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Ruhestörung (nächtliche) – fristlose Kündigung des Wohnraummietvertrages

LG Berlin

Az: 67 S 382/09

Urteil vom 11.02.2010


Ein Vermieter kann den Wohnraummietvertrag mit einem Mieter fristlos kündigen, wenn dieser aufgrund innerfamiliärer Streitigkeiten die nächtliche Ruhe der übrigen Mitmieter wiederholt stört und der Vermieter den Mieter zuvor abgemahnt hat (LG Berlin, Urteil vom 11.02.2010, Az: 67 S 382/09).


Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das am 23. Juni 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 6 C 108/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Beklagten zu 1) wird eine Räumungsfrist bis zum 28. Mai 2010 gewährt.

Gründe

I) Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.1) Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.

2) Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB.

Mit Vertrag vom 15. Januar 1973 mietete die Beklagte zu 1) von der Klägerin die Wohnung in der xxxx Dachgeschoss links, xxxx Berlin. Die Miete beträgt derzeit 445,20 Euro (Inklusivmiete).

Das Mietverhältnis verlief nach den eigenen Angaben der Klägerin 35 Jahre vollkommen ungestört. Ab dem Frühsommer 2008 kam es jedoch zu wiederholten Beschwerden der Nachbarn wegen Ruhestörungen insbesondere aufgrund von Streitigkeiten der Beklagten zu 1) mit ihrer Tochter, der Beklagten zu 2), die auch in der Wohnung wohnte, ohne Mietvertragspartnerin (geworden) zu sein. Gerügt wurden Geschrei, Getrampel, Gesang usw. nachts bis morgens. Nach den (als Ausschnitt von mehreren eingereichten) Beschwerden vom 23. November 2008 und 06. Januar 2009 mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1) unter dem 20. November 2008, 02. Dezember 2008 und 04. Dezember 2008, zu einem vertragsgemäßen Verhalten zurückzukehren. Es traten indes keine Änderungen im Verhalten der Beklagten ein, sodass die Klägerin unter dem 13. und 19. Januar 2009 abmahnte. Nach weiteren Ruhestörungen kündigte die Klägerin unter dem 13. Februar 2009, mit der Klage vom 27. Februar 2009 und im Schriftsatz vom 01. April 2009 jeweils fristlos.

Die Beklagte zu 1) hat die Ruhestörungen im ersten Rechtszug nicht nur nicht ausreichend bestritten, sondern ausdrücklich eingeräumt (Schreiben an das Amtsgericht vom 20. April 2009). Selbst wenn indes zu ihren Gunsten ihre Krankheit berücksichtigt wird und man davon ausginge, dass das Amtsgericht auf weiteren nötigen Vortrag hätte hinweisen müssen, so wäre es jedenfalls mit der Berufungsbegründung erforderlich gewesen, eben diesen Vortrag zu liefern. Das geschieht nicht. Das Bestreiten der Beklagten zu 1) ist vollkommen vage. Eher räumt sie die Ruhestörungen auch hier ein, meint aber, sie seien hinzunehmen.

Dazu ist zu unterscheiden: Es kann hier unterstellt werden, dass das Haus – wie die Beklagte zu 1) behauptet – besonders hellhörig ist. Dann könnte nicht wegen jeden Lärms tagsüber gekündigt werden, da sich ansonsten eine übermäßige Einschränkung des Wohnens des den Lärm erzeugenden Mieters ergäbe. Andererseits muss bei Hellhörigkeit eine besondere Rücksichtnahme der Mieter gerade nachts erwartet werden, um den anderen Bewohnern des Hauses den Schlaf als elementares Bedürfnis zu ermöglichen.

Es mag auch sein, dass die Beklagte zu 1) wegen ihrer Krankheit eine erhöhte Toleranz ihrer Mitbewohner erwarten darf. Indes muss sie das in ihren Möglichkeiten und ihr Zumutbare tun, um eine Belästigung der anderen Bewohner möglichst gering zu halten. Hier ist es so, dass die Störungen maßgeblich auf Streitigkeiten mit der Tochter zurückgehen. Die Beklagte zu 2) kündigte selbst im ersten Rechtszug an auszuziehen, was gewiss zu einer Entspannung erheblich beigetragen hätte. Tatsächlich ist auch trotz der Nachfrage des Einzelrichters dazu keine Änderung erfolgt. Den anderen Bewohnern ist es nicht dauerhaft zuzumuten, die Auseinandersetzungen der beiden Beklagten zu ertragen, jedenfalls wenn sich diese – wie hier – eigentlich vermeiden ließen.

Auch unter Berücksichtigung der Krankheit der Beklagten zu 1) und der langen Dauer des Mietverhältnisses kann daher der Klägerin ein Festhalten am Mietvertrag nicht zugemutet werden.

Auf die Ausführungen des Amtsgerichts wird ergänzend in vollem Umfang verwiesen. Der Einzelrichter hält sie für zutreffend.

Der Vortrag zu Lärm aus dem Nachbarhaus ist neu und erst nach der Berufungsbegründungsfrist erfolgt. Es ist auch nicht einsichtig, warum Lärm aus dem Nachbarhaus die Beklagten ihrerseits zu Lärm berechtigen sollte. Gerade die Streitereien lassen sich eindeutig zuordnen.

Eine Verhaltensänderung der Beklagten nach der Kündigung lässt die zuvor wirksam ausgesprochene Kündigung nicht entfallen.

3) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

4) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 7 und Nr. 10, § 713 ZPO.

5) Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht erforderlich, die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

6) Der Beklagten zu 1) war eine Räumungsfrist bis zum 28. Mai 2010 zu gewähren, § 721 Abs. 1 ZPO. Der Einzelrichter hat hierbei berücksichtigt, dass es trotz des derzeit entspannteren Berliner Wohnungsmarktes gerade im Bereich kleinerer preiswerter Wohnung noch kein ausreichendes Angebot gibt. Der Beklagten zu 1) soll ausreichend Zeit zur Wohnungssuche gegeben werden, um eine Obdachlosigkeit zu vermeiden. Durch die Räumungsfrist wird das selbstverständliche Interesse der Klägerin, die Wohnung schnell zurück zu erhalten, nicht mehr als nötig und nicht übermäßig beeinträchtigt, da zum einen die Nutzungsentschädigungen gezahlt werden und zum anderen die Störungen jedenfalls nicht mehr das frühere – zur Kündigung führende – Ausmaß erreichen.

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