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Schadensersatzforderung eines Arbeitnehmers und Ausschlußfrist

BUNDESARBEITSGERICHT

Az.: 8 AZR 8/02

Urteil vom 10.10.2002


Leitsätze

Es verstößt in der Regel gegen Treu und Glauben, wenn sich ein Arbeitnehmer darauf beruft, der Gläubiger habe bei der Geltendmachung einer Schadensersatzforderung die gültige ein- oder zweistufige Ausschlußfrist nicht gewahrt, falls der Arbeitnehmer die Forderung zuvor deklaratorisch anerkannt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner das deklaratorische Schuldanerkenntnis später anficht.


Das Bundesarbeitsgericht hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom XXX für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16. November 2001 – 10 Sa 797/01 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Parteien streiten noch um einen Schadensersatzanspruch, den die Beklagte im Wege der Widerklage verfolgt.

Die Beklagte firmiert unter der Bezeichnung „Firma F, Bauelemente, -montagen und Innenausbau“. Sie führt Tischlerei- und Innenausbauarbeiten aus, insbesondere nimmt sie Verschalungen und Türenmontagen sowie Vorwandmontagen vor, ferner erstellt sie Rigips- und MF-Decken.

Der Kläger war seit 14. August 1999 bei der Beklagten als Monteur im Rahmen eines bis zum 14. Dezember 1999 befristeten, ordentlich kündbaren Arbeitsvertrages beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis waren zuletzt die Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom 14. August 1999 maßgeblich. Dieser enthielt in § 10 eine zweistufige Ausschlußfrist.

Ende Oktober 1999 machte die Beklagte dem Kläger gegenüber Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit mangelhaften Arbeitsleistungen geltend, die Nachbesserungen erforderten. Nach einem Gespräch mit dem Bauleiter der Beklagten, Herrn W, am 25. Oktober 1999 unterzeichnete der Kläger am 26. Oktober 1999 eine als „Darlehnsvertrag“ bezeichnete Vereinbarung.

Diese lautet:

Wir gewähren Herrn O. ein Darlehn in Höhe von 7.600,00 DM, das er monatlich ratenweise mit je 350,00 DM auf nachfolgenden Konto per Dauerauftrag abbezahlt:

Die erste Rate ist fällig am 15.12.1999 und beträgt 700,00 DM (wird vom Restlohn von der Firma Forma Art abgezogen). Die jeweils darauffolgenden Raten sind spätestens am 05. eines jeden Monats auf o.g. Konto einzuzahlen oder zu verbuchen.

Sollte eine Zahlung ausbleiben so wird unverzüglich die Vollstreckung des Gesamtbetrages aufgegeben.

Den Erhalt des Darlehnsbetrages bestätigt Herr O. durch seine Unterschrift dieses Vertrages und bedarf keiner weiteren Quittung.

Am 27. Oktober 1999 meldete sich der Kläger wegen einer Verletzung, die er auf Grund eines Arbeitsunfalls erlitten hatte, arbeitsunfähig krank. Noch am selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Wahrung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist zum 15. November 1999. Sie rechnete das Arbeitsverhältnis für Oktober und November 1999 unter Einbehalt der im Vertrag vom 26. Oktober 1999 vereinbarten 700,00 DM ab. Der Kläger nahm die Kündigung und den Lohnabzug zunächst hin, zahlte aber die am 5. Januar 2000 und 5. Februar 2000 fälligen Raten aus dem Vertrag vom 26. Oktober 1999 nicht. Die Beklagte mahnte die Ratenzahlungen von 350,00 DM mit Schreiben vom 23. Februar 2000 an. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 29. Februar 2000 mit, daß er den Vertrag vom 26. Oktober 1999 wegen widerrechtlicher Drohung anfechte und weitere Leistungen auf den Darlehensvertrag nicht erbringen werde. Später fällige Ratenzahlungen erfolgten tatsächlich nicht.

Der Kläger erhob am 6. September 2000 Klage auf Rückzahlung der von seinem Lohn für Oktober/November 1999 einbehaltenen 700,00 DM. Erst im Kammertermin vom 10. April 2001 erhob die Beklagte Widerklage auf Zahlung des noch offenen Restbetrages aus dem Vertrag vom 26. Oktober 1999 iHv. 6.900,00 DM. Die Klage selbst ist rechtskräftig abgewiesen worden.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe grob fahrlässig gegen seine Arbeitspflichten verstoßen. Die in Form eines Darlehensvertrages vereinbarte Tilgung der Schadensersatzansprüche sei wirksam begründet. Sie habe den Kläger bei der Unterzeichnung dieses Vertrages nicht unter Druck gesetzt oder mit dem Einbehalt von Lohn gedroht. Ihr Anspruch sei auch nicht verfallen, weil der Kläger den Schadensersatzanspruch durch den Vertrag vom 26. Oktober 1999 anerkannt habe.

