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Schadensersatz wegen unzureichender städtischer Baumkontrolle

Ein abgebrochener Ast, eine schwerverletzte Spaziergängerin und die Frage nach der Verantwortung der Stadt für die Sicherheit in ihren Parks. Ein Gericht musste entscheiden, ob die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und für den Unfall haftet. Obwohl der Baum als leicht geschädigt galt und die letzte Kontrolle länger zurücklag, sah das Gericht keinen Beweis für ein städtisches Verschulden. Ein spannender Fall, der die Grenzen der städtischen Haftung für Naturereignisse aufzeigt.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Urteil behandelt einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aufgrund schwerwiegender Verletzungen durch einen abgebrochenen Ast in einem öffentlichen Park.
  • Die Klägerin wirft der Stadt vor, ihre Verkehrssicherungspflichten und die regelmäßige Baumkontrolle nicht ausreichend wahrgenommen zu haben.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin nicht beweisen konnte, dass bei ordnungsgemäßen Kontrollen Gefahrenzeichen erkannt worden wären.
  • Trotz der Verkehrssicherungspflicht der Stadt für den Baum wurde die Klage abgewiesen, da keine Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung gefunden wurden.
  • Die Schwierigkeit lag darin, dass die Klägerin nicht nachweisen konnte, dass ein mangelhaftes Prüfverfahren zur Gefährdung führte, und somit auch keine Amtshaftung zustande kam.
  • Weder die Baumkontrollen noch die vorgelegten Berichte konnten ein Fehlverhalten seitens der Stadt aufzeigen, was zu einem negativen Urteil führte.
  • Die Stadt war nicht verpflichtet, Kontrollberichte vorzulegen, da die Klägerin keine Nachweise für eine Gefährdung erbringen konnte.
  • Das Urteil und die damit verbundene Kostenentscheidung wirken sich auf die Möglichkeiten der Klägerin aus, Schadensersatz zu fordern.
  • Die Entscheidung verdeutlicht die hohen Anforderungen an Beweisführung und Nachweispflichten für Geschädigte in Fällen von Verkehrssicherungspflichtverletzungen.
  • Die Möglichkeit von Beweisvereitelung und deren Folgen wurden nicht ausreichend anerkannt, was für ähnliche zukünftige Verfahren relevant sein könnte.

Haftung der Stadt: Baumkontrolle und die Folgen von Pflichtverletzungen

Unzureichende städtische Baumkontrolle kann erhebliche Schäden verursachen, sowohl für Personen als auch für Eigentum. Wenn ein Baum aufgrund verminderter Pflege oder mangelnder Baumüberwachung umstürzt, können die rechtlichen Konsequenzen weitreichend sein. Die Stadtverwaltung trägt eine Verantwortung, die Verkehrssicherungspflicht sicherzustellen. Diese Pflicht beinhaltet die regelmäßige Baumrisikobewertung, um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls präventive Maßnahmen einzuleiten, wie etwa die Baumfällung oder notwendige Instandhaltungsarbeiten.

Schadensersatzforderungen können entstehen, wenn durch Baumschäden nachweislich eine Pflichtverletzung vorliegt. Das Schadensersatzrecht sieht vor, dass die Stadt für die Folgen ihrer Vernachlässigung haftet, sofern ein Zusammenhang zwischen der unzureichenden Baumkontrolle und den eingetretenen Schäden besteht. In vielen Fällen sind die Ansprüche bei Baumfällen komplex und erfordern eine sorgfältige rechtliche Analyse. Daher ist es wichtig, die Grundlagen der öffentlichen Baumpflege und die damit verbundenen rechtlichen Aspekte zu verstehen, um im Ernstfall richtig reagieren zu können.

In dieser Betrachtung wird ein konkreter Fall beleuchtet, der zeigt, wie sich der Mangel an effektiver Baumkontrolle auf die Haftung der Stadt ausgewirkt hat und welche rechtlichen Folgen daraus resultierten.

Der Fall vor Gericht


Streit um Haftung nach Astabbruch in öffentlichem Park

Verletzung wegen unzureichender städtischer Baumkontrolle
(Symbolfoto: Ideogram gen.)

In einem Rechtsstreit zwischen einer Privatperson und einer Stadt ging es um die Haftung für Verletzungen durch einen abgebrochenen Ast. Der Vorfall ereignete sich am 12. Juni 2019 im städtischen Landgrabenpark, als ein Ast einer Rosskastanie abbrach und die Klägerin schwer verletzte.

