LG Itzehoe, Az.: 10 O 100/16
Urteil vom 09.03.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger begehren von den Beklagten die Zahlung von Schadenersatz aus einer unerlaubten Handlung.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks B. in H., welches mit einem Winkelbungalow bebaut ist und sie im Jahr 2015 erworben hatten. Das Haus ist umgeben von einem parkähnlichem Garten mit altem Baumbestand. Die Beklagten sind Nachbarn der Kläger. Ihr Grundstück grenzt unmittelbar an das klägerische Grundstück an. Auf der Grenze zwischen beiden Grundstücken standen zwei Eschen mit einer Höhe von ca. 8 Metern, wobei der größere Teil des Stammes der Bäume jeweils auf dem klägerischen Grundstück stand. Insoweit wird auf die Anlage I zum Protokoll vom 16.02.2017 verwiesen. Auf den dortigen Lichtbildern markieren die Nägel den Grenzverlauf. Die Baumkronen boten den Klägern einen Sichtschutz betreffend das Dach des Hauses der Beklagten, verschatteten aber das Grundstück der Beklagten. Während einer Abwesenheit der Kläger ließen die Beklagten die Bäume durch eine Firma im Februar 2016 fällen.
Die Kläger behaupten, die Bäume hätten einen Durchmesser von 35 bzw. 45 Zentimeter gehabt bzw. einen Umfang von 1,20 bis 1,30 cm gemessen in einer Höhe von 2 Metern. Der Neuerwerb vergleichbarer Bäume koste mindestens 14.000,00 Euro, hinzu kämen Frachtkosten pro Baum von 2.000,00 Euro sowie Einpflanzungs- bzw. Pflegekosten pro Baum von 2.000,00 Euro. Das Grundstück habe einen temporären Minderwert von 20 % bis zur Anpflanzung neuer Bäume. Dies beliefe sich auf 3.600,00 Euro, nämlich 300,00 Euro monatlich entsprechend einer Mietminderung bei einem Mietverhältnis.
Die Kläger beantragen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 25.600,00 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab 01.05.2016 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, man habe Gespräche über das Entfernen der Bäume geführt und einvernehmlich beschlossen, die Bäume zu entfernen.
Das Gericht hat die Parteien informatorisch angehört. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.02.2017 verwiesen. Wegen des weiteren Sachvortrages wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz.
Ein solcher Schadenersatzanspruch folgt weder aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB.
Die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruches liegen nicht vor. Zwar ist unstreitig, dass die Beklagten eine Eigentumsverletzung zu Lasten der Kläger begangen haben, als sie die Bäume haben fällen lassen, denn die Bäume standen auf der Grenze zwischen den beiden Grundstücken. Es handelte sich somit jeweils um einen Grenzbaum im Sinne von § 923 BGB. Ein Baum ist ein Grenzbaum im Sinne dieser Vorschrift, wenn sein Stamm dort, wo er aus dem Boden heraustritt, von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird (vgl. BGH Urteil vom 02.07.2004, V ZR 33/04 – zitiert nach juris). Jedem Grundstückseigentümer gehört der Teil des Grenzbaumes, der sich auf seinem Grundstück befindet. Es handelt sich dabei um vertikal geteiltes Eigentum. Die Kläger waren somit Eigentümer des auf ihrem Grundstück stehenden Teils der Bäume. Mit dem Fällen und Beseitigen der Bäume haben die Beklagten das Eigentum der Kläger verletzt. Für die Behauptung der Beklagten, dass dies im Einvernehmen der Nachbarn geschehen sei, sind sie darlegungs- und beweisbelastet. Eine solche Überzeugung hat sich das Gericht hingegen nicht bilden können. Auch aus den eingereichten Anlagen lässt sich ein solcher Schluss nicht ziehen.
Gleichwohl steht den Klägern kein Schadenersatzanspruch zu. Dies folgt aus § 923 Abs. 2 BGB. Danach kann nämlich jeder Nachbar die Beseitigung des Grenzbaumes verlangen. Es sind keine Umstände erkennbar, aus denen die Kläger die Zustimmung zur Beseitigung der Bäume hätten verweigern können. Bei einem ordnungsgemäßen Vorgehen der Beklagten konnten diese die Beseitigung der Bäume verlangen. Wenn auch die Beklagten nicht unerlaubterweise ohne feststellbare Zustimmung der Kläger die Bäume fällen durften, so hatten sie doch einen Anspruch auf Zustimmung gegen die Kläger zur Beseitigung der Bäume, den sie notfalls hätten gerichtlich durchsetzen können. Also auch beim rechtmäßigen Alternativverhalten hätten im Ergebnis die beiden Bäume gefällt werden dürfen. Dies schließt jedoch einen Schadenersatzanspruch aus (vgl. Staudinger-Roth, 2016, BGB § 923 Rdnr. 7). Der Umstand, dass die eigenmächtige Beseitigung seitens der Beklagten diesen Zustand früher geschaffen hat, als er erreicht worden wäre, wenn eine rechtskräftige Entscheidung durch ein Gericht abgewartet worden wäre, hat dabei außer acht zu bleiben und begründet für sich keinen Schaden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.