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Rundfunkgebührenpflicht – Anspruch auf Befreiung

Verwaltungsgericht des Saarlandes

Az: 3 K 586/09

Urteil vom 29.03.2010


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

Im Juni 2004 meldete sie sich bei dem Beklagten mit einem Radio als Rundfunkteilnehmerin an. Sie steht unter Betreuung und bezog eine Erwerbsunfähigkeitsrente bis 01.07.2009 in Höhe von monatlich 578,99 € und seit dem 01.07.2009 in Höhe von monatlich 602,85 €. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung kann sie nicht mehr alleine wohnen und lebt in einer Gastfamilie. Die Kosten für die ambulante Betreuung der Klägerin in der Gastfamilie werden im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (fünftes Kapitel) von dem Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz übernommen.

Die Betreuerin der Klägerin stellte am 22.08.2008 für die Klägerin einen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

Mit Bescheid vom 08.11.2008 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, alle Befreiungstatbestände knüpften an die in § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) im Einzelnen genannten sozialen Leistungen oder an das Vorliegen eines bestimmten Grades einer Behinderung an. Bei Vorliegen eines entsprechenden Bescheids oder bei Nachweis des RF-Merkzeichens im Schwerbehindertenausweis gewähre die Landesrundfunkanstalt Gebührenbefreiung. Die Unterlagen, die dem Antrag der Klägerin beifügt gewesen seien, wiesen nicht nach, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt würden.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.12.2008 Widerspruch ein. Sie trug vor, einerseits lägen bereits die Voraussetzungen einer Rundfunkgebührenpflicht nicht vor, da sie keinen eigenen Hausstand habe. Andererseits bestehe ein Befreiungsanspruch von der Rundfunkgebührenpflicht gemäß § 6 Abs. 1 RGebStV, da ihr Einkommen den Sozialhilferegelsatz nicht überstiege. Von Seiten des Landesamtes werde nur das Betreuungsentgelt von 350,00 € gezahlt. Das Nutzungsentgelt der von ihr genutzten Räumlichkeiten in Höhe von 237,60 € und den monatlichen Betrag zum Lebensunterhalt in Höhe von 180,50 € entrichte sie selbst. So verblieben ihr nur 165,65 € zum Leben, so dass die Voraussetzungen zur Rundfunkgebührenbefreiung vorlägen.

Durch Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 27.05.2009 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin habe bei dem Besuch des Beauftragtendienstes am 04.08.2004 angegeben, ein Radiogerät seit Juni 2004 zum Empfang bereit zu halten. Sie sei daraufhin den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend zum 01.06.2004 mit einem Radiogerät angemeldet worden. Die Rundfunkgebührenpflicht ende mit Ablauf des Monats, in dem das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes ende, jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der Landesrundfunkanstalt oder der GEZ angezeigt worden sei. Eine rückwirkende Abmeldung sehe der Staatsvertrag nicht vor.

Eine Mitteilung darüber, dass die Klägerin das Radiogerät nicht mehr zum Empfang bereithalte, habe der Beklagte nicht erhalten. Für eine Abmeldung des Teilnehmerkontos der Klägerin fehle, auch unter Berücksichtigung der von ihr geltend gemachten Bestimmungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV die rechtliche Grundlage. Eine Rundfunkgebühr sei nicht zu leisten für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die u. a. von Personen bereitgehalten würden, welche mit dem Rundfunkteilnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebten und deren Einkommen den einfachen Sozialhilferegelsatz nicht überstiege. Bereits dem eingereichten Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Saarland über die Anpassung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei zu entnehmen, dass das Einkommen der Klägerin den einfachen Sozialhilferegelsatz für Haushaltsangehörige übersteige. Davon zu leistende Zahlungen könnten keine Berücksichtigung finden. Die Klägerin könne daher auch nicht über die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV abgemeldet werden.

Die Prüfung des Sachverhaltes habe überdies ergeben, dass die Klägerin auch die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht erfülle. Die Befreiung natürlicher Personen von der Rundfunkgebührenpflicht im ausschließlich privaten Bereich sei in § 6 RGebStV geregelt. Sämtliche Befreiungstatbestände knüpften an den Empfang bestimmter staatlicher Leistungen oder eine bestehende Schwerbehinderung an und seien an einen Leistungsbescheid oder Schwerbehindertenausweis mit RF-Merkzeichen gebunden. Die Gewährung einer Befreiung sei damit unabhängig von der Höhe des Einkommens.

