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Schadensersatz bei Kfz-Unfall – Ersatz des sog. Rentenkürzungsschadens

OLG Braunschweig, Az.: 7 U 61/14, Urteil vom 27.10.2015

Übergang des Anspruchs auf Ersatz des sog. Rentenkürzungsschadens auf den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 29. August 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des insgesamt aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Berufungsstreitwert wird auf 10.317,43 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls vom 08.05.2003 in Form von Rentenkürzungen, die er infolge Kürzung des Rentenzugangsfaktors durch den Rentenversicherungsträger erlitt. Wegen des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge der Parteien im Rechtsstreit erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 2f, Bl. 39f d.A.) Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass sich der Unfall unstreitig am 08.05.2003 (nicht 2013) ereignete und dem Kläger von der Beklagten nahegelegt worden war, vorzeitig die Altersrente per 01.03.2006 zu beantragen, was er sodann auch tat. Die D. Rentenversicherung B. als Versicherungsträger (i.f.: DRV B.) kürzte mit dem Rentenzugangsfaktor auch die vom Kläger erarbeiteten persönlichen Entgeltpunkte von 49,1141 auf 41,5996; wegen der Berechnung des Kürzungsschadens für die Zeit vom 01.06.2010 bis einschließlich Januar 2014 wird auf die der Höhe nach unstreitigen Ausführungen in der Klageschrift (S. 6f, Bl. 6f d.A.) Bezug genommen. Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er seit Mai 2004 eine Verletztenrente der M.- und M.-Berufsgenossenschaft (MMBG) beziehe, da diese in keinem Zusammenhang mit der Regelaltersrente stehe. Unstreitig bezieht er seit Mai 2004 eine monatliche berufsgenossenschaftliche Verletztenrente in Höhe von 620,- Euro aufgrund unfallbedingter Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 30%, weil der Unfall vom 08.05.2003 für ihn ein Arbeitsunfall war; die Rente wird lebenslänglich ausgezahlt. Der Kläger meint weiter, sein Schadensersatzanspruch sei auch nicht gem. §§ 116, 119 SGB X auf die DRV B. übergegangen. Feststellung der Ersatzpflicht werde für die Folgezeit beantragt.

Die Beklagte hat in erster Instanz behauptet, ihrer Zahlungspflicht gegenüber der DRV B. vollen Umfangs nachgekommen zu sein; sie habe das Beitragskonto des Klägers auf den Stand gebracht, den es auch gehabt hätte, wenn der Kläger regulär mit Erreichen des 65. Lebensjahrs in Rente gegangen wäre. Die DRV B. habe die Kürzung des Zugangsfaktors offenbar fehlerhaft vorgenommen; insoweit müsse sich der Kläger aber mit dieser auseinandersetzen und sei infolge Anspruchsübergangs auf diese nicht aktivlegitimiert gegenüber der Beklagten. Im Übrigen sei die berufsgenossenschaftliche Rente dem geltend gemachten Ausfallschaden kongruent, so dass ihm auch unter diesem Gesichtspunkt kein Schaden entstanden sei.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.08.2014 als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei bereits unmittelbar seit dem Schadenereignis gem. § 119 SGB X nicht mehr Anspruchsinhaber gewesen. Die Vorschrift lasse den Schadensersatzanspruch auf Ersatz von Rentenbeiträgen vollständig auf den Rentenversicherungsträger übergehen; aktivlegitimiert sei damit allein dieser selbst. Sofern er seiner Pflicht zum Einzug der Beiträge nicht nachkomme und dies zu einer Verminderung der Rente führe, habe der Kläger allein gegen ihn einen Ersatzanspruch. Diesen habe der Kläger vor dem Sozialgericht geltend machen müssen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (S. 3f, Bl. 40f d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 02. August 2014 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, bei Gericht eingegangen am 17. September 2014 und begründet mit am 31. Oktober 2014 eingegangenem Schriftsatz. Er beanstandet mit der Berufung einen Rechtsfehler und meint, zu Unrecht habe das Landgericht nicht zwischen dem Rentenbeitrags- und dem hier streitgegenständlichen Rentenkürzungsschaden unterschieden. Den ersteren habe die Beklagte durch Beitragszahlung an die DRV B. ausgeglichen. Der Kläger sei aber unfallbedingt infolge der entsprechenden Bitte der Beklagten auch gezwungen gewesen, die Altersrente vorzeitig – vor Erreichen des 65. Lebensjahres – wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch zu nehmen. Auch insoweit habe sich die Beklagte verpflichtet, den Rentenschaden bei der Altersrente auszugleichen. Nun sei dem Kläger die vorzeitige Altersrente zwar antragsgemäß ab 01.03.2006 bewilligt worden, aber gem. § 77 SGB VI nur mit einer Kürzung um 15,3%, die sich nun auch gem. § 77 Abs. 2 SGB VI nach Erreichen des Rentenalters auch in der Regelaltersrente fortsetze. Dieser Schaden sei durch die Beklagte ebenfalls zu ersetzen.

