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Schadensersatzanspruch gegen Vermessungsingenieur

Verspätete Überlassung von Messunterlagen

OLG Koblenz – Az.: 1 U 344/18 – Urteil vom 26.07.2018

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 22.02.2018, Az. 1 O 272/17, wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das vorbezeichnete Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % der jeweils zu vollstreckenden Beträge leistet.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt als öffentlich bestellter Vermessungsingenieur (ÖBVI) das beklagte Land auf Schadensersatz aus Amtshaftung in Anspruch.

Das beklagte Land, vertreten durch den Landesbetrieb …, beauftragte den Kläger gemäß schriftlichen Vertrages vom 16.03.2015 mit einer Vermessung langgestreckter Anlagen an der K22. Der Kläger entnahm im automatisierten Abrufverfahren die dort für den Vermessungsbereich nachgewiesenen Vermessungsunterlagen. Die Katasterbehörde stellte später dem Kläger weitere Unterlagen zur Verfügung.

Der Kläger reichte am 11.01.2016 seine Vermessungsschriften in der Außenstelle …[Z] des Vermessungs- und Katasteramtes … zur gestuften Übernahme ein. Die Übernahme der Vermessungsschriften des Klägers in das Liegenschaftskataster erfolgte am 20.09.2016. Die Katasterbehörde fand im November 2016 im Zuge weiterer Überprüfungen weitere Messunterlagen auf. Diese führten dazu, dass die Übernahme der Vermessungsschriften des Klägers nochmals überarbeitet wurden.

Schadensersatzanspruch gegen Vermessungsingenieur
(Symbolfoto: Roman Zaiets/Shutterstock.com)

Der Kläger hat vorgetragen, die Einbeziehung der von der Katasterbehörde nachträglich aufgefundenen Vertragsunterlagen in seine Vermessung habe dazu geführt, dass die zuvor von ihm ohne diese Unterlagen durchgeführten Vermessungsarbeiten zum Teil hinfällig geworden seien. Zum Teil habe er diese wegen der langsamen Bearbeitung durch das Amt wiederholen müssen, weil alle Markierungen entfernt worden seien und die Grenzpunkte nicht mehr erkennbar gewesen seien. Dadurch sei ihm unter Zugrundelegung des Gebührenverzeichnisses gemäß Rechnung vom 18.01.2017 ein Schaden in Höhe von 26.531,76 € brutto entstanden. Diesen habe das beklagte Land ihm zu ersetzen.

Gegen das Vorliegen einer ihm gegenüber obliegenden Amtspflicht spreche nicht, dass er selbst als Behörde tätig geworden sei. Er erfülle zwar mit seiner hoheitlichen Tätigkeit Aufgaben für die Allgemeinheit, verfolge daneben aber auch persönliche Interessen, da er unternehmerisch tätig werde und entsprechend zu vergüten sei.

Der Kläger hat beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 26.531,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.141,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat vorgetragen,

dem Kläger stehe kein Amtshaftungsanspruch zu, weil es an der erforderlichen Drittbezogenheit der angeblich verletzten Amtspflichten fehle. Der Zweck der Bestimmungen zum Vermessungswesen gehe allein dahin, korrekte Vermessungsergebnisse zu erreichen. Zudem hätten der Kläger und das Vermessungs- und Katasteramt, hier als Behörden, gleichgerichtete Interessen verfolgt. Der angebliche Schaden sei überdies nicht schlüssig dargelegt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung zu, weil der Kläger nicht Dritter im Sinne des § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG sei.

Der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur nehme nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1 des Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen Rheinland-Pfalz (LGVerm) hoheitliche Aufgaben war. Der Kläger habe bei der Ausführung der Liegenschaftsvermessungen selbst als Behörde hoheitliche Aufgaben nach § 2 des Landesverfahrensgesetzes wahrgenommen. Der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur unterliege dabei der Dienst- und Fachaufsicht der oberen Vermessungs- und Katasterbehörde. Der Kläger habe hier mit dem Vermessungs- und Katasteramt derart zusammengewirkt, dass beide Behörden insoweit gleichgerichtete Interessen verfolgt hätten.

