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Ruhezeiten in WEG-Anlage durch Gemeinschaftsordnung

Oberlandesgericht Düsseldorf

Aktenzeichen: I-3 Wx 233/08

Beschluss vom 19.08.2009


In dem Verfahren betreffend die Wohnungseigentumsanlage hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 23. September am 19. August 2009 beschlossen:

Das Rechtsmittel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Beteiligten zu 2 unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 25.000,-Euro für den Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben wird, von den in ihrem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch der Beteiligten zu 1 über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil, insbesondere durch Geräuschentwicklung wie Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln unter Anderem auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbelrücken, Türenknallen, nicht erwächst.

Die Beteiligten zu 2 haben die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Geschäftswert: 3.000 Euro.

Gründe:

I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in Meerbusch. Die Beteiligte zu 1 ist Sondereigentümerin einer im ersten Obergeschoss des Gebäudes gelegenen Wohnung, die sie an ihre Tochter und deren Ehemann vermietet hat. Darüber liegt auf zwei durch eine Treppe aus Stahlrohr mit Massivholzstufen verbundenen Ebenen im 2. Obergeschoss und im Spitzboden des Gebäudes die Wohnung der Beteiligten zu 2. Diese Wohnung war lange Zeit von einem alleinstehenden Herrn bewohnt, der die Wohnung in den letzten 14 Jahren allerdings nur etwa vier bis sechs Wochen im Jahr nutzte. Im Jahr 2000 stand die Wohnung leer; im Dezember 2001 zogen nach umfangreichen Renovierungsarbeiten, die sich unter Anderem auf die Fußbodenbeläge bezogen, die Beteiligten zu 2 mit ihren beiden Kindern in die Wohnung ein.

Die Beteiligte zu 1 hat geltend gemacht, die Nutzung ihrer Wohnung werde seit dem Einzug der Beteiligten zu 2 durch erhebliche Lärmbelästigungen beeinträchtigt. Ihre Mieter minderten deshalb seit Mai 2004 die Kaltmiete um monatlich 50,- Euro.

Die Beteiligte zu 1, die seit 2004 geführte Lärmprotokolle eingereicht hat, hat eine Ursache der Lärmbelästigungen auch darin gesehen, dass die Beteiligten zu 2 Fußbodenbeläge verändert und hierdurch den Schallschutz negativ beeinflusst hätten.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

1. den Beteiligten zu 2 unter Androhung eines angemessenen Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, es zu unterlassen, durch übermäßige Geräuschentwicklung, insbesondere Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbelrücken, Bohren, Türenknallen usw. zu stören;

2. die Beteiligten zu 2 zu verpflichten, geeignete bauliche Maßnahme zur Geräuschdämmung zu ergreifen, insbesondere die innen liegende Treppe auf der Grundlage des Gutachtens von Dipl. Ing. G. schalltechnisch zu entkoppeln, soweit noch nicht geschehen;

3. die Beteiligten zu 2 zu verpflichten, an sie, die Beteiligte zu 1, einen Betrag von 1.150,- Euro für den Mietausfall ab Mai 2004 bis April 2006 und hilfsweise 5.000,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sofern bauliche Maßnahmen nicht umgesetzt werden können.

Die Beteiligten zu 2 haben beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Sie haben geltend gemacht, die Wohnung nur renoviert, aber nicht umgebaut zu haben. Das Haus sei bereits seit seiner Errichtung extrem hellhörig. Sie haben ihrerseits ein Lärmprotokoll erstellt, das die Lebensgeräusche aus der Wohnung der Beteiligten zu 1 aufführe.

Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens am 26. April 2007 die Anträge der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beteiligten zu 2 hätten nicht negativ in die konstruktive Trittschalldämmung eingegriffen. Der Unterlassungsantrag der Beteiligten zu 1 sei ohne Vernehmung von Zeugen abzulehnen gewesen, weil die Lärmprotokolle lediglich Lebensgeräusche wiedergäben, die zu den sozial angemessenen normalen Lebensbedürfnissen einer Familie gehörten.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, die sie auf die Abweisung des Unterlassungsanspruchs beschränkt hat.