Zudem habe die Beklagte durch ihre Mitarbeiterin B. H. ihm telefonisch selbst zugesichert, auch diesen Schaden zu regulieren. Die Beklagte habe ein eigenes Interesse an seinem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand gehabt, weil sie andernfalls höhere Verdienstausfallansprüche hätte erstatten müssen.

Der nunmehr entstandene Rentenkürzungsschaden falle nicht unter den Forderungsübergang gem. § 119 Abs. 1 SGB X und sei deshalb von dem Kläger selbst aus eigenem Recht geltend zu machen. Der Schaden beruhe nämlich allein – wie im übrigen unstreitig ist – auf der Kürzung des Zugangsfaktors gem. § 77 SGB VI und könne nicht durch Beitragszahlungen aufgefangen werden, wie die DRV dem Kläger mit Schreiben vom 22.08.2013 (Anlage K13) nochmals erläutert habe: Die Absenkung des Zugangsfaktors sei eine Maßnahme des Gesetzgebers, keine durch Beitragsausfall verursachte Störung des Versicherungsverlaufs.

Zu Unrecht berufe sich die Kammer auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 31.01.2002; der Fall betreffe einen Beitragsschaden. Ähnliches gelte auch für die vom Landgericht zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 02.12.2003. Die Kürzung der Regelaltersrente um 15,3% stehe in keinem Zusammenhang mit den durch die Beklagte für den Kläger eingezahlten Rentenbeiträgen. Im Übrigen bezieht sich der Kläger auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger, welcher wegen der Rentenkürzung seit September 2012 in dem nicht abgeschlossenen Verfahren S 70 R 320/12 vor dem Sozialgericht Braunschweig die DRV B. auf ergänzende Rentenzahlung in Anspruch nimmt, beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum vom 01. Juni 20109 bis zum 31. Januar 2014 dem Kläger 9.317,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09. Mai 2014 zu zahlen sowie

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den unfallbedingten Einkommensverlust des Klägers, der sich aus der Kürzung der Regelaltersrente ab dem 01. Juni 2010 in Höhe von 15,3 % ergibt, auch künftig [gemeint: für die Zeit ab dem 01. Februar 2014] auszugleichen;

3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 837,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09. Mai 2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, die Altersrentenkürzung um 15,3% gem. § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI sei allein durch Verringerung des Zugangsfaktors von 1,0 auf 0,847 zustande gekommen, und zwar zu Unrecht; der Kläger habe insoweit aber nur einen Herstellungsanspruch gem. § 44 SGB X gegen die DRV B. und könne deshalb keinen Schaden erlitten haben. Die Beklagte habe ihn überdies, wenn man ihn zu seinen Gunsten annehmen wolle, bereits ausgeglichen.

Dem Kläger stehe aufgrund der Beitragszahlungen der Beklagten an die DRV B. der ungekürzte Altersrentenanspruch zu. Es sei unstreitig, dass die Beklagte bis zum 31.05.2010 und damit bis zum Erreichen des Regelrentenalters sämtliche dem Kläger unfallbedingt entstandenen Erwerbsschäden, zu denen auch die Rentenversicherungsbeiträge gehörten, ersetzt habe, und zwar entweder durch Zahlung an den Kläger selbst oder wegen Forderungsübergangs gem. §§ 6 EFZG, 116, 119 SGB X durch Zahlung an den Arbeitgeber, die Berufsgenossenschaft, die die Rentenbeiträge an die DRV B. abgeführt hätten, und an die letztere selbst. Die Beklagte habe insbesondere die an den Kläger ausgezahlte, vorgezogene Altersrente wegen Arbeitsunfähigkeit durch Zahlung an den Versicherungsträger erstattet sowie alle Rentenbeiträge, die an ihn abzuführen gewesen wären, wenn der Kläger bis zum Erreichen des Regel-Renteneintrittsalters bei seinem Arbeitgeber weitergearbeitet hätte. Sie habe damit sichergestellt, dass zu dem genannten Zeitpunkt das Rentenbeitragskonto des Geschädigten so gefüllt gewesen sei, als ob es die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht gegeben hätte. Dafür gebe es die Regelung des § 119 SGB X, und die DRV B. sei dem gesetzgeberischen Auftrag nachgekommen und habe die noch offenen Rentenbeiträge nach dem mutmaßlichen Bruttoeinkommen des Klägers errechnet; die Beklagte habe sie gezahlt. Auch diese Beiträge gälten gem. § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X als Pflichtbeiträge. Die gleichwohl erfolgte Kürzung der Altersrente sei demnach nicht unfallbedingt, sondern Folge einer Fehlentscheidung des Versicherungsträgers; der Kläger müsse sich an sie halten.

Soweit sich der Rentenversicherungsträger dem Kläger gegenüber auf § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB X berufen habe, sei die Vorschrift ersichtlich auf Versicherte zugeschnitten, die die vorgezogene Altersrente ohne weitere und ohne ergänzende Beitragszahlungen in Anspruch nähmen. Das könne für Versicherte, die unfallbedingt vorzeitig in die Altersrente ausschieden und vom Schädiger insoweit schadlos gestellt würden, offensichtlich nicht gelten. Der Gesetzgeber habe offenbar gemeint, das nicht besonders zum Ausdruck bringen zu müssen, denn er habe in § 187a SGB VI dem Versicherten, der die vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen wolle, ausdrücklich die Möglichkeit der zusätzlichen Beitragszahlung – selbst oder durch Dritte – gegeben.

