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Schadensanzeige gegenüber Kfz-Haftpflichtversicherung

Amtsgericht Düsseldorf

Az.: 43 C 4002/08

Urteil vom 04.02.2009


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13.01.2009 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.500,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.02.2008 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Beklagte unterhielt im Jahre 2007 für ihren PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X-XX XXXX bei der klagenden Versicherung eine Kfz-Haftpflichtversicherung. Am 10.10.2007 erlitt sie mit diesem Fahrzeug einen Unfall.

Nach streitigem Beklagtenvortrag meldete diese den Schaden noch am gleichen Tag telefonisch bei der Klägerin. Diese übersandte der Beklagten ebenfalls noch am 10.10.2007 ein Formular zur Schadenanzeige mit der Bitte, es ausgefüllt und unterschrieben zurückzusenden; der weitere Inhalt des Anschreibens kann der zur Akte gereichten Kopie (Bl. 61 GA) entnommen werden. Unstreitig ging der Beklagten dieses Formular zu; im Streit steht dagegen, ob sie es ausgefüllt zurückschickte.

Mit auf den 20.10.2007 datiertem Schreiben teilte die Klägerin der Beklagten zudem mit, dass sie nunmehr in eine schlechtere Schadenfreiheitsklasse eingestuft worden sei; auf die zur Akte gereichten Schreiben (Bl. 69 ff. GA) wird verwiesen.

Mit Schreiben vom 24.10.2007 (Bl. 62 GA) forderte die Klägerin die Beklagte erneut zur Rücksendung der Schadenanzeige auf. Unstreitig ist, dass dieses Schreiben der Beklagten zuging und diese nicht auf die Erinnerung reagierte.

Unter dem 31.10.2007 (Bl. 63 GA) wurde die Beklagte erneut an die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen erinnert und zudem auf die Folgen einer Pflichtverletzung hingewiesen. Auch der Zugang dieses Schreibens steht außer Streit.

In der Folgezeit beglich die Klägerin den Schaden des Unfallgegners in Höhe von mehr als 5.000,- €. Gleichzeitig verweigerte sie der Beklagten den Versicherungsschutz und forderte sie zur Zahlung von 2.500,- € auf. Welche Schreiben der Beklagten in der Folgezeit zugingen, ist zwischen den Parteien ebenfalls umstritten. Zumindest auf das Schreiben vom 19.12.2007 reagierte die Beklagte mit einer Zahlungsverweigerung; insoweit wird auf die von ihr zur Akte gereichte Ablichtung (Bl. 52 GA) Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, sie habe erst vom Bevollmächtigten des Unfallgegners am 16.10.2007 Kenntnis von dem Vorfall erlangt. Ein von der Beklagten ausgefülltes Schadenformular sei bei ihr zu keinem Zeitpunkt eingegangen. Sie habe am 12.11., 15.11. und 07.12.2007 jeweils schriftlich den Versicherungsschutz verweigert und die Beklagte zur Erstattung von 2.500,- € aufgefordert.

Sie beantragt daher,

wie zuerkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, sie habe den Unfall bereits am 10.10.2007 telefonisch der Beklagten angezeigt. Das Schadenformular habe sie am 19.10.2007 ausgefüllt und abgeschickt; bei Zugang des Beklagten-Schreibens vom 24.10.2007 ging sie daher von einer Überschneidung aus. Nach Zugang des Schreibens vom 31.10.2007 habe sie das Formular nochmals an die Beklagte geschickt. Bis zum 19.12.2007 seien ihr keine weiteren Schreiben zugegangen.

Bezüglich des weiteren Parteivortrags wird auf den Inhalt der vorbereitend eingereichten Schriftsätze sowie den Inhalt der Entscheidungsgründe verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist vollumfänglich begründet.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2.500,- € aus § 426 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Nr. 9 PflVG a.F., §§ 7 StVG, 823 BGB. Sie ist in dieser Höhe gegenüber der Beklagten von der Pflicht zur Leistung befreit; da sie dennoch gegenüber dem Unfallgegner im Außenverhältnis zur Schadenregulierung verpflichtet war, ist sie berechtigt, die Beklagte bis zu dieser Höhe in Regress zu nehmen.