Die Beklagte und Widerklägerin hat zuletzt beantragt, auf die Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 10. April 2001 – 1 Ca 606/00 – teilweise abzuändern und den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte 6.900,00 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11. April 2001 zu zahlen.

Der Kläger und Widerbeklagte hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

Er hat behauptet, die Beklagte habe ihm damit gedroht, sie werde den Lohn für Oktober und November 1999 nur zahlen, wenn er bereit sei, den von ihm verursachten Schaden wieder gut zu machen und deshalb den Darlehensvertrag unterzeichne. Für diese Vorhaltungen sei er empfänglich gewesen, weil er seine Verantwortlichkeit in rechtlicher Hinsicht für möglich gehalten habe. Deshalb und weil er dringend auf die Auszahlung des rückständigen Lohns für die Bestreitung seines Lebensunterhaltes angewiesen gewesen sei, habe er den Vertrag unterzeichnet. Die Beklagte habe bei Unterzeichnung dieses Vertrages gewußt, daß der Kläger für den von ihr behaupteten Schaden nicht verantwortlich gewesen sei. Bei dem Darlehensvertrag handele es sich um ein Scheingeschäft zur Verdeckung eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses. Im übrigen sei der Anspruch verfallen.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Widerklage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Zahlungsbegehren weiter.

Die Parteien haben einem schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Ein evtl. Anspruch der Beklagten ist jedenfalls nicht verfallen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, daß der Kläger mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrages ein kausales Schuldanerkenntnis abgegeben habe, da die Parteien die Existenz einer Schuld, dh. einen Schadensersatzanspruch der Beklagten für möglich gehalten hätten. Die Bezeichnung als Darlehensvertrag stehe der Charakterisierung des Rechtsverhältnisses als kausales Schuldanerkenntnis nicht entgegen. Ob dieser Vertrag wegen widerrechtlicher Drohung nichtig sei, könne nicht abschließend entschieden werden, da es hierzu noch der Vernehmung des Zeugen F bedürfe. Dies könne jedoch dahingestellt bleiben, da der Anspruch der Beklagten nach § 16 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) verfallen sei. Das Arbeitsverhältnis unterfalle dem Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen BRTV-Bau. Die einzelvertragliche Ausschlußfrist sei wegen Verstoßes gegen das Günstigkeitsprinzip unwirksam, da sie kürzere Geltendmachungsfristen als die tarifliche Ausschlußfrist vorsehe. Der Anspruch aus dem Darlehensvertrag sei ein „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ iSd. § 16 BRTV-Bau. Da die Beklagte den noch offenen Betrag aus dem Vertrag nicht binnen zwei Monaten geltend gemacht habe, sei er verfallen. Zwar habe der Kläger durch sein Schuldanerkenntnis die Forderung zunächst streitlos gestellt und auf die Erhebungen von Einwendungen verzichtet. Dies betreffe jedoch nur die erste Stufe der Ausschlußfrist. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29. Februar 2000 weitere Zahlungen verweigert habe, sei die zweite Stufe der Ausschlußfrist in Lauf gesetzt worden.

II. Die Revision hat Erfolg und führt, da das Landesarbeitsgericht die Frage, ob Anfechtungsgründe vorliegen, noch nicht abschließend aufgeklärt hat, zur Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits. Der Senat kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen; die Parteien haben dem schriftlichen Verfahren zugestimmt (§ 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

1. Ein Anspruch der Beklagten gegen den Kläger kann sich – mangels weiterer Darlegungen der Beklagten – nur aus dem Vertrag der Parteien vom 26. Oktober 1999 ergeben. In diesem Vertrag hat sich der Kläger gegenüber der Beklagten verpflichtet, ein gewährtes Darlehen in Höhe von insgesamt 7.600,00 DM zurück zu zahlen. Da bereits 700,00 DM von der Vergütung des Klägers einbehalten worden sind, verbleiben als Restschuld 6.900,00 DM.

2. Dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht verfallen.

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, daß die Verfallfrist des § 16 BRTV-Bau vom 3. Februar 1981 idF vom 30. Juni 1999 anwendbar ist. Der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe ist allgemeinverbindlich, seine Rechtsnormen gelten damit gemäß § 5 Abs. 4 TVG. Der Betrieb der Beklagten fällt gemäß dem § 1 Abs. 2 Abschn. V Ziff. 37 BRTV-Bau unter den fachlichen Geltungsbereich des Rahmentarifvertrages. Da der Kläger Arbeiter war, unterliegt er auch dem persönlichen Geltungsbereich (§ 1 BRTV-Bau).

Die tarifliche Ausschlußfrist geht der in § 10 des Vertrages einzelvertraglich vereinbarten Ausschlußfrist vor, denn diese ist – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – ungünstiger (§ 4 Abs. 3 TVG).

§ 16 BRTV-Bau lautet:

Ausschlußfristen

1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.

Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, daß es sich bei dem vertraglichen Rückzahlungsanspruch um einen Anspruch aus dem Arbeitsvertrag handelt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stehen mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung alle Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis tatsächlich oder rechtlich zusammenhängen, auch wenn nur ein entfernter Zusammenhang besteht (BAG 3. Februar 1961 – 1 AZR 140/59 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 14; 20. Juni 1978 – 1 AZR 102/76 – BAGE 30, 347 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 3, zu 1 der Gründe; 3. August 1982 – 1 AZR 77/81 – AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 10; 27. November 1984 – 3 AZR 596/82 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 89 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 64). Die Ausschlußklausel des § 16 BRTV-Bau soll nach ihrem Wortlaut nicht nur Ansprüche erfassen, deren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis liegt. Es genügt, wenn die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die tatsächliche Grundlage bildet. Nicht erfaßt werden dagegen Ansprüche aus selbständig neben dem Arbeitsverhältnis abgeschlossenen bürgerlich-rechtlichen Verträgen und hierdurch begründeten Rechtsverhältnissen (BAG 27. November 1984 – 3 AZR 596/82 – aaO, zu II 1 b der Gründe; 21. Februar 1990 – 5 AZR 169/89 – AP VVG § 179 Nr. 3 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 54, zu II 2 der Gründe). Der richtige Maßstab für die Abgrenzung ist § 1 Abs. 1 TVG zu entnehmen. Die Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien erstreckt sich auf den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Für die Zulässigkeit von Ausschlußfristen wird davon ausgegangen, daß die betroffenen Ansprüche ihre Grundlage in dem Arbeitsverhältnis haben müssen. Ansprüche aus selbständig begründeten Rechtsverhältnissen werden nur erfaßt, wenn das Rechtsverhältnis ohne das Arbeitsverhältnis überhaupt nicht oder nicht zu den vereinbarten Bedingungen zustande gekommen wäre (Löwisch/Rieble TVG § 1 Rn. 37 f.). Es genügt dazu nicht, wenn ein Rechtsverhältnis bei Gelegenheit des Arbeitsverhältnisses begründet wird und sich die Vertragsbedingungen nicht von anderen Verträgen dieser Art außerhalb eines zwischen den Arbeitsvertragsparteien bestehenden Arbeitsverhältnisses unterscheiden. Demgemäß hat das Bundesarbeitsgericht (20. Februar 2001 – 9 AZR 11/00 – BAGE 97, 65 = AP BGB § 611 Arbeitnehmerdarlehen Nr. 5) Ansprüche eines Bauarbeitgebers auf Rückzahlung von Darlehen, die mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis niedriger als marktüblich zu verzinsen und an den Bestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft sind, als „Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ iSd. § 16 BRTV-Bau angesehen.

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Nichts anderes gilt, wenn – wie im Streitfall – eine zwischen den Arbeitsvertragsparteien streitige Schadensersatzforderung durch die Vereinbarung eines Darlehens geklärt werden soll. Das Darlehen ist dem Kläger nämlich im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis und für dessen Zwecke gewährt worden.

b) Der Zahlungsanspruch in Höhe von 6.900,00 DM wurde auf Grund der Formulierung in der Vereinbarung vom 26. Oktober 1999: „Sollte eine Zahlung ausbleiben so wird unverzüglich die Vollstreckung des Gesamtbetrages aufgegeben.“ mit dem Ausbleiben der Januar-Rate am 5. Januar 2000 fällig, denn die erste, am 15. Dezember 1999 fällig gewordene Rate hat die Beklagte bereits vor Fälligkeit von der Vergütung des Klägers einbehalten. Einer Kündigung des Darlehens bedurfte es nach § 609 Abs. 2 BGB aF nicht, denn für die Rückerstattung war eine bestimmte Zeit vorgesehen.