Sehe man dies nicht so, müsse die bestehende Lücke durch teleologische Reduktion des § 77 SGB VI im vorbezeichneten Sinne geschlossen werden. Auch dies folge aus § 187a SGB VI. Halte man auch dies für unmöglich, sei § 77 SGB VI verfassungswidrig wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn wenn die Ansicht des Klägers zutreffe werde der Versicherte, der durch einen ersatzpflichtigen Schädiger auch rentenrechtlich so gestellt worden sei, als habe er bis zum Regelrentenalter gearbeitet, gegenüber dem Versicherten, der tatsächlich bis zum Renteneintrittsalter gearbeitet habe, unangemessen benachteiligt. Dass das Computerprogramm der DRV B. eine solche Ausnahme nicht vorsehe, könne nicht entscheidend sein.

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Die Kürzung enthielte dann auch zugleich einen enteignungsgleichen Eingriff, da alle bis zum Regelrentenalter zu zahlenden Beiträge gezahlt seien. Soweit das Bundesverfassungsgericht, das Bundessozialgericht und das Landessozialgericht Bayern die Abschlagsregelung als verfassungsgemäß angesehen hätten, sei es immer um Versicherte gegangen, die ohne Ersatzleistungen eines Dritten die vorgezogene Altersrente in Anspruch genommen hätten. Das LSG Bayern habe in seiner Entscheidung vom 30.10.2013 den dortigen Kläger ausdrücklich auf die Beitragsnachzahlung gem. § 187a SGB VI verwiesen. Die Frage der Verfassungswidrigkeit der Norm stelle sich eben stets unter dem Blickwinkel des konkreten Falles. Selbst wenn der Kläger insoweit noch einen Ausgleichsanspruch habe, wäre dieser schon im Unfallzeitpunkt gem. §§ 116, 119 SGB X auf die DRV B. übergegangen; er sei deshalb nicht aktivlegitimiert.

Der Kläger könne nicht einfach aufgrund des unrichtigen Rentenbescheides des Versicherungsträgers bei der Beklagten liquidieren; er müsse den sozialrechtlichen Leistungsanspruch selbst vor dem Sozialgericht geltend machen, weil sein Schadensersatzanspruch gem. § 119 SGB X auf den Sozialversicherer übergegangen sei. Insoweit habe die Kammer zu Recht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 02.12.2003 verwiesen. Dass die DRV B. sich ihrer Position durchaus nicht sicher sei, ergebe sich daraus, dass ihr Grundsatzreferat nach Wiedergabe in einem Kommentar die Auffassung vertreten habe, in Fällen wie dem vorliegenden sei der Zugangsfaktor zu korrigieren, und im Übrigen auch konkret den Kläger im Schreiben vom 06.08.2013 (Anlage K13) aufgefordert habe, die Berechtigung der Rentenkürzung gerichtlich überprüfen zu lassen.

Soweit der Kläger sich auf die Zusage einer Mitarbeiterin der Beklagten berufe, habe diese nur zu klären gehabt, wer anspruchsberechtigt sei. Im Übrigen könne die Beklagte nicht zweimal zur Leistung verpflichtet sein. Die Mitarbeiterin habe den Beklagten auch darauf hingewiesen, dass die DRV B. damals bereits den Regress gem. § 119 SGB X geltend gemacht habe. Eine Zusage, die Rentendifferenz auch zu erstatten, wenn der Versicherungsträger trotz voller Beitragszahlung die Altersrente kürze, habe sie nicht gemacht, dazu sei sie auch nicht befugt gewesen. Die Beklagte habe auch durch die vorgezogene Altersrente des Klägers keine Vorteile erlangt; denn der Rentenversicherungsträger habe sie ja in Regress genommen. Sie habe das geleistet, was sie ohne Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente ebenfalls gezahlt hätte.

Mit Schriftsätzen v. 14. und 29.01.2015 tritt der Kläger dem entgegen. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass die Beklagte tatsächlich die an den Kläger ausgezahlte vorgezogene Altersrente wegen Arbeitsunfähigkeit der Rentenversicherung voll erstattet habe. Ihre Zahlungen beträfen vielmehr nur den nicht streitgegenständlichen Rentenbeitragsschaden. Die Auffassung, § 77 SGB VI sei einschränkend auszulegen oder aber verfassungswidrig, werde nicht geteilt. Im Sozialgerichtsverfahren vertrete die DRV B. die Auffassung, die zu gewährende Regelaltersrente des Klägers führe zwingend zur Verminderung des Zugangsfaktors (Schriftsatz v. 21.01.2015, Anlage K16 Bl. 121f d.A.).

