Kaufpreis auszahlen. Der zunächst vorläufig vereinbarte Kaufpreis in Höhe von EUR 90.000,00 beruhte ausweislich Ziffer 4 des Kaufvertrages auf der gemeinsamen Annahme der Parteien, dass die Verbindlichkeiten der Ltd. höchstens EUR 60.000,00 betragen. Nach der getroffenen vertraglichen Regelung erhöhte bzw. verminderte sich der Kaufpreis um den Betrag, um den die tatsächlichen Verbindlichkeiten der Ltd. zum Stichtag den Betrag von EUR 60.000,00 unterschritten (dann Erhöhung des Kaufpreises um den Differenzbetrag) oder übersteigen (dann Herabsetzung des Kaufvertrages um den Differenzbetrag). Verbindlichkeiten in Höhe von € 5.000,00 sollten außer Betracht bleiben (Ziffer 1.6. des Vertrages). Mit den Verbindlichkeiten zu verrechnen waren alle Aktiva der Gesellschaft per 30.04.2015, mit Ausnahme des Werts des Grundstücks und den Rechten und Ansprüchen aus dem Zuwendungsbescheid der T.-Aufbaubank vom 01.04.2015 Ziffer I. 4 des Vertrages).

Eine zum 30.04.2015 erstellte Bilanz (Anlage K 9), die am 20.07.2015 von dem damaligen Geschäftsführer der Ltd., Herrn J., unterzeichnet wurde, wies Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 86.867,21 (davon € 20.378,33 Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern) aus und Aktiva in Höhe von EUR 38.611,21 (zzgl. Grundvermögen). Die Treuhänderin tilgte im Anschluss an die Einzahlung auf das Treuhandkonto Verbindlichkeiten der Ltd. in Höhe von insgesamt EUR 39.754,14. Mit Schreiben vom 27.07.2015 legte sie ihr Mandat vorzeitig nieder.

Die Klägerin verlangte die Einsetzung eines neuen Treuhänders. Über den Notar Dr. H. schlug sie mit E-Mail vom 28.07.2015 vor, die Kanzlei F1. und Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft mbH, … in Ge, als neuen Treuhänder zu bestellen. Die Beklagte antwortete darauf nur mit Mail vom gleichen Tag: „Abgelehnt“ (Anlage K 10). Auch ein weiterer von Herrn Notar Dr. H. vorgeschlagener Treuhänder, die F2 und Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft, in Ge wurde von der Beklagten (E-Mail vom 29.07.2015, Anlage K 11) abgelehnt.

Mit Schreiben vom 17.08.2015 (Anlage B 6) wies der ehemalige Rechtsvertreter der Klägerin darauf hin, dass die Bestellung eines neuen Treuhänders eilbedürftig sei. Alternativ käme für die Klägerin auch die Abwicklung der restlichen Zahlungen über ein Anderkonto des Notars Dr. H. in Betracht. Auf dieses Schreiben entgegnete der Rechtsvertreter der Beklagten unter dem 28.08.2015 (Anlage B 7), dass eine Eilbedürftigkeit nicht zu erkennen sei, und forderte die Klägerin auf, zunächst die behauptete Unklarheiten bezüglich der Verbindlichkeiten der Ltd. klarzustellen. Die Klägerin forderte die Beklagte anschließend mit Schreiben vom 08.10.2015 unter Fristsetzung bis zum 15.10.2015 auf, Gründe für die Ablehnung der bisher vorgeschlagenen Treuhänder zu nennen und zugleich einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Nach Verstreichen dieser Frist ist machte der Geschäftsführer der Klägerin, Herr R. B., mit Schreiben vom 19.04.2016 gegenüber der Beklagten als Inhaberin der Ltd. einen Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von EUR 29.222,24 gegenüber der Ltd. geltend. Zahlungen darauf erfolgten nicht. Mit Schreiben vom 14.09.2016 (Anlage K 14) erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte diese unter Fristsetzung bis zum 23.09.2016 auf, den Rücktritt dem Grunde nach anzuerkennen. Dem kam die Beklagte zu 1) nicht nach.

Mittlerweile hatte der Beklagte zu 2) erreicht, dass die Zweckbindung im Förderbescheid geändert wurde, und die Fördermittel für die Instandsetzung einer anderen Immobile, eines Gründerzeitgebäudes in der C-Straße … in G. zu verwenden waren. Diese Immobilie wurde durch die Gesellschaft erworben (Auflassung 17.8.2015, Eintragung 14.10.2016), während die Immobilie A.-Straße … veräußert wurde, und zwar an die Firma H. UG (haftungsbeschränkt) mit Sitz in … G., deren alleiniger Geschäftsführer der Beklagte zu 2) war (Auflassung vom 17.08.2015 und Eintragung vom 12.02.2016).

