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Schadensersatzanspruch aus Gefälligkeitsverhältnis

Fahrzeugabstellung auf fremden Grundstück

AG Hoyerswerda, Az.: 1 C 86/14, Urteil vom 17.03.2015

1. Die Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 37 % und die Beklagte 63 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.388,69 EUR festgesetzt. Hiervon entfallen 886,31 EUR auf die Klage und 1.502,38 EUR auf die Widerklage.

Tatbestand

Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche, die daraus resultieren, dass der PKW des Klägers eine zeitlang bei der Beklagten abgestellt war. Der Kläger begehrt in diesem Zusammenhang von der Beklagten im Wege der Klage Schadensersatz wegen des Zustandes des Fahrzeuges bei Wiederinbesitznahme, die Beklagte begehrt von dem Kläger im Wege der Widerklage Standgebühren.

Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin …, und der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten, der Zeuge …, kannten sich persönlich aus der gemeinsamen Teilnahme an verschiedenen Hochzeitsmessen, bei denen die Ehefrau des Klägers Ausstellerin war und der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten die akustische Begleitung übernommen hatte. Zuletzt hatten die beiden Zeugen anlässlich einer Hochzeitmesse vom 10.3.2013 einen persönlichen Kontakt, anlässlich dessen auch der streitgegenständliche PKW des Klägers Gesprächsgegenstand war. Der konkrete Inhalt dieses Gespräches steht zwischen den Parteien im Streit.

Vor diesem Hintergrund hatte der Kläger seinen PKW der Beklagten zunächst auf der Basis eines Werkvertrages zur Überprüfung und zum Ölwechsel übergeben. Es ergab sich ein Turboschaden, dessen Reparatur der Kläger der Beklagten allerdings nicht beauftragte. Die aus diesem Vorgang herrührende Rechnung der Beklagten gegenüber dem Kläger wurde bezahlt und ist nicht streitgegenständlich.

Schadensersatzanspruch aus Gefälligkeitsverhältnis
Symbolfoto: Von ElRoi /Shutterstock.com

Der Kläger wollte den festgestellten Turboschaden nicht reparieren lassen, sondern den PKW vielmehr veräußern. Hierüber fand ein Gespräch zwischen dem Kläger, dessen Ehefrau und dem ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten statt, dessen Inhalt zwischen den Parteien ebenfalls strittig ist. In diesem Gespräch hatte die Ehefrau des Klägers dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten vorgeschlagen, einem eventuellen Erwerber den Turboschaden zu verschweigen, was der damalige Geschäftsführer der Beklagten abgelehnt hatte. Jedenfalls ließ der Kläger seinen PKW nach Beendigung der beauftragten Werkleistungen und im Ergebnis dieses Gespräches auf dem Betriebsgelände der Beklagten stehen. Ob und ggfs. welche Vereinbarungen in diesem Zusammenhang zwischen den Parteien getroffen wurden, steht zwischen den Parteien im Streit. Der Kläger beließ der Beklagten bei dieser Gelegenheit mindestens einen PKW-Schlüssel.

Der PKW war zunächst unter dem Vordach, in der Folgezeit auf der nicht überdachten Verkaufsfläche der Beklagten abgestellt. Ein Interessent unternahm mit dem PKW eine Probefahrt. Ein Verkauf kam nicht zu Stande. Während der Standzeit des PKW auf dem Gelände der Beklagten regnete es stark und viel; Wasser stand aber nicht auf dem Grundstück der Beklagten.

Im Zusammenhang mit der beabsichtigten PKW-Abholung am 26.7.2013 wurde festgestellt, dass Wasser in den PKW eingedrungen war. Die Ursache dieses Wassereintrittes ist zwischen den Parteien ebenfalls streitig geblieben. Durch den Wassereintritt ist an dem PKW des Klägers ein Schaden i.H.v. 886,13 EUR entstanden (Kostenvoranschlag Anlage K2 – Bl. 10 d.A.). Einen entsprechenden Schadensersatzanspruch, den der Beklagte gegenüber der Klägerin geltend gemacht hatte, hat die Beklagte abgelehnt. Die außergerichtliche Korrespondenz zwischen den Parteien hierüber führte in der Folgezeit nicht zu einer Einigung (Anlage K3 – Bl. 11 ff. d.A.).

