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Rückzahlung Ticketpreis bei Konzertabsage aufgrund COVID-19-Pandemie

AG Freiburg (Breisgau) – Az.: 7 C 1083/20 – Urteil vom 09.03.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung von acht Tickets der 4. Kategorie für die Veranstaltung „Schneewittchen – das Musical“ in der Festhalte Harmonie in Heilbronn, Reihe 10. Plätze 17 bis 24, einen Betrag in Höhe von € 112,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2020 zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung eines Tatbestands wird abgesehen, § 313 a Abs. 1 ZPO.

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Rückzahlung Ticketpreis bei Konzertabsage aufgrund COVID-19-Pandemie
(Symbolfoto: Firn/Shutterstock.com)

1. Der Kläger hat Anspruch gegen die Beklagte gemäß §§ 453, 434, 440, 437 Nr. 2, 346 ff. BGB auf Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses und damit auf Rückzahlung des Kaufpreises, weil die mit den Tickets verbriefte und vom Veranstalter geschuldete Leistung nicht mehr wie vertraglich vorausgesetzt erbracht werden kann und damit mangelhaft ist (a.A.: AG Bremen, Urteil vom 01.12.2020, 8 C 358/20; ähnlich: OLG Hamm, Urteil vom 30.07.2009, 4 U 69/09, MMR 2010, 30). Ein Anspruch scheitert nicht an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten.

1.1. Die Beklagte ist als Kommissionärin Vertragspartnerin des Klägers geworden.

Sie hat in eigenem Namen für Rechnung des Veranstalters die streitgegenständlichen Tickets über das Internet vertrieben. Dies entspricht dem gesetzlichen Leitbild des Kommissionärs (§ 383 Abs. 1 HGB), der im Auftrag des Kommittenten (des Veranstalters) mit der Abwicklung des Kartenkaufs (und des Versands) beauftragt ist (vgL BGH MDR 2018,1361; so auch AG Bremen Urteil vom 02.10.2020, 9 C 272/20).

Die Beklagte ist nicht lediglich als Vermittlerin namens des Veranstalters tätig geworden. Ob es sich bei dem streitgegenständlichen Rechtsgeschäft um einen Kaufvertrag oder einen Maklervertrag oder ein bloßes Vermittlergeschäft wegen eines Vertrags über eine Freizeitveranstaltung handelt, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfells. Maßgeblich ist, wie die Klägerin das (Internet)Angebot der Beklagten bei Vertragsschluss nach Treu und Glauben verstehen durfte (§§ 133, 157 BGB). Für die Umstände, aus denen sich aus Sicht des Vertragspartners ein bloßes Vermittlungs-, also Vertretungsgeschäft, ergeben haben soll, ist die Beklagte, die sich auf ein Vertretergeschäft beruft, darlegungs- und beweisbelastet (§ 164 Abs. 2 BGB).

Die von der Beklagten vorgetragenen und unbestritten gebliebenen Umstande des Vertragsschlusses tragen die Annahme eines Handelns in fremdem Namen nicht. Im Zweifel ist deshalb ein Handeln in eigenem Namen anzunehmen.

Auf der Homepage findet sich an keiner Stelle der ausdrückliche Hinweis auf eine bloße Vermittlungstätigkeit. Der Umstand, dass bei Buchung der Tickets – auch – der Veranstalter genannt ist, lässt keine eindeutigen Rückschlüsse zu. Gleiches gilt aus Sicht eines juristischen Laien für die Erhebung der Servicegebühr.

Soweit die Beklagte auf die ausdrücklichen Regelungen in ihren AGB hinweist, sind diese gern. § 305 c BGB nicht Vertragsbestandteil geworden, weil die nachträgliche Bestimmung der Rechtsnatur des Vertrages überraschend ist, wenn die Umstände des Vertragsschlusses eine andere Rechtsnatur nahelegen. Weil der Vertrag selbst in seiner besonderen Ausprägung Rechtsgrund (und Maßstab) für die (wirksame) Einbeziehung von AGB ist, kann sein Zustandekommen und seine (abweichende) Rechtsnatur nicht erst und ausschließlich durch AGB geregelt werden (so auch Woitkewitsch in MDR 2020, 1217 Rn. 11).

1.2. Die von der Beklagten geschuldete Leistung ist mit der Absage der Veranstaltung nach Gefahrübergang mangelhaft geworden, § 434 Abs 1 S. 2 Nr. 1 BGB. Die Beklagte hat zuletzt mitgeteilt, dass auch der zunächst genannte Ausweichtermin entfallen ist.

Im Fall des hier vorliegenden Rechtskaufs (vgl. BGH NJW 2019, 4?) schuldete die Beklagte die Verschaffung des in dem Inhaberpapier verbrieften Rechts der Teilnahme und nicht lediglich die Übergabe eines im Übersendungszeitpunkt noch gültigen Konzerttickets. Da das Ticket ein (zukünftiges) Teilnahmerecht des Inhabers gegenüber dem Veranstalter hinsichtlich der bezeichneten Veranstaltung an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit verkörpert (§ 807 BGB), tritt mit der Übersendung und Übereignung des Papiertickets lediglich der Gefahrübergang im Sinne der §§ 453, 446 BGB ein. Der Verkäufer haftet ab diesem Zeitpunkt jedoch weiter dafür, dass das Recht bis zum festgelegten Veranstaltungsbeginn tatsächlich durchsetzbar ist (Palandt-Weidenkaff, BGB, 80. Aufl. 2021, § 453, Rn. 21 m.N.).

1.3. Der Kläger konnte, was er mit Schreiben vom 13.03.2020 (Anlage K 2) konkludent erklärt hat, ohne Fristsetzung (§§ 440,323 BGB) vom Vertrag zurücktreten.

2. Die Beklagte schuldet nach Rücktritt die Rückzahlung sämtlicher Leistungen; der Kläger hat Zug um Zug Rückgabe und Übereignung angeboten und seinen Klageantrag entsprechend beschränkt, § 308 Abs. 1 ZPO. Die Frage, ob er hierzu – nach Ablauf des Veranstaltungstermins – Zug um Zug verpflichtet wäre, kann daher dahinstehen.

3. Die Regelung des Art. 240 § 5 Nr. 1 EGBGB kommt der Beklagten als bloße Kommissionärin nicht zugute; die Regelung dient allein der Abmilderung dar Folgen der Covid19-Pandemie für Veranstalter (Eibenstein in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, juris-PK-BGB, 9. Auflage 2020, Art. 240 § 5 EGBGB, Rn. 25).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11,713 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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