Am 13.12.2016, drei Monate nach der Rücktrittserklärung durch die Klägerin, veräußerte die Gesellschaft die restaurierte Immobilie C-Straße … an eine in B1 ansässige GbR. Unstreitig waren zu der Zeit Grundschulden in Höhe von 1,12 Millionen Euro auf das Grundstück eingetragen.

Am 07.07.2017 veräußerte die Beklagte die Geschäftsanteile an der Ltd. an einen polnischen Staatsbürger.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 2) sei schon vor Erwerb der Geschäftsanteile bei der T- Aufbaubank vorstellig geworden, um die Beträge aus dem Förderbescheid umzuwidmen. Nach erfolgreicher Umwidmung und Entwicklung des Ersatzgrundstück s C-Straße … sei dieses für einen Kaufpreis von über 1,12 Millionen € verkauft worden. Der Gewinn aus diesem Geschäft gebühre der Klägerin. In das veräußerte Grundstück seien die Zuwendungen aus dem Förderbescheid vollen Umfangs eingeflossen. Mit der Klage verlangt die Klägerin Auskunft über die für die Berechnung des Gewinns bzw. ihres Schadensersatzanspruchs erforderlichen Positionen. Eine ihren Ansprüchen entgegenstehende wesentliche Umgestaltung der Gesellschaft sei durch den bloßen Austausch des Grundstücks nicht erfolgt. Vielmehr sei der Förderbescheid als der wesentliche Vermögensbestandteil der Gesellschaft anzusehen, der ihr unverändert verblieben sei.

Die Klägerin sei zu Recht von dem Kaufvertrag zurückgetreten, weil die Beklagte die Abwicklung der Schulden und die Auszahlung des Kaufpreises behindert habe, indem sie sich geweigert habe, an der Benennung eines neue Treuhänders mitzuwirken. Dies sei offenbar mit dem Ziel geschehen, die seinerzeitigen berechtigten Ansprüche der Klägerin weiter zu drücken, wie verschiedene unverhältnismäßig niedrige „Vergleichsangebote“ zeigten.

Die Beklagten hätten es sodann vereitelt, dass der Klägerin die Anteile der Ltd. nach dem Rücktritt zurückübereignet wurden. Wäre dies geschehen, hätte die Klägerin die Gewinne aus dem Geschäft bzgl. des Erwerbs, der Sanierung und der Veräußerung des Grundstücks C.-Str. … erhalten. Die Haftung auf Schadensersatz ergäbe sich für die Beklagte zu 1) aus den Rücktrittsvorschriften, insbesondere § 346 Abs. 4 BGB, für den Beklagte zu 2) aus § 826 BGB wegen der Vereitelung der geschuldeten Rückabwicklung. Der Beklagte zu 2) habe die geschuldete Rückabwicklung vorsätzlich verhindert, indem er das der Gesellschaft gehörende Gebäude C-Straße … veräußert, den Kaufpreis entnommen und die Anteile an einen in Polen ansässigen „Firmenbestatter“ abgetreten habe. Der Beklagte zu 2) habe damit gezielt und planmäßig gehandelt, um die Klägerin zu seinem eigenen Vorteil zu schädigen.

Dass es darum gegangen sei, die Klägerin zu schädigen, ergäbe sich auch daraus, dass der gemeinsame Steuerberater S., dessen Tochter als Treuhänderin eingesetzt wurde, verschwiegen habe, dass er an der Beklagten beteiligt gewesen sei und -wie auch die Treuhänderin – nicht unparteiisch habe handeln können.

In Bezug auf den Hilfsantrag behauptet die Klägerin, die Treuhänderin habe alle offenen Verbindlichkeiten der Ltd. getilgt, weshalb die kaufvertraglich vereinbarten Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien. Der auf dem Treuhandkonto vorhandene Betrag in Höhe von EUR 110.245,86 stelle den vertraglich vereinbarten Kaufpreis dar.

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Nach Ausdehnung der Klage auf den Beklagten zu 2) beantragt die Klägerin nunmehr,

1) die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin folgende Auskünfte in Bezug auf die L. Ltd zu erteilen:

a) Zu welchem Kaufpreis ist die Immobilie A.-Straße … in G. (Amtsgericht G., Grundbuch von …, Gebäude und Freifläche, 4430m2) von der L. Ltd an die H. UG (haftungsbeschränkt), eingetragen beim Amtsgericht J. unter HR B… gemäß Auflassung vom 17.08.2015 und eingetragen im Grundbuch am 12.02.2016 verkauft worden?

b) Zu welchem Kaufpreis ist die Immobilie C.-Straße … in G. (Amtsgericht G., Grundbuch von G., … Gebäude und Freifläche, 320m2) von dem Beklagten zu 2) an die L. Ltd gemäß Auflassung vom 17.08.2015 und eingetragen in der Grundbuch am 14.10.2016 verkauft worden?

