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Schadensersatz für Ölschadensbeseitigung

AG Zeitz – Az.: 4 C 94/18 – Urteil vom 31.07.2018

1. Die Beklagten zu 1. und 3. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an das klagende Land 1.531,84 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2017 zu zahlen, die Beklagte zu 1. zudem nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 22.04.2016 bis 29.11.2017.

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts A. vom 03.04.2018, Az. 17-1483560-3-7, wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass an die Stelle des Betrags „1.536,84 EUR“ der Betrag „1.531,84 EUR“ tritt und dass Zinsen aus 1.531,84 EUR erst ab dem 30.11.2017 zu zahlen sind. Wegen der weiteren € 5,- nebst Zinsen sowie wegen Zinsen bis zum 29.11.2017 wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts A. vom 03.04.2018, Az. 17-1483560-3-7, die der Beklagte zu 2. allein zu tragen hat.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Schadensersatz für Ölschadensbeseitigung
(Symbolfoto: Karen Hermann/Shutterstock.com)

Das klagende Land als Straßenbaulastträger begehrt weiteren Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, bei dem es auf der L 190 aus Richtung O. kommend zum Auslaufen von ölhaltigen Betriebsmitteln kam. Die Ölwehr S. beseitigte die Verschmutzung, reinigte die Fläche im Erdreichsanierungsverfahren und stellte dem klagenden Land am 08.01.2015 € 5.783,51 in Rechnung, das diese mit Wertstellung zum 05.02.2015 ausglich. Die Beklagte zu 1. ist Kfz.-Haftpflichtversicherer, der Beklagte zu 2. Fahrer, der Beklagte zu 3. Halter der verunfallten Sattelzugmaschine MAN nebst Anhänger. Die Haftung dem Grunde nach ist unstreitig. Die Beklagte zu 1. leistete vorgerichtlich auf die Schadensersatzforderung von € 5.783,51 € 4.251,67. Mit der Klage begehrt das klagende Land € 1.536,84. Hierin ist eine vom klagenden Land berechnete Kostenpauschale von € 5,- enthalten. Die Beklagte zu 1. wurde unter Fristsetzung zum 21.04.2016 zur Zahlung aufgefordert.

Im Mahnverfahren ist am 03.04.2018 Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten zu 2. ergangen, der ihm am 05.04.2018 zugestellt worden ist und gegen den der Beklagte zu 2. am 13.04.2018 und der Beklagte zu 2. selbst am 17.04.2018 Einspruch eingelegt haben.

Das klagende Land beantragt,

1. die Beklagten zu 1. und 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an das klagende Land einen Betrag i.H.v. 1.536,84 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2016 zu zahlen,

2. den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Aschersleben vom 03.04.2018, Az. 17-1483560-3-7, aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte zu 2. beantragt, den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Aschersleben vom 03.04.2018, Az. 17-1483560-3-7, aufzuheben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten halten den die erbrachte Zahlung übersteigenden Schadensbeseitigungsaufwand nicht für erforderlich. So sei der Einsatz des Ölschadengerätefahrzeugs, das nur zum Transport des Warnleitanhängers benutzt worden sei, mit Kosten von € 1.227,48 nicht erforderlich gewesen. Der Warnleitanhänger mit Kosten von € 540,40 sei auch nicht erforderlich gewesen; mit dem Vorschriftzeichen 222 hätte er gar nicht benutzt werden dürfen. das mit 202,50 € berechnete Absperrmaterial sei nicht benutzt bzw. zu teuer gewesen. Der Stundenverrechnungssatz für das Containerfahrzeug mit Fahrer sei überhöht. Die Kosten für Rüttler und Stampfer seien überhöht; es werde bestritten, dass ihr Einsatz mehr als 2 Stunden gedauert habe.

Dem tritt das klagende Land entgegen: Der Einsatz eines Ölschadengerätefahrzeugs sei regelmäßig erforderlich, da mit ihm Materialien und Werkzeuge mitgeführt würden. Dass das Fahrzeug nur zum Transport benutzt worden sei, treffe nicht zu. Eine Absicherung sei mittels mobiler Warntafel und Absperrmitteln und Absperrmaterialien erforderlich. Hinsichtlich Rüttler und Stampfer sei gemäß Preisliste vereinbart, dass die Zeit zwischen Abfahrt vom und Rückkehr zum Betriebshof zu vergüten sei. Dass Kosten und Vergütungen weder branchen- noch ortsüblich seien, treffe im Übrigen nicht zu.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im Wesentlichen begründet, der zulässige Einspruch im Wesentlichen unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gemäß §§ 7 Abs.1, 18 Abs.1 StVG, 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 32 StVO, 115 Abs1 VVG, 421 BGB Anspruch auf Zahlung von 1.531,84 €.