Beide hätten funktionell als Teil der Vermessungs- und Katasterverwaltung agiert. Ein Verwaltungsträger könne aber nicht als geschützter Dritter im Sinne von § 839 BGB qualifiziert werden, wenn er mit der Anstellungskörperschaft des schädigenden Amtswalters dergestalt verzahnt sei, dass seine Beziehung zu dieser als Internum erscheine, sog. Verzahnungstheorie. Wirkten der Dienstherr des Beamten und eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung einer ihnen gemeinschaftlich übertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in Vertretung widerstreitender Interessen derart zusammen, dass sie im Rahmen dieser Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erschienen, dann könnten jene Pflichten, die dem Beamten im Interesse der Förderung des gemeinsam angestrebten Zieles oblägen, nicht als drittgerichtete Amtspflichten angesehen werden, deren Verletzung außenrechtliche Amtshaftungsansprüche auslösten.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kläger keine öffentlich-rechtliche Körperschaft sondern eine mit Hoheitsbefugnissen ausgestattete natürliche Person sei.

Der Umstand, dass der Kläger mit seiner hoheitlichen Tätigkeit nicht nur Aufgaben für die Allgemeinheit erfülle, sondern daneben auch persönliche Interessen verfolge, weil er von seinen Auftraggebern erfolgsabhängig vergütet werde, rechtfertige keine andere Bewertung.

Dem Kläger sei es auch nicht gelungen, den ihm aus den reklamierten Amtspflichtverletzungen entstandenen Schaden schlüssig darzulegen.

Der Kläger habe selbst in der mündlichen Verhandlung angegeben, ein ihm entstandener Mehraufwand habe jedenfalls in gewissem Umfang einen zusätzlichen Vergütungsanspruch gegenüber seinem Auftraggeber ausgelöst. Insoweit könne ihm nur ein Schaden entstanden sein, als er den von ihm im Rahmen seiner Vermessungstätigkeit entfalteten Mehraufwand nicht von seinem Auftraggeber vergütet bekommen habe. Hierzu habe der Kläger weder vorgetragen noch seine Schlussrechnung gegenüber dem Landesbetrieb … vorgelegt.

Überdies könne der Kläger den ihm angeblich entstandenen Schaden nicht unter Zugrundelegung der Bestimmungen des Besonderen Gebührenverzeichnisses für die Vermessungs- und Katasterbehörden und die Gutachterausschüsse berechnen. Denn dieses Verzeichnis sei Grundlage für vertragliche Vergütungsansprüche gegenüber seinen Auftraggebern.

Der Kläger hätte eingehend darstellen müssen, zu welchen Mehrarbeiten die behaupteten Versäumnisse der Beklagtenseite konkret geführt hätten bzw. welche Arbeiten dadurch nutzlos geworden seien und welche Lohnkosten oder sonstige vermeidbare Mehrkosten ihm dadurch entstanden seien.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Der Kläger trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor,

das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Kläger nicht Dritter einer Amtspflichtverletzung sei. Die Kammer berücksichtige nicht die besondere Rechtsstellung der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVI). Zwar werde die „Verzahnungstheorie“ nicht grundsätzlich angegriffen. Die Rechtsstellung der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure erschöpfe sich jedoch nicht darin, dass ihre Beziehung zur Anstellungskörperschaft des schädigenden Amtswalters Außenstehenden als Internum erscheine, denn das ließe die besondere Schutzbedürftigkeit der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVI) außer Acht. Der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur werde in seinem subjektiven Recht in Bezug auf seinen Vergütungsanspruch verletzt. Der Kläger habe Leistungen erbracht, die den Bestimmungen des Besonderen Gebührenverzeichnisses für die Vermessungs- und Katasterbehörden und die Gutachterausschüsse unterfielen.

