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Rundfunkgebühren für KFZ-Händler

VERWALTUNGSGERICHT KOBLENZ

Az.: 1 K 1818/06.KO

Urteil vom 26.06.2007


In dem Verwaltungsrechtsstreit wegen Rundfunkgebühren hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2007 für Recht erkannt:

Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 4. August 2006 wird in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2006 aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger mit einer Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Rundfunkgebührenbescheid des Beklagten.

Seit Dezember 1992 betreibt der Kläger einen Kraftfahrzeughandel in der K.-Straße in A. Am 19. April 2006 besuchte der GEZ – Gebührenbeauftragte K. R. den Betrieb und fand dort u. a. ein KFZ des Typs BMW X 5 mit dem amtlichen Kennzeichen … vor, dessen Halter er jedoch nicht ermitteln konnte. Da der Kläger die Anmeldung von Rundfunkgeräten verweigerte, bat der Gebührenbeauftragte um „Zwangsanmeldung einer Hörfunk-Händlergebühr und einer Hörfunkgebühr für rote Kennzeichen seit Gewerbeanmeldung 12/1992″.

Mit Gebührenbescheid vom 4. August 2006 setzte der Beklagte daraufhin für den Zeitraum von Dezember 1992 bis Juni 2006 Rundfunkgebühren für 2 Hörfunkgeräte in Höhe von insgesamt 1585,42 € fest.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 30. August 2006 Widerspruch ein und beantragte am 13. September 2006 beim Verwaltungsgericht Koblenz die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.

Mit Beschluss vom 22. September 2006 – 1 L 1431/06.KO – gab das Verwaltungsgericht dem Antrag statt und führte zur Begründung aus, an der Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides bestünden ernstliche Zweifel, weil der Handel mit Kraftfahrzeugen für sich genommen keine Rundfunkgebührenpflicht begründe. Der Autohandel werde nämlich nicht vom sog. Händlerprivileg des § 5 Abs. 4 Satz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) erfasst. Dadurch seien zwar alle Autoradios in Vorführwagen rundfunkgebührenpflichtig, jedoch habe der Beklagte keine Feststellungen dazu getroffen, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger in Vorführwagen oder anderen von ihm gewerblich genutzten Fahrzeugen in der Vergangenheit Rundfunkgeräte zum Empfang bereitgehalten habe. Auch der Umstand, dass beim Besuch des Gebührenbeauftragten auf dem Gelände des Klägers ein BMW X 5 gestanden habe, begründe keine Gebührenpflicht, da die bloße Vermutung des Gebührenbeauftragten, der Kläger nutze dieses Fahrzeug für sein Gewerbe, hierfür nicht ausreiche.

Gleichwohl wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid vom 4. August 2006 mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2006 zurück, weil der Kläger als Autohändler die Händlergebühr zu entrichten habe, zudem jedes im Betrieb vorgehaltene „rote Kennzeichen“ rundfunkgebührenpflichtig sei und sich der Kläger auch nicht auf Verjährung berufen könne. Am 7. Dezember 2006 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er hält die Festsetzung der Rundfunkgebühren für rechtswidrig und im Übrigen die Forderung überwiegend für verjährt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 4. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Forderung nicht für verjährt und verweist auf Lichtbilder von der Betriebsstätte des Klägers sowie auf weitere Ermittlungen, die er im Laufe des gerichtlichen Verfahrens durchgeführt hat.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Schriftsätzen der Beteiligten, den vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten und aus der Gerichtsakte 1 L 1431/06.KO; diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 4. August 2006 ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2006 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).

Insoweit kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Gerichts im Beschluss vom 22. September 2006 – 1 L 1431/06.KO – verwiesen werden, der im Verfahren des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist. In dieser Entscheidung hat das Gericht bereits dargelegt, dass weder der Betrieb eines Autohandels noch das Vorhalten eines sog. „roten Kennzeichens“ eine Rundfunkgebührenpflicht des Klägers begründet. Hieran ist auch angesichts des Klagevorbringens der Beteiligten festzuhalten.

