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Pferdekauf – Rücktritt vom Kaufvertrag

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Az.: 5 U 900/08

Urteil vom 13.11.2008

Vorinstanz: LG Bad Kreuznach, Az.: 3 O 153/07


In dem Rechtsstreit hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2008 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 11. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Beklagte betreibt eine Pferdezucht. Am 29. August 2006 kaufte der Kläger dort eine vierjährige Stute zum Preis von 7.000 EUR. Seinem Vortrag nach hatte der Beklagte zuvor erklärt, das Pferd sei ruhig und könne von Kindern geritten werden. Entgegen dieser Aussage habe sich das Tier dann aber zunehmend nervös gebärdet. So habe es etwa zehn Tage nach dem Kauf wegen Hundegebells gescheut und im weiteren Verlauf Reiter, darunter auch seine kleine Tochter, abgeworfen.

Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte entsprechend einer von vornherein getroffenen Abrede im November 2006 die Rückabwicklung des Kaufvertrages zugesagt. Diese Zusage sei im Folgemonat bestätigt worden.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Januar 2007 teilte der Kläger dem Beklagten mit, „dass die Zusicherungen, die vor Kauf und auch am Tag des Kaufs von Ihnen abgegeben worden sind, nicht zutreffen…. Es war … außerordentlich wichtig, dass es sich um ein Pferd handelt, welches ruhig ist und ein Kind nicht abwirft.“ Sodann wurde unter Bezug darauf, dass bereits im Dezember 2006 eine dahingehende Erklärung erfolgt sei, „erneut der Rücktritt vom Kaufvertrag ausgesprochen“.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger den Beklagten auf Erstattung des Kaufpreises von 7.000 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen die Rückgabe der Stute in Anspruch genommen und eine nicht weiter erläuterte „Nebenforderung“ von 313,86 EUR zuzüglich Zinsen geltend gemacht. Er hat seine Rechte auf die behauptete Rückabwicklungszusage des Beklagten, einen gesetzlichen Vertragsrücktritt und die Erwägung gestützt, dass der Vertrag vom 29. August 2006 wegen Wuchers nichtig sei. Das Landgericht ist dem nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen.

Das greift der Kläger in Erneuerung seines Verlangens mit der Berufung an. Er sieht in dem angefochtenen Urteil eine Überraschungsentscheidung, die in fehlerhafter Beweiswürdigung und Übergehung von Zeugnisangeboten getroffen worden sei.

II.

Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen. Das Klagebegehren hat keine tragfähige Grundlage, so dass das Rechtsmittel zurückgewiesen werden muss.

1.

Die Parteien haben am 29. August 2006 einen rechtswirksamen Kaufvertrag miteinander geschlossen, der den Beklagten berechtigt, den vom Kläger geleisteten Kaufpreis von 7.000 EUR zu behalten. Das Vorbringen des Klägers, der Vertrag sei wegen Wuchers nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB), ist ohne Substanz. Es ist schon nicht nachvollziehbar dargetan, dass der für die Stute vereinbarte Kaufpreis in einem auffälligen Verhältnis zum damaligen Markwert des Tieres gestanden hätte. Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich im Wesentlichen in Zahlenangaben. Greifbare Beurteilungskriterien, an die ein Sachverständigengutachten rückblickend anknüpfen könnte, fehlen. Das kann aber letztlich auf sich beruhen. Denn unabhängig davon lässt sich die für eine Vertragsnichtigkeit erforderliche verwerfliche Gesinnung (vgl. BGH NJW 2003, 283, 284) des Beklagten nicht feststellen: Es ist unwiderlegt, dass der Beklagte – entsprechend dem Eindruck, den der Kläger und seine Ehefrau nach Proberitten auch selbst hatten – bei Vertragsschluss davon ausging, das Pferd sei problemlos zu handhaben.

2.

