Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Gerichtliches Urteil zu Sachverständigen: Haftung und Honorierung im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Pflichten hat ein Sachverständiger bei der Kostenkalkulation vor Gutachtenerstellung?
- Wie setzt sich die Vergütung eines gerichtlichen Sachverständigen zusammen?
- Was können Sachverständige tun, wenn ihre Vergütung vom Gericht gekürzt wird?
- Welche Rolle spielt der gerichtliche Kostenvorschuss bei der Sachverständigenvergütung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
- Datum: 11.07.2024
- Aktenzeichen: 10 W 58/24
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren betreffend die Vergütung eines Sachverständigen
- Rechtsbereiche: Prozessrecht, Vergütungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Sachverständiger: Der Sachverständige legte Beschwerde ein, da seine Vergütung zu niedrig festgesetzt wurde. Er argumentierte, dass er seine Anzeigepflichten über die voraussichtlichen Kosten erfüllt habe und dass die Kostenberechnung des Landgerichts unzureichend war.
- Landgericht Krefeld: Das Landgericht setzte die Vergütung des Sachverständigen nur in der Höhe des zur Verfügung stehenden Auslagenvorschusses fest und bezog sich dabei auf § 8 Abs. 4 JVEG.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Ein Sachverständiger hatte eine Vergütung erhalten, die auf einem Auslagenvorschuss von 9.500 Euro beruhte. Seine endgültigen Kosten beliefen sich jedoch auf 11.566,46 Euro. Der Sachverständige hatte vorab eine Schätzung abgegeben, die die ursprüngliche Summe deutlich überschritt, und die Parteien informiert.
- Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits war die Frage, ob der Sachverständige ausreichend und rechtzeitig über die Mehrkosten informiert hatte, um den vollständigen Betrag von 11.566,46 Euro statt nur der 9.500 Euro geltend machen zu können.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beschluss des Landgerichts Krefeld wurde aufgehoben. Die Vergütung des Sachverständigen wurde auf 11.566,46 Euro festgesetzt.
- Begründung: Der Sachverständige hatte ordnungsgemäß auf die höheren Kosten hingewiesen, und es lag keine Pflichtverletzung seitens des Sachverständigen vor. Das Gericht stellte fest, dass die Parteien ausreichend über das Kostenrisiko informiert wurden und die Gelegenheit hatten, darauf zu reagieren.
- Folgen: Der Sachverständige erhält die volle Vergütung wie beantragt. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, und es werden keine Kosten erstattet. Dies festigt die Rechtspraxis dahingehend, dass sachverständige Zeugen rechtzeitig über mögliche Kostenüberschreitungen informieren müssen, um die komplette Vergütung zu sichern.
Gerichtliches Urteil zu Sachverständigen: Haftung und Honorierung im Fokus
Die Rolle von Sachverständigen im Justizsystem ist von entscheidender Bedeutung, da ihre Expertenmeinungen oft den Ausgang von Gerichtsverfahren beeinflussen. Wenn ein Sachverständiger ein Gutachten erstellt, erwartet das Gericht eine fachliche Expertise, die die Entscheidungsfindung unterstützt. Dennoch kann es vorkommen, dass gerichtliche Fehler auftreten, die nicht auf das Versagen des Sachverständigen zurückzuführen sind. In solchen Fällen stellt sich die Frage nach der Haftung und der angemessenen Vergütung des Sachverständigen.
Die Rechtliche Verantwortung für fehlerhafte Gutachten oder Missverständnisse im Gerichtsverfahren wirft bedeutende rechtliche und ethische Fragestellungen auf. Ein aktuelles Urteil beleuchtet diese Konflikte und erläutert, wie Sachverständige bei ihrer Honorierung nicht für Fehler des Gerichts bestraft werden dürfen. Dieses Urteil könnte weitreichende Folgen für die Glaubwürdigkeit und Entschädigung von Sachverständigen haben.
Der Fall vor Gericht
Streit um Sachverständigenvergütung: Beschwerdeführer erhält volle Honorarsumme
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem wegweisenden Vergütungsstreit einem Sachverständigen die vollständige Auszahlung seines Honorars in Höhe von 11.566,46 Euro zugesprochen. Der Gutachter hatte sich gegen einen Beschluss des Landgerichts Krefeld gewehrt, das seine Vergütung auf die Höhe des verfügbaren Auslagenvorschusses von 9.500 Euro begrenzen wollte.