Der Autohandel des Klägers wird nicht vom so genannten Händlerprivileg des § 5 Abs. 4 Satz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV), auf das der Beklagte seine Gebührenforderung teilweise stützt, erfasst. Hierzu hat das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 14. Mai 2004 – 12 B 10630/04.OVG – (AS 31, 319 = ESOVGRP) ausgeführt:

„§ 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV (Anm.: jetzt § 5 Abs. 4 Satz 1 RGebStV) berechtigt Unternehmen, die sich gewerbsmäßig mit der Herstellung, dem Verkauf, dem Einbau oder der Reparatur von Rundfunkempfangsgeräten befassen, bei Zahlung von Rundfunkgebühren für ein Rundfunkempfangsgerät, weitere entsprechende Geräte für Prüf- und Vorführzwecke auf ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken gebührenfrei zum Empfang bereitzuhalten. Damit stellt sich diese Bestimmung als Ausnahmevorschrift von dem Grundsatz des § 2 Abs. 2 RGebStV dar, der die Verpflichtung zur Zahlung von Rundfunkgebühren regelt. Als Ausnahmevorschrift ist § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV nicht zuletzt mit Blick auf die mit jeder Befreiung von der Abgabenpflicht einhergehende verstärkte Kostenbelastung der verbleibenden Abgabenpflichtigen eng auszulegen (vgl. hierzu auch Urteile des Senats vom 27. Juli 2001 – 12 A 10609/01.OVG – sowie vom 28. März 2002 – 12 A 11623/01.OVG -, beide in ESOVGRP veröffentlicht).

Für die hier im Streit stehende Reichweite des so genannten Händlerprivilegs bedeutet dies, dass ein gebührenfreies Bereithalten von Rundfunkgeräten zum Empfang grundsätzlich nur für solche Unternehmen in Betracht kommt, deren Gewerbetätigkeit sich typischerweise mit Rundfunkgeräten befasst. § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV spricht schon nach seinem Wortlaut den Rundfunkfachhandel an…“

Da dem Betrieb des Klägers diese Unternehmenseigenschaft nicht zukommt, scheidet eine pauschalierte Rundfunkgebührenerhebung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 RGebStV für den Kraftfahrzeughandel des Klägers aus.

Auch das Vorhandensein eines „roten Kennzeichens“, das den Autohändler gem. § 28 Abs. 3 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) bzw. nunmehr seit dem 1. März 2007 gem. § 16 Abs. 3 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) berechtigt, mit diesem Kennzeichen für verschiedene Fahrzeuge Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten durchzuführen, rechtfertigt keine pauschale Gebührenerhebung.

Rundfunkgebührenpflichtig für Empfangsgeräte, die in Kraftfahrzeugen eingebaut sind, ist derjenige, auf den das Fahrzeug zugelassen ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 RGebStV), und bei nicht zugelassenen Fahrzeugen der Kraftfahrzeughalter (§ 1 Abs. 3 Satz 2 RGebStV). Soweit Fahrzeuge unter Verwendung eines „roten Kennzeichens“ bewegt werden, beschränkt sich die Dauer der Zulassung des betreffenden Fahrzeugs auf die jeweilige Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrt.

Nur insoweit kann eine Rundfunkgebührenpflicht durch die Benutzung eines „roten Kennzeichens“ entstehen, im Übrigen verbleibt es bei der Gebührenpflicht des Fahrzeughalters. Für eine durchgängige pauschalierende Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht des Kraftfahrzeughändlers an die Anzahl der von ihm vorgehaltenen „roten Kennzeichen“ gibt der Rundfunkgebührenstaatsvertrag nichts her.

Soweit der Beklagte geltend macht, der Kläger handele unstreitig mit Gebrauchtfahrzeugen und sei deshalb als Halter dieser Fahrzeuge für die darin eingebauten Autoradios rundfunkgebührenpflichtig, fehlt es an konkreten Feststellungen, welche Kraftfahrzeuge der Kläger in welchen Zeiträumen als Halter zum Verkauf angeboten hat und welche dieser Fahrzeuge von der Gebührenforderung erfasst sein sollen. Allein der Umstand, dass der Kläger möglicherweise seinen Anzeigepflichten nach § 3 RGebStV nicht nachgekommen ist, begründet keine pauschale Gebührenerhebung für zwei Hörfunkgeräte seit Anmeldung seines Gewerbes.

Schließlich führt auch der vom Gebührenbeauftragten auf dem Betriebsgrundstück des Klägers vorgefundene BMW X 5 zu keinem anderen Ergebnis, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat, dass es sich bei diesem Fahrzeug um ein Kundenfahrzeug gehandelt habe, das weder auf ihn zugelassen noch von ihm gehalten worden sei.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

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