Dem Anspruch des Klägers und seiner Eigenschaft als Dritter im Sinne des § 839 BGB sei auch nicht entgegenzuhalten, dass er sowie das Vermessungs- und Katasteramt jeweils als Behörden in gleicher Interessenrichtung und Zielsetzung agierten. Gleichsinnig und damit nicht in Vertretung widerstreitender Interessen wirkten Leistungsträger nur dann zusammen, wenn einer von ihnen in die Aufgabenerfüllung des anderen einbezogen sei, was nicht der Fall sei. Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (ÖbVI) seien als beliehene Unternehmer nicht der staatlichen Organisation eingegliedert, ihm werde nur eine hoheitliche Aufgabe oder Befugnis verliehen; im Übrigen bleibe aber seine Rechtstellung ungetastet. Gerade diese verbleibende rechtliche Selbständigkeit des Beliehenen spreche eher für ein gegnerschaftliches, die Eigenschaft als Dritter enthaltendes Interesse. Beliehene, derer sich der Staat zur eigenen Entlastung bediene und deren Eigeninitiative, Finanzmittel, technische Sachkenntnisse er in Anspruch nehme, hätten ein beachtliches Interesse, nicht ihrem Vermögensbestand geschädigt zu werden.

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Der Kläger habe seinen Schaden auch schlüssig dargelegt. Ein zusätzlicher Vergütungsanspruch gegen den Auftraggeber sei ausgeschlossen, so dass keine anderweitige Ersatzmöglichkeit bestehe. Dem Kläger sei es nicht verwehrt, seinen Aufwand unter Zugrundelegung der Bestimmungen des Besonderen Gebührenverzeichnisses für die Vermessungs- und Katasterbehörden und die Gutachterausschüsse zu berechnen. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger aufgrund der Pflichtverletzung des beklagten Landes eigene Arbeitsleistungen in Form seiner notwendigen zusätzlichen Vermessungsleistungen zur Schadensbeseitigung erbracht habe. Diese Arbeitsleistungen hätten einen Marktwert und seien ihm zu ersetzen.

Der Kläger beantragt nunmehr, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 26.531,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.141,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt, die Berufung des Klägers gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor,

außer Streit stehe, dass der Kläger als Behörde tätig geworden sei, um ebenso wie das Vermessungs- und Katasteramt … korrekte Vermessungsergebnisse zu erreichen. Gemäß § 2 a des Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVerm) nähmen öffentlich bestellte Vermessungsingenieure ein öffentliches Amt wahr. Sie seien integraler Bestandteil des amtlichen Vermessungswesens. Dies ergebe sich auch aus der Entscheidung des OLG Koblenz vom 13.06.2014 – 5 U 528/14 -. Dort werde festgestellt, dass die Grenzniederschrift, durch die aufgrund der örtlichen Feststellungen eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs der Grenzverlauf gestaltet werde, ein Verwaltungsakt sei. Der Vermessungsingenieur werde insoweit hoheitlich tätig. Versäume der Adressat des Verwaltungsakts einen Rechtsbehelf, stehe ihm kein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Vermessung zu. Die Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts stehe insoweit in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 07.09.2017 – III ZR 618/18).

Es fehle an gegenüberstehenden, widerstreitenden Interessen der Parteien, wie es im Fall Bürger-Staat kennzeichnend sei. Die Drittgerichtetheit der Amtspflicht fehle. Daran ändere sich nichts dadurch, dass sich der Kläger aus Gebühreneinnahmen finanziere, denn die Wahrung des persönlichen Vergütungsinteresses des Klägers gehöre nicht zum Schutzzweck von Regelungen im Katasterwesen und ein solcher Schutzzweck folge auch nicht daraus, dass der Kläger natürlich in seinem Recht auf Gebührenerhebung geschützt sei. Soweit der Kläger darauf abstelle, er könne den Gebührenanspruch gegenüber seinem Auftraggeber nur geltend machen, wenn er nicht beim Beklagten anderweitig Ersatz erhalte, sei dies schon deshalb nicht stichhaltig, weil umgekehrt der Amtshaftungsanspruch voraussetze, dass der Geschädigte nicht über eine anderweitige Ersatzmöglichkeit verfüge. Der Kläger könne sich nicht erfolgreich für seine Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Landgerichts Dresden vom 19.11.1998 – 5 O 4471/98 – berufen, da diese Entscheidung nicht auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege. Der Amtshaftungsanspruch scheitere auch daran, dass der geltend gemachte Schaden nicht schlüssig dargelegt sei. Dies gelte zum einen im Hinblick auf den bestehenden Vergütungsanspruch des Klägers gegenüber seinem Auftraggeber, zum anderen aber auch hinsichtlich der Ausführungen zum Schaden, weil nur das negative Interesse zu ersetzen sei, der Kläger aber mit seinem Gebühreninteresse das positive Interesse verfolge.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen das beklagte Land kein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG zu.