c) In welcher Höhe wurden Fördermittel aus dem Zuwendungsbescheid der T. Aufbaubank zur Projekt Nr. … für die Sanierung der Immobilie in der C.-Straße … in G. in Anspruch genommen? Sollte der Zuwendungsbescheid durch die Umwidmung von der Immobilie A.-Straße … auf die Immobilie C.-Straße … in G. eine neue Projekt Nr. erhalten haben, ist durch die Beklagten mitzuteilen, in welcher Höhe Fördermittel aus dem auf die Immobilie C.-Straße … in G. geänderten Zuwendungsbescheid für die Sanierung der Immobilie in der C.-Straße … in G. in Anspruch genommen wurde.

d) Zu welchem Kaufpreis ist die Immobilie C.-Straße … in G. (Amtsgericht G., Grundbuch von G., …, Gebäude und Freifläche, 320m2) von der L. Ltd an die M u- L..D. GbR gemäß Auflassung vom 13.12.2016 und eingetragen in der Grundbuch am 21.08.2017 verkauft worden?

e) Welchen Betrag in Euro hat die Beklagte zu 1) zur Zeit ihrer Gesellschafterstellung in der L. Ltd in diese Gesellschaft für die Sanierung der Immobilie C.-Straße … in G. investiert?

f) Welche Zahlungen haben die Beklagten oder ihnen nahestehende Dritte während der Zeit der Beteiligung der Beklagten zu 1) als Gesellschafterin an der L. Ltd als Auszahlung oder Gewinnausschüttungen an Gesellschafter oder als Vergütung für Dienste oder sonstige Leistungen von dieser Gesellschaft erhalten? Was war jeweils der Rechtsgrund für die Zahlung?

2) Für den Fall, dass die Auskünfte nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt werden sollten, werden die Beklagten weiter verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Auskünfte an Eides statt zu versichern.

3) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den nach der Erteilung der Auskünfte noch zu beziffernden Zahlungsanspruch nebst Zinsen aus dem zu beziffernden Betrag in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Zustimmungserklärung der Klägerin gegenüber Frau Rechtsanwältin T. S. mit der Kanzlei Anschrift C-Straße … in … G. auf Freigabe des auf ihrem bei der D. D. Kreditbank mit der IBAN DE… geführten Rechtsanwaltsanderkonto vorhandenen Guthabenbetrag zugunsten der Beklagten, an die Klägerin zu zahlen.

4) …

5) Hilfsweise: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Wertersatz in Höhe von EUR 110.245,86 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 9 % über Basiszins seit dem 16.10.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Berechtigung der Klägerin zum Rücktritt. Die Beklagte habe keineswegs die weitere Abwicklung des Kaufvertrages behindern wollen. Sie habe aber die Ernennung eines neuen Treuhänders nicht für sachdienlich gehalten. Der vereinbarte Kaufpreis sei nicht abschließend ermittelbar, da Unklarheit über die im Rahmen der Kaufpreisbestimmung zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten geherrscht habe. So habe der Geschäftsführer der Klägerin ein Verfahren vor dem Oberlandesgericht J. verschwiegen, welches dort unter dem Aktenzeichen … geführt werde. Aufgrund dessen sei mit weiteren Verbindlichkeiten gegen die Ltd. zu rechnen gewesen. Auch sei nicht geklärt gewesen, wie mit dem seitens des Geschäftsführers der Klägerin geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruch umzugehen sei. Schließlich sei ungeklärt gewesen, ob und inwieweit dieser in der Stichtagsbilanz berücksichtigt wurde, da dort Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern allein in Höhe von EUR 20.378,33 ausgewiesen seien. Daneben habe der frühere Geschäftsführer der Gesellschaft, Herr J., mit Schreiben vom 22.10.2015 einen Anspruch gegenüber der Ltd. für die Zeit vor dem 30.04.2015 in Höhe von EUR 11.869,56 geltend gemacht. Da dieser in den Zeitraum vor dem vereinbarten Stichtag falle, stelle sie ebenfalls eine im Rahmen der Kaufpreisbestimmung zu berücksichtigende Verbindlichkeit dar. Aufgrund dieser Unklarheiten seien die kaufvertraglich vereinbarten Auszahlungsvoraussetzungen zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Auf die Bestellung eines Treuhänders sei es vor Klärung dieser Unklarheiten nicht angekommen, da dieser eine Auszahlung nicht hätte vornehmen dürfen. Die Beklagte zu 1) habe im Übrigen von Anfang an kommuniziert, dass ein neuer Treuhänder bestimmt werden könne, wenn zuvor die abschließende Bestimmung des Kaufpreises erfolge. Davon abgesehen sei die Mandatsniederlegung allein aufgrund des bedrängenden Verhaltens des Geschäftsführers der Klägerin gegenüber der Treuhänderin erfolgt.

Ein etwaiges Rücktrittsrecht sei verwirkt, weil die Klägerin nach ihrer Fristsetzung längere Zeit nichts unternommen habe und bei der Beklagten damit das Vertrauen erweckt habe, diese wolle nunmehr auch die Klärung der Auszahlungsvorauszahlungen abwarten.