Frühzeitige Kostentransparenz durch den Sachverständigen
Der Sachverständige hatte bereits in seinem ersten Schreiben vom 6. Dezember 2022 eine detaillierte Kostenschätzung vorgelegt. Er informierte das Gericht, dass der ursprünglich angeforderte Auslagenvorschuss von 2.500 Euro nicht ausreichend sei. Für die umfangreiche Aufgabenstellung veranschlagte er einen Arbeitsaufwand von 55 bis 60 Stunden, was bei einem Stundensatz von 150 Euro Kosten zwischen 8.250 und 9.000 Euro netto zuzüglich Mehrwertsteuer und einiger hundert Euro an Nebenkosten bedeuten würde.
Korrekte Kostenprognose des Gutachters
Die finale Abrechnung des Sachverständigen bewegte sich exakt im zuvor angekündigten Rahmen. Sie setzte sich zusammen aus einem Honorar von 9.000 Euro, Nebenkosten für Farbdrucke, Kopien, Fotos und Fahrzeugnutzung in Höhe von 610,05 Euro sowie Auslagen für Dokumente von 130,50 Euro. Zusammen mit der Mehrwertsteuer ergab sich der Gesamtbetrag von 11.566,46 Euro.
Gerichtliche Würdigung der Informationspflicht
Das OLG Düsseldorf stellte klar, dass der Sachverständige seine Informationspflicht nach § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO vollständig erfüllt hatte. Das Gericht betonte, dass der Zweck dieser Vorschrift darin bestehe, den Parteien das Kostenrisiko transparent zu machen. Diese hatten nach der richterlichen Verfügung vom 12. Dezember 2022 die Gelegenheit, zur mitgeteilten Vergütungshöhe Stellung zu nehmen. Beide Parteien erhoben keine Einwände gegen die angekündigte Vergütung.
Fehlerhafte Vorschussberechnung des Landgerichts
Das OLG kritisierte, dass das Landgericht bei der Anforderung des Kostenvorschusses die Mehrwertsteuer und Nebenkosten nicht berücksichtigt hatte. Es sei nicht gerechtfertigt, den Sachverständigen durch eine Begrenzung seiner Vergütung für diesen Fehler des Gerichts zu bestrafen. Die Beschwerde des Sachverständigen wurde daher als begründet angesehen und seiner vollen Honorarforderung stattgegeben. Das Beschwerdeverfahren wurde als gerichtsgebührenfrei eingestuft, weitere Kosten wurden nicht erstattet.
Die Schlüsselerkenntnisse
Ein Sachverständiger muss zu Beginn seiner Tätigkeit die voraussichtlichen Kosten transparent und realistisch einschätzen, inklusive Mehrwertsteuer und Nebenkosten. Hat er diese Pflicht erfüllt und die Parteien hatten Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, steht ihm die volle Vergütung zu – auch wenn sie den vom Gericht angeforderten Kostenvorschuss übersteigt. Die ursprüngliche Kostenschätzung muss nicht wiederholt werden, wenn sich an ihr nichts geändert hat. Ein Fehler des Gerichts bei der Vorschussberechnung darf nicht zu Lasten des Sachverständigen gehen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Partei in einem Gerichtsverfahren einen Sachverständigen benötigen, haben Sie das Recht auf eine frühzeitige und realistische Kostenschätzung, die Ihnen eine fundierte Entscheidung ermöglicht. Sie können dann abwägen, ob Sie angesichts der Kosten auf die Beweisaufnahme verzichten, sich gütlich einigen oder ein kostengünstigeres Verfahren wählen möchten. Als Sachverständiger müssen Sie nur einmal zu Beginn eine vollständige Kostenschätzung vorlegen – wenn sich diese nicht ändert, sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite und erhalten Ihre volle Vergütung. Achten Sie darauf, dass in der Kostenschätzung alle Positionen wie Mehrwertsteuer und Nebenkosten berücksichtigt sind.
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Die rechtssichere Abwicklung von Sachverständigenkosten erfordert eine sorgfältige Prüfung aller Aspekte – sowohl für Verfahrensbeteiligte als auch Gutachter. Unsere erfahrenen Anwälte unterstützen Sie dabei, die rechtlichen und finanziellen Folgen einer Begutachtung vorab einzuschätzen und Ihre Interessen zu wahren. In einem persönlichen Gespräch analysieren wir Ihre individuelle Situation und zeigen Ihnen Handlungsoptionen auf. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Pflichten hat ein Sachverständiger bei der Kostenkalkulation vor Gutachtenerstellung?