Sie hat beantragt,

den amtsgerichtlichen Beschluss aufzuheben und ihrem Antrag entsprechend den Beteiligten zu 2 unter Androhung eines angemessenen Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, es zu unterlassen, durch übermäßige Geräuschentwicklung, insbesondere durch Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbelrücken, Bohren, Türenknallen etc. zu stören.

Die Beteiligten zu 2 haben beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie haben ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.

Die Kammer hat nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten sowie Vernehmung von Zeugen am 23. September 2008 – unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde – den amtsgerichtlichen Beschluss teilweise geändert und dahin neu gefasst, dass den Beteiligten zu 2 unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 25.000,-Euro für den Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben wird, es zu unterlassen, durch übermäßige Geräuschentwicklung, insbesondere Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln unter Anderem auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbelrücken, Türenknallen und Ähnliches – vor Allem innerhalb der Ruhezeiten zwischen 13.00 und 15.00 Uhr und 22.00 und 7.00 Uhr – zu stören.

Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde machen die Beteiligten zu 2 geltend, das Landgericht habe zur Verursachung der Lärmstörungen hinreichende Feststellungen nicht getroffen und die erhobenen Beweise rechtlich fehlerhaft gewürdigt. Die Beteiligte zu 1 tritt dem entgegen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist in der Sache nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 27 FGG).

1.

Das Landgericht hat ausgeführt,

die sofortige Beschwerde habe Erfolg.

Die Beteiligte zu 1 habe gegen die Beteiligten zu 2 einen Anspruch auf Unterlassung der von diesen ausgehenden übermäßigen Geräuschentwicklungen aus §§ 15 Abs. 3, 14 Abs. 1 (richtig: Nr. 1) WEG.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten sowie Vernehmung von Zeugen und Beteiligten stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass von den Beteiligten zu 2 erhebliche, über das hinzunehmende, sozialadäquate Maß hinausgehende Lärmbelästigungen ausgehen. Diese bestünden insbesondere in den im Tenor aufgeführten Geräuschen, wobei diese Auflistung nicht als vollständig, sondern nur beispielhaft zu verstehen sei.

Beim Ortstermin habe die Kammer bestätigt gefunden, dass Geräusche aus der Wohnung der Beteiligten zu 2 in der Wohnung der Beteiligten zu 1 überaus deutlich wahrzunehmen seien, nämlich das Verschieben zweier Stühle am Esstisch im Wohnzimmer, das Gehen mit kräftigen Schritten und Springen, das Laufen auf der in der Wohnung der Beteiligten zu 2 befindlichen Treppe sowie das Herunterspringen von dieser Treppe auf den Fußboden. Die Kammer habe ferner festgestellt, dass „normales“ Gehen oder auch – sogar über Zimmerlautstärke liegende – Musik in der Wohnung der Beteiligten zu 1 nicht oder jedenfalls nur in geringem – und damit hinzunehmendem – Umfang wahrzunehmen seien. Es sei demnach – trotz der nach übereinstimmender Auffassung vorliegenden Hellhörigkeit des Hauses – durchaus möglich, ohne übermäßige störende Geräuschentwicklung in den Wohnungen zu leben, und zwar auch mit Kindern.

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Unter Berücksichtigung dieser Eindrücke sei die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen bzw. Beteiligten B. S., A. D., U. W. und J. H. davon überzeugt, dass von den Beteiligten zu 2 nicht hinzunehmende Lärmbelästigungen ausgehen. Die Aussagen der weiteren Zeugen bzw. Beteiligten entkräfteten diese Überzeugung nicht. Hiernach halte die Kammer es für erwiesen, dass die Beteiligten zu 2 übermäßige Geräuschentwicklungen verursachen, die ihnen dementsprechend in der tenorierten Form zu untersagen seien.

2.

Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung in den wesentlichen Punkten (bis auf eine notwendige Korrektur des Tenors) stand.

a)

Nach § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Eigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

Vorliegend haben die Beteiligten in der Hausordnung Ruhezeiten festgelegt, in denen jedes unnötige und störende Geräusch zu vermeiden und die Ruhe beeinträchtigende Tätigkeiten zu unterlassen sind. Diese Regelung genügt aber mangels Objektivierbarkeit unnötiger und störender Geräusche nicht dem Bestimmheitserfordernis und ist deshalb unwirksam (vgl. BGH NJW 1998, 3713; Staudinger Bub 13. Bearbeitung 2005 WEG § 21 Rdz. 143, betreffend eine Beschränkung auf Singen und Musizieren in nicht belästigender Weise und Lautstärke ).