Nach wie vor seien nicht alle Verbindlichkeiten der Ltd. geklärt. Auch seien die Vergütungsansprüche des früheren Geschäftsführers und verschiedene andere Ansprüche berechtigt und daher bei der Bemessung des Kaufpreises zu berücksichtigen.

Nutzungen, die im Wege des Nutzungsersatzes herauszugeben seien, habe die Beklagte nicht gezogen. Sämtliche etwaigen Nutzungen seien allein auf ihre ergänzenden Investitionen und besonderen unternehmerischen Leistungen des Beklagten zu 2) zurückzuführen.

Das Unternehmen der Gesellschaft sei durch die Beklagte wesentlich verändert worden. Der Förderbescheid sei auch keinesfalls als wesentlicher Unternehmensgegenstand einzuordnen. Im Fall eines Schadensersatzanspruchs müsse zugunsten der Beklagten ein angemessenes Geschäftsführergehalt berücksichtigt werden.

Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung sei der Beklagtenseite nicht vorzuwerfen. Der Weiterveräußerung der Anteile hätten wirtschaftliche Erwägungen zugrunde gelegen, die die Klägerseite nicht entkräften könne. Die Klägerseite hätte aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht die Möglichkeit gehabt, den Förderbescheid auszunutzen, da sie das erforderliche Eigenkapital nicht gehabt hätte. Es wäre ihr auch nicht möglich gewesen, auf das Objekt C-Straße 5 zuzugreifen und eine Umwidmung der Fördergelder zu erlangen.

Die Klägerin sei auch nicht dadurch benachteiligt worden, dass der gemeinsame Steuerberater S. Anteile an der Beklagten hielt. Denn diese Anteile habe er nur treuhänderisch für den Beklagten zu 2) gehalten, ohne eigene wirtschaftliche Interessen damit zu verfolgen.

Ergänzend wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen J., für dessen Aussage auf das Protokoll Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus § 13 ZPO, weil die Beklage bei Klagerhebung ihren Sitz und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand in Hamburg hatte.

Die Klage ist auch in der geänderten Form zulässig. Nachdem die Klägerin zunächst die Herausgabe der Geschäftsfanteile verlangte, konnte sie die Klage nach § 264 Nr. 3 ZPO erstmalig dahingehend ändern, dass sie Ansprüche auf Wertersatz und Herausgabe gezogener Nutzungen geltend machte und schließlich auch dahingehend, dass sie zu Schadensersatzansprüchen aus den Rücktrittsvorschriften gemäß § 346 IV BGB in Verbindung mit den §§ 280f, 249f f BGB bzw. 826 BGB überging, über welche nunmehr im Wege der Stufenklage auf der Auskunftsstufe zu entscheiden ist.

II.

Hauptanträge

In der Hauptsache ist die Klage unbegründet. Weder hat die Klägerin Schadensersatzansprüche aus § 346 IV BGB gegen die Beklagte zu 1), noch hat sie Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB gegen den Beklagten zu 2). Die Klägerin war lediglich auf den Hilfsantrag gemäß § 346 II Satz 1 Nr. 2 BGB zu Wertersatz für die nicht mehr herauszugebenden Geschäftsanteile zu verurteilen. Dieser bemisst sich, auf der Grundlage des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises (§ 346 II Satz 2 BGB) auf € 110.245,86. Die Schadensersatzansprüche scheitern daran, dass das Unternehmen infolge der Veräußerung des Grundstücks A.-Straße … und des Erwerbs des Grundstücks C-Straße … im August 2015 so wesentlich umgestaltet wurde, dass der Anspruch auf Rückgewähr der Geschäftsanteile ausgeschlossen war. Da die Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine Rückgabe der Anteile nicht mehr verlangen konnte, und sich ihre Ansprüche nur noch auf Wertersatz richteten, sind die späteren Handlungen der Beklagten zu 1) bzw. ihres Geschäftsführers, des Beklagten zu 2), unerheblich. Die in Betracht kommenden Schädigungshandlungen nach der Rücktrittserklärung der Klägerin, d.h. die Veräußerung des Grundstücks C-Straße … bzw. die Entnahme des Veräußerungsgewinns sowie die Weiterveräußerung der Geschäftsanteile an einen Dritten erfolgten sämtlich nach der grundlegenden Umgestaltung des Kaufgegenstandes, die zum Ausschluss des Herausgabeanspruchs geführt hatte.

1. Rücktritt

Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt der Klägerin, dass sie durch Erklärung vom 14.9.2016 (Anlage K 13) wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten ist.

Die Klägerin war gemäß § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB zum Rücktritt berechtigt. Mit ihrer Weigerung, einen neuen Treuhänder zu bestellen, hat die Beklagte gegen ihrer Verpflichtung aus Ziffer 9 des Kaufvertrags verstoßen. Darin hatte sie sich zur sofortigen Vornahme aller Handlungen, Erklärungen und Maßnahmen verpflichtet, die für Auszahlungen … notwendig oder zweckdienlich sind. Daraus resultierte die Verpflichtung, nach dem vorzeitigen Ausscheiden der Treuhänderin umgehend an der Einsetzung eines neuen Treuhänders mitzuwirken.