Dem Kaufvertrag ist auch nicht nachträglich die Grundlage entzogen worden. Die Rücktrittserklärung des Klägers war wirkungslos. Sie wurde weder durch die gesetzlichen Mängelgewährleistungsvorschriften noch durch die Parteivereinbarungen getragen.

a) Die Voraussetzungen der §§ 434, 437 Nr. 3, 323 BGB sind nicht erfüllt. Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob das verkaufte Pferd im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit Fehlern behaftet war. Deshalb kann sowohl dahinstehen, inwieweit dem Kläger diesbezüglich die Vermutung des § 476 BGB zugute kommt (vgl. dazu BGH NJW 2006, 2250, 2252 f.), als auch offen bleiben, welche Abreden die Parteien zur Beschaffenheit des Tiers getroffen haben. Mithin geht die Rüge des Klägers fehl, das Landgericht sei gehalten gewesen, in diesem Zusammenhang in eine Beweisaufnahme einzutreten. In dem angefochtenen Urteil ist herausgestellt, dass der Kläger versäumt hat, dem Beklagten die nach § 323 Abs. 1 BGB erforderliche Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Das hatte der Beklagte von vornherein eingewandt. Insofern bedurfte es in diesem Punkt keines richterlichen Hinweises.

Wenn der Kläger nun erstmals in der Berufungsinstanz behauptet, eine Nacherfüllung sei unmöglich gewesen und zudem vom Beklagten noch verweigert worden, ist das unbehelflich. Das gilt schon unter dem formellen Gesichtspunkt der §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO. Darüber hinaus ist das Vorbringen materiell ohne Durchschlagskraft. Tatsachen, die plausibel machten, dass die verkaufte Stute die vom Kläger geschilderten Defizite nicht unter dem Einfluss einer qualifizierten Therapie hätte ablegen können, sind nicht mitgeteilt worden. Erst recht ist nicht zu ersehen, dass es unmöglich gewesen wäre, dem Kläger ein taugliches Ersatzpferd zur Verfügung zu stellen.

Genauso wenig trägt der Hinweis auf eine Leistungsverweigerung des Beklagten. Der Kläger gibt an, er habe den Beklagten „anlässlich einer Ausstellung oder eines Turniers … auf die weitere Ausbildungsnotwendigkeit der Stute angesprochen“. Dieser habe „die Nachbesserung aber abgelehnt und behauptet, dass sei seine, des Klägers, Sache und gehe ihn nichts an“. Das reicht nicht hin, um die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu bejahen und damit auf das Erfordernis einer Fristsetzung zur Nacherfüllung zu verzichten. Freilich lässt sich aus dieser – behaupteten – Äußerung ebenso wie aus der hiesigen Prozessführung des Beklagten herauslesen, dass die Mangelhaftigkeit der Kaufsache und eine daraus entspringende Mängelgewährleistungspflicht bestritten worden sind. Aber damit wurde die Leistung noch nicht, wie es das Gesetz verlangt, „ernsthaft und endgültig verweigert“. Eine entsprechende Verweigerung liegt nur vor, wenn die Ablehnung als das letzte Wort des Schuldners aufzufassen ist, so dass eine Änderung seines Entschlusses ausgeschlossen erscheint (Otto in Staudinger, BGB, 2004, § 281 Rn. B 107). An eine solche Deutung sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH NJW 1986, 661). Ihnen ist regelmäßig noch nicht genügt, wenn der Schuldner – wie es der Beklagte hier getan hat – eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung seinerseits einwendet, indem er den vom Gläubiger behaupteten Vertragsinhalt oder vorgetragene Mängel leugnet (BGH NJW-RR 1993, 882, 883; Heinrichs in Palandt, BGB, 67. Aufl., § 281 Rn. 14). Das gilt jedenfalls so lange, wie seine Verteidigung nicht aus der Luft gegriffen ist und ihm ihre Haltlosigkeit nicht ohne Weiteres einsichtig gemacht wurde. So stellen sich die Dinge auch im vorliegenden Fall dar. Es gibt keinen greifbaren Anhalt dafür, dass sich das Pferd vor Abschluss des Kaufvertrages auffällig gezeigt hätte. Der Kläger selbst war nach den durchgeführten Proberitten zufrieden. Die von ihm geschilderten Schwierigkeiten traten erst längere Zeit nach der Übergabe auf. Darin, dass das Tier bereits kurzfristig, nämlich etwa zehn Tage nach dem Kauf, durch Hundegebell scheu geworden sein soll, lag noch keine relevante Auffälligkeit. Vor diesem Hintergrund ist der Standpunkt des Beklagten, seine Vertragsleistung sei regelgerecht gewesen, nicht offensichtlich abwegig.

b) Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrags unabhängig von den gesetzlichen Mängelgewährleistungsregelungen hat der Kläger nicht. Eine entsprechende Zusage des Beklagten lässt sich nicht feststellen.

Das Landgericht hat eine solche Zusage zunächst zutreffend für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien verneint. Der Kläger hat dazu unter Beweisantritt vorgebracht, der Beklagte habe damals in Bestätigung einer entsprechenden Äußerung schon vom 19. August 2006 erklärt, „er werde das Pferd gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurücknehmen, falls es zu Problemen komme“. Deshalb „verwende er auch ein Standardformular für seine Kaufvertragsabschlüsse“. Damit hat der Beklagte lediglich auf die allgemein von Gesetzes wegen bestehende Vertragssituation und die daraus entspringenden Gewährleistungsansprüche verwiesen. Ein weitergehendes Verständnis seiner vom Kläger behaupteten Äußerungen war und ist nicht angezeigt. Die Annahme, ein Vertragsrücktritt habe bei irgendwelchen wahrgenommenen Schwierigkeiten „auf erstes Anfordern“ erfolgen können, ist ohne Grundlage.

Der Kläger moniert zu Unrecht, dass das Landgericht ihm dies hätte deutlich machen und durch einen entsprechenden Hinweis Gelegenheit geben müssen, korrigierend vorzutragen und Beweis anzubieten. Dazu bestand keine Veranlassung. Das Klagevorbringen zu der streitigen Erklärung des Beklagten war wiederkehrend gleich und augenscheinlich erschöpfend; außerdem gestattete es keine andere Interpretation, als sie vom Landgericht vorgenommen wurde.

Auch die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe im November und Dezember 2006 die Bereitschaft bekundet, das Pferd gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen, trägt nicht; denn insoweit ist der Beweis nicht geführt. Das Landgericht hat dazu – jeweils ausführlich – die Ehefrau des Klägers als Zeugin vernommen und den Beklagten angehört. Auf dieser Grundlage hat es sich nicht von der Richtigkeit des Klägervorbringens überzeugen können. Diese Würdigung kam weder überraschend noch gibt sie Anhalt für rechtserhebliche Zweifel (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Auch der Senat erachtet den Schluss darauf, dass der Beklagte seinerzeit definitiv eine Vertragsrückabwicklung versprach, für nicht gerechtfertigt und schließt sich im Wesentlichen den umfangreichen Erwägungen des Landgerichts an. Gegen das behauptete Rückabwicklungsversprechen spricht im Übrigen das eigene Rücktrittsschreiben des Klägers vom 25. Januar 2007. Darin wird die Berechtigung, den Vertrag rückgängig zu machen, lediglich auf die Mangelhaftigkeit der Kaufsache gestützt. Von einer Rücknahmezusage ist dagegen keine Rede. Hätte es sie gegeben, hätte nichts näher gelegen, als darauf – zumindest ergänzend – abzuheben.

3.

Da nach alledem der vom Kläger verfolgte Anspruch auf Kaufpreisrückgewähr nicht besteht, hat auch die daran anknüpfende, nicht näher erläuterte Nebenforderung von 313,80 EUR keine Grundlage. In diesem Punkt unterliegt die Klage daher ebenfalls der Abweisung.

4.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 543 ZPO.

Rechtsmittelstreitwert: 7.000 EUR

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