Am 27.7.2013 überbrachte die Beklagte dem Kläger den zu diesem Zeitpunkt nicht fahrbereiten PKW. Von diesem Datum datiert auch die im Wege der Widerklage im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Rechnung der Beklagten gegenüber dem Kläger i.H.v. 1.502,38 EUR. Den Rechnungsbetrag hatte die Beklagte dem Kläger gegenüber jedenfalls mit Schriftsatz vom 04.12.2013 (Anlage 4 – Bl. 33 d.A.) unter Fristsetzung zum 13.12.2013 erfolglos geltend gemacht. Hierfür sind der Beklagten vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 255,85 EUR entstanden, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Aufstellung in der Widerklage (dort S. 5 – Bl. 28 d.A.) Bezug genommen wird.

Der Kläger behauptet, am 15.4.2013 sei zwischen den Parteien ein mündlicher Vermittlungsvertrag dahingehend zu Stande gekommen, dass die Beklagte den PKW des Klägers auf Kommissionsbasis veräußern solle. Hierüber sei am Rande der Hochzeitsmesse vom 10.3.2013 bereits ein entsprechendes Vorgespräch zwischen der Ehefrau des Klägers und dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten geführt worden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe am 15.4.2013 sämtliche Schlüssel und Papiere erhalten. Da sich die Parteien privat kannten sei Unentgeltlichkeit vereinbart worden; allerdings hätte die Beklagte einen eventuellen Mehrerlös für das Fahrzeug behalten können. Insoweit vertritt der Kläger die Rechtsauffassung, dass die Beklagte jedenfalls Nebenpflichten gem. § 241 Abs. 2 BGB zu beachten hatte, entweder aus dem Kommissionsvertrag oder aus einem Gefälligkeitsvertrag mit analogem Inhalt. Das im Zusammenhang mit der Abholung des PKWs darin festgestellte Wasser sei durch ein offenes Fenster eingedrungen. Ursache sei daher ein unsorgfältiges Fehlverhalten der Beklagten und ihre Erfüllungsgehilfen gewesen. Bei Abgabe des PKW sei dieser auch kontrolliert worden; die Fenster seien zu diesem Zeitpunkt geschlossen gewesen. Eine Vereinbarung über Standgebühren sei im Zusammenhang mit dem Abstellen des PKW nicht geschlossen worden. Die streitgegenständliche Rechnung vom 27.2.2013 sei dem Kläger auch nicht übergeben worden. Erstmals durch den Anwaltsschriftsatz vom 4.12.2013 habe der Kläger von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt. Frühere Schreiben der Beklagten hierzu habe er nicht erhalten.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 886,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 2.11.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, 1. die Klage abzuweisen;

2. Im Wege der Widerklage:

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 1.502,38 EUR nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 14.12.2013 nebst 255,85 EUR Rechtsanwaltskosten hieraus zu bezahlen.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe – handelnd durch ihren damaligen Geschäftsführer – lediglich zugestimmt, dass der Kläger nach der Fehlerdiagnose seinen PKW auf dem Gelände der Beklagten stehen lassen könne, damit Interessenten darauf aufmerksam werden könnten. Die Gestattung des Stehenlassens des PKW sei mit dem ausdrücklichen Hinweis erfolgt, dass dann 12,50 EUR netto Standgebühren pro Tag anfallen würden. Hiermit sei der Kläger einverstanden gewesen. Diese Kosten seien auch ortsüblich und angemessen. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätten auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in den Geschäftsräumen ausgehangen, wonach solche Standgebühren anfallen. Ursache des am 26.7.2013 festgestellten Wassereintritts im PKW sei dessen mangelhafter Pflege- und Wartungszustand gewesen. Der PKW sei absprachegemäß auf den Außenparkplatz der Beklagten abgestellt worden und durch die Beklagte nicht bewegt worden. Zumindest sei es auch möglich, dass der Kläger beim Abstellen selbst vergessen habe, ein Fenster zu schließen. Nach der Probefahrt durch den Interessenten habe die Beklagte den PKW kontrolliert und den Schlüssel wieder entgegengenommen. Zu diesem Zeitpunkt sei kein Fenster geöffnet gewesen. Die dem Kläger übergebene Rechnung hierüber sei auch mehrfach erfolglos gemahnt worden (Anlagen A2 und A3 – Bl. 31 f. d.A.). Die Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, dass jedenfalls Standgebühren auf Grund eines konkludent zu Stande gekommenen Vertrages geschuldet seien.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …, … und …. Im Hinblick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften der Zeugenvernehmungen im Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Hoyerswerda vom 07.10.2014 (Bl. 88 ff. d.A.) und vom 10.02.2015 (Bl. 104 ff. d.A.) Bezug genommen. Das Gericht hat weiterhin den Kläger und die Geschäftsführerin der Beklagten persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der persönlichen Anhörung der Parteien wird auf deren Niederschriften im Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Hoyerswerda vom 07.10.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1.

Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten aus § 280 BGB in Verbindung mit § 311 Abs. 1 BGB und in Verbindung mit einem Kommissionsvertrag oder einem Gefälligkeitsvertrag.

a) Der Kläger hat im Ergebnis der Beweisaufnahme zunächst nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass zwischen den Parteien ein Kommissionsvertrag oder ein Gefälligkeitsvertrag – hier ggf. ein Auftrag oder ein Verwahrungsvertrag – wirksam zu Stande gekommen ist.

Zwar steht nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger seinen PKW bei der Beklagten nicht einfach nach dem abgearbeiteten Werkvertrages über die Fehlerdiagnose und den Ölwechsel nicht rechtzeitig wieder abgeholt hat, sondern dass er ihn vielmehr vereinbarungsgemäß bei der Beklagten stehen gelassen hat, weil er ihn veräußern wollte und weil bei der Beklagten die Möglichkeit bestand, es könne sich ein Interessent melden. Hiermit war die Beklagte – handelnd durch ihren damaligen Geschäftsführer – auch einverstanden.

Nicht nachgewiesen ist aber dem gegenüber, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang – neben der Gestattung des Abstellens und der Zusage der Weiterleitung eventueller Nachfragen von Interessenten – irgendwelche Rechtspflichten im Sinne eines Kommissionsvertrages oder eines Gefälligkeitsvertrages übernommen hätte. Vielmehr geht das Gericht im Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass es sich insoweit um ein reines Gefälligkeitsverhältnis ohne wechselseitige Rechtspflichten gehandelt hat.

Ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis setzt den Willen voraus, eine Rechtsbindung zu begründen. Abreden, die ausschließlich auf einem außerrechtlichen Grund wie z.B. Freundschaft oder Kollegialität beruhen, begründen keinen schuldrechtlichen Leistungsanspruch. Dabei kommt es nicht auf den jeweiligen inneren Willen an. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen (Gefälligkeits-)Vertrag und Gefälligkeitsverhältnis ist, wie sich das Verhalten der Beteiligten bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Betrachter darstellt. Die Verneinung einer Rechtsbindung setzt ein unentgeltliches und uneigennütziges Verhalten des Gefälligen voraus. Umgekehrt schließen allerdings Unentgeltlichkeit und Fremdnützigkeit das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens nicht aus. Zu würdigen sind in jedem Falle die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, vor allem für den Begünstigten, darüber hinaus auch Art, Grund und Zweck der Gefälligkeit, sowie die Interessenlage. Eine vertragliche Bindung liegt nahe, wenn sich der Begünstigte erkennbar auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen (Palandt-Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Auflage, Einl v § 241 Rn. 7 m.w.N.).

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Nach diesem Maßstab lag dem Verbleib des PKW des Klägers auf dem Grundstück der Beklagten kein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis zu Grunde, sondern lediglich ein reines Gefälligkeitsverhältnis. Im Einzelnen:

aa) Hintergrund der Inanspruchnahme der Beklagten durch den Kläger war zunächst unstrittig, dass sich die Zeugen … (Ehefrau des Klägers) und … (damaliger Geschäftsführer der Beklagten) persönlich seit vielen Jahren von Hochzeitsmessen kannten. Die Anbahnung des „Geschäfts“ erfolgte auch am Rande der Hochzeitsmesse am 10.3.2013 beim gemeinsamen Rauchen, wobei das Gericht insoweit nach den Aussagen der Zeuginnen … und … auch davon ausgeht, dass die Ehefrau des Klägers den damaligen Geschäftsführer der Beklagten bei dieser Gelegenheit nicht nur wegen einer eventuellen Fehlersuche/ Reparatur, sondern auch wegen eines Veräußerungswunsches des Klägers angesprochen hat, woraufhin der damalige Geschäftsführer der Beklagten angeboten habe, das Fahrzeug „bei sich“, also bei der beklagten Firma, zum Zwecke der Veräußerung abzustellen. Dies korrespondiert auch mit der Aussage des Zeugen …, dass er in aller Regel mit der Frau … und nur ganz wenig mit dem Herrn … kommuniziert hat. Der private Charakter der ganzen Angelegenheit wird letztlich auch noch dadurch bestätigt, dass selbst bei der späteren Rückgabe des PKW an den Kläger noch private Dinge Gegenstand waren, indem nämlich der Geschäftsführer der Beklagten die Zeugin … für eine Frau … noch wegen „irgendwelchem Schmuck gefragt“ hat.