Die Leistungsfreiheit der Klägerin bis zur Höhe von 2.500,- € beruht auf einer Verletzung der Obliegenheiten der Beklagten nach § 7 Ziff. I. Abs. 2 S. 4 AKB i.V.m. § 7 Ziff. II. Abs. 1, 2 AKB.

a) Nach diesen Vertragsbedingungen ist der Versicherungsnehmer bei einem Versicherungsfall verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann; er hat hierbei etwaige Weisungen des Versicherers zu befolgen. Zunächst ist das Schadenereignis unverzüglich anzuzeigen. In der Folge richtet sich der Umfang der Aufklärungspflicht in erster Linie nach den Fragen, die der Versicherer in seinem Schadenanzeigeformular stellt; bereits die Nichtbeantwortung nur einer Frage stellt eine Obliegenheitsverletzung dar, also erst recht die Nichtübersendung des gesamten Bogens (Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 7 AKB Rn. 12, 33 m.w.N.). Für den Fall, dass in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung eine Obliegenheit vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt wird, ist der Versicherte von der Verpflichtung zur Leistung bis zu einer Grenze von 2.500,- € frei.

b) Vorliegend ist der Beklagten ein solcher Verstoß gegen ihre Aufklärungspflicht zur Last zu legen.

Zwar ist das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte den Unfall tatsächlich noch am gleichen Tag telefonisch angezeigt hat. Die Klägerin hat ihr erstes Schreiben an die Beklagte auf genau diesen Tag datiert; ihr Vortrag, sie habe erst am 16.10.2007 durch den Anwalt des Unfallgegners Kenntnis davon erlangt, ist also erwiesenermaßen unzutreffend.

Dagegen ist davon auszugehen, dass die Obliegenheit zur Rücksendung des Schadenformulars nicht erfüllt worden ist.

aa) Die Beweislast bezüglich des Absendens des Fragebogens liegt vorliegend bei der Beklagten.

Grundsätzlich muss zwar der Versicherer die objektive Verletzung von Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer beweisen (Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 6 VVG Rn. 124 m.w.N.). Demnach würde der Klägerin der Nachweis obliegen, dass der Fragebogen von der Beklagten weder am 19.10. noch am 31.10.2007 abgeschickt worden ist.

Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass dieser Negativnachweis praktisch überhaupt nicht zu führen wäre. Gerade bei einem größeren Unternehmen wie einer Versicherung könnte nicht abschließend bewiesen werden, welche Schreiben an welchem Tag eingegangen sind und dass gerade das Entscheidende nicht darunter war. Zudem ist es in den Fällen, in denen die Erfüllung einer Obliegenheit in einer Art „Leistung“ des Versicherungsnehmers besteht, diesem durchaus möglich, sich die Mittel zum Beweis der Erfüllung ohne weiteres zu sichern (z.B. durch eine Quittung oder den Versand eines Einschreibens). In solchen Fällen, zu denen auch die Übersendung einer Anzeige bzw. eines Formulars zu zählen ist, muss der Versicherungsnehmer die Erfüllung beweisen (vgl. Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 6 VVG Rn. 124; die dort zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung betraf einen Fall, bei dem – anders als hier – bereits die Kenntnis der anzuzeigenden Umstände streitig war).

Das Gericht verkennt dabei auch nicht, dass solche Beweissicherungsmaßnahmen nicht ohne jeden Anlass vorgenommen werden.

