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Rückzahlungsansprüche des Mieters wegen unwirksamer Schönheitsreparaturenklausel

 


BGH

Az.: VIII ZR 12/12

Urteil vom 20.06.2012


Leitsatz – nicht amtlich: Zahlt der Mieter aufgrund einer unwirksamen Schönheitsreparaturenklausel an den Vermieter einen Abgeltungsbetrag für nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen, so unterliegt der sich hieraus ergebende Rückzahlungsanspruch des Mieters gegenüber dem Vermieter der kurzen 6monatigen Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB (= Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in 6 Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses.). Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Mieter – jeweils in Verkennung der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel – die Schönheitsreparaturen selbst durchführt beziehungsweise durchführen lässt und vom Vermieter anschließend den hierfür aufgewendeten Betrag fordert, oder ob der Mieter an den Vermieter einen Abgeltungsbetrag für die nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen zahlt. Sowohl die geldwerte Sachleistung als auch der Abgeltungsbetrag dienen der Verbesserung der Mietsache und sind deshalb als Aufwendungen auf die Mietsache im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB anzusehen.


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 23. Mai 2012 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 13. Dezember 2011 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Neukölln vom 18. November 2010 (Az.: 7 C 287/10) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Tatbestand

Der Kläger war bis zum 31. August 2007 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Im Mietvertrag vom 18. Januar 1980 ist in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen unter Nr. 5 „Erhaltung der überlassenen Räume“ ein Fristenplan zur Durchführung der Schönheitsreparaturen enthalten und in Absatz 2 unter anderem folgendes geregelt:

„(2) …

Das Mitglied ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung der Genossenschaft von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen… „

Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 untersagte die Beklagte dem Kläger wegen in der Wohnung anstehender Modernisierungsarbeiten die Durchführung der Schönheitsreparaturen und forderte stattdessen einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 7.310 €, den der Kläger am 8. August 2007 bezahlte. Mit Schreiben vom 25. November 2009 und vom 9. Dezember 2009 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Rückzahlung dieses Betrages auf.

Mit der am 23. April 2010 eingereichten und am 15. Juni 2010 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 7.310 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 661,16 € nebst Zinsen in Anspruch. Die Beklagte beruft sich auf Verjährung des geltend gemachten Anspruchs.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat -nachdem der Kläger die Klage in Höhe von 1.775,08 € sowie der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zurückgenommen hatte – auf die Berufung des Klägers der Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in Höhe von 5.534,92 € nebst Zinsen stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat – soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse – zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte habe den vom Beklagten nach Klagerücknahme noch geforderten Betrag ohne Rechtsgrund erlangt und sei daher gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt.1 BGB zu dessen Rückzahlung verpflichtet. Die vertragliche Regelung über die Schönheitsreparaturen, wonach der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters nicht von der bisherigen Ausführungsart habe abweichen dürfe, sei unwirksam.

Der Anspruch des Klägers sei entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht verjährt. Die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB sei auf die auf Rückzahlung von Abgeltungsbeträgen für nicht ausgeführte Schönheitsreparaturen gerichteten Bereicherungsansprüche nicht anzuwenden. Denn für die Frage, ob die gezahlten Abgeltungsbeträge zurückverlangt werden könnten, spiele der Zustand der Mietsache bei Beendigung des Mietverhältnisses keine Rolle, so dass das zentrale Argument für eine Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB entfalle. Dabei werde von der Kammer nicht verkannt, dass Sinn und Zweck des § 548 Abs. 2 BGB darin liege, die wechselseitigen Ansprüche der Mietvertragsparteien – auch bereicherungsrechtlicher Natur – nach Beendigung des Mietverhältnisses möglichst rasch abzuwickeln, und deshalb § 548 Abs. 2 BGB weit auszulegen sei. Zwar sei der Zustand der Mietsache bei der Festlegung des Abgeltungsbetrags von Bedeutung, nicht jedoch bei der Entscheidung über die Rückforderung desselben. Hier komme es allein auf das Bestehen des Rechtsgrundes an, welcher bei Unwirksamkeit der Renovierungsklausel fehle.