Zurückzugreifen ist daher auf die gesetzlichen Bestimmungen.

Nach § 906 BGB kann der Eigentümer Immissionen nicht verbieten, die sein Eigentum nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. § 14 Nr. 1 WEG bestimmt insoweit die Verpflichtung eines jeden Wohnungseigentümers dahin, von den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Eine Geräuschentfachung ist demnach in dieser Sonderverbindung zu unterlassen, wenn hierdurch den anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

b)

Dies vorausgeschickt hat das Landgericht beanstandungsfrei angenommen, dass die – zur Überzeugung der Kammer festgestellten – Beeinträchtigungen in dem erkannten Umfang, nämlich Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln unter Anderem auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbelrücken, Türenknallen und Ähnliches über das nach § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmende Maß hinausgehen und deshalb einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 15 Abs. 3 WEG; 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begründen.

aa)

Die Beteiligten zu 2 befürchten zu Unrecht, dass ihnen und insbesondere ihren Kindern hierdurch eine unzumutbare Einschränkung in ihrer Lebensführung auferlegt wird. Denn es geht hier nicht darum, ihnen zu untersagen, die Stühle zu den Mahlzeiten oder zu anderen Gelegenheiten an ihren Esstisch und von diesem wegzurücken, auch müssen sie nicht besorgen, dass das gelegentliche unsanfte Schließen einer Tür nunmehr durch ein Ordnungsgeld bewehrt ist. Mit dem Verbot des Trampelns und Springens ist nicht das gelegentliche unsanfte Auftreten auf den Fußboden oder das Nehmen zweier Stufen der Treppe auf einmal gemeint.

Unter Trampeln ist vielmehr das Stampfen mit den Füßen auf den Boden, insbesondere durch Springen und Hüpfen, zu verstehen; dabei muss es sich um einen nicht nur einmaligen, sondern um einen wiederholten oder einen Vorgang von einiger Dauer handeln. Die von einem solchen Verhalten ausgehende Beeinträchtigung ist allerdings auch dann nicht hinzunehmen, wenn sie von Kindern ausgeht. Wenn auch bei Kindern, was die Pflicht zur Unterlassung vermeidbarer Lärmbelästigungen angeht, ein weniger strenger Maßstab anzulegen sein wird als bei Erwachsenen – in diesem Fall besteht eine gesteigerte Duldungspflicht (vgl. § 14 Nr. 3 WEG -, so sind die Eltern jedoch aufgrund des Rechts und der Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder gemäß § 14 Nr. 2 WEG verpflichtet, auf diese einzuwirken, wenn das Maß des § 14 Nr. 1 WEG überschritten ist (BayObLG, NJW-RR 1994, 598). Auch das Verbot von Geschrei und lauter Musik ist so zu verstehen, dass damit wiederholte Vorgänge einigen Gewichts oder solche nicht unerheblichen Ausmaßes und/oder einiger Dauer gemeint sind. Denn nur solche erweisen sich für andere Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus als nachteilig.

bb)

Dass das Landgericht nicht jede zu unterlassende Geräuschemission im Einzelnen beschrieben hat, macht seine Entscheidung nicht rechtlich fehlerhaft.

Geht es um die Unterlassung von Immissionen, so werden Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art, beispielsweise durch Geräusche, zu unterlassen, als zulässig erachtet. Es ist vielfach unmöglich, mit Worten das Maß unzulässiger Einwirkungen so zu bestimmen, dass der Beeinträchtigte hinreichend geschützt wird und nicht schon eine geringfügige Änderung der Einwirkung trotz einer fortdauernden nicht zu duldenden Belästigung das Verbot hinfällig macht. Maßgebend sind alle Umstände des Einzelfalles, die den Tatrichter in den meisten Fällen auch dazu zwingen, sich über einen Ortstermin einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Es muss deshalb hingenommen werden, dass auch der Streit über die Wesentlichkeit von Lärmimmissionen gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren erneut entschieden werden muss. Über die Gründe des Unterlassungstitels erhält der Vollstreckungsrichter (§ 890 ZPO) Anhaltspunkte dafür, von welchem Maßstab sich das Prozessgericht hat leiten lassen (BGH NJW 1993, 1656).

c)

aa)

Ob Geräuschimmissionen als festgestellt gelten können, die den Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG überschreiten und deshalb über das sozialadäquate und daher zumutbare Maß hinausgehen oder nicht, ist Tatfrage.