Auf den Hinweis des Senats im Termin vom 15.09.2015 an den Kläger, mitzuteilen, ob und wann er das Auskunftsschreiben des Rentenversicherungsträgers vom 30.01.2006 (Anlage K2, im Senatstermin nochmals vorgelegt) an die Beklagte weitergeleitet habe, erklärt der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 05.10.2015 (Bl. 156ff d.A.), er habe nicht mehr ermitteln können, wann er das Schreiben weitergeleitet habe. Jedenfalls sei ihm darin eröffnet worden, die vorgenommene Rentenkürzung von monatlich 196,11 € könne durch einmalige Zahlung von 50.632,43 € ausgeglichen werden. Er wiederholt ferner, § 119 SGB X sei für den Rentenkürzungsschaden infolge der Anwendung von § 77 Abs. 2 SGB VI nicht einschlägig, und weist dazu auf weitere Stellungnahmen der DRV B. vom 01. und 02.10.2015 hin. Die Beklagte habe die Zahlung von 50.632,43 € zur Abwendung des Rentenkürzungsschadens jedenfalls nicht geleistet, wie sich bereits aus der Kürzung ausweislich des Rentenbescheides ergebe. Der Kläger regt außerdem an, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte hat vor dem Senatstermin repliziert, soweit der Kläger jetzt bestreite, dass die Beklagte die vorgezogene Altersrente durch Zahlungen an die DRV B. voll ersetzt habe, sei der insoweit bestehende Ersatzanspruch gem. § 116 SGB X zum Unfallzeitpunkt auf die Rentenversicherung übergegangen, von dieser gegenüber der Beklagten geltend gemacht und auch ausgeglichen worden. Die Kürzung sei demgemäß zu Unrecht erfolgt. Der Rentenversicherer stelle offenbar auch nicht in Frage, dass die Beklagte sie und den Kläger so gestellt habe, als habe sich der Unfall nicht ereignet. Falls der Senat Nachweise für erforderlich halte, würden Unterlagen über die Zahlung vorgelegt. Im Übrigen sei die Rechtsauffassung der DRV B. nicht verständlich.

Vorsorglich werde nochmals auf die von der Berufsgenossenschaft bezogene Verletztenrente hingewiesen, die mit dem Erwerbsschaden sachlich kongruent sei. Wenn die Kürzung der Altersrente tatsächlich einen weiteren Schaden darstellte, wäre der Ersatzanspruch des Klägers auch auf die Berufsgenossenschaft übergegangen. Die Beklagte regt auch noch Aussetzung im Hinblick auf das sozialgerichtliche Verfahren wegen Gefahr widersprechender Entscheidungen an; sie habe Beiladung im Sozialgerichtsverfahren beantragt.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 05.10.2015 (Bl. 198ff) trägt die Beklagte unter Vorlage von Belegen vor, sie habe im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum seit 01.03.2006 der DRV B. auf deren Abrechnungen hin in vollem Umfang jeweils die gem. § 116 SGB X regressierte Altersrente und die gem. § 119 SGB X regressierten Rentenversicherungsbeiträge erstattet. Damit habe sie für 51 Monate insgesamt über 100.000.- € gezahlt und durch die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente durch den Kläger nichts erspart. Sie habe entgegen der vom Kläger erhobenen Behauptung sehr wohl alles gezahlt, nämlich eben auch die gesamte Altersrente im streitgegenständlichen Zeitraum von insgesamt über 60.000.- €. Der Senat habe zu Recht auf § 187a SGB VI hingewiesen; danach habe der Kläger gegen die DRV B. einen Anspruch auf Auszahlung der ungekürzten Regelaltersrente. Gegenüber der Beklagten sei er jedoch gem. §§ 116oder 119 SGB X nicht aktivlegitimiert.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen ihnen bis zum Senatstermin gewechselten Schriftsätze, ihre Ausführungen im Senatstermin vom 15.09.2015 (Prot. Bl. 144-146 d.A.) und die beiden nachgelassenen vom 05.10.2015 (Bl. 156ff, 197ff d.A.) Bezug genommen. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 16.10.2015, auf dessen Inhalt ebenfalls verwiesen wird, trägt die Beklagte ergänzend vor allem zu den von ihr an die DRV B. geleisteten Zahlungen vor.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere i.S.v. § 517 ZPO fristgerecht bei Gericht eingegangene und i.S.v. § 520 Abs. 2 ZPO fristgerecht begründete Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat aus eigenem Recht keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz in Form des Ersatzes für eine Rentenkürzung aus §§ 7Abs. 1, 11 StVG, 823 Abs. 1m, Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB, 249ff, 252, 842 BGB, 3 Nr. 1 und 2 PflVG a.F., Art. 1 Abs. 2 EGVVG, 187a SGB VI. Dabei geht der Senat von der offenbar unstrittigen Inanspruchnahme der Beklagten als Kraftfahrt-Haftpflichtversicherin aus (vgl. Anlagenband Kl. Anlagen K1, K3: „Kraft-Haftpflicht-Schaden vom 08.05.2003“). Dem Kläger fehlt wegen Rechtsübergangs auf den Rentenversicherungsträger und die Berufsgenossenschaft jedenfalls die Aktivlegitimation.