Verkehrssicherungspflicht der Stadt für Parkbäume

Die Stadt ist als Eigentümerin des Parks grundsätzlich für die Sicherheit der Besucher verantwortlich. Dies beinhaltet die regelmäßige Kontrolle und Pflege der Bäume, um Gefahren durch herabfallende Äste oder umstürzende Bäume zu minimieren. Allerdings muss nicht jede denkbare Gefahr ausgeschlossen werden. Ein gewisses Restrisiko durch Naturereignisse muss der Verkehr hinnehmen.

Untersuchung des Unfallbaums

Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger untersuchte den Baum und die Überreste des abgebrochenen Astes. Er konnte keine äußerlich erkennbaren Krankheitsanzeichen oder Schädigungen feststellen. Die splittrige Bruchstelle deutete sogar auf gesundes Holzgewebe hin. Weder die Höhe noch die Dichte der Krone des Baumes waren ungewöhnlich oder hätten besondere Untersuchungen erfordert.

Mögliche Unfallursache

Der Sachverständige vermutete, dass der Ast möglicherweise besonders lang war und aus der Krone herausragte. Dies könnte ihn anfälliger für Windeinwirkungen gemacht haben. Allerdings konnte er dies ohne weitere Erkenntnisse nicht mit Sicherheit feststellen. Eine besondere Wetterlage am Unfalltag könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Baumkontrollen der Stadt

Die Stadt hatte den Baum zuletzt im Februar 2017 kontrolliert und als „leicht geschädigt“ eingestuft. Eine weitere Kontrolle war für spätestens zwei Jahre später vorgesehen, fand aber bis zum Unfall im Juni 2019 nicht statt. Die Kontrollprotokolle enthielten keine Hinweise auf Besonderheiten in der Wuchsform des Baumes oder des betreffenden Astes.

Gerichtliche Entscheidung

Das Gericht wies die Klage ab. Es sah keinen Beweis dafür, dass eine häufigere oder intensivere Kontrolle den Unfall hätte verhindern können. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass bei einer Kontrolle eine Schädigung oder besondere Gefahr erkennbar gewesen wäre. Das Gericht betonte, dass es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, wonach ein Ast vor dem Abbrechen immer erkennbare Anzeichen einer Schädigung zeigen muss.

Keine Beweislastumkehr

Das Gericht sah auch keine Grundlage für eine Umkehr der Beweislast zugunsten der Klägerin. Die Stadt hatte den Baum nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig beseitigt, um Beweise zu vernichten. Sie hatte sogar Teile des abgebrochenen Astes aufbewahrt und dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt.


Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung verdeutlicht die Grenzen der Verkehrssicherungspflicht bei Naturgefahren. Auch bei nicht optimaler Baumkontrolle haftet eine Kommune nicht automatisch für Astabbrüche, wenn keine erkennbaren Schäden vorlagen. Die Beweislast für die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden verbleibt beim Geschädigten. Ein gewisses Restrisiko durch Naturereignisse ist hinzunehmen, solange keine grobe Fahrlässigkeit bei der Baumpflege vorliegt.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil verdeutlicht die Herausforderungen für Bürger, die durch herabfallende Äste verletzt wurden und Schadensersatz von der Stadt fordern. Es zeigt, dass die bloße Tatsache eines Unfalls nicht ausreicht, um eine Haftung der Stadt zu begründen. Als Geschädigter müssen Sie nachweisen, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und dass diese Verletzung ursächlich für Ihren Schaden war. Dies kann schwierig sein, da Städte nicht jede mögliche Gefahr ausschließen müssen und ein gewisses Restrisiko im öffentlichen Raum akzeptiert wird. Zudem liegt die Beweislast bei Ihnen als Kläger, eine Umkehr der Beweislast erfolgt nur in Ausnahmefällen. Es ist daher ratsam, nach einem Unfall möglichst viele Beweise zu sichern und frühzeitig rechtlichen Beistand zu suchen.


Weiterführende Informationen

Sie haben Fragen zu Haftung der Stadt für Baumschäden? Finden Sie hier Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um dieses komplexe Thema. Unsere FAQ bietet Ihnen verständliche Informationen und hilfreiche Tipps – damit Sie Ihre Rechte und Pflichten im Schadensfall kennen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)


 

Welche Pflichten hat eine Stadt bezüglich der Verkehrssicherheit von Bäumen in öffentlichen Parks?

