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Sachverständigengutachten und Bagatellgrenze von 750 Euro:

AG Mainz

Az.: 88 C 195/01

Urteil vom 05.10.2001


Leitsatz (vom Verfasser – nicht amtlich!):

Nur bei für einen Laien erkennbarer Geringfügigkeit eines Verkehrsunfallschadens (Schäden unter 1.500 DM [bzw. 750 Euro]), muss von der Einschaltung eines Sachverständigen abgesehen werden. Bei einem Auffahrunfall mit Heckbeschädigungen kann ein Laie regelmäßig nicht beurteilen, ob die Bagatellgrenze von 1.500 DM (bzw. 750 Euro) unterschritten ist.


Sachverhalt und Entscheidungsgründe:

Nach einem Auffahrunfall war streitig, ob die beklagte Versicherung auch die Kosten für das Schadensgutachten zu erstatten hat. Die Reparaturkosten beliefen sich auf nur 1.390, 36 DM netto. Das AG hat dem Kläger den Ersatz der Sachverständigenkosten (knapp 450 DM netto) zugesprochen. Die Geringfügigkeitsgrenze für die Statthaftigkeit der Beauftragung eines Sachverständigen liegt bei 1.500 DM. Diese Grenze gilt nach Ansicht des Gerichts jedoch nur für offensichtlich oberflächliche Schäden (z.B. an Blech, Zierleisten oder Außenspiegel). Anders verhält es sich aber bei möglichen verdeckten Schäden. Davon ist typischerweise bei einem Auffahrunfall auszugehen. Hier muss auch bei nur leichten Schäden an den sichtbaren Teilen, z.B. am Stoßfänger, mit erheblichen Verformungen und Verstauchungen unsichtbarer Teile, etwa im Bereich des Kofferraums, gerechnet werden.


Das vollständige Urteil:

In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz hat das Amtsgericht in Mainz im vereinfachten Verfahren gemäß 495a ZPO zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten bis zum 31.08.01 am 01.10.2001 für Recht erkannt:

 

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 435,82 DM zzgl. 5 % Zinsen über; dem Basiszinssatz des DÜG hieraus seit dem 30.05.2001 zu zahlen.

 

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

(Tatbestand entfällt gemäß § 495a ZPO)

 

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch i.H.v. 435,82 DM zu.

 

Der Anspruch beruht auf den §§ 7 StVG, 823 BGB, jeweils i.V.m. § 3 PflVG. Neben den Kosten der Beseitigung des Sachschadens kann der Kläger von der Haftpflichtversicherung des Schädigers auch die Sachverständigenkosten als notwendige Begleitkosten als zur Wiederherstellung des Pkw gebotenen Aufwand verlangen.

 

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, als er den außer­gerichtlichen Sachverständigen mit der Begutachtung des Schadens beauftragte.

 

Es ist zwar zunächst grundsätzlich zuzustimmen, dass bei Gering­fügigkeit des Schadens von der Einholung eines Sachverständigen­gutachtens abzusehen ist. Das Gericht geht dabei von einem Grenz­betrag i.H.v. 1.500,00 DM aus. Sicherlich ist die Geringfügigkeitsgrenze in einigen Fällen ein Anhaltspunkt und zwar dann, wenn nur offensichtlich oberflächliche Schäden (beispielsweise an Blech, Zierleisten, Außenspiegel) entstanden sind. Dies liegt hier jedoch nicht vor. Vorliegend war der Stoßfänger hinten offensichtlich eingedrückt. Wenn ein Auffahrunfall zur Be­schädigungen im Heckbereich führt, ist es nicht unüblich, dass äu­ßerlich nur ein geringer Schaden erkennbar ist, tatsächlich aber auch verborgene Schäden als Verformungen oder Stauchungen im Be­reich des Kofferraums bestehen. Derartige Beurteilungen, ob es sich somit um einen Bagatellschaden oder einen nur äußerlich nur geringfügigen Schaden handelt, können vom Laien nicht erwartet werden, so dass jeder nach dem Schadensbild vertretbare Zweifel, ob nicht verborgene Beschädigungen vorhanden sind, zu Lasten des Schädigers gehen (vgl. Geigel, Haftpflichtprozeß, 23.Aufl., Rn.98).

 

Das Honorar des Sachverständigen ist auch nicht überhöht. Es sind für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach der Sach­verständige sein Honorar geradezu willkürlich festgesetzt hat. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Reparaturaufwand i.H.v. 1.390,36 DM netto zu dem Sachverständigenhonorar i.H.v. 444,67 DM netto ist nicht gegeben.

 

Die Klageforderung ist auch nicht teilweise durch Aufrechnung ge­mäß § 389 BGB untergegangen. Es bedarf keiner Klärung, ob dem Kläger ein Anspruch auf Ausgleich der Verbringungskosten und des pauschalen Ersatzteilaufschlages tatsächlich zusteht. Jedenfalls hat die Beklagte diese beiden Positionen dem Kläger ersetzt, ob­wohl sie wusste, dass möglicherweise eine Verpflichtung hierzu nicht bestand. Gemäß § 814 BGB kann die Beklagte diese beiden Po­sitionen daher nicht mehr zurückverlangen und folglich auch nicht mit ihnen die Aufrechnung erklären.

 

Die Zinsen beruhen auf den §§ 286, 284 Abs.3, 288, 291 BGB.

 

Die Klage war daher begründet.

 

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§91 Abs. 1, 708 Ziff. 11, 713 ZPO.

 

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