1. Der Kläger verlangt von der Beklagten einen von ihm sog. Rentenkürzungsschaden erstattet, nämlich die Differenz zwischen der Rentenauszahlung bei Inanspruchnahme der gesetzliches Altersrente erst bei Eintritt ins gesetzliche Rentenalter und der tatsächlich erfolgten und laufend erfolgenden Rentenauszahlung nach vorzeitiger Beantragung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Der nach seiner Versicherungsnummer am 16.05.1945 geborene Kläger (Anlagenband Kl. Anlage K8) hatte aufgrund seines Schriftwechsels mit der Beklagten einen Antrag bei der DRV B. auf vorzeitige Altersrente gestellt, dem diese auch mit Bescheid vom 31.03.2006 und mit Wirkung ab dem 01.03.2006 stattgab, aber wegen vorzeitiger Inanspruchnahme nur gekürzt um 15,3%. Der Kläger ging mithin mit 60 Jahren und 9 1/2 Monaten in Rente.

2. Der in der Klageschrift (S. 6f Bl. 6f d.A.) geltend gemachte, der Höhe nach unstreitige Schadensersatzanspruch des Klägers auf Ausgleich der tatsächlichen Differenz zur Regelaltersrente mit einem Zugangsfaktor von 1,000 ist nach § 119 SGB X, jedenfalls aber nach der allgemeineren Vorschrift des § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X auf die DRV B. übergegangen.

a) Die Beklagte ist aufgrund des Verkehrsunfalls nach den o.g. Anspruchsgrundlagen zum Ausgleich von Verdienstausfall und damit auch von anfallenden Rentenbeiträgen in dem Umfang verpflichtet, der sich ergeben hätte, wenn der Kläger bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres weiter in seinem Beruf gearbeitet und nicht unfallbedingt ausgefallen wäre. Der gewöhnliche Verlauf der Dinge hätte aller Wahrscheinlichkeit nach (§ 252 BGB) zur Anwendung eines Rentenzugangsfaktors von 1,000 bei Erreichen des Rentenalters geführt; der vorzeitige Renteneintritt des Klägers führte aber gem. § 77 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) SGB VI zur Kürzung des Zugangsfaktors auf 0,847. Diese Kürzung kann gemäß § 187a SGB VI durch Zahlung eines ggf. vom Versicherten zu erfragenden (Eichenhofer / Wenner / Dötsch, SGB VI [2014], Rz. 6 zu § 187a) Einmalbetrages ausgeglichen werden (vgl. dazu etwa BayLSG NZS 2014, 184 – in Juris Rz. 28 -). Deshalb ist die Beklagte im Rahmen ihrer Ersatzpflicht gem. §§ 249, 252 BGB auch verpflichtet, für den Kläger denjenigen Betrag an den Rentenversicherungsträger zu zahlen, welcher gem. § 187a SGB VI die Kürzung des Zugangsfaktors ausgleicht. Der Betrag ist dem Kläger hier durch (vom Kläger bereits zum Nachweis der Kürzung als Anlage K2 und im Senatstermin nochmals vorgelegtes) Schreiben der DRV B. vom 30.01.2006 mit 50.632,43 € mitgeteilt worden. Er behauptet in der Berufungsinstanz erstmals, aber gem. §§ 529Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässigerweise, dass die Beklagte diesen Betrag nicht gezahlt habe, und hat den nach seiner Auffassung dadurch entstandenen Schaden von Anfang an in Form der Differenz von 15,3% der vollen Rentenbetrages bis auf die Rente bei einem Zugangsfaktor von 1,0 in der Klageschrift substantiiert und der Höhe nach unwidersprochen für die Jahre 2010 bis 2014 berechnet (Klageschrift S. 6f Bl. 6f d.A.); im Hinblick auf die Folgezeit verlangt er Feststellung der weiteren Ersatzpflicht der Beklagten. Sein Anspruch ist jedoch kraft Legalzession gem. § 116 Abs. 1 SGB VI auf die DRV B. übergegangen.

a) Der Kläger war bis zu seinem unfallbedingten Ausscheiden aus dem Berufsleben als gesetzlich rentenversicherter Arbeitnehmer tätig. Nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB X geht der Schadensersatzanspruch des Sozialversicherten auf Erstattung von Beiträgen zur Rentenversicherung auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist; das gilt nach § 119 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X allerdings nicht, soweit der Anspruch schon nach § 116 SGB X übergegangen ist. Die Vorschrift ist als den Ersatz von Beiträgen erfassende Spezialregelung aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Vorgängervorschrift des § 116 Abs. 1 SGB VI, nämlich zu § 1542 RVO, hervorgegangen (BadWürttLSG 20.03.2007 – L 9 R 917/05, in Juris Rz. 91 -).