Städte haben umfassende Verkehrssicherungspflichten für Bäume in öffentlichen Parks. Diese Pflichten umfassen regelmäßige Kontrollen, fachgerechte Pflege und bei Bedarf die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen.

Kontrollpflichten

Die Stadt muss mindestens einmal jährlich eine Sichtkontrolle aller Bäume in öffentlichen Parks durchführen. Bei älteren oder vorgeschädigten Bäumen können häufigere Kontrollen erforderlich sein. Stellen Sie sich vor, Sie besuchen regelmäßig einen Stadtpark – die Bäume, unter denen Sie spazieren, wurden im letzten Jahr mindestens einmal gründlich überprüft.

Durchführung der Kontrollen

Die Baumkontrollen müssen von geschultem Fachpersonal durchgeführt werden. Dabei wird der Baum von allen Seiten betrachtet und auf Anzeichen von Krankheiten, Schädlingsbefall oder Instabilität untersucht. Hierfür werden spezielle Werkzeuge wie Schonhammer oder Sondierstab eingesetzt. Wenn Sie das nächste Mal einen Stadtgärtner mit solchen Werkzeugen sehen, wissen Sie: Er führt wahrscheinlich gerade eine Baumkontrolle durch.

Dokumentationspflichten

Die Stadt muss alle Kontrollen und festgestellten Mängel sorgfältig dokumentieren. Diese Dokumentation ist wichtig, um den Zustand der Bäume über die Zeit zu verfolgen und bei eventuellen Schadensfällen nachweisen zu können, dass die Verkehrssicherungspflicht erfüllt wurde.

Maßnahmen bei festgestellten Mängeln

Werden bei der Kontrolle Probleme festgestellt, muss die Stadt angemessene Maßnahmen ergreifen. Dies kann von Pflegemaßnahmen wie Astschnitt bis hin zur Fällung des Baumes reichen, wenn keine anderen Sicherungsmaßnahmen ausreichen. In einem solchen Fall würden Sie als Parkbesucher möglicherweise Absperrungen oder Warnschilder sehen, bis die notwendigen Arbeiten durchgeführt sind.

Besondere Sorgfaltspflicht

Die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht sind bei Bäumen in öffentlichen Parks besonders hoch, da hier mit einem erhöhten Publikumsverkehr zu rechnen ist. Die Stadt muss daher besonders sorgfältig vorgehen, um die Sicherheit der Parkbesucher zu gewährleisten.

Haftung bei Versäumnissen

Kommt die Stadt ihren Verkehrssicherungspflichten nicht ausreichend nach, kann sie bei Schäden durch herabfallende Äste oder umstürzende Bäume haftbar gemacht werden. Wenn Sie also durch einen herabfallenden Ast in einem öffentlichen Park zu Schaden kommen, könnte unter Umständen ein Anspruch gegen die Stadt bestehen.


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Wie kann ein Geschädigter beweisen, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat?

Um zu beweisen, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, können Sie als Geschädigter folgende Beweise sammeln und vorlegen:

Dokumentation des Schadensortes

Fotografieren und filmen Sie den Schadensort umfassend. Achten Sie dabei auf Details wie den Zustand des Baumes, abgebrochene Äste oder morsche Stellen. Diese visuellen Beweise können die Vernachlässigung der Pflichten durch die Stadt belegen.

Zeugenaussagen

Suchen Sie nach Zeugen, die den Vorfall oder den Zustand des Baumes vor dem Unfall beobachtet haben. Bitten Sie diese, ihre Beobachtungen schriftlich festzuhalten. Zeugenaussagen können bestätigen, dass der gefährliche Zustand des Baumes schon länger bestand.

Gutachten von Sachverständigen

Lassen Sie ein unabhängiges Gutachten erstellen. Ein Baumsachverständiger kann beurteilen, ob der Baum erkennbare Schäden oder Krankheiten aufwies, die bei ordnungsgemäßer Kontrolle hätten auffallen müssen. Dieses Gutachten ist oft entscheidend, um die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nachzuweisen.

Einsicht in städtische Unterlagen

Fordern Sie Einsicht in die Kontroll- und Pflegedokumente der Stadt an. Diese Unterlagen können zeigen, ob und wann der Baum zuletzt kontrolliert wurde. Fehlende oder mangelhafte Dokumentation kann auf eine Vernachlässigung der Pflichten hindeuten.