Solange die Klägerin nicht eine der in § 6 Abs. 1 RGebStV genannten Leistungen empfange oder im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit RF-Merkzeichen sei, erfülle sie nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 1 RGebStV. Das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen sei gemäß § 6 Abs. 2 RGebStV durch Vorlage eines entsprechenden Bewilligungsbescheides, einer Bestätigung des Leistungsträgers oder eines Schwerbehindertenausweises mit RF-Merkzeichen nachzuweisen.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 RGebStV könnten Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbuches von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden. Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbuches sei eine bedarfsorientierte soziale Leistung zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes. Personen, die durch Alter oder Erwerbsminderung auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden seien und ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten könnten, erhielten damit eine Leistung, mit der das soziale und kulturelle Existenzminimum gedeckt werden könne. Dass die Klägerin Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbuches erhalte, sei nicht nachgewiesen worden. Mit dem eingereichten Bescheid über die Anpassung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfülle sie nicht die Voraussetzung für eine Befreiung, da die Leistungsgewährung dieser Rente auf einer anderen Rechtsgrundlage erfolge. § 6 Abs. 1 RGebStV sehe eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für Empfänger von Leistungen nach dem Dritten, Vierten oder Siebten Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbuches vor. Die der Klägerin gewährte Eingliederungshilfe werde jedoch nach dem Sechsten Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbuches und damit nicht auf einer gesetzlichen Grundlage, die der Gesetzgeber als Befreiungsvoraussetzung festgelegt habe, gewährt.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 RGebStV könnten Menschen mit Schwerbehinderungen von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden. Die Prüfung, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vorlägen, und die damit verbundene Erteilung des RF-Merkzeichens, obliege der für das Schwerbehindertenrecht zuständigen Behörde. Bei der Entscheidung über Befreiungsanträge gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 RGebStV sei die Entscheidungsfindung an die Entscheidung dieser Behörde gebunden.

Voraussetzung für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht auf Grund einer Schwerbehinderung sei somit, dass durch die für das Schwerbehindertenrecht zuständige Behörde das Merkzeichen „RF“ zuerkannt worden sei. Dieses Merkzeichen fehle in der vorgelegten Kopie des Schwerbehindertenausweises der Klägerin. Die Klägerin erfülle weder die Voraussetzungen für eine Abmeldung noch für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

Am 02.07.2009 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, sie leide an einer schweren psychischen Erkrankung. Es handele sich dabei um eine paranoid-halluzinatorische Psychose. Als ein Leben zu Hause aufgrund ihrer Erkrankung nicht mehr möglich gewesen sei, sei sie nach einem Aufenthalt im Krankenhaus in eine Gastfamilie überwiesen worden. Sie erhalte gemäß dem Bescheid vom 15.04.2008 die Kosten für die ambulante Betreuung durch das Landesamt für Jugend, Soziales und Versorgung und daneben eigene Erwerbsunfähigkeitsrente sowie von Zeit zu Zeit einen Zuschuss durch das Kreissozialamt des Landkreises Neunkirchen.

Im Ergebnis sei sie einer Sozialhilfebedürftigen gleichzustellen. Dies ergebe sich auch aus den Bescheiden des Landkreises Neunkirchen vom 27.06.2008, durch die ihr Beihilfe für Waschmaschine, Umzugskosten und Urlaubsbetreuung bewilligt worden seien, sowie aus dem Bescheid vom 23.06.2009, mit dem ihr die Kosten für den Aufenthalt in der Urlaubsgastfamilie in der Zeit vom 09. – 20.07.2009 in Höhe von 158,33 € gewährt worden seien.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 08.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2009 aufzuheben.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht lägen bei der Klägerin nicht vor.

Zunächst beziehe die Klägerin keine der in § 6 Abs. 1 RGebStV aufgeführten Leistungen. Sie erhalte eine Erwerbsunfähigkeitsrente sowie Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 und 54 SGB XII, Kapitel 6. Bei diesen Leistungen handele es sich nicht um Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.

Soweit die Klägerin sich auf die Bescheide des Landkreises Neunkirchen berufe, so sei darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um regelmäßige Leistungen, sondern um einmalige Zuschüsse handele, die nicht in § 6 Abs.1 RGebStV aufgeführt seien.