Hier macht der Kläger zwar keine zusätzlichen Beitragszahlungen geltend, auch nicht etwa den von der DRV B. genannten Ausgleichsbetrag von 50.632,43 €. Vielmehr verlangt er das, was ihm infolge Unterlassung dieser Zahlungen entgangen ist, nämlich die ihm durch die Kürzung des Zugangsfaktors entgangene Rentenzahlung selbst. Zudem passt der Gedanke, dass die gem. § 119 SGB X eingezogenen Zahlungen als Pflichtbeiträge gelten sollen (§ 119 Abs. 3 S. 1 SGB X; vgl. BadWürttLSG a.a.O. – in Juris Rz. 92 – m.w.N.), auf den Fall einer nur fakultativen Ergänzungszahlung gem. § 187a SGB VI nicht recht. Gleichwohl wird in Literatur und Rechtsprechung angenommen, dass auch ein Anspruch auf Ersatz eines Rentenkürzungsschadens, der aus wie auch immer gearteter Nichtzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen resultiert, gem. § 119 Abs. 1 SGB X vom Geschädigten auf den Rentenversicherungsträger bereits im Zeitpunkt des Unfalls übergeht (OLG Celle VersR 2013, 1052 – in Juris Rz. 191ff -; Küppersbusch / Höher / Küppersbusch , Personenschäden, 11. Aufl., Rz. 44, 2. Stichpunkt; Luckey a.a.O. Rz. 1631 Fn. 1744; Burmann / Heß / Jahnke / Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., Rz. 164 zu § 842 BGB). Dieser Auffassung ist auch die Kammer gefolgt.

Das begegnet jedoch Bedenken. Keine der genannten Quellen mit Ausnahme von Küppersbusch (a. a. O.) geht auf den besonderen Fall ein, dass die Kürzung nicht auf unzureichender gewöhnlicher Beitragszahlung, sondern auf der Reduzierung des Zugangsfaktors gem. § 77 Abs. 2 SGB VI beruht. Insoweit weicht die Regelung des § 187a SGB VI von der gewöhnlichen Beitragspflicht ab, indem sie nur die Möglichkeit der Aufstockung der Rente durch Zahlung eines Zusatzbetrages einräumt, aber eben keine Beitragspflicht anordnet. Bezeichnenderweise empfiehlt denn auch gerade Küppersbusch die konkrete Absprache des Vorgehens bezüglich der Korrektur des Zugangsfaktors zwischen Haftpflichtversicherer, Geschädigtenanwalt und Rentenversicherungsträger (Küppersbusch / Höner / Küppersbusch a.a.O. mit Fn. 49).

b) Ob tatsächlich auch der Fall des Rentenkürzungsschadens infolge Verminderung des Zugangsfaktors von der Vorschrift des § 119 SGB X erfasst ist, kann aber im Ergebnis dahinstehen. Denn § 119 SGB X findet nach dessen Abs. 1 S. 1 letzter Hs. Nr. 2 keine Anwendung, wenn der Anspruch bereits gem. § 116 SGB X übergegangen ist. Hier greift § 116 Abs. 1 SGB VI ein, weil es sich bei dem geltend gemachten Schaden nicht um Beiträge handelt; selbst die Zahlung des Ausgleichsbetrages gem. § 187a SGB VI stellt keinen Pflichtbeitrag dar. Deswegen kommt es auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 02.12.2003 nicht entscheidend an; dort ging es um die Forderung des Geschädigten nach Beitragszahlungen (VersR 2004, 492 – in Juris Rz. 2-4 -).

c) Der Anspruchsübergang gem. § 116 SGB VI erfolgt bereits mit dem Eintritt des Schadensereignisses. Sofern nur ein Versicherungs- oder Sozialhilfeträger aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen, geht auf ihn der Schadensersatzanspruch des Verkehrsunfallgeschädigten nach dieser Vorschrift – wie ausgeführt, mit Ausnahme des in § 119 SGB VI gesondert übergeleiteten Ersatzanspruches für Beitragsschäden – über. Der Leistungsträger wird nicht erst dann Inhaber der Forderung, wenn er Sozialleistungen erbracht hat. Vielmehr geht eine Forderung bereits im Augenblick des schadensstiftenden Ereignisses über, sofern der Versicherungsträger voraussichtlich dem Geschädigten Leistungen zu erbringen haben wird (Bley u.a. / Schneider-Danwitz / Gitter, SGB / Sozialversicherung SGB X, Anm. 4 zu § 116 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BTDr. 9/95 S. 27). Hiernach ist der Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der Kürzung der Rentenleistung infolge vorzeitigen Renteneintritts durch Kürzung des Zugangsfaktors von 1,0 auf 0,847 bereits auf die DRV B. übergegangen.

d) Es kommt mithin im Ergebnis nicht entscheidend darauf an, ob die Beklagte die die Kürzung des Zugangsfaktors nach dem Schreiben der DRV vom 30.01.2006 (Anlage K2) ausgleichende zusätzliche Beitragszahlung gem. § 187a SGB VI tatsächlich erbracht hat oder nicht.