c) Die Beklagte mahnte mit Schreiben vom 23. Februar 2000 die Zahlung der monatlichen Raten an. Darin ist jedoch keine Geltendmachung der Gesamtsumme enthalten, sondern nur eine Geltendmachung der am 5. Januar 2000 und am 5. Februar 2000 fälligen Raten. Überdies hat sie die Gesamtforderung erst im Kammertermin am 10. April 2001 durch Erhebung der Widerklage gerichtlich geltend gemacht. Sie hat damit die erste und zweite Stufe der Ausschlußfrist nicht eingehalten.

d) Durch den Vertrag vom 26. Oktober 1999 ist der Ablauf der Ausschlußfrist nicht „unterbrochen“ worden. Mangels gesetzlicher Regelung ist dies – anders als bei der Verjährung (§ 208 BGB aF, § 212 Abs. 1 Ziff. 1 BGB nF) – nicht der Fall. § 208 BGB aF ist auf Ausschlußfristen nicht, auch nicht analog, anwendbar (RG 17. März 1930 – VIII 502/29 – RGZ 128, 47; 11. Juni 1936 – VI 480/35 – RGZ 151, 345; Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. überbl. § 194 Rn. 8).

e) Die Berufung des Klägers auf die Versäumung der Ausschlußfrist ist aber treuwidrig. Ein evtl. Anspruch der Beklagten ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen daher nicht verfallen.

aa) Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß §§ 242, 134 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlußfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Gläubigers hinsichtlich der erforderlichen Geltendmachung des Anspruchs durch ein Verhalten des Schuldners veranlaßt worden ist. Der Schuldner muß also den Gläubiger von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Verfallfrist abgehalten haben. Das wird zB angenommen, wenn der Schuldner durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Gläubiger die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Gläubiger könne darauf vertrauen, daß der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlußfrist erfüllt werde. Dies wird insbesondere bei besonderen Zusagen angenommen (BAG 5. August 1999 – 6 AZR 752/97 – ZTR 2000, 36; 8. August 2000 – 9 AZR 418/99 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 151 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 133; 11. Januar 1995 – 10 AZR 5/94 – nv.; 6. September 1972 – 4 AZR 422/71 – AP BAT § 4 Nr. 2 mwN; 27. März 1963 – 4 AZR 72/62 – BAGE 14, 140 = AP BetrVG § 59 Nr. 9; 24. Mai 1973 – 5 AZR 21/73 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 52 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 15).

bb) Die Beklagte konnte im Streitfall darauf vertrauen, daß der Kläger die Schadensersatzforderung auch ohne weitere schriftliche oder gerichtliche Geltendmachung erfüllt, da dieser mit Zustimmung zu dem Darlehensvertrag die ursprüngliche Schadensersatzforderung im Wege eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses anerkannt hat.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat die individuelle Vereinbarung vom 26. Oktober 1999 in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ausgelegt.

Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis soll eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigen. Der Zweck eines deklaratorischen Anerkenntnisvertrages besteht darin, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewißheit der Parteien zu entziehen und es insoweit endgültig festzulegen (BGH 24. März 1976 – IV ZR 222/74 – BGHZ 66, 250, 253 f.). In dieser vertragstypischen Zweckbestimmung ist das kausale deklaratorische Schuldanerkenntnis von vergleichs-ähnlicher Rechtsnatur. Im Unterschied zum Vergleich werden Streit oder Ungewißheit jedoch nicht durch gegenseitiges, sondern durch einseitiges Nachgeben des Schuldners beseitigt. Es handelt sich somit um einen kausalen einseitigen Feststellungsvertrag. Mit ihm regeln die Parteien ihre materiell-rechtlichen Beziehungen (BAG 15. März 2000 – 10 AZR 101/99 – BAGE 94, 73 = AP BAT §§ 22, 23 Zuwendungs-TV Nr. 24).