Ein Sachverständiger muss unmittelbar nach Erhalt des Gutachtenauftrags eine sorgfältige Kostenkalkulation durchführen und dabei mehrere zentrale Pflichten beachten.
Prüfung der sachlichen Zuständigkeit
Der Sachverständige muss unverzüglich nach Eingang der Gerichtsakten prüfen, ob der Gutachtenauftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne Hinzuziehung weiterer Sachverständiger erledigt werden kann. Falls dies nicht der Fall ist, muss er das Gericht sofort informieren.
Mitteilungspflicht bei Kostenüberschreitung
Eine besonders wichtige Pflicht ist die unverzügliche Information des Gerichts, wenn absehbar ist, dass die Vergütung den Auslagenvorschuss erheblich übersteigen wird. Eine erhebliche Überschreitung liegt in der Regel bei 20-25% über dem Auslagenvorschuss vor.
Kostentransparenz und Kalkulation
Der Sachverständige muss seine Kostenkalkulationen auf Bruttobasis vornehmen. Dies dient der Transparenz und ermöglicht allen Beteiligten eine klare Vorstellung von den tatsächlich anfallenden Gesamtkosten.
Konsequenzen bei Pflichtverletzung
Bei Versäumnis der Mitteilungspflicht drohen dem Sachverständigen erhebliche finanzielle Nachteile. Seine Vergütung kann dann auf den ursprünglich festgesetzten Kostenvorschuss begrenzt werden, auch wenn der tatsächliche Aufwand deutlich höher war.
Besondere Hinweispflichten
Wenn die zu erwartenden Kosten erkennbar außer Verhältnis zum Streitwert stehen, muss der Sachverständige auch darauf rechtzeitig hinweisen. Nach der Mitteilung einer möglichen Kostenüberschreitung muss er eine angemessene Zeit abwarten, bevor er mit der weiteren Gutachtenerstellung fortfährt.
Wie setzt sich die Vergütung eines gerichtlichen Sachverständigen zusammen?
Die Vergütung eines gerichtlichen Sachverständigen wird durch das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) geregelt und besteht aus mehreren Komponenten.
Grundvergütung nach Stundensätzen
Der Sachverständige erhält ein Honorar für seine Leistungen, das sich nach Stundensätzen bemisst. Seit dem 1. Januar 2021 wurden die Stundensätze um durchschnittlich 10 Prozent erhöht, wobei der sogenannte „Justizrabatt“ von 10 auf 5 Prozent gesenkt wurde. Die Stundensätze sind nun nach spezifischen Sachgebieten aufgeschlüsselt, statt wie früher in Honorargruppen eingeteilt zu sein.
Erstattungsfähige Aufwendungen
Neben dem Stundenhonorar werden folgende Aufwendungen erstattet:
- Fahrtkosten in Höhe von 0,42 Euro pro Kilometer
- Aufwandsentschädigung nach § 6 JVEG
- Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen gemäß §§ 7 und 12 JVEG
- Post- und Telekommunikationspauschale von 20% des Honorars (maximal 15 Euro) oder alternativ Abrechnung der tatsächlichen Aufwendungen
Vergütung für spezifische Tätigkeiten
Die Vergütung umfasst auch Zeiten für:
- Aktenstudium im erforderlichen Umfang
- Durchsicht weiterer notwendiger Unterlagen
- Vorbereitung und Durchführung von Ortsterminen einschließlich Reise- und Wartezeiten
- Ausarbeitung, Diktat und Durchsicht des Gutachtens
- Wahrnehmung von Gerichtsterminen einschließlich Vorbereitung sowie Reise- und Wartezeiten
Besondere Vergütungsregelungen
In besonderen Fällen kann eine höhere Vergütung vereinbart werden. Dies ist möglich, wenn die gesetzlichen Sätze wegen der besonderen Schwierigkeit der Leistung unzureichend erscheinen. Die Zustimmung des Gerichts ist hierfür erforderlich.
Bei unverwertbaren Gutachten besteht der Vergütungsanspruch grundsätzlich weiter, solange die Arbeit tatsächlich erbracht wurde. Nur bei objektiv feststellbaren Mängeln, die das Gutachten unverwertbar machen, kann die Vergütung versagt werden.
Was können Sachverständige tun, wenn ihre Vergütung vom Gericht gekürzt wird?