bb) Die Gestattung des Verbleibs des PKW erfolgte darüber hinaus unentgeltlich. Die Parteien hatten im Ergebnis der Beweisaufnahme keine Vergütung vereinbart. Dass im Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls der Kläger und die Zeugin … die Vorstellung hatten, die Beklagte könne einen eventuellen Mehrerlös vereinnahmen bzw. ab einem „gewissen“ Kaufpreis eine Provision erhalten, führt zu keiner anderen Beurteilung, denn bei der Kaufpreisvorstellung von 3.000 € bzw. ggf. zuletzt 2.500 € war angesichts des Zustandes des Fahrzeuges schlicht kein Mehrerlös zu erwarten. Die „gewisse Summe“ war dem entsprechend auch nicht ansatzweise beziffert.

cc) Auch resultiert aus dieser offenbar bereits damals als unrealistisch erkannten Betragsvorstellung auch nicht die Annahme einer besonders hohen wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, denn es kommt nicht auf die subjektive Sicht das Klägers, sondern vielmehr auf den objektiven Wert an. Dass auch ein geringerer objektiver Wert für den Kläger von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

dd) Die Gestattung des Verbleibs des PKW erfolgte darüber hinaus auch uneigennützig. Die Parteien hatten im Ergebnis der Beweisaufnahme nämlich auch keine Standgebühren vereinbart.

Im Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht zunächst nicht davon überzeugt, dass die Gestattung des Stehenlassens des PKW ausdrücklich mit dem seitens des damaligen Geschäftsführers der Beklagten erfolgten Hinweises auf die Standgebühren erfolgt sei, womit der Kläger einverstanden gewesen sei. Die Aussage des Zeugen … hierzu war nicht überzeugend. Zwar hat der Zeuge … allgemein bekundet, er habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die Nutzung der Verkaufsfläche zum Abstellen des Fahrzeuges Geld kostet, nicht billig ist und sich mit jedem Tag erhöht. Die weiteren Ausführungen des Zeugen sind allerdings zu allgemein geblieben, um hieraus mit der erforderlichen Sicherheit von einer ausdrücklichen Vergütungsvereinbarung in irgendeiner Höhe auszugehen. Angesichts des von dem Kläger gewünschten Kaufpreis von 3.000,00 EUR, den der Zeuge … von Anfang an für unrealistisch hielt, was er auch mitgeteilt hatte, wäre tatsächlich ein kostenpflichtiges Abstellen des PKW auf dem Gelände der Beklagten sehr unwirtschaftlich gewesen, sodass die Ausführungen des Klägers „bei diesen hohen Standgebühren hätte ich es nicht dort stehen lassen, sondern gleich mitgenommen“ überzeugend ist. Hiermit korrespondiert die Aussage der Geschäftsführerin der Beklagten, die das Gespräch teilweise von einem Nebenraum aus mitverfolgen konnte und dabei auch die Reaktion des Zeugen … „Du kannst die Karre abstellen und sonst nichts“ mitbekommen hatte. Von einer Gegenleistung wie etwaigen Standgebühren war zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht die Rede, obwohl gerade in diesem Stadium des Gespräches speziell Anlass bestanden hätte, dies zu besprechen oder jedenfalls seitens des Zeugen … anzumerken. Die Formulierung „… und sonst nichts“ lässt auch zweifelsfrei erkennen, dass jedenfalls zu diesem Zeitpunkt, als der PKW stehengelassen wurde, Standgebühren zwischen den Parteien (noch) kein Thema waren. Dies passt wiederum dazu, dass im Ergebnis der Beweisaufnahme ursprünglich eine Standzeit von lediglich 2 – 3 Wochen avisiert war.