Wetterdaten

Sammeln Sie Informationen über die Wetterbedingungen zum Unfallzeitpunkt. Wenn der Ast bei normalen Wetterbedingungen abbrach, kann dies auf mangelnde Pflege hindeuten. Bei extremen Wetterereignissen könnte die Stadt eventuell entlastet werden.

Medizinische Unterlagen

Bewahren Sie alle medizinischen Unterlagen sorgfältig auf. Diese belegen Art und Umfang Ihrer Verletzungen und sind wichtig für die Schadensersatzforderung.

Beachten Sie, dass die Beweislast grundsätzlich bei Ihnen als Geschädigtem liegt. Sie müssen nachweisen, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und dadurch der Schaden entstanden ist. Je mehr relevante Beweise Sie vorlegen können, desto größer sind Ihre Chancen, Ihre Ansprüche durchzusetzen.


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Welche Rolle spielen Sachverständigengutachten bei der Beurteilung von Baumunfällen?

Sachverständigengutachten spielen eine zentrale Rolle bei der Beurteilung von Baumunfällen und sind oft entscheidend für den Ausgang eines Rechtsstreits. Sie liefern dem Gericht die notwendige fachliche Expertise, um komplexe Sachverhalte rund um Baumschäden und -unfälle zu beurteilen.

Erstellung des Gutachtens

Ein Baumgutachter wird in der Regel vom Gericht oder einer der Parteien beauftragt, den Unfallhergang und die Ursachen zu untersuchen. Dabei analysiert er:

  • Den Zustand des Baumes vor und nach dem Unfall
  • Mögliche Vorschädigungen oder Krankheiten
  • Die Standortbedingungen und Umwelteinflüsse
  • Die durchgeführten Pflege- und Kontrollmaßnahmen

Der Sachverständige dokumentiert seine Erkenntnisse detailliert und erstellt daraus ein fundiertes Gutachten, das als Beweismittel im Gerichtsverfahren dient.

Inhalt und Bedeutung für das Gericht

Das Gutachten beantwortet zentrale Fragen, die für die rechtliche Beurteilung des Falls entscheidend sind:

  • War der Schaden vorhersehbar?
  • Hätte er durch angemessene Kontrollen oder Pflegemaßnahmen verhindert werden können?
  • Wurden die Verkehrssicherungspflichten eingehalten?

Diese Einschätzungen helfen dem Gericht, die Schuldfrage zu klären und zu entscheiden, ob beispielsweise der Baumeigentümer oder die zuständige Behörde haftbar gemacht werden kann.

Einfluss auf die Urteilsfindung

Gerichte messen Sachverständigengutachten in der Regel hohes Gewicht bei, da sie selbst nicht über das erforderliche Fachwissen verfügen. Die Gutachten bilden oft die Grundlage für die richterliche Entscheidung. Allerdings ist das Gericht nicht an die Schlussfolgerungen des Gutachtens gebunden und kann bei Zweifeln weitere Gutachten einholen oder den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung laden.

Bedeutung für die Parteien

Für Sie als Betroffener eines Baumunfalls oder als Baumeigentümer ist es wichtig zu wissen, dass das Sachverständigengutachten Ihre rechtliche Position maßgeblich beeinflussen kann. Es kann den Unterschied zwischen einer Haftung und einem Freispruch ausmachen. Daher ist es ratsam, bei der Auswahl des Gutachters auf dessen Qualifikation und Erfahrung zu achten.


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Unter welchen Umständen kann es zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten kommen?

Eine Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten kann in verschiedenen Situationen eintreten, die von der üblichen Regel abweichen, dass der Anspruchsteller die Beweislast trägt.

Gesetzlich geregelte Beweislastumkehr

In einigen Fällen ist die Beweislastumkehr gesetzlich festgelegt. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist § 477 BGB im Verbrauchsgüterkauf. Wenn Sie als Verbraucher eine bewegliche Sache von einem Unternehmer kaufen und sich innerhalb eines Jahres nach Übergabe ein Mangel zeigt, wird vermutet, dass dieser Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag. Der Verkäufer muss dann beweisen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht existierte.

Beweisvereitelung

Eine Beweislastumkehr kann auch eintreten, wenn die nicht beweisbelastete Partei dem Gegner die Beweisführung unmöglich macht oder erheblich erschwert. Stellen Sie sich vor, Sie erleiden einen Schaden durch einen umgestürzten Baum und die Stadt vernichtet alle Unterlagen zur Baumkontrolle. In diesem Fall könnte das Gericht eine Beweislastumkehr anordnen, da die Stadt durch ihr Verhalten die Beweisführung vereitelt hat.