Die Auslegung individueller vertraglicher Vereinbarungen ist grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz. In der Revisionsinstanz ist nur eine eingeschränkte Überprüfung dahin möglich, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt sind, ob dabei gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen und ob das tatsächliche Vorbringen der Parteien vollständig verwertet oder wesentlicher Auslegungsstoff nicht herangezogen worden ist. Dem Urteil muß nachvollziehbar zu entnehmen sein, welche für und gegen die Auslegung sprechenden Gründe das Gericht zu seinem Ergebnis bestimmt haben. Ob es den Auslegungsstoff insoweit hinreichend beachtet hat, beurteilt sich unter anderem nach dem Vorbringen der Parteien, das sich aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt (§ 561 Abs. 1 ZPO aF) (BAG 22. September 1992 – 9 AZR 385/91 – AP BGB § 117 Nr. 2 = EzA BGB § 117 Nr. 3; 19. April 1995 – 10 AZR 49/94 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 173 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 126; 8. September 1998 – 9 AZR 273/97 – AP BGB § 611 Tantieme Nr. 2 = EzA BGB § 611 Tantieme Nr. 2; 8. Juni 2000 – 2 AZR 207/99 – BAGE 95, 62 = AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 49).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß die Parteien mit der Vereinbarung den Streit über eine mögliche Schadensersatzverpflichtung des Klägers wegen Schlechtleistung bereinigen und klären wollten und den Vertrag demgemäß lediglich als kausales, dh. deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet. Eine solche Auslegung ist möglich, das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Auslegung auch alle wesentlichen Gesichtspunkte, insbesondere den Anlaß und den Zweck der Vereinbarung berücksichtigt. Gegen die dieser Auslegung zugrundeliegenden Feststellungen sind keine Verfahrensrügen erhoben worden. Die Angabe des Schuldgrundes ist nicht Voraussetzung für die Annahme eines lediglich kausalen Schuldanerkenntnisses. Der Auslegung steht schließlich nicht § 607 Abs. 2 BGB aF entgegen. Nach § 607 Abs. 2 BGB aF kann ein Schuldner, der Geld oder andere vertretbare Sachen aus einem anderen als in § 607 Abs. 1 BGB aF genannten Grund (Empfang von Geld oder anderen vertretbaren Sachen) schuldet, mit dem Gläubiger vereinbaren, daß das Geld oder die Sachen als Darlehen geschuldet werden. Die Schuld kann dabei durch ein abstraktes Schuldanerkenntnis umgeschafft und eine neue Schuld begründet werden (Palandt/Putzo BGB 61. Aufl. § 607 Rn. 21). Dieses wäre nach den §§ 780, 781 BGB aF formbedürftig und bewirkt, daß Einwendungen aus dem alten Schuldverhältnis entfallen. Die Vereinbarung eines Darlehensvertrages im Zusammenhang mit einer zugrundeliegenden Schuld muß aber nicht immer zur Annahme eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses, dh. zur Neubegründung einer Schuld führen, wenn lediglich eine bereits bestehende Schuld bestätigt werden soll und die Parteien einen bestehenden Streit bereinigen oder der Ungewißheit entziehen wollen. Im Rahmen des § 607 Abs. 2 BGB aF können die Parteien auch lediglich eine Schuldänderung vereinbaren, indem jetzt Darlehensgrundsätze gelten sollen (Palandt/Putzo aaO § 607 Rn. 19). Eine als Darlehen bezeichnete Vereinbarung kann damit auch ein lediglich deklaratorisches Schuldanerkenntnis enthalten (BAG 11. Mai 1983 – 7 AZR 500/79 – nv.; 18. Juni 1980 – 4 AZR 463/78 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 68).

Die Beklagte selbst wertet in der Revision die Vereinbarung als kausales Schuldanerkenntnis, sie zieht hieraus nur andere rechtliche Folgen als das Landesarbeitsgericht. Damit hat die Beklagte mit ihrem Anspruch keinen neubegründeten, einer neuen Ausschlußfrist unterliegenden Anspruch aus einem konstitutiven Schuldanerkenntnis bzw. einen „umgeschafften“ Darlehensanspruch geltend gemacht, sondern den lediglich anerkannten Schadensersatzanspruch, auf den im Wege der bloßen Schuldänderung Darlehensregeln anwendbar sein sollten, soweit die Parteien dies vereinbart haben.