Dies schließt es andererseits nicht aus, dass der Zeuge … nach erheblicher Überschreitung der ursprünglich geplanten Standzeit eine Gegenleistung, nämlich Standgebühren zur Sprache gebracht hat. Dessen Gefälligkeit war bereits ursprünglich erheblich strapaziert worden, indem die Zeugin … ihn gefragt hatte, „ob wir das mit dem Turbolader nicht verheimlichen können“. Das war entgegen der Meinung der Zeugin keine normale Frage, sondern praktisch die Aufforderung zum gemeinsamen Begehen eines Betruges zu Lasten eines zukünftigen Erwerbers des PKW, also einer Straftat. Wenn dann die Gefälligkeit nochmals dadurch strapaziert wird, dass der PKW erheblich länger als die ursprünglich besprochenen 2 bis 3 Wochen von dem Kläger stehengelassen wurde, ist es nachvollziehbar, die Gefälligkeit irgendwann beenden zu wollen bzw. auch eine Gegenleistung zu erwarten. Diesbezüglich hat auch der Zeuge … sehr überzeugend ausgeführt: „Wäre es nicht so eine gute Bekanntschaft gewesen, wäre ich schon eher aus dem Anzug gefahren. Es ist nämlich so, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass unser Betriebsgelände nach einer Instandsetzung als Lager benutzt wird. Ich muss da arbeiten und brauche auch die Verkaufsfläche. Darüber haben wir oft kommuniziert und ich habe auf eine Lösung gedrängt, nämlich dass das Auto zu verschwinden hat.“ sowie „.. ich habe auch mehrfach darauf hingewiesen, dass es kein Dauerzustand ist, dass das Auto hier steht. Das verursacht auch Kosten.“ Eine Einigung darüber, dass Standgebühren in einer bestimmten Höhe und ab einem bestimmten Zeitpunkt zu zahlen sind, kann das Gericht der Aussage des Zeugen … aber nicht entnehmen. Dies würde zwei übereinstimmende Willenserklärungen erfordern. Im vorliegenden Falle kann das Gericht im Ergebnis der Beweisaufnahme bereits ein entsprechendes Angebot des Zeugen … nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Der allgemeine Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kosten ist aus Sicht des Gerichts nicht ausreichend. I.Ü. hat es auch keine Annahme seitens des Klägers gegeben, denn die Reaktion „wir werden uns schon einigen“ ist dafür ebenfalls nicht ausreichend und stellt auch im Zusammenhang mit dem weiteren Stehenlassen des PKW keine (ggf. konkludente) Annahmeerklärung in Bezug auf die hier im Wege der Widerklage eingeklagten Standgebühren dar. Nach der Aussage des Zeugen … geht das Gericht letztlich davon aus, dass die Inrechnungstellung von Standgebühren eine Reaktion auf den am Abholungstermin festgestellten Schaden und die dabei von dem Kläger bzw. dessen Ehefrau erhobenen Vorwürfe war, denn der Zeuge … hat letztlich auch bekundet: „… wenn eine Seite mit dem Spaß aufhört, dann gilt das für die andere Seite auch.“

Auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht wirksam im Hinblick auf das Gestatten des Abstellens des PKWs einbezogen worden. Es fehlt bereits an einem wirksamen Vertragsschluss, in den die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten hätten einbezogen werden können. Das Stehenlassen des PKW stand nicht mehr im Zusammenhang mit der vorherigen Reparatur.

ee) Für ein Gefälligkeitsverhältnis ohne rechtsgeschäftlichen Charakter spricht auch die Tatsache, dass das Fahrzeug nicht fachmännisch bewertet wurde und sich während der Standzeit auch zu keinem Zeitpunkt ein Verkaufsschild in dem Fahrzeug befunden hat, was von dem Kläger auch gar nicht gewünscht worden war.

ff) Für das Vorliegen eines Kommissionsvertrages hätte es ggf. sprechen können, wenn der Kläger der Beklagten sämtliche Schlüssel des PKW sowie die Fahrzeugpapiere übergeben hätte. Auf das Bestreiten der Beklagten hat der Kläger diese Behauptung aber nicht nachgewiesen. Der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten haben hierzu im Rahmen ihrer jeweiligen persönlichen Anhörung unterschiedliche Angaben gemacht; das Gericht kann nicht beurteilen, welche der beiden gegenteiligen, sich wechselseitig ausschließenden Aussagen zutrifft.