Eine erste Rücksendung des Formulars wird in der Regel nur durch einfachen Brief erfolgen. Dementsprechend ist anerkannt, dass der Versicherer zu Nachfragen verpflichtet ist und nur bei nachhaltiger Verweigerung der Beantwortung Leistungsfreiheit eintritt (Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 7 AKB Rn. 12). Dies hat die Klägerin jedoch unstreitig getan. Nach Übersendung des Fragebogens hat sie zunächst am 24.10. und dann nochmals am 31.10.2007 die Rücksendung angemahnt. Selbst wenn die Beklagte bei der ersten Erinnerung noch von einer Überschneidung der beiden Briefsendungen ausgegangen ist, so hätte sie spätestens bei Eintreffen der zweiten Erinnerung feststellen müssen, dass es offensichtlich zu Problemen gekommen ist. Dementsprechend war es nun auch für einen juristischen Laien nicht mehr unzumutbar, entweder ein Einschreiben zu versenden oder zumindest einige Tage nach der vermeintlichen zweiten Rücksendung telefonisch nachzufragen, ob nunmehr alles geklärt sei.

bb) Die Beklagte hat nicht beweisen können, dass sie das Formular an die Beklagte abgeschickt hat; auf die Frage, wer das Risiko eines etwaigen Verlustes auf dem Postweg trägt, kommt es daher nicht an.

Der erforderliche Beweis konnte nicht durch Vernehmung des im Termin erstmals benannten Zeugen F erbracht werden. Dieser hat zwar bestätigt, dass er das Formular damals mit der Beklagten ausgefüllt und auch mitbekommen hat, wie sie es in einen bestimmten Briefkasten eingeworfen hat. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch auch, dass sich der Zeuge während der zuvor erfolgten informatorischen Anhörung der Beklagten die ganze Zeit im Sitzungssaal aufgehalten und daher sämtliche Details ihrer Aussage mitbekommen hatte. Eine in solchen Fällen zweckmäßige Befragung des Gerichts auf mögliche Details sowie ein etwaiges Randgeschehen zur näheren Beurteilung der Glaubwürdigkeit war dadurch nicht mehr möglich. Darüber hinaus ist aber auch die lange Zeitspanne von fast anderthalb Jahren zu berücksichtigen, welche seit dem damaligen Ereignis vergangen ist. Zwar handelt es sich bei einem von der Lebensgefährtin erlittenen Verkehrsunfall um ein prägendes Ereignis, an dessen Details man sich wahrscheinlich auch nach solch langer Zeit noch erinnern kann. Es bestehen jedoch Zweifel, ob dies auch bezüglich des Einwurfs eines Schreibens in einen Briefkasten mehrere Tage danach der Fall ist. Es ist zumindest nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass man sich heute noch an Einzelheiten wie den benutzten Briefkasten oder den Anlass, aus dem man damals in die Stadt gefahren ist, bewusst erinnern kann.

Bei einer Gesamtwürdigung der Beweisaufnahme bleiben zumindest gewisse Zweifel daran, ob die Beklagte das Schreiben am 19.10.2007 tatsächlich abgeschickt hat; dies muss zu ihren Lasten gehen.

Auch das Schreiben der Beklagten vom 20.10.2007 bezüglich der Rückstufung der Schadenfreiheitsklasse ist nicht geeignet, den Beweis zu erbringen. Es ist gerichtsbekannt, dass Versicherungen diese Neueinstufung bereits aufgrund einer Schadensmeldung vornehmen; sie setzt also nicht zwingend voraus, dass die Haftungs- und Schuldfrage bezüglich des Unfalls schon vollständig geklärt ist, also der Fragebogen bereits vorlag. Sollte sich vielmehr nachträglich herausstellen, dass keine Leistung zu erbringen ist oder zahlt der Versicherungsnehmer den Schaden selbst, so würde dies zu einer erneuten Korrektur der Schadenfreiheitsklasse führen.

Weitere Beweismittel sind seitens der Beklagten nicht angeboten worden.

cc) Ob die Beklagte die weiteren Schreiben der Beklagten erhalten hat oder nicht, ist vorliegend nicht streitentscheidend. Zumindest nachdem sie auf die zweite Erinnerung vom 31.10.2007 keine Reaktion feststellen konnte, durfte sie von einer endgültigen Verweigerung der Mitarbeit durch die Beklagte ausgehen, so dass es weiterer Aufforderungen nicht bedurfte. Unstreitig ist, dass die Beklagte eines der Schreiben mit der Zahlungsaufforderung erhalten hat.

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2. Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB.

II.

Die Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in den §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 2.500,- €.

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