(2) Das Bundesarbeitsgericht vertritt in mittlerweile ständiger Rechtsprechung bei Lohnansprüchen des Arbeitnehmers die Auffassung, daß Forderungen nicht mehr geltend gemacht werden müssen, um eine Ausschlußfrist zu wahren, wenn der Arbeitgeber durch Abrechnung eine Forderung des Arbeitnehmers vorbehaltlos ausgewiesen hat. Die Ansprüche würden damit „streitlos“ gestellt (21. April 1993 – 5 AZR 399/92 – BAGE 73, 54 = AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 124 einstufige Ausschlußfrist; 10. Juli 1991 – 5 AZR 382/90 – nv.; 29. Mai 1985 – 7 AZR 124/83 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 92 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 66; 20. Oktober 1982 – 5 AZR 110/82 – BAGE 40, 258 = AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 76).

Auch bei Ansprüchen des Arbeitgebers hat das Bundesarbeitsgericht im Falle einer einstufigen Ausschlußfrist die Auffassung vertreten, daß sich derjenige, der, sei es auch ohne Absicht, durch Abgabe eines Schuldanerkenntnisses bewirke, daß sein Gläubiger die Schriftform einer tariflichen Ausschlußbestimmung nicht einhalte, nicht mit Erfolg auf den Ablauf einer Ausschlußfrist berufen könne (3. August 1971 – 1 AZR 327/70 – AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 66 mit zust. Anm. Buchner; einschränkend dagegen 20. November 1984 – 3 AZR 298/82 – nv.). Dieser Rechtsprechung folgen auch die Instanzgerichte (vgl. LAG Köln 28. August 2001 – 13 Sa 19/01 – LAGE BetrVG 1972 § 103 Nr. 18; ebenso LAG Berlin 4. April 2001 – 6 Sa 479/01 – nv. für einen Fall, in dem das Anerkenntnis zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Forderung bereits verfallen war).

Das Schrifttum ist – soweit ersichtlich – ohne Unterscheidung nach ein- und zweistufiger Ausschlußfrist der Auffassung, daß anerkannte Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden müssen (ErfK/Schaub 2. Aufl. § 4 TVG Rn. 94; Wiedemann/Wank TVG 6. Aufl. § 4 Rn. 785, 827; MünchKomm/Müller-Glöge BGB 3. Aufl. § 611 Rn. 352; Löwisch/Rieble TVG § 1 Rn. 502; MünchArbR/Hanau 2. Aufl. Bd. 1 § 75 Rn. 23; ähnlich auch Kasseler Handbuch/Dörner 2. Aufl. Bd. 2 8.1 Rn. 279).

(3) Es verstößt in der Regel gegen Treu und Glauben, wenn sich ein Arbeitnehmer darauf beruft, der Gläubiger habe bei Geltendmachung einer Schadensersatzforderung die gültige Ausschlußfrist nicht gewahrt, falls der Arbeitnehmer diese Forderung zuvor deklaratorisch anerkannt hat. In der Regel verzichtet der Schuldner mit der Abgabe eines deklaratorischen Anerkenntnisses auf alle Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur, die er bei der Abgabe kannte oder mit denen er mindestens rechnete (BAG 27. Februar 1970 – 1 AZR 143/69 – AP BGB § 781 Nr. 2 = EzA BGB § 781 Nr. 2; Palandt/Sprau aaO § 781 Rn. 4). Hieraus folgt zunächst, daß der Schuldner auf die Einwendung verzichtet, daß die erhobene Forderung bereits verfallen war. Mit einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis kann der Schuldner aber auch auf künftige Einwendungen verzichten. Ein Verzicht auf künftige Einwendungen ist dann anzunehmen, wenn dies in der Erklärung des Schuldners klar zum Ausdruck kommt. Entscheidend ist, wie der Gläubiger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm bekannten Interessen des Schuldners verstehen muß (BGH 23. März 1983 – VIII ZR 335/81 – NJW 1983, 1903; 18. Oktober 1972 – VIII ZR 110/71 – NJW 1973, 39).

Unter Berücksichtigung des Zwecks tariflicher Ausschlußfristen beinhaltet die Abgabe eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses durch den Schuldner regelmäßig dessen Verzicht auf die Beachtung von Ausschlußfristen.