Wenn ein Gericht die Vergütung eines Sachverständigen kürzt, stehen diesem wirksame rechtliche Instrumente zur Verfügung. Eine Kürzung der Vergütung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Rechtliche Ausgangslage
Eine Kürzung der Sachverständigenvergütung kommt erst bei erheblichen Überschreitungen in Betracht. Als Richtwert gilt: Ein erhebliches Missverhältnis liegt erst vor, wenn die Vergütung das Doppelte des Streitwerts übersteigt.
Vorbeugende Maßnahmen
Als Sachverständiger können Sie sich durch folgende Schritte absichern:
- Rechtzeitige Mitteilung bei Überschreitung des Auslagenvorschusses
- Unverzügliche Information des Gerichts bei Zweifeln am Auftrag
- Dokumentation aller relevanten Kommunikation mit dem Gericht
Rechtsmittel gegen Kürzungen
Bei einer Kürzung der Vergütung steht Ihnen der Beschwerdeweg offen. Das nächsthöhere Gericht entscheidet über die Beschwerde. Die Rechnung des Sachverständigen gilt dabei als korrekte Schätzungsgrundlage für die Höhe der erforderlichen Kosten.
Eine Kürzung allein auf Basis der BVSK-Honorartabelle ist nicht zulässig, wie der Bundesgerichtshof festgestellt hat. Wenn Sie als Sachverständiger Ihre Pflichten nach § 407a ZPO erfüllt haben und Ihre Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist, steht Ihnen die volle Vergütung zu.
Welche Rolle spielt der gerichtliche Kostenvorschuss bei der Sachverständigenvergütung?
Der gerichtliche Kostenvorschuss dient als verbindlicher Orientierungsrahmen für den Umfang der Sachverständigentätigkeit. Wenn Sie als Partei einen Kostenvorschuss für ein Sachverständigengutachten einzahlen, können Sie grundsätzlich davon ausgehen, dass die tatsächlichen Kosten diesen Rahmen nicht wesentlich überschreiten werden.
Bedeutung für die Vergütungshöhe
Eine Überschreitung des Kostenvorschusses um mehr als 20% gilt als erheblich und löst besondere Pflichten des Sachverständigen aus. Wenn der Sachverständige erkennt, dass seine Vergütung den Vorschuss um diesen Prozentsatz übersteigen wird, muss er das Gericht unverzüglich informieren.
Rechtliche Konsequenzen bei Überschreitung
Versäumt der Sachverständige diese Mitteilungspflicht, wird seine Vergütung automatisch auf die Höhe des ursprünglichen Kostenvorschusses begrenzt. Diese Regelung gilt auch dann, wenn später weitere Vorschüsse angefordert und eingezahlt wurden.
Ausnahmen von der Vergütungsbegrenzung
Eine Kürzung der Vergütung kommt allerdings nicht in Betracht, wenn dem Sachverständigen die genaue Höhe des Vorschusses vom Gericht nicht mitgeteilt wurde. Wenn Sie als Sachverständiger tätig sind, können Sie in einem solchen Fall nicht für die fehlende Information des Gerichts verantwortlich gemacht werden.
Der Sachverständige kann sich auch dann gegen eine Kürzung wehren, wenn er nachweist, dass er auch bei rechtzeitigem Hinweis nicht von seiner Aufgabe entbunden worden wäre. Dies ist besonders relevant in Fällen, wo das Gutachten für das Verfahren unverzichtbar war.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Sachverständiger
Ein Sachverständiger ist ein unabhängiger Experte, der aufgrund seiner besonderen Fachkenntnisse vom Gericht bestellt wird, um durch sein Gutachten zur Klärung von Sachfragen beizutragen. Er unterstützt das Gericht mit seinem Fachwissen bei der Entscheidungsfindung und muss dabei objektiv, neutral und gewissenhaft arbeiten. Die rechtliche Grundlage findet sich in §§ 402-414 ZPO. Beispielsweise kann ein Bausachverständiger bei Streitigkeiten über Baumängel oder ein medizinischer Sachverständiger bei Arzthaftungsfällen eingesetzt werden.
Auslagenvorschuss
Ein Auslagenvorschuss ist eine vorab zu zahlende Geldsumme zur Deckung der erwarteten Kosten, die durch die Tätigkeit eines Sachverständigen entstehen. Die Parteien müssen diesen Vorschuss beim Gericht einzahlen, bevor der Sachverständige seine Arbeit aufnimmt (§ 379 ZPO). Der Vorschuss soll die Vergütung und Auslagen des Sachverständigen absichern. Wird er zu niedrig angesetzt, kann dies – wie im vorliegenden Fall – zu Problemen bei der späteren Honorarauszahlung führen.