Dass sie sie geleistet habe, hat die Beklagte ohnehin nur unsubstantiiert behauptet. Sie hat bis zum Senatstermin nur pauschal vorgetragen, aufgrund Regresses der DRV B. an diese alle unfallbedingt ausgefallenen Beitragszahlungen erbracht zu haben, so dass das Rentenversicherungskonto des Klägers zum Zeitpunkt seines regulären Eintritts ins Rentenalter denjenigen Stand aufgewiesen habe, den es auch gehabt hätte, wenn der Kläger ohne das Unfallereignis bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs gearbeitet hätte. Auch ihr Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 05.10.2015 und die zum Beleg vorgelegten Abrechnungen der DRV B. aber (Bl. 197ff d.A.) sprechen gerade nicht dafür, dass sie die dem Kläger mit Schreiben vom 30.01.2006 anheimgestellte Ausgleichszahlung erbracht hat. Denn nach den mit diesem Schriftsatz vorgelegten Unterlagen hat die DRV B. der Beklagten nur die tatsächlich – entsprechend der Auskunft vom 30.01.2006 – an den Kläger gezahlte, also die im Zugangsfaktor gekürzte Altersrente und die Rentenversicherungsbeiträge bis zur regulären Verrentung mit 65 Jahren in Rechnung gestellt, und die Beklagte hat nach eigenem Vorbringen auch nur diese bezahlt. Darüber hinaus hätte aber auch der von der DRV B. dem Kläger genannte Ausgleichsbetrag von 50.632,43 € gezahlt werden müssen, wenn der Kläger wegen unfallbedingter Arbeitslosigkeit auf Bitten der Beklagten vor Vollendung des 65. Lebensjahrs in Rente ging. Auch dieser Betrag diente dem vollständigen Ausgleich bis zur Erreichung der vollen Rentenhöhe wie beim Regelrenteneintritt.

Das kann aber, wie ausgeführt, wegen des Anspruchsübergangs im Ergebnis für den vorliegenden Zivilrechtsstreit ebenso dahinstehen wie die im Senatstermin im Zusammenhang mit dem ergänzend angesprochenen Punkt der tatsächlichen Zahlung erörterte Frage, ob der Kläger der Beklagten das Schreiben vom 30.01.2006 (überhaupt) zur Kenntnis gegeben hat.

e) Nach § 116 SGB X geht ein Schadenersatzanspruch auf den Sozialversicherungsträger über, soweit dieser aufgrund des Schadenereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen, m.a.W. kongruent ist (Luckey, Personenschaden [2013], Rz. 1559; Bley u.a. / Gitter, SGB, Bd. 4a: X. Buch, S. 550/234 [Anm. 11]). Die Kongruenz des Schadensersatzanspruches mit den von der DRV B. zu erbringenden Sozialleistungen ist hier gegeben.

Die DRV B. erbringt in der Zeit seit 01. März 2006 Leistungen an den Kläger aufgrund dessen vorzeitigen Rentenantrags. Die von ihr ab dem vorzeitigen Renteneintritt gezahlten Rentenleistungen sind dem Anspruch des Klägers auf Ersatz des Rentenschadens infolge Kürzung des Zugangsfaktors von 1,0 auf 0,847 kongruent, wie sich schon aus der Rechtsprechung zum früheren § 1542 RVO ergibt, der Vorgängervorschrift des § 116 SGB X, dem nunmehr nur die Sondervorschrift des § 119 für Beitragszahlungen zur Seite gestellt worden ist. Schon gem. § 1542 RVO hat der Bundesgerichtshof den Anspruchsübergang in Bezug auf die Rentenkürzungsbeträge auf den Rentenversicherer bejaht, wenn der Geschädigte es infolge unfallbedingter Schwerbehinderung, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit vorgezogen hat, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Er hat ausgeführt, zwar sei der vorzeitige Renteneintritt allein aufgrund freier Entscheidung des Versicherten oder aufgrund Ausnutzung einer gesetzlichen früheren Altersgrenze nicht unfallbedingt; deshalb fehle es an der Kongruenz zwischen unfallbedingtem Schadensersatzanspruch und dem eine unfallunabhängige Möglichkeit ausnutzenden Rentenanspruch. Ein Anspruchsübergang zugunsten des Rentenversicherers finde in diesem Falle nicht statt, ein Regress gem. § 1542 RVO sei ausgeschlossen. Das hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 10.11.1981 (BGH VersR 1982, 166 – in Juris Rz. 17f -) ausgeführt.

Er hat dabei diesen Fall ausdrücklich von denjenigen unterschieden, in welchen der Versicherte das Altersruhegeld unter den besonderen gesetzlichen Voraussetzungen bei Schwerbehinderung, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit vorzeitig in Anspruch nimmt. In einem solchen Fall hat er demgegenüber konsequent die Kongruenz des Schadensersatzanspruchs mit dem Rentenanspruch bejaht und damit den Übergang des Schadenersatzanspruchs des Geschädigten auf den Rentenversicherer nach § 1542 RVO, und zwar gerade für einen Rentenkürzungsschaden, den dort der Rentenversicherer selbst aus übergegangenem Recht verfolgt hatte. Für einen Fall des vorzeitigen Ruhestandseintritts eines unfallbedingt Schwerbehinderten nach Vollendung des 60. Lebensjahrs hat er ausdrücklich den Übergang des Anspruchs auf den klagenden Rentenversicherer bestätigt; mit seiner Verletzungshandlung habe der Schädiger die sozialversicherungsrechtliche Position des Geschädigten geschaffen, in der diesem ein Weiterarbeiten schon ab dem 60. Geburtstag nicht mehr zugemutet werde. An der Kongruenz fehle es nicht; denn zu Recht habe die Vorinstanz darauf abgestellt, dass das vorgezogene Altersruhegeld für Schwerbehinderte nicht allein aufgrund Erreichens einer gesetzlichen Altersgrenze gezahlt werde, sondern aufgrund einer zusätzlichen Anerkennung des Geschädigten als Schwerbehinderter i.S.d. § 1 SchwbG. Dieses zusätzliche Erfordernis lasse erkennen, dass für den Gesetzgeber in solchen Fällen die gesundheitliche Schädigung des betreffenden Personenkreises im Vordergrund gestanden habe (BGH VersR 1986, 812 – in Juris Rz. 6ff, insbes. 9, 14-18 -; im gleichen Sinne BGH VersR 1982, 166 – in Juris Rz.14, 20 -).