Tarifliche Ausschlußfristen dienen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der tariflichen Verfallfristen nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Umgekehrt soll der Gläubiger angehalten werden, innerhalb kurzer Fristen Begründetheit und Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen (BAG 8. August 1979 – 5 AZR 660/77 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 67 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 40, zu II 3 a der Gründe einstufige Ausschlußfrist; 21. April 1993 – 5 AZR 399/92 – BAGE 73, 54 = AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 124 einstufige Ausschlußfrist; 10. Juli 1991 – 5 AZR 382/90 – nv. einstufige Ausschlußfrist). Ist der Friedensfunktion einer tariflichen Ausschlußfrist schon dann Rechnung getragen, wenn der Gläubiger innerhalb der Ausschlußfristen seine Ansprüche geltend macht, so muß dies erst recht gelten, wenn der Schuldner von sich aus die Ansprüche klarstellt. Insoweit kann er nicht damit rechnen, daß der Gläubiger die Ansprüche nicht mehr verfolgt. Wenn der Schuldner aber ein Anerkenntnis abgibt und so den Gläubiger zur Untätigkeit veranlaßt, würde er sich mit einer späteren Berufung auf die Ausschlußfrist in Widerspruch zu seinem eigenen früheren Verhalten setzen (vgl. BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 459/96 – AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 125).

Hieran ändert sich auch nichts, wenn der Schuldner die Wirksamkeit seines Anerkenntnisses später wieder in Abrede stellt. Nach allgemeinen Grundsätzen steht der Verstoß gegen Treu und Glauben einer Berufung auf die Ausschlußfrist zwar nur so lange entgegen, wie der Gläubiger von der Einhaltung der Ausschlußfrist abgehalten wird und auf die Erfüllung der Ansprüche ohne Beachtung der Frist vertrauen darf. Nach dem Wegfall der den Arglisteinwand gegenüber der Ausschlußfrist begründenden Umstände müssen die Ansprüche innerhalb einer kurzen, nach den Umständen des Falles sowie Treu und Glauben zu bestimmenden Frist in der nach dem Tarifvertrag gebotenen Form geltend gemacht werden (BAG 5. Februar 1987 – 2 AZR 46/86 – nv.; 3. Dezember 1970 – 5 AZR 208/70 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 46 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 3; vgl. auch Wiedemann/Wank TVG 6. Aufl. § 4 Rn. 787). Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem Urteil vom 29. Mai 1985 (- 7 AZR 124/83 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 92 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 66, zu I 2 c der Gründe) noch ausdrücklich offengelassen, ob diese Grundsätze gelten, wenn der Schuldner ein erklärtes Anerkenntnis zu einem späteren Zeitpunkt widerruft oder aus sonstigen Gründen in Frage stellt. Im Zusammenhang mit abgerechneten Ansprüchen eines Arbeitnehmers unter der Geltung einer einstufigen Ausschlußfrist hat aber der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, daß es auch dann keiner schriftlichen Geltendmachung mehr durch Arbeitnehmer bedürfe, wenn der Arbeitgeber eine Lohnabrechnung später widerrufe, Gegenansprüche erhebe oder aus anderen Gründen die Zahlung verweigere (21. April 1993 – 5 AZR 399/92 – BAGE 73, 54 = AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 124). Zutreffend hat der Fünfte Senat darauf hingewiesen, daß der einmal erreichte Zweck der Ausschlußfrist durch die nachträgliche Infragestellung der Lohnabrechnung nicht wieder rückwirkend beseitigt werde. Die mit der schriftlichen Geltendmachung bezweckte Hinweisfunktion bleibe erhalten.

Entsprechendes gilt auch im Streitfall, dh. bei zweistufigen Ausschlußfristen. Deren Zweck besteht darin, den Gläubiger dazu zu veranlassen, durch rechtzeitige Klageerhebung Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs zu schaffen (BAG 26. September 2001 – 5 AZR 699/00 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 160 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 144; 27. März 1996 – 10 AZR 668/95 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 134 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 123). Die baldige gerichtliche Klärung kann prozessual – beispielsweise infolge einer zeitnah durchgeführten Beweisaufnahme – beiden Parteien nützen und sorgt – ebenfalls im Interesse beider Parteien – für eine baldige Wiederherstellung des Rechtsfriedens im fortbestehenden Arbeitsverhältnis. Bei Abgabe eines Anerkenntnisses bedarf es aber im Regelfall gerade keiner gerichtlichen Klärung mehr, denn mit dem deklaratorischen Anerkenntnis ist der Gläubiger zum einen der Pflicht, die anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen, enthoben und der Schuldner ist für die Nichtigkeit des Anerkenntnisses beweispflichtig. Zum anderen ist es, wie oben dargelegt, gerade auch Sinn eines Anerkenntnisses, den Streit über einen Anspruch zu beenden und so wieder – ohne Zuhilfenahme eines Gerichts – Rechtsfrieden herzustellen. Der Schuldner selbst begibt sich zudem mit dem Anerkenntnis des Vorteils einer ggf. für ihn günstigen zeitnahen Beweisaufnahme. Er ist somit nicht mehr schutzwürdig, er wird es auch nicht durch das nachträgliche Infragestellen des Anerkenntnisses.