Die Tatsachenwürdigung des Beschwerdegerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Die Nachprüfung kann sich nur darauf erstrecken, ob das Beschwerdegericht den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht hat (§ 12 FGG), ob Vorschriften über die Beweisaufnahme (§ 15 FGG) oder sonstige Verfahrensvorschriften verletzt wurden und ob die Beweiswürdigung fehlerhaft ist. Die Beweiswürdigung kann nur daraufhin überprüft werden, ob das Beschwerdegericht bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln oder die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat, ferner ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat (OLG München NJW-RR 2008, 1112). Solche Fehler liegen nicht vor.

bb)

Die Angriffe der Beteiligten zu 2 gegen die Beweiswürdigung sind letztlich nicht stichhaltig. Die von den Zeugen geschilderten extremen und intensiven Geräusche (nur solche sind protokolliert worden) stellen – wie von der Kammer nach umfangreicher Beweisaufnahme und Ortstermin beanstandungsfrei angenommen – eine wesentliche Beeinträchtigung im Rechtssinne dar.

(a)

Zu Unrecht vermissen die Beteiligten zu 2 Feststellungen darüber, von welchem Familienmitglied der festgestellte Lärm entfacht worden ist. Denn Lärm der festgestellten Art und Intensität ist auch von Kindern allenfalls gelegentlich und kurzzeitig hinzunehmen, nicht aber über erhebliche Zeiträume, und schon gar nicht innerhalb der Abend- und Nachtstunden ab 22.00 Uhr. Wenn aber die Lärmentfachung aus der Wohnung der Antragsgegner – die Urheberschaft allein der Kinder unterstellt – schon nicht als sozialadäquat hinzunehmen ist, bedarf es keiner näheren Ermittlungen, ob der Lärm im Einzelnen von den Kindern oder den Eltern ausgeht.

Im Übrigen hat die Kammer zumindest das festgestellte Trampeln als Reaktion auf Kinderweinen nachvollziehbar den Beteiligten zu 2 (Ehefrau) und nicht ihren Kindern zugeschrieben. Entsprechendes gilt zumindest auch für das festgestellte häufige intensive Schreien, welches nicht als notwendige Maßnahme der Kindererziehung zu rechtfertigen ist.

(b)

Was die als „Möbelrücken“ bezeichnete Lärmentfaltung angeht, so ist nicht von Belang, um welche Einrichtungsgegenstände es sich handelt. Entscheidend ist vielmehr, dass diese nach den Feststellungen der Kammer ohne funktionale Notwendigkeit in einer Frequenz, Lautstärke und zu Zeiten bewegt werden, die nicht mehr in den Zusammenhang mit einer adäquaten Wohnnutzung oder auch der hinzunehmenden lebhaften Lebensäußerung von Kindern zu stellen ist.

Anhalt dafür, dass diese festgestellten Phänomene allesamt oder zu einem ins Gewicht fallenden Teil von der Betätigung einer Schiebetür in der Wohnung der Zeugin W. herrühren könnten, bestehen nicht; die Kammer ist dem, entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2, zu Recht nicht nachgegangen.

(c)

(aa)

Dass die Wahrnehmungsmöglichkeiten der „Entlastungszeugen“ der Beteiligten zu 2 wegen der Lage ihrer Wohnungen im Verhältnis zu den Wohnungen S. /D., W. und H. eingeschränkt sind, was das Landgericht dahin ausdrückt hat, dass sich Geräusche aus den Wohnungen „eher nach oben bzw. unten (man könnte noch hinzufügen unmittelbar zur Seite) übertrage als zur andern Hausseite“ entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und wird von den Zeugen bestätigt. Dass extreme Geräusche wie Schlagzeug auch über weitere Strecken hörbar sind, stellt dies nicht in Frage.

