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Sachverständigenvergütung – Kürzung der Stundenzahl für die Aktenlektüre und Vorbereitung

OLG Koblenz – Az.: 14 W 620/12 – Beschluss vom 13.11.2012

1. Auf die Beschwerde des Sachverständigen Dr. …[A] wird der Beschluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 22. Oktober 2012 geändert:

Die Vergütung für die unter dem 15. Mai 2012 in Rechnung gestellten Leistungen des Sachverständigen wird auf 2969,99 € festgesetzt.

2. Gerichtliche Gebühren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Gründe

Der Sachverständige wendet sich mit seiner Beschwerde (§ 4 Abs. 3 JVEG) gegen die gerichtliche Festsetzung seiner Vergütung. Dabei hat das Landgericht die Rechnung des Beschwerdeführers erheblich gekürzt und statt 8 Stunden für Aktenlektüre lediglich 4 Stunden zuerkannt und statt 24 Stunden für die Anfertigung des Gutachtens nur 8 Stunden zugebilligt.

Das zulässige Rechtsmittel hat umfassend Erfolg.

Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Vergütungsfestsetzung Zeitangaben eines Sachverständigen nicht durch kleinliche Gegenrechnung in Frage zu stellen sind. Korrekturbedarf besteht nur dann, wenn der berechnete Zeitaufwand ungewöhnlich hoch erscheint und greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er außer jedem Verhältnis zu der tatsächlich erforderlichen Leistung steht (Senatsbeschluss vom 15. März 2011 – 14 W 150/11 – in JurBüro 2012, 261 – 262).

An Letzterem fehlt es hier. Die vom Landgericht postulierte selektive Aktenlektüre könnte dazu führen, dass ein Sachverständiger den für die Beweisfrage maßgeblichen Tatsachenstoff nur unvollständig oder sonst fehlerhaft erfasst und seinen sachverständigen Feststellungen und Schlussfolgerungen zugrunde legt. Damit ist niemand gedient. Von einem gerichtlichen Sachverständigen wird verlangt, dass er das Parteivorbringen in allen Details mit größter Sorgfalt zur Kenntnis nimmt und sämtliche für das Beweisthema maßgeblichen Fakten berücksichtigt und erschöpfend würdigt.

Vor diesem Hintergrund erscheinen die vom Sachverständigen für Aktenlektüre veranschlagten 8 Stunden soeben noch vertretbar. Der Sachverständige hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass sich der juristisch aufbereitete Parteivortrag einem Wissenschaftler einer ganz anderen Fachrichtung nicht immer ohne wiederholte Lektüre erschließt. Daher ist der Zeitaufwand, den ein Jurist für die Aktenlektüre benötigt, kein geeigneter Vergleichsmaßstab.

Dem Landgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, die berechneten 24 Stunden für die Fertigung des Gutachtens seien übersetzt, weil es einen Umfang von lediglich 6 Seiten habe.

Goethe wird die Mitteilung zugeschrieben „Heute habe ich keine Zeit, daher schreibe ich Dir einen langen Brief“. Das spiegelt die Erkenntnis, dass im Schriftverkehr nichts schwieriger ist, als komplexe Sachverhalte und Fachfragen gleichermaßen präzise und knapp „auf den Punkt zu bringen“. Der Vorhalt an den Sachverständigen, er habe lediglich 6 Seiten geschrieben, ist daher sachfremd. Dies gilt umso mehr, als es um physikalische und statische Fragen ging. Der Senat weiß, dass mit „summa cum laude“ bewertete Doktorarbeiten im Fach Physik nicht selten einen Umfang von wenigen Seiten haben. Derartiges kann wegen seines geringen Umfangs nicht ernsthaft dem Verdikt ausgesetzt sein, es könne unmöglich ein erheblicher Arbeitsaufwand dahinterstecken.

Der Senat sieht sich außerstande, den vom Sachverständigen auf 24 Stunden veranschlagten Aufwand für das schriftliche Gutachten zu kürzen und den Umfang irgendeiner Kürzung tragfähig zu begründen. Dass die beabsichtigte Untersuchung der Bruchstellen der Leiter mit dem Rasterelektronenmikroskop nicht möglich war, weil das Beweismittel von der Staatsanwaltschaft vernichtet worden ist, hat die Beantwortung der Beweisfrage eher erschwert.

Der vom Landgericht zuerkannte Nettobetrag von 1015,99 € ist daher wie folgt zu erhöhen:

4 Stunden zu je 75 € für Aktenlektüre 300 €

16 Stunden zu je 75 € für Anfertigung des Gutachtens 1200 €

Das ergibt einen Nettobetrag von 2515,99 €

Addiert man die Mehrwertsteuer von 19 % ergibt das 2994,02 €. Da der Antrag geringfügig niedriger ist und der Antragsgrundsatz auch im Verfahren der Vergütungsfestsetzung gilt, war die Entschädigung des Sachverständigen auf die von ihm beanspruchten 2969,99 € festzusetzen.

Auf die (zu bejahende) Frage, ob das Landgericht dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26.07.2007 – 1 BvR 55/07 – nicht die gebotene Beachtung geschenkt hat, kommt es nach alledem nicht mehr entscheidend an.

Der Kostenausspruch beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.

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