Informationspflicht
Die Informationspflicht des Sachverständigen nach § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO verpflichtet diesen, das Gericht unverzüglich zu informieren, wenn absehbar ist, dass seine Vergütung den angeforderten Vorschuss erheblich übersteigen wird. Dies dient der Kostentransparenz für alle Beteiligten und ermöglicht dem Gericht, rechtzeitig einen weiteren Vorschuss anzufordern. Beispielsweise muss der Sachverständige frühzeitig mitteilen, wenn sich der geschätzte Arbeitsaufwand deutlich erhöht.
Beschwerde
Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen, geregelt in §§ 567-577 ZPO. Sie ermöglicht es dem Betroffenen, eine Überprüfung der Entscheidung durch das nächsthöhere Gericht zu erreichen. Bei Vergütungsfragen kann der Sachverständige binnen einer bestimmten Frist Beschwerde einlegen, wenn er mit der festgesetzten Vergütung nicht einverstanden ist. Im vorliegenden Fall war die Beschwerde erfolgreich und führte zur Gewährung des vollen Honorars.
Gutachten
Ein Gutachten ist eine fundierte schriftliche Stellungnahme eines Sachverständigen zu spezifischen Fachfragen im Gerichtsverfahren. Es basiert auf dessen Sachkunde und muss neutral, objektiv und nachvollziehbar sein. Die Erstellung erfolgt nach den Vorgaben der §§ 402-414 ZPO. Der Sachverständige muss dabei seine Untersuchungsmethoden, Feststellungen und Schlussfolgerungen detailliert darlegen. Ein typisches Beispiel ist ein medizinisches Gutachten zur Beurteilung von Gesundheitsschäden in einem Schadensersatzprozess.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 3 JVEG: Dieser Paragraph regelt die Zulässigkeit der Beschwerde eines Sachverständigen gegen Entscheidungen bezüglich seiner Vergütung. Er stellt klar, dass eine solche Beschwerde nicht nur bei der Festsetzung der Vergütung, sondern auch hinsichtlich anderer Aspekte möglich ist. Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige seine Beschwerde rechtzeitig und zulässig eingereicht, was die Grundlage für die Entscheidung des OLG Düsseldorf bildete.
- § 8 Abs. 4 JVEG: Hier wird bestimmt, unter welchen Bedingungen ein Sachverständiger Anspruch auf die volle Vergütung hat, insbesondere wenn die tatsächlichen Kosten den angeforderten Auslagenvorschuss übersteigen. Im konkreten Fall hat das Landgericht fälschlicherweise nur die Höhe des Auslagenvorschusses zugrunde gelegt, was eine unrechtmäßige Begrenzung der Vergütung zur Folge hatte, die das OLG korrigierte.
- § 407 Abs. 4 Satz 2 ZPO: Diese Vorschrift verpflichtet den Sachverständigen dazu, das Gericht zu informieren, wenn sich die voraussichtlichen Kosten wesentlich erhöhen. Der Sachverständige hat dieser Pflicht nachgekommen, indem er frühzeitig auf die Notwendigkeit eines höheren Kostenvorschusses hingewiesen hat, was zur Aufhebung der vorherigen Entscheidung des Landgerichts führte.
- § 8a Abs. 4 JVEG: Hier wird auf die punitive Natur der Vorschrift verwiesen, die darauf abzielt, unangemessen hohen Vergütungen entgegenzuwirken. Im Urteil wurde argumentiert, dass es nicht gerechtfertigt ist, den Sachverständigen in seiner Vergütung zu bestrafen, wenn das Gericht einen zu niedrigen Kostenvorschuss angefordert hat, was in der Beurteilung des OLG maßgeblich war.
- § 4 Abs. 8 JVEG: Dieser Punkt regelt die Kostenentscheidung, wonach der Kostenausspruch im Beschwerdeverfahrenichtsgebührenfrei ist. Dies bedeutet, dass der Beschwerdeführer, in diesem Fall der Sachverständige, keine Gerichtskosten zu tragen hat, was in dieser Situation für ihn von Vorteil war.
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Das vorliegende Urteil
OLG Düsseldorf – Az.: 10 W 58/24 – Beschluss vom 11.07.2024
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