Diese Pflicht hat sie verletzt. Sie war zwar nicht gezwungen, jeden Vorschlag der Klägerin zu akzeptieren, sie hätte sie ihre Ablehnungen aber mindestens nachvollziehbar begründen müssen und der Klägerin gegebenenfalls eigene Vorschläge unterbreiten müssen. Stattdessen ist sie auf die Bemühungen der Klägerin hinsichtlich der Neubestellung eines Treuhänders auch nach Fristsetzung (Schreiben vom 8.10.2015, Anlage K 12) nicht eingegangen. Die Vorschläge der Klägerin wurden ohne Begründung abgelehnt. Eigene Vorschläge hat die Beklagte der Klägerin nicht unterbreitet. Daneben hat sie klar zum Ausdruck gebracht, an einer Neubestellung kein Interesse zu haben, solange die nach ihrer Ansicht relevanten Fragen hinsichtlich der noch zu tilgenden Verbindlichkeiten der Ltd. nicht geklärt sind. Dieses Verhalten der Beklagten begründet einen Rücktrittsgrund in Form einer Nichtleistung gemäß § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB. § 324 BGB ist insoweit nicht einschlägig, weil die verletzte Mitwirkungspflicht wegen ihres engen Bezugs zur Hauptleistungspflicht als (Neben-)Leistungspflicht und nicht als allgemeine Schutz- und Rücksichtnahmeverpflichtung im Sinne des § 241 II BGB aufzufassen ist.

Unerheblich ist, ob zurzeit des Rücktritts die Auszahlungsvoraussetzungen nach den Ziffern 6 und 7 des Kaufvertrags erfüllt waren, denn die nach dem Vertrag vorausgesetzte Tätigkeit eines Treuhänders sollte schon vor dem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen einsetzen; sie sollte im Gegenteil dazu beitragen, dass die Auszahlungsvoraussetzungen eintraten. Dementsprechend kann die Beklagte zu 1) ihre mangelnde Mitwirkung nicht damit rechtfertigen, dass noch einzelne Verbindlichkeiten ungeklärt gewesen seien.

Die Beklagte zu 1) war auch nicht berechtigt, ihre Mitwirkung an der Bestellung eines neuen Treuhänders aufgrund von Zurückbehaltungsrechten zu verweigern. Zurückbehaltungsrechte sind nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte der Klägerin vorwirft, über einzelne Verbindlichkeiten, z.B, in Zusammenhang mit dem vor dem OLG J. geführten Rechtsstreit (…), nicht richtig informiert worden zu sein, rechtfertigt dies nicht, die Mitwirkung bei der Neubestimmung eines Treuhänders zu verweigern.

Der Rücktritt ist auch nicht nach § 323 Abs. 6 Alt. 1 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin für den Umstand, der sie zum Rücktritt berechtigt, nicht allein oder weit überwiegend selbst verantwortlich wäre. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte behauptet, der Geschäftsführer der Klägerin habe die Treuhänderin im Hinblick auf die geforderte Auszahlung des Gutachtens persönlich so bedrängt, dass sie sich nicht anders zu helfen wusste, als das Mandat niederzulegen. Diese Behauptung ist schon nicht hinreichend substanziiert. Aber unabhängig davon entfiele die Mitwirkungspflicht der Beklagten bei der Bestimmung eines neuen Treuhänders auch dann nicht, wenn der Geschäftsführer der Klägerin der Treuhänderin Anlass zur Mandatsniederlegung gegeben haben sollte.

Schließlich ist das Rücktrittrecht auch nicht verwirkt. Zwar war die mit Schreiben vom 8.10.2015 (Anlage K 13) gesetzte Frist für Mitwirkungshandlungen zur Bestellung eines Treuhänders (15.10.2015) bereits seit fast einem Jahr abgelaufen, als die Klägerin mit Schreiben vom 14.9.2016 (Anlage K 14) den Rücktritt erklärte, aber der vertragswidrige Zustand dauerte über den gesamten Zeitraum an und die Beklagte hatte nichts unternommen, ihn zu beseitigen. Daher konnte sie nicht darauf vertrauen, dass die Klägerin ihr zustehende Rechtspositionen nicht mehr geltend machen wollte.

Auf das wirtschaftliche Ergebnis hat die Frage. ob hier wirksam ein Rücktritt erklärt, auf der Grundlage der in diesem Urteil vertretenen Rechtsauffassung nur geringe Auswirkungen. Der Rücktritt führt dazu, dass die Klägerin den zuerkannten Betrag unter dem Gesichtspunkt des Wertersatzes verlangen kann. Bei Unwirksamkeit des Rücktritts und dem Fortbestehen des Vertrages stände ihr der Betrag als die vertragliche Gegenleistung aus dem Kaufvertrag zu.