Die Einwendungen der Beklagten gegen einen Teil der vom klagenden Land bezahlten Rechnung der Ölwehr S. bleiben erfolglos.

Soweit die Beklagten die Höhe von Preisen beanstanden, ist ihr Vorbringen von vorneherein unerheblich. Die Preise, die im Ergebnis eines bestandskräftig abgeschlossenen Vergabeverfahrens für die Beseitigung von Ölspuren auf Fernstraßen in einem Rahmenvertrag vereinbart sind, sind durch die Gerichte grundsätzlich nicht auf ihre wirtschaftliche Angemessenheit zu überprüfen (vgl. OLG Naumburg, Urt. vom 10.08.2016 – 12 U 38/15 -, juris). Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Zivilgerichte, bei entsprechenden Marktkonstellationen im Rahmen der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Kontrolle der wirtschaftlichen Angemessenheit der Preise vorzunehmen (BGH Urt. v. 15.9.2015 – VI ZR 475/14, BeckRS 2015, 17907, beck-online).

Auch soweit die Beklagten Rechnungspositionen nicht als erforderlich erachten, bleibt ihre Rechtsverteidigung erfolglos.

Zugunsten des klagenden Landes ist die Darlegungs- und Beweiserleichterung des § 287 Abs. 1 ZPO einschlägig. Fest steht, dass es bei dem Betrieb des Fahrzeugs zu einer Eigentumsverletzung zum Nachteil des klagenden Landes als Träger der Straßenbaulast wegen der Verunreinigung gekommen ist. Damit ist eine Primärschädigung im Sinne einer Rechtsgutverletzung bewiesen. Die Feststellung des Schadensumfangs im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität betrifft den Anwendungsbereich des § 287 ZPO. Diese Bestimmung stellt geringere Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung. Es genügt eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, dass eine geltend gemachte Schadenshöhe auf eine feststehende Rechtsgutverletzung zurückzuführen ist (BGH VersR 1995, 422, zit. nach OLG Düsseldorf, Urt. vom 17.12.2013 – I-1 U 41/13 -, juris). Vorliegend Fall spricht ein hinreichender Wahrscheinlichkeitsgrad für die Feststellung, dass alle klagegegenständlichen Schadensbeseitigungskosten auf die in Rede stehende Straßenverunreinigung zurückzuführen sind.

Der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH Urt. v. 15.9.2015 – VI ZR 475/14, BeckRS 2015, 17907, beck-online).

Das Vorbringen der Beklagten dagegen überzeugt nicht.

So liegt es auf der Hand, dass das Ölschadengerätefahrzeug bei jedem Ölschaden auch herangezogen wird. Es liegt in der Natur der Schäden, dass eine schnelle Beseitigung als vorzugswürdig erscheint. Eine schnelle Beseitigung ist aber nur möglich, wenn die dafür im Allgemeinen benötigten Gerätschaften auch vorhanden sind und nicht erst mit entsprechendem Zeitaufwand beschafft werden müssen, durch den auch weiterer Geldaufwand entstehen kann.

Hinsichtlich des Warnleitanhängers sieht das Gericht keinen Anlass, sich mit dem Einwand der Beklagten gegen das Verkehrszeichen 222 auseinanderzusetzen. Abgesehen davon, dass das klagende Land diesbezüglich den Regelplan C II/2 (Bl.171) vorgelegt hat, liegt es auf der Hand, dass der Verkehr auch durch eine Absperrtafel auf die Absperrung hinzuweisen ist.

Auch die Verwendung der sonstigen Absperrmaterialien, über die sinnvoll nur vor Ort schnell zu entscheiden ist, begegnet keinen Bedenken.

Die Zinsforderung beruht auf §§ 286 Abs.1, 288, 425 BGB; die Beklagten zu 2. und 3. gerieten erst mit Mahnbescheidszustellung in Verzug.

Nicht begründet ist die Forderung der Schadenspauschale in Höhe von 5,- €. Soweit hinsichtlich solcher Kosten bei der Abwicklung von Verkehrsunfallschäden regelmäßig von näherem Vortrag abgesehen wird und die Rechtsprechung dem Geschädigten eine Auslagenpauschale zuerkennt, ist dies dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der Regulierung von Verkehrsunfällen um ein Massengeschäft handelt, bei dem der Gesichtspunkt der Praktikabilität besonderes Gewicht zukommt. Eine generelle Anerkennung einer solchen Pauschale für sämtliche Schadensfälle ohne nähere Darlegung der getätigten Aufwendungen gibt es in der Rechtsprechung nicht (vgl. OLG Naumburg, Urt. vom 10.08.2016 – 12 U 38/15 -, Rn. 12, juris).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs.2 Nr.1, 100, 344, 700, 709 ZPO.

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