Grobe Pflichtverletzung

Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, insbesondere wenn es um den Schutz von Leben und Gesundheit geht, kann ebenfalls eine Beweislastumkehr eintreten. Wenn Sie beispielsweise durch einen groben ärztlichen Behandlungsfehler geschädigt wurden, müssen Sie nicht beweisen, dass dieser Fehler ursächlich für Ihren Schaden war. Stattdessen muss der Arzt beweisen, dass der Schaden auch bei ordnungsgemäßer Behandlung eingetreten wäre.

Verletzung von Verkehrssicherungspflichten

Bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, wie sie auch bei der städtischen Baumkontrolle relevant sind, kann unter Umständen eine Beweislastumkehr eintreten. Wenn die Stadt ihre Pflicht zur regelmäßigen und sorgfältigen Kontrolle von Straßenbäumen grob vernachlässigt hat, könnte das Gericht Ihnen als geschädigter Person die Beweislast erleichtern. Sie müssten dann möglicherweise nur noch nachweisen, dass ein Schaden durch einen umgestürzten Baum entstanden ist, nicht aber, dass dieser Schaden bei ordnungsgemäßer Kontrolle hätte verhindert werden können.

Anscheinsbeweis

In manchen Fällen kommt es zu einer faktischen Beweislastumkehr durch den sogenannten Anscheinsbeweis. Wenn Sie beispielsweise durch einen umgestürzten morschen Baum geschädigt wurden, spricht der erste Anschein dafür, dass die Stadt ihre Kontrollpflichten verletzt hat. Die Stadt müsste dann darlegen und beweisen, dass sie ihrer Verkehrssicherungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.


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Welche Schadensersatzansprüche können Verletzte nach einem Baumunfall geltend machen?

Nach einem Baumunfall können Sie als Verletzter verschiedene Schadensersatzansprüche geltend machen, sofern die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Die wichtigsten Ansprüche umfassen Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld.

Heilbehandlungskosten

Sie haben Anspruch auf Erstattung aller medizinisch notwendigen Behandlungskosten. Dazu gehören Arztkosten, Krankenhausaufenthalte, Medikamente, Physiotherapie und Hilfsmittel wie Krücken oder Rollstühle. Auch Eigenanteile und Zuzahlungen sind erstattungsfähig. Achten Sie darauf, alle Rechnungen und Belege sorgfältig aufzubewahren.

Verdienstausfall

Können Sie aufgrund der Verletzungen nicht arbeiten, steht Ihnen Ersatz für den entgangenen Verdienst zu. Der Anspruch umfasst sowohl den aktuellen als auch den zukünftigen Verdienstausfall, wenn dauerhafte Beeinträchtigungen vorliegen. Bei Selbstständigen wird der entgangene Gewinn ersetzt. Dokumentieren Sie genau, wie lange Sie arbeitsunfähig waren und welche Einkommenseinbußen Sie erlitten haben.

Schmerzensgeld

Für die erlittenen Schmerzen und Beeinträchtigungen können Sie Schmerzensgeld verlangen. Die Höhe hängt von der Schwere der Verletzungen, der Dauer der Heilbehandlung und möglichen Dauerfolgen ab. Führen Sie ein Schmerztagebuch und lassen Sie sich ärztliche Atteste ausstellen, um Ihre Ansprüche zu untermauern.

Weitere mögliche Ansprüche

Je nach Einzelfall können Sie auch folgende Schadensposten geltend machen:

  • Haushaltsführungsschaden bei Beeinträchtigung der Haushaltstätigkeit
  • Pflegekosten bei Pflegebedürftigkeit
  • Fahrt- und Besuchskosten für Angehörige
  • Sachschäden an Kleidung oder persönlichen Gegenständen