2. Grundlegende Umgestaltung des Kaufgegenstandes

Für die Frage, ob nach einem Unternehmensverkauf eine grundlegende Umgestaltung im Sinne des § 346 II Nr. 2 BGB eingetreten ist, kommt es auch ausschließlich auf die etwaige Veränderung des Unternehmens in seinem wirtschaftlichen Bestand an, auch wenn die Übertragung im Wege eines sog. „Share Deal“ erfolgt ist. Es ist unerheblich, dass sich die übertragenen Anteile als Rechte an dem Unternehmen nicht verändern. Entscheidend ist, was das durch sie verkörperte Unternehmen ausmacht.

Das verkaufte Unternehmen wurde durch die Entnahme des Grundstücks A-Straße … grundlegend umgestaltet.

Zum Zeitpunkt der Veräußerung erschöpfte sich die Tätigkeit des Unternehmens in dem Halten und Verwalten des Grundstücks A.-Straße … , und der Planung der beabsichtigten Sanierung desselben. Soweit das Unternehmen entsprechend der Bekundungen des Geschäftsführers der Klägerin als wesentliches Geschäftsfeld auch Personaldienstleistungen und Beratungsleistungen erbracht hatte, war dies jedenfalls zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr der Fall. Das ergibt sich aus der Aussage des Zeugen J., welcher im der Zeit von März 2014 bis Oktober 2015 Geschäftsführer der Gesellschaft war und der sich ausschließlich damit befasste, die Vergabe von Aufträgen für die Sanierung des Objekts entsprechend einem vorliegenden Gutachten über die Schäden vorzubereiten. Von einer Tätigkeit im Bereich der Personalvermittlung/Arbeitsvermittlung habe er nichts mitbekommen. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass derartige Leistungen oder Beratungsleistungen noch nach der Bestellung von Herrn J. zum Geschäftsführer erfolgten. Das Gleiche gilt in Bezug auf eine Tätigkeit als Bauträger oder Baubetreuer.

Wirtschaftlich war das Unternehmen zurzeit des Anteilsverkaufs ein typische „Ein-Objektgesellschaft“, mit dem Ziel, das Objekt A.-Straße … zu sanieren. Das ergibt sich auch aus dem Entwurf des durch den Zeugen J. vorgelegten Geschäftsführervertrags (Blatt 287 der Akten). In diesen Entwurf hat der Zeuge seiner Aussage nach die Vereinbarungen mit dem Geschäftsführer der Klägerin eingearbeitet: Darin heißt es

„§ 3 Vergütung

1. Für die Geschäftsführertätigkeit in der Gesellschaft, vom 01.05.2014, wird vorerst keine Vergütung fällig. Der Grund hierfür ist, dass der Geschäftszweck fehlt. Es gibt nur geringfügige Mieteinnahmen…

2. Die Geschäftsführertätigkeit beginnt mit der Zusage (Bescheid) seitens der T. Aufbaubank mit der Projektsteuerung, des Um- und Ausbaus des Objekts zur Wiederherstellung des Hochwasserschadens aus dem Jahre 2013. Dafür wurde ein Gutachten 2014 erstellt und 2015 diesbezüglich ein Antrag an die T. Aufbaubank eingereicht…“

Der Vertrag mit diesen Formulierungen wurde zwar nicht unterschrieben, aber der Entwurf bringt zum Ausdruck, welche Vorstellungen der Geschäftsführer der Gesellschaft selbst von seiner Tätigkeit und damit von der Tätigkeit der Gesellschaft hatte. Alle anderen im Handelsregister aufgeführten bzw. durch den Geschäftsführer der Klägerin erwähnten Geschäftsfelder waren, soweit sie früher vorhanden gewesen sein sollten, weggefallen.

Die Schilderung des Zeugen J. über die Tätigkeit des Unternehmens ergibt auch, dass es in der Unternehmensplanung nicht darum ging, passende Verwendungsmöglichkeiten für die Ausnutzung der zugesagten Fördermittel zu finden oder etwa nach Alternativverwendungen dieser Gelder außerhalb des Grundstücks A.-Straße … zu suchen, sondern sämtliche Aktivitäten konzentrierten sich auf dieses Grundstück. Der Förderbescheid wurde aufgrund seiner klaren Zweckbestimmung als untrennbare Ergänzung zu den Rechten an diesem speziellen Grundstück angesehen.

Mit der Veräußerung des Grundstücks nach dem Anteilserwerb durch die Beklagte hat das Unternehmen sein prägendes Betätigungsfeld eingebüßt. Der Erwerb eines anderen Grundstücks zwecks Entwicklung und Sanierung ist eine wesentliche Umgestaltung. Es handelt sich um ein anderes Projekt, das sich auch insofern wesentlich von dem ursprünglichen Projekt unterscheidet, als das jetzt nicht mehr ein altes großflächiges Gewerbeobjekt, sondern ein innerstädtisches Gründerzeitgebäude saniert werden soll. Sämtliche bisherige Vorarbeiten und Planungen sind damit obsolet. Der neue Fokus lag außerhalb dessen, was das verkaufte Unternehmen ausgemacht hatte.