gg) Gegen das Vorliegen lediglich eines Gefälligkeitsverhältnisses könnte letztlich der Abschluss der Angelegenheit sprechen, denn diese hat der Zeuge … nicht selbst umgesetzt, sondern der (jetzige) Geschäftsführer der Beklagten, nach Aussage des Zeugen … als „damals … zuständiger Kundenbetreuer“. Hieraus kann man nur herleiten, dass der Zeuge …, der damals noch Geschäftsführer der Beklagten war, zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht mehr von einer Gefälligkeit gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau, sondern von einer normalen Kundenbeziehung zwischen dem Kläger und der Beklagten ausgegangen ist. Hieraus lässt sich aber nicht rückwirkend auf den Anfangszeitpunkt schließen, es habe sich von Anfang an um einen Vertrag und nicht um eine Gefälligkeit gehandelt. Ausweislich der Ausführungen unter dd) geht das Gericht vielmehr davon aus, dass der Zeuge … nach Überschreitung der ursprünglich avisierten Standzeit lediglich am Ende nicht mehr zu Gefälligkeiten gegenüber dem Kläger und dessen Ehefrau bereit war. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich zu Beginn um eine bloße Gefälligkeit gehandelt hat.

b) Nach alldem handelte es sich bei dem streitgegenständlichen Abstellen des Fahrzeuges des Klägers auf dem Gelände der Beklagten weder um einen Kommissions- noch um einen Gefälligkeitsvertrag mit rechtsgeschäftlichem Charakter, sodass die Beklagte – abgesehen vom Abstellen selbst – keine weiteren Verpflichtungen im Hinblick auf diesen PKW trafen. Ein Gefälligkeitsverhältnis begründet – im Gegensatz zu einem Gefälligkeitsvertrag – auch keine vertraglichen Nebenpflichten wie z.B. Schutzpflichten (Palandt-Grüneberg, a.a.O., Rn. 8 m.w.N.). Insbesondere war die Beklagte danach auch nicht verpflichtet, ggfs. die Fenster des Fahrzeuges zu kontrollieren, um dadurch einen möglichen Wassereintritt bei Regen/ Starkregen zu verhindern. Die Beklagte hatte daher weder bei dem ursprünglichen Abstellen des Fahrzeuges noch nach der abgesprochenen Herausgabe eines Schlüssels an einen Interessenten für eine Probefahrt noch sonst regelmäßig zu prüfen, ob der PKW (wieder oder immer noch) vollständig verschlossen auf ihrem Grundstück abgestellt ist.

Nach alldem steht dem Kläger gegenüber der Beklagten bereits dem Grunde nach kein vertraglicher Schadensersatzanspruch zu, sodass auch offenbleiben kann, ob der hier streitgegenständliche Schaden am PKW überhaupt durch ein seitens der Beklagten verhinderbaren Umstand (offenes Fenster) eingetreten ist oder aber – wie die Beklagte behauptet – unabhängig von ihrem Verhalten auf Grund des Fahrzeugzustandes.

Im Ergebnis kann der Kläger von der Beklagten Schadensersatz weder aus einem Kommissionsvertrag noch wegen Verletzung von Nebenpflichten aus einem Gefälligkeitsvertrag mit Erfolg beanspruchen.

2.

Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten aus deliktischer Haftung, hier gemäß § 823 Abs. 1 BGB.

Zunächst schließt das Vorliegen eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses deliktische Ansprüche nicht aus, allerdings ist im Ergebnis der Beweisaufnahme auch eine deliktische Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nicht gegeben.

Der PKW des Klägers wurde zwar beschädigt, während er sich bei der Beklagten befand. Hierin liegt eine Verletzung des Eigentums des Klägers an dem PKW.