Um Ihre Ansprüche durchzusetzen, müssen Sie nachweisen, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Sammeln Sie Beweise wie Fotos vom Unfallort, Zeugenaussagen und Gutachten zur Beschaffenheit des Baumes. Die Ansprüche verjähren in der Regel nach drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Unfall passiert ist und Sie von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt haben.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Verkehrssicherungspflicht: Diese Pflicht bezieht sich auf die Verantwortung von Eigentümern und Betreibern öffentlicher und privater Anlagen, dafür zu sorgen, dass von diesen Anlagen keine Gefahr für andere Menschen ausgeht. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Stadt sicherstellen muss, dass die Bäume im Park regelmäßig kontrolliert und gepflegt werden, um Risiken durch herabfallende Äste zu minimieren. Ein gewisses Restrisiko durch unvermeidbare Naturereignisse bleibt aber bestehen und muss von der Öffentlichkeit akzeptiert werden.
  • Haftung: Im juristischen Kontext bedeutet Haftung die rechtliche Verpflichtung, für einen Schaden aufzukommen. Hier geht es darum, ob die Stadt für die Verletzungen der Spaziergängerin verantwortlich gemacht werden kann, weil sie möglicherweise ihre Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt hat. Eine Haftung setzt dabei voraus, dass die Pflichtverletzung ursächlich für den Schaden war.
  • Beweislast: Die Beweislast regelt, welche Partei in einem Rechtsstreit die Pflicht hat, bestimmte Tatsachen zu beweisen. In diesem Fall muss die Klägerin nachweisen, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und dass diese Verletzung zu ihrem Schaden geführt hat. Ohne einen solchen Beweis kann die Stadt nicht haftbar gemacht werden.
  • Sachverständiger: Ein Sachverständiger ist ein Experte auf einem bestimmten Gebiet, der vom Gericht bestellt wird, um technische oder fachliche Fragen zu klären. In diesem Fall hat ein Sachverständiger den Baum und den abgebrochenen Ast untersucht, um zu beurteilen, ob die Stadt ihre Pflegepflicht verletzt hat und ob erkennbare Schäden vorlagen.
  • Schadensersatz: Das ist eine Entschädigung, die einer Person zusteht, die durch das Verschulden eines anderen einen Schaden erlitten hat. Im vorliegenden Fall könnte die schwerverletzte Spaziergängerin Schadensersatz von der Stadt verlangen, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.
  • Kausalität: Kausalität bezeichnet den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Handlung oder Unterlassung und einem eingetretenen Schaden. Für eine Haftung der Stadt muss bewiesen werden, dass die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht tatsächlich den Schaden verursacht hat und nicht lediglich eine zufällige Verbindung besteht. Fehlt dieser Nachweis, kann keine Haftung begründet werden.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 839 BGB (Schuldhaftes Handeln): Die Vorschrift regelt den Schadensersatzanspruch aufgrund einer rechtswidrigen Handlung oder Unterlassung, die fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde. Der Fall betrifft mögliche Fahrlässigkeit der Stadt im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht. Die Klägerin argumentiert, dass die Stadt die Rosskastanie im Park nicht ausreichend kontrolliert und somit die Gefahr des Astabbruchs nicht rechtzeitig erkannt habe.
  • § 839 Abs. 1 BGB (Amtshaftung): Hierbei geht es um die Haftung des Staates für rechtswidrige Handlungen seiner Organe (z. B. Stadtverwaltung). Im vorliegenden Fall könnte die Stadt wegen der vermeintlichen Unterlassungen der Baumkontrolle haftbar gemacht werden. Die Klägerin begehrt Schadenersatz für ihre Verletzungen, die sie durch den herabfallenden Ast erlitten hat.
  • § 1004 BGB (Schadensersatz bei Verletzung einer Schutzpflicht): Diese Vorschrift ermöglicht Schadensersatzansprüche bei der Verletzung von Schutzpflichten, die kraft Gesetzes oder Vertrag bestehen. Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf die Verkehrssicherungspflicht der Stadt, die aus § 839 BGB abgeleitet werden kann.
  • § 823 BGB (Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit): Diese Vorschrift dient der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bei Verletzungen von Leben, Körper oder Gesundheit. Die Klägerin hat durch den herabfallenden Ast erhebliche Verletzungen erlitten und könnte daher aufgrund dieser Vorschrift Ansprüche geltend machen.
  • § 98 Abs. 1 Satz 1 OWiG (Beweislast): Die Vorschrift bestimmt, dass diejenige Partei, die sich auf ein Recht oder eine Tatsache stützt, diese auch zu beweisen hat. Im Fall der Klägerin liegt die Beweislast für den Nachweis der Fahrlässigkeit der Stadt bei ihr. Die Klägerin argumentiert, dass die Stadt die notwendigen Kontrollen nicht durchgeführt hat und somit die Gefahr des Astabbruchs hätte erkennen können. Da die Stadt die Kontrollberichte zurückgehalten hat, könnte dies zu einer Beweislastumkehr führen.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 2 U 10/23 – Urteil vom 08.01.2024


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