Soweit die Klägerseite ausführt, wesentlicher Vermögensgegenstand sei der Förderbescheid gewesen, während es für die Unternehmensidentität nicht wichtig sei, ob das Vermögen das eine oder das andere Grundstück enthalte, kann dem nicht beigetreten werden. Der Anwendungsbereich des Förderbescheids war nach den Vorstellungen und Planungen der Gesellschaft auf die Entwicklung des alten Schlachthofs beschränkt, und Ein-Objekt-Gesellschaften erhalten ihre Prägung durch das nämliche Objekt.

Die Herausgabepflicht besteht nur so lange, wie der Inbegriff der materiellen und immateriellen Werte, die ein Unternehmen ausmachen, gewahrt ist. Ohne Auswirkungen auf die Identität des Unternehmens ist es damit, wenn es um Veränderungen in der Zusammensetzung der Vermögenswerte im Rahmen des gewöhnlichen Betriebsablaufs geht, z.B. die Erneuerung oder Ergänzung von Gegenständen des Inventars, einen Wechsel oder eine Veränderung der Räume, Änderungen im Personalbestand sowie durch eine übliche Fluktuation der Kundschaft (BGH, Urteil vom 5. 7. 2006 – VIII ZR 172/05, juris RZ 21) . Dies gilt jedoch nicht, wenn sich der prägende Inhalt des Unternehmens ändert, wie das hier der Fall ist.

Das verkaufte Unternehmens war wirtschaftlich nicht damit befasst, wechselnde Objekte zu sanieren oder regelmäßig Grundstücke zu kaufen und zu entwickeln, um sie dann gewinnbringend weiter zu veräußern, sondern konzentrierte sich allein auf eine einzige Bestandsimmobilie. Mit deren Veräußerung ist auch das Unternehmen wesentlich verändert.

3. Rechtliche Folgerungen für die Haftungsansprüche

Die Umgestaltung des Unternehmens hat die Abweisung der Hauptanträge zur Folge.

Nach der Umgestaltung des Unternehmens durch Veräußerung des Grundstücks A-Straße … als prägendem Unternehmensbestandteil war eine Rückgabe des Kaufgegenstands unmöglich geworden. Unerheblich ist es, ob die Beklagten diese Umgestaltung von Anfang an geplant hatten. Für die Prägung des Unternehmens ist auf den bestehenden Geschäftsbetrieb, d.h. die Tätigkeiten und Planungen der jeweiligen Geschäftsleitung zur Zeit der Veräußerung abzustellen. Diese sahen keinen Austausch des Objekts und keine Umwidmung der Fördermittel vor. Es kommt nicht darauf an, ob ein Erwerber von vornherein plant, eine Kaufsache umzugestalten, sie z.B. in viele Einzelteile zu zerlegen und diese für neue Zwecke zu verwenden, es kommt nur darauf an, ob das, was zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vorhanden ist im Wesentlichen dem entspricht, was bei Vertragsschluss zugrunde gelegt wurde. Das ist hier nicht der Fall.

Dementsprechend richtete sich der Anspruch der Klägerin nach Erklärung des Rücktritts allein auf Wertersatz.

Das führt zur vollumfänglichen Abweisung der auf Schadensersatz gemäß 346 IV BGB bzw. § 826 BGB gerichteten Stufenklage. Die Beklagten haben sich gegenüber der Klägerin nicht dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, dass sie die veräußerte Gesellschaft nach der Rücktrittserklärung ‚ „ausgehöhlt“ hätten und dann noch die wertlosen Anteile durch Überlassung an einen (angeblichen) Firmenbestatter dem Zugriff der Klägerin entzogen hätten. Da sie nicht verpflichtet waren, die Anteile bzw. die in dem Unternehmen gesammelten Werte nach dessen Umgestaltung herauszugeben, fehlt es an der zentralen Voraussetzung einer vertraglichen oder deliktischen Schadensersatzanspruchs, – der Pflichtverletzung.

III.

Hilfsantrag

Auf den Hilfsantrag war die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 110.245,56 an die Klägerin zu zahlen, allerdings nur Zug um Zug gegen Zustimmungserklärung der Klägerin gegenüber Frau Rechtsanwältin T. S., Kanzlei C-Straße … , … G. auf Freigabe des auf ihrem bei der D. D. Kreditbank geführten Kontos mit der IBAN DE… zugunsten der Beklagten.