Hier hat der Kläger unstreitig auf Bitten der Beklagten (Anlage K3) im Alter von 60 Jahren und 91/2 Monaten die Bewilligung der vorzeitigen Altersrente infolge Arbeitslosigkeit gem. § 237 Abs. 1 SGB VI beantragt und erhalten. Da er unstreitig unfallbedingt arbeitslos geworden war, handelte es sich i.S.d. Rspr. des Bundesgerichtshofes auch nicht um einen freiwilligen oder nur eine gesetzliche Altersgrenze ausnutzenden, sondern um einen unfallbedingten vorzeitigen Rentenantrag. Die von der DRV B. anheimgestellte Zahlung von 50.632,43 € gem. § 187a SGB VI wird dadurch freilich nicht zum Pflichtbeitrag, sondern bleibt schon nach dem Gesetzeswortlaut fakultativ.

3. Diesem Ergebnis kann auch nicht entgegengehalten werden, dass eine wie auch immer geartete Restzuständigkeit des Klägers bestehe. Denn durch die aus § 1542 RVO übernommene Vorschrift des § 116 SGB VI soll bei einem Zusammentreffen von Ansprüchen aus der Sozialversicherung und zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen sowohl eine ungerechtfertigte Entlastung des Schädigers als auch eine doppelte Entschädigung des Geschädigten vermieden werden (WürttLSG 20.03.2007 – L 9 R 917/05, in Juris Rz. 78-84 -; Bley u.a. / Gitter, SGB, Bd. 4a, X. Buch, S. 550/224). Diesem Ziel kann die Vorschrift aber nur genügen, wenn sie umfassend eingreift und nicht einzelne Restansprüche dennoch beim Geschädigten belässt. Demzufolge hat der Bundesgerichtshof auch in der von den Parteien angeführten Entscheidung vom 02.12.2003 zu § 119 Abs. 1 SGB VI die Möglichkeit des Verbleibs irgendeiner Einziehungsermächtigung ausgeschlossen (BGH VersR 2004, 492 – in Juris Rz. 16 – zu § 119 SGB VI).

Es kommt auch nicht darauf an, dass die DRV B. dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 22.08.2013 die Auffassung vertreten hat, die Kürzung gem. § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 a) SGB VI sei zwingend (Anlage K13 Bl. 80f d.A.). Darin liegt nur die Äußerung einer Rechtsmeinung, die auch zumindest dann zutrifft, wenn – wie hier anzunehmen ist, worauf es aber wie ausgeführt nicht ankommt – die mit Schreiben der DRV B. vom 30.01.2006 anheimgestellte Ausgleichszahlung gem. § 187a SGB VI nicht erfolgt ist.

Ebenso ist für die Entscheidung im Ergebnis unerheblich, ob der Regress zwischen der DRV B. und der Beklagten in der Weise abläuft, dass erstere unmittelbar den gem. § 116 SGB X auf sie übergegangenen Anspruch des Klägers auf ergänzende Rentenzahlung geltend macht oder, weil das Verfahren gem. § 187a SGB VI noch möglich ist, stattdessen nur den gem. §§ 119 SGB X ebenfalls auf sie übergegangenen Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Beiträge aus § 187a SGB VI, die ihr eine entsprechende Rentennachzahlung ermöglichen.

Es kommt schließlich auch nicht darauf an, dass der Schadensersatzanspruch des Klägers auf Ausgleich der Rentenkürzung gem. § 116 SGB X auch auf die für den Kläger zuständige Berufsgenossenschaft MMBG übergegangen ist, weil auch diese eine kongruente Versicherungsleistung an den Kläger erbringt (vgl. OLG Hamm NJW 1997, 1450 – in Juris Rz. 9f – zu § 1542 RVO a.F.).

III.

Für die von der Beklagten angeregte Aussetzung des Rechtsstreits bestand angesichts seiner Entscheidungsreife und des Umstandes, dass nach Mitteilung der Parteien das Sozialgericht seinerseits die Entscheidung des Senats abwarten möchte, kein zureichender Anlass i.S.v. § 148 ZPO.

IV.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 16.10.2015 gibt keine Veranlassung zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91Abs.1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wegen der in der Rechtsprechung, soweit ersichtlich, noch nicht diskutierten Frage zuzulassen, ob der Anspruchsübergang wegen eines Rentenkürzungsschadens wegen Anwendung des § 77 Abs. 2 SGB VI gem. § 116 Abs. 1 SGB VI oder doch gem. § 119 Abs. 1 SGB VI erfolgt. Der Berufungsstreitwert war gem. § 63 Abs. 2 GKG auf 10.317,43 € festzusetzen.

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