Es wäre demgemäß treuwidrig, wenn der Schuldner den Gläubiger durch das bloße Infragestellen des einmal abgegebenen Anerkenntnisses zwingen könnte, ihm nunmehr im Rahmen eines Zahlungsprozesses baldmöglichst die Gelegenheit zu verschaffen, die Nichtigkeit des Anerkenntnisses zu beweisen. Will er eine zeitnahe Klärung durchführen, kann er selbst eine negative Feststellungsklage erheben. Er verdient auch nicht mehr den Vorteil eines alsbald wiederhergestellten Rechtsfriedens nach beendetem Zahlungsprozeß, den er selbst mit der negativen Feststellungsklage seinerseits herbeiführen könnte, wenn ihm daran gelegen ist.

3. Der Anspruch der Beklagten besteht aber nur, wenn die Vereinbarung vom 26. Oktober 1999 nicht nichtig ist.

a) Der Darlehensvertrag ist nicht als Scheingeschäft (§ 117 BGB) nichtig, wie der Kläger gemeint hat. Denn der Kläger hat die Willenserklärung, ein Darlehen zurückzuzahlen, nicht zum Schein abgegeben. Daß die Parteien den Streit über die Schadensersatzverpflichtung im Wege eines schuldabändernden deklaratorischen Anerkenntnisses in der Form einer Darlehensvereinbarung bereinigen wollten, ist – wie dargelegt – nach § 607 Abs. 2 BGB aF möglich.

b) Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob der Darlehensvertrag auf Grund der Anfechtung des Klägers wegen Drohung nach den § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist. Insoweit bedarf es weiterer Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.

aa) Der Kläger hat den Vertrag vom 26. Oktober 1999 mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 29. Februar 2000 angefochten, dies war nach § 124 Abs. 1 BGB fristgerecht.

bb) Fraglich ist, ob ein Anfechtungsgrund besteht. § 123 Abs. 1 BGB setzt insoweit voraus, daß der Erklärende widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, die Willenserklärung abzugeben. Für das Bestehen eines Anfechtungsgrundes ist der Anfechtende darlegungs- und beweispflichtig. Eine Drohung ist nach allgemeiner Auffassung widerrechtlich, wenn das Mittel, dh. das angedrohte Verhalten, oder der Zweck, dh. die abgenötigte Willenserklärung, oder jedenfalls die Verknüpfung von beidem widerrechtlich ist (BAG 22. Oktober 1998 – 8 AZR 457/97 – AP BGB § 781 Nr. 5 = EzA BGB § 781 Nr. 5 mwN). Der Senat hat entschieden, daß ein Gläubiger vermeintliche Schadensersatzansprüche unabhängig davon geltend machen darf, ob er sie beweisen kann. Der erstrebte Zweck, die Sicherung dieser Ansprüche durch Schuldanerkenntnis, ist – für sich betrachtet – noch nicht rechtswidrig (BAG 24. Mai 1989 – 8 AZR 748/87 – nv.). Widerrechtlich könnte im Streitfall das Mittel gewesen sein, mit dem die Beklagte das Anerkenntnis herbeigeführt hat.

Der Kläger hat hierzu vorgetragen, daß der – insoweit vertretungsberechtigte – Mitarbeiter der Beklagten, W, in der Besprechung am 25. Oktober 1999 erklärt habe, „noch offenstehender“ Lohn werde nur ausbezahlt, wenn der Kläger den eingetretenen Schaden wieder gut mache. Darin könnte eine rechtswidrige Drohung liegen, denn nach § 611 BGB muß die Beklagte grundsätzlich verdienten Lohn ausbezahlen. Hat der Kläger aber tatsächlich einen Schaden verursacht, könnte die Beklagte berechtigt gewesen sein, im Wege der Aufrechnung im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen Teile des Lohnes einzubehalten. Der Einbehalt wäre dann nicht rechtswidrig. Hat die Beklagte allerdings angekündigt, den gesamten Lohn – ohne Rücksicht auf Pfändungsfreigrenzen – einzubehalten, wäre die Drohung rechtswidrig gewesen, selbst wenn der Kläger tatsächlich zum Schadensersatz verpflichtet war.

III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

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