Der Betrag entspricht dem Wertersatz nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB, den die Beklagte aufgrund der Unmöglichkeit der Rückgabe der Kaufsache infolge der Umgestaltung zu leisten hat. Für die Höhe des Wertersatzes ist gemäß § 348 Absatz 2 Satz 2 BGB der vereinbarte Kaufpreis zugrunde zu legen. Dieser beläuft sich, wie sich nach der letzten mündlichen Verhandlung bestimmen lässt, auf den auf dem Treuhandkonto zurzeit der Rücktrittserklärung vorhandenen Betrag in der ausgeurteilten Höhe.

Der dem Wertersatz zugrunde zu legende Kaufpreis ergibt sich aus der im Kaufvertrag vorgesehenen Berechnung. Diese sieht bei wirtschaftlicher Betrachtung vor, dass der Käufer insgesamt € 150.000,00 aufzuwenden hat, um die Gesellschaft mit allen Aktiva, aber -bis auf € 5.000,00 – schuldenfrei zu erhalten. Unstreitig ist, dass die € 150.000,00 auf dem Anderkonto eingezahlt wurden und der Differenzbetrag zu dem noch vorhandenen Betrag für die Tilgung von Schulden, die vor dem Stichtag entstanden sind, verwandt wurde. Weitere Belastungen der Beklagtenseite aufgrund etwaiger weiterer Schulden der Gesellschaft sind nach der Veräußerung der Anteile ausgeschlossen. Insbesondere ist keine Seite mehr etwaigen Vergütungsansprüchen des Zeugen J. ausgesetzt. Ob diese bestanden, kann hier dahinstehen. Da die Beklagte diese streitigen Ansprüche jedenfalls nicht honoriert hat, kann sie sie auch nicht gegen die Forderung der Klägerseite einwenden. Das Gleiche gilt für etwaige Verbindlichkeiten aus dem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht J.. Sofern sich solche Verbindlichkeiten ergeben sollten, wozu keine Seite mehr etwas vortragen kann, berühren diese jedenfalls nicht das Verhältnis der Parteien. Soweit die Beklagtenseite in pauschaler Form vorgetragen hat, sie hätte nach der Amtsniederlegung durch die Treuhänderin aus eigener Kasse Verbindlichkeiten der Ltd. getilgt, ist dies nicht hinreichend substanziiert worden. Es ist nicht erkennbar, um welche anrechenbaren Zahlungen es sich handeln soll. Es ist auch insoweit unerheblich, wie die Gesellschaft restliche Verbindlichkeiten in Höhe von € 5.000,00 behalten sollte.

Damit ergibt sich, dass der nach § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB zugrunde zu legende Wert der Gegenleistung für die Anteile dem auf dem Anderkonto verbliebenden Betrag entspricht.

Unerheblich ist, ob die Anteile wegen des Grundstücks mit dem Förderbescheid tatsächlich mehr wert gewesen sollte, als es an die Beklagte zu 1) verkauft wurde. Aus dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes und der zugrunde liegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ergibt sich, dass es für die Bemessung des Wertersatzes nicht auf die objektiven Wertverhältnisse ankommen soll, sondern auf die privatautonom ausgehandelte Entgeltabrede der Parteien (BGH, Urteil vom 19.11.2008, VIII ZR 311/07, MDR 2009, 249f).

IV.

Zug um Zug Verurteilung

Mit dem Rücktritt hat die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises verloren. Der Kaufpreis ist auf dem Anderkonto der früheren Treuhänderin hinterlegt. Gegen Zahlung des Wertersatzes hat die Klägerin dementsprechend den hinterlegten Betrag zugunsten der Beklagten freizugeben. Dass die Klägerin bei entsprechender Zahlung zu dieser Freigabe bereit ist und keinesfalls neben den Zahlungsansprüchen noch Ansprüche auf den hinterlegten Betrag erhebt, ergibt sich aus ihrem gesamten Vorbringen, insbesondere der früheren Fassung ihrer Anträge. Insoweit ist die Aufnahme des Zug-um-Zug-Verhältnisses nur klarstellender Natur.

V.

Nebenentscheidungen

Der geschuldete Betrag ist nach § 288 I BGB seit dem Datum des Verzugseintritts, hier dem 16.10.2015, mit Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Da Forderungen auf Wertersatz nach einem Rücktritt keine Entgeltforderungen sind (Seichter, in juris-pk § 288 RN 13.1. m.w.N), kommt der erhöhte Zinssatz nicht zur Anwendung. Für den Zinsbeginn kommt es auf den Verzugseitritt hinsichtlich der ursprünglichen Kaufpreisforderung an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I, 100 II ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf € 440.000,00 festgesetzt.

Gemäß § 3 ZPO schätzt das Gericht den Wert des mit den Hauptanträgen geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auf € 440.000,00. Dabei sind einerseits die Zuflüsse aufgrund des Förderbescheids zu berücksichtigen, andererseits aber auch ein abziehbarer Unternehmerlohn und erhebliche weitere Kosten, die zur Realisierung des Projekts angefallen sein werden.

 

 

 

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