Auch dass die Mieter, die einen Abgeltungsbetrag bezahlt hätten, in Folge dieser Entscheidung besser stünden, als die Mieter, die Schönheitsreparaturen aufgrund einer unwirksamen Klausel ausgeführt hätten und nach Erhebung der Verjährungseinrede durch den Vermieter ihre Aufwendungen nach Ablauf der in § 548 Abs. 2 BGB bestimmten Frist nicht mehr mit Erfolg zurückfordern könnten, rechtfertige keine andere Bewertung.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der vom Kläger geltend gemachte Rückforderungsanspruch ist gemäß § 548 Abs. 2 BGB verjährt.

1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in Nr. 5 Abs. 2 des Mietvertrags bestimmte Regelung über die Ausführung von Schönheitsreparaturen den Mieter unangemessen benachteiligt, weil sie dem Mieter auch während des Bestehens des Mietverhältnisses eine bestimmte Ausführungsart vorschreibt (Senatsurteil vom 22. Februar 2012 – VIII ZR 205/11, WuM 2012, 194 Rn. 9 ff. mwN). Damit bestand für die vom Kläger im August 2007 zur Abgeltung der Schönheitsreparaturen geleistete Zahlung – wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat – kein Rechtsgrund.

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der aufgrund dessen entstandene Bereicherungsanspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sei nicht gemäß § 548 Abs. 2 BGB verjährt, begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen sämtliche Ansprüche, die der Mieter wegen der Durchführung von Schönheitsreparaturen gegen den Vermieter erhebt, der kurzen Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB, mithin auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 – VIII ZR 195/10, NJW 2011, 1866 Rn. 13 ff. mwN). Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Mieter – jeweils in Verkennung der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel – die Schönheitsreparaturen selbst durchführt beziehungsweise durchführen lässt und vom Vermieter anschließend den hierfür aufgewendeten Betrag fordert, oder ob der Mieter an den Vermieter einen Abgeltungsbetrag für die nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen zahlt. Sowohl die geldwerte Sachleistung als auch der Abgeltungsbetrag dienen der Verbesserung der Mietsache und sind deshalb als Aufwendungen auf die Mietsache im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB anzusehen.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die beiden Fallgestaltungen seien hinsichtlich der Verjährung deshalb unterschiedlich zu betrachten, weil es sich bei der Rückforderung eines Abgeltungsbetrags nicht um einen Anspruch handele, der vom Zustand der Mietsache zur Zeit der Rückgabe abhänge, trifft nicht zu. Auch der Bereicherungsanspruch nach rechtsgrundlos durchgeführter Renovierung durch den Mieter selbst ist dem Grunde nach von dem Zustand der Mietsache bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig. Ungeachtet dessen handelt es sich in beiden Fallgestaltungen um Ansprüche, die im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache stehen, denn ihnen ist gemeinsam, dass es sich bei dem Geldbetrag, der kondiziert werden soll, um eine Aufwendung des Mieters handelt, die er im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache erbracht hat. Über den Ersatz solcher Aufwendungen soll nach dem Sinn und Zweck des § 548 Abs. 2 BGB – unabhängig von der (anspruchs-)rechtlichen Einordnung – nach Beendigung des Mietverhältnisses alsbald Klarheit herrschen (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 – VIII ZR 195/10, aaO Rn. 14 f.).

Auch gibt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigen würde, den Mieter, der die Mietsache infolge einer (von ihm unerkannt) unwirksamen Klausel selbst renoviert, hinsichtlich der Verjährung seines Bereicherungsanspruchs anders zu behandeln als den Mieter, der zur Abgeltung einer vermeintlichen Renovierungsverpflichtung an den Vermieter einen Geldbetrag zahlt.

b) Das Mietverhältnis der Parteien endete nach den Feststellungen des Berufungsgerichts am 31. August 2007. Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB war daher bei Einreichung der Klage im April 2010 längst abgelaufen. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift mithin durch.

III.

Das Berufungsurteil kann nach allem keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da der geltend gemachte Anspruch verjährt ist, hat die Klage keinen Erfolg. Die Berufung des Beklagten gegen das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts ist daher zurückzuweisen.

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