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Eine Berufung auf die Bestimmung des § 6 Abs. 3 RGebStV scheide gleichfalls aus. Die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht als eine soziale Leistung zu Lasten aller zahlenden Rundfunkteilnehmer sei zunächst in § 6 Abs. 1 RGebStV geregelt. Dort seien elf Grundtatbestände (mit teilweise weiteren Untertatbeständen) aufgeführt. Diese seien nach dem Willen des Gesetzgebers sowie der inzwischen ergangenen Rechtsprechung abschließend und mangels Regelungslücke keiner Analogie fähig. Es sollten mit Abs. 1 umfassend und abschließend die Befreiungsmöglichkeiten geregelt werden, auch wenn im Einzelfall Härten entstünden. Damit könne § 6 Abs. 3 auch nicht als Umgehungstatbestand benutzt werden.

Durch § 6 Abs. 3 werde nicht jeder Härtefall, sondern nach dem Wortlaut nur ein besonderer Härtefall als befreiungswürdig erachtet.

Ein besonderer Härtefall liege nach der Begründung des Gesetzentwurfes zum 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor, wenn eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden könne, ohne dass die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV erfüllt seien. Dies sei nicht schon dann gegeben, wenn die antragstellende Person keine Leistungen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 11 RGebStV beziehe, weil sie keinen entsprechenden Antrag auf diese Leistungen stelle oder weil sie die Leistungsvoraussetzungen nach den jeweiligen Leistungsgesetzen nicht erfülle, da ihr anrechenbares Einkommen oder Vermögen die maßgebliche Bedürftigkeitsgrenze überschreite.

Die Ablehnung der Hilfegewährung entspreche dem vom Normengeber bedachten Fall und begründe keine rundfunkgebührenrechtliche besondere Härtelage.

Es würde dem Sinn und Zweck der Neuregelung der Befreiungstatbestände widersprechen, wenn die Rundfunkanstalten – parallel zu Prüfungskompetenz der Sozialbehörden – umfangreiche und schwierige Überprüfungen vornehmen müssten, um die Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 RGebStV festzustellen. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen habe die Klägerin keinen Anspruch auf eine Befreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV.

Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass bei ihr Gründe für die Annahme eines besonderen Härtefalles vorlägen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf laufende Leistungen von Hilfe zum Lebensunterhalt, da ihre Einkünfte aus der Erwerbsunfähigkeitsrente zu hoch seien. Der Hinweis, dass ihr nach Abzug der festen Kosten für die Unterkunft und die Ernährung wenig Geld zum Leben verbleibe, sei nicht ausreichend.

Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen, der Gegen-stand der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zu. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 08.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2009 ist rechtmäßig.

Zur Begründung wird auf die überzeugenden und nach Auffassung des Gerichts in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden vollinhaltlich Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Diese sind vorliegend unter Berücksichtigung der klägerischen Einwendungen durch die Klageerwiderung des Beklagten auch in einer Weise vollständig und zutreffend ergänzt worden, dass auch hierauf vollinhaltlich verwiesen werden kann.

Das Vorbringen in der Klagebegründung rechtfertigt mangels neuer Gesichtspunkte keine andere Einschätzung. Festzuhalten bleibt, dass ein die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht rechtfertigender besonderer Härtefall (§ 6 Abs. 3 RGebStV) bei der Klägerin nicht gegeben ist.

Zum Vorliegen eines besonderen Härtefalles hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 18.06.2008 – 6 B 1/08 – ausgeführt: „Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV werden von der Rundfunkgebührenpflicht u.a. Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialhilfe) befreit; die Voraussetzungen für die Befreiung sind durch Vorlage des entsprechenden Bescheides nachzuweisen (§ 6 Abs. 2 RGebStV), auf dessen Gültigkeitsdauer die Befreiung zu befristen ist (§ 6 Abs. 6 Satz 1 RGebStV). Daraus folgt, dass die bloße Einkommensschwäche als solche im Gegensatz zum früheren Recht nicht mehr zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht führt. Wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt, strebten die vertragschließenden Länder mit dem nun geltenden Gebührenstaatsvertragsrecht eine Erleichterung des Verfahrens an, um die bislang umfangreichen und schwierigen Berechnungen (auch) der Rundfunkanstalten bei der Befreiung wegen geringen Einkommens zu vermeiden. Durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV sollte für den einkommensschwachen Personenkreis eine „bescheidgebundene Befreiungsmöglichkeit“ eröffnet werden, wobei die Befreiungstatbestände abschließend und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden sein sollten (s. Bayerischer Landtag, LTDrucks 15/1921 vom 29. Oktober 2004 S. 20 f.).