Die Rechtsgutverletzung beruht im Ergebnis der Beweisaufnahme aber nicht auf einer Handlung der Beklagten. Handlung im Sinne von § 823 BGB kann grundsätzlich ein Tun oder ein Unterlassen sein. Im Falle des Unterlassens muss eine Rechtspflicht zum Handeln bestanden haben, also eine (rechtliche) Verpflichtung zur Verhinderung der Rechtsgutverletzung. Im vorliegenden Falle behauptet der Kläger einen Wassereintritt durch ein geöffnetes Fenster. Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass ein Mitarbeiter der Beklagten ein oder mehrere Fenster geöffnet und bei Regen nicht wieder geschlossen hat. Sofern Fenster des PKW entweder am Tage der Abgabe oder später – z.B. nach der Probefahrt des Interessenten – offen gestanden hätten, war die Beklagte nicht verpflichtet, dies zu kontrollieren und ggf. für ein Schließen zu sorgen. Eine solche Pflicht könnte allenfalls darauf beruhen, dass zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis bestand, aus dem wiederum entsprechende Kontroll- und Schutzpflichten hätten herrühren können. Ausweislich der Ausführungen unter 1. bestand hier allerdings ein reines Gefälligkeitsverhältnis. Die Parteien hatten insbesondere keinen Verwahrungsvertrag geschlossen, aus dem sich ggf. Obhutspflichten für den PKW zu Lasten der Beklagten hätten ergeben können. Im Rahmen des lediglich gegebenen Gefälligkeitsverhältnisses oblag der Beklagten wie unter 1. b) dargestellt keine Rechtspflicht, also auch keine Rechtspflicht zum Handeln – hier Kontrolle des Fahrzeuges bei Regen, ob die Fenster ggf. verschlossen sind.

Auch die Haftung aus einer Verkehrssichtungspflichtverletzung der Beklagten kommt nicht in Betracht. Dass der PKW von seinem ursprünglichen Standplatz unter einer Überdachung auf die nicht überdachte allgemeine Verkaufsfläche verbracht wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung, denn es war zum Einen nicht zwischen den Parteien vereinbart, dass das Fahrzeug nur unter dem Dach abgestellt werden darf, zum Anderen war dem Kläger der spätere Standort auf der nicht überdachten Verkaufsfläche im Ergebnis der Beweisaufnahme auch bekannt, ohne dass er hiergegen Einwendungen erhoben hätte.

3.

Sonstige zu Gunsten des Klägers eingreifende Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Mangels Bestehens der Hauptforderung geht auch die geltend gemachte Nebenforderung – Zinsen – ins Leere.

Die Klage war nach alldem insgesamt abzuweisen.

II.

Die zulässige Widerklage ist ebenfalls unbegründet.

1.

Die Beklagte hat keinen Vergütungsanspruch gegenüber dem Kläger aus § 311 Abs. 1 BGB in Verbindung mit einem Verwahrungsvertrag (sog. „Standgebühren“).

 

Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Parteien für die Standzeit eine täglich anfallende Standgebühr ausdrücklich oder (was ausreichend gewesen wäre) konkludent vereinbart haben bzw. dass sich solche Standgebühren aus wirksam in einen das Abstellen des PKW betreffenden Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ergeben haben. Auf die diesbezüglichen Ausführungen unter I. 1. a) dd) wird vollumfänglich verwiesen.

2.

Die Beklagte hat auch keinen Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten aus §§ 631, 632 BGB in Verbindung mit dem ursprünglich zwischen den Parteien bestehenden Werkvertrag.

Zwar bestand zwischen den Parteien ursprünglich ein Werkvertrages, in den die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten durchaus einbezogen gewesen sein können. Das Stehenlassen des PKW stand allerdings – wie bereits dargelegt – nicht mehr im Zusammenhang mit der vorherigen Reparatur, sondern beruhte – unabhängig davon – auf einer Gefälligkeit des damaligen Geschäftsführers der Beklagten.

3.

Sonstige zu Gunsten der Beklagten eingreifende Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Mangels Bestehens der Hauptforderung gehen auch die geltend gemachten Nebenforderungen (Zinsen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) ins Leere.

Nach alldem war auch die Widerklage insgesamt abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis ihres Obsiegens bzw. Unterliegens zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage im §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 45Abs. 1, 48 Abs. 1,43 Abs. 1 GKG. Maßgeblich war hinsichtlich der Klage und der Widerklage jeweils der Betrag der geltend gemachten Hauptforderung. Die Nebenforderungen bleiben für die Streitwertfestsetzung außer Betracht. Die Hauptforderungen von Klage und Widerklage waren im Übrigen zu addieren.

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