1) Nach § 2 Abs. 1 des Landgesetzes über das amtliche Vermessungswesen von Rhl.-Pf. vom 20.12.2000 (GVBl. 2000, 572, nachfolgend LGVerm) werden die Aufgaben nach dem LGVerm Rhl.-Pf. von den Vermessungs- und Katasterbehörden wahrgenommen. Gemäß § 2 Abs. 2 LGVerm Rhl.-Pf. können die Erhebung von Daten für die Geobasisinformationen einschließlich der Gebäudeeinmessung sowie die Bestimmung und Abmarkung von Flurstücksgrenzen auch von sonstigen Vermessungsstellen vorgenommen werden. Dazu gehören nach § 2 a Abs. 2 S. 1 LGVerm Rhl.-Pf. die im Land Rheinland-Pfalz öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Vermessungsingenieure sowie nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 LGVerm die behördlichen Vermessungsstellen des Bundes.

a) Die öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Vermessungsingenieure handeln als Behörde im Sinne des § 2 des Landesverfahrensgesetzes Rhl.-Pf. vom 23.12.1976 (LVwVfG).

Gemäß § 2 a Abs. 4 S. 4 LGVerm unterstehen die öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Vermessungsingenieure dabei der Dienst- und Fachaufsicht der oberen Vermessungs- und Katasterbehörde.

b) Der Kläger war als Beliehener bei der Ausführung der Liegenschaftsvermessung selbst hoheitlich als Behörde tätig und hat die ihm zur Erfüllung der nach dem LGVerm übertragenen Aufgaben gemeinsam mit dem Vermessungs- und Katasteramt wahrgenommen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 13.06.2014 – 5 U 528/14 – MDR 2014, 1312 f. = VersR 2015, 578 f., zitiert nach juris Rn. 9 OVG Rhl.-Pf., Urteil vom 23.10.2003 – 12 A 10918/03 – NVwZ-RR 2004, 552 f., zitiert nach juris Rn. 19; BeckOK BGB Bamberger/Roth/Hau-Poseck-Reinert, 46. Edition, Stand 01.05.2018, BGB § 839 Rn. 9; Staudinger-Wöstmann, BGB, 2013, BGB § 839 Rn. 44 ff.).

2) Der Amtshaftungsanspruch scheitert zunächst nicht daran, dass der Kläger nicht gemäß § 839 Abs. 1 S. 2 BGB (Subsidiaritätsklausel) dargelegt hat, ob eine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht.

a) Der Kläger hat zwar nicht konkret vorgetragen, ob und in welcher Höhe er seinen Auftraggeber, den Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz bezüglich des ihm aufgrund der verspäteten Überreichung der Messunterlagen durch das Katasteramt entstandenen Mehraufwandes gemäß der Landesverordnung Rhl.-Pf. über die Gebühren der Vermessungs- und Katasterbehörden und der Gutachterausschüsse (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 14.06.2014 in Anspruch genommen hat. Zwar bildet die Unmöglichkeit, anderweit Ersatz zu erlangen, einen Teil des Tatbestandes, aus dem der Amtshaftungsanspruch hergeleitet wird. Der Verletzte hat das Vorliegen dieser zur Klagebegründung gehörenden negativen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs darzulegen und im Streitfall zu beweisen (BGH, Urteil vom 13.12.1990 – III ZR 14/90 – BGHZ 113, 164, 167 = NJW 1991, 1171 f., zitiert nach juris Rn. 12; Staudinger-Wöstmann, aaO: BGB § 839 Rn. 299; BeckOK BGB Bamberger/Roth/Hau-Poseck-Reinert, aaO, BGB § 839 Rn. 93).

b) Die Anwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel gemäß § 839 Abs. 1 S. 2 BGB scheitert vorliegend aber daran, dass das beklagte Land sich nicht darauf berufen kann, dass der Kläger sich bei einer anderen Behörde, hier dem Landesbetrieb … als seinem Auftraggeber, schadlos