Selbst den Aussagen der mit den Beteiligten zu 2 mehr oder weniger befreundeten Entlastungszeugen ist zu entnehmen, dass auch sie Lärm gehört haben, jedenfalls aus dem Treppenhaus, den sie in Bezug auf die Urheberschaft der Familie der Beteiligten zu 2 tendenziell bagatellisieren.

(bb)

Nicht ganz zu Unrecht beanstanden die Beschwerdeführer die Befassung des Landgerichts mit der Glaubwürdigkeit der Zeugen S. /D.. Die – in den Gründen niedergelegte – Auseinandersetzung der Kammer mit diesem Punkt erscheint in der Tat recht knapp. Andererseits zwingt dies nicht zu der Annahme, dass eine Würdigung insoweit nicht stattgefunden hat, zumal sich die Glaubwürdigkeit zuweilen aus der Bewertung einer Aussage als glaubhaft oder durch die Bestätigung seitens einer als glaubwürdig angesehenen anderen Zeugin indiziell ergibt. Dass die Kammer hier insbesondere die offen zutage liegende Nähe der Zeugen S. /D. zur Beteiligten zu 1 übersehen haben könnte, erscheint abwegig.

Soweit die Zeugen S. /D. eingeräumt haben, man habe sich gemeinsam Gedanken gemacht, worum es hier gehe, belegt dies nicht ein Glaubwürdigkeitsdefizit dieser Zeugen. Gegen ihre Glaubwürdigkeit hätte eher gesprochen, wenn sie – entgegen jeder Lebenserfahrung – bekundet hätten, über den Fall zuvor nicht miteinander gesprochen zu haben. Die offene Verwendung eines auch dem anderen Teil bekannten Zettels als Gedächtnisstütze berührt die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen ebenfalls nicht. Die unterbliebene Erörterung kann die Entscheidung daher nicht beeinflusst haben, zumal sich aus ihr nicht ergibt, dass die Kammer diesbezügliche Überlegungen in ihre Würdigung nicht einbezogen hat.

(cc)

Soweit die Zeugin W. in dem Verfahren gegen die Antragsgegner auf Unterlassung der Wohnnutzung des Spitzbodens Lärmbelästigungen nicht hat vortragen lassen, mag dies überraschen. Dass das Landgericht diesen Punkt erörtert hätte, wäre zwar wünschenswert gewesen; eine unterbliebene Befassung mit diesem Punkt in den Gründen bedeutet aber nicht, dass der Kammer insoweit ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler unterlaufen ist.

Die Zeugin W. schreibt den Umstand, dass über Lärmemissionen aus der Wohnung der Antragsgegner seinerzeit nichts ausgeführt worden ist, ihrem damaligen Verfahrensbevollmächtigten zu. Dieser hatte aber keinen Anlass, etwaige ihm von seiner Mandantin berichtete Lärmbelästigungen vorzutragen. Denn für die Beantwortung der Frage, ob die Wohnnutzung eines Raumes mehr stört als die Nutzung als Abstellraum, kommt es bekanntlich nicht darauf an, ob die aktuelle Nutzung konkret stört, also nicht hinnehmbarer Lärm entfacht wird, sondern auf eine typisierende Betrachtung (BayObLG ZMR 2004, 686; Senat NZM 2008, 489; Wenzel in Bärmann WEG 10. Auflage 2008 § 13 Rdz. 2 ).

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 war hiernach zurückzuweisen, allerdings mit der Maßgabe einer Anpassung des Tenors.

Bei Immissionen, die sich nicht allein messtechnisch oder zeitlich begrenzen lassen – für die Beeinträchtigung durch Lärm kann z. B. nicht allein die Lautstärke maßgebend sein – ist deshalb ein an den Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung (hier § 14 Nr. 1 WEG) angelehntes Gebot auszusprechen (vgl. Palandt-Bassenge, BGB 68. Auflage 2009 § 1004 Rdz. 51).

Die Kostentscheidung beruht auf §§ 62 Abs. 1 WEG; 47 Satz 1 WEG a. F..

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