Angesichts dieses Normzwecks, der in dem geltenden § 6 RGebStV klar zum Ausdruck kommt, kann die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit nicht dadurch umgangen werden, dass einkommensschwache Personen, die keine Sozialhilfe erhalten, weil sie deren Voraussetzungen (noch) nicht erfüllen oder weil sie diese Leistung nicht in Anspruch nehmen wollen, dem Härtefalltatbestand des § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden (so – neben dem hier angefochtenen Berufungsurteil – auch OVG Münster, Beschluss vom 3. Juli 2007 – 16 E 294/07 – DVBl 2007, 1184 LS). Dabei würde sich dem Senat in einem Revisionsverfahren die vom Kläger aufgeworfene Frage einer „nützlichen und praxistauglichen Positivdefinition des Härtefalles“ in dieser Allgemeinheit nicht stellen. Denn auch ohne eine solche allgemeine Begriffsbestimmung ist eindeutig, dass das bloße Bestehen eines gegenüber dem Sozialhilfeträger noch nicht geltend gemachten Anspruchs auf Hilfe zum Lebensunterhalt die Voraussetzungen eines besonderen Härtefalles unter Berücksichtigung des auf Entlastung der Rundfunkanstalten zielenden Normzwecks nicht erfüllen kann.

Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es auch nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass das vorstehend erläuterte Auslegungsergebnis mit höherrangigem Recht in Einklang steht. Dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) tragen die Befreiungstatbestände des § 6 RGebStV offenkundig dadurch Rechnung, dass sie einkommensschwachen Personen die Möglichkeit einer „bescheidgebundenen“ Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht einräumen. Was den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) betrifft, verlangt dieser erkennbar nicht, den Empfängern von Sozialhilfe solche Personen gleichzustellen, denen Sozialhilfe zustände, falls sie sie beantragen würden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, falls seine Auswahl sachgerecht ist. Dabei ist er – insbesondere bei Massenerscheinungen – auch befugt, zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die damit verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und diese nicht sehr intensiv belasten (BVerfG, Beschlüsse vom 4. April 2001 – 2 BvL 7/98 – BVerfGE 103, 310 <318 f.> und vom 21. Juni 2006 – 2 BvL 2/99 – BVerfGE 116, 164 <182 f.>, jeweils m.w.N.). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV die Rundfunkgebührenbefreiung für einkommensschwache Personen an die Vorlage eines Sozialhilfebescheides knüpft. Müssten die Rundfunkanstalten jeder im Einzelfall geltend gemachten Unterschreitung einer sozialrechtlich relevanten Einkommens- und Vermögensgrenze nachgehen, würde sie dies vor beträchtliche Schwierigkeiten stellen, da sie – anders als die sozialrechtlichen Fachbehörden – nicht über die dafür erforderlichen Sachaufklärungsmittel verfügen. Der Wegfall der früher vorhandenen Möglichkeit, Gebührenbefreiung zu erlangen, ohne die betreffende Sozialleistung in Anspruch zu nehmen, belastet nur den relativ kleinen Personenkreis, der diese Leistung nicht in Anspruch nehmen will, obwohl sie ihm zusteht. Auch für diese Personen ist die Belastung, die darin besteht, dass sie die Gebührenbefreiung nicht einzeln, sondern – wie es der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgedrückt hat – nur als Teil eines „Gesamtpakets“ in Anspruch nehmen können, überschaubar. Sie ist in Anbetracht der den Gebührenzahlern zugutekommenden Verwaltungsvereinfachung hinzunehmen und gebietet deshalb von Verfassungs wegen nicht die Anerkennung eines besonderen Härtefalles.“

Dem schließt sich das Gericht auch für das vorliegende Verfahren an (vgl. auch Beschluss des OVG des Saarlandes vom 16.09.2008 – 3 A 185/08 -).

Die Klägerin hat folglich keinen Anspruch auf die geltend gemachte Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Für eine Zulassung der Berufung besteht kein Anlass (vgl. §§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO).

Beschluss

Der Gegenstandswert wird gemäß §§ 2, 30 RVG auf 204,36 Euro festgesetzt und bemisst sich nach der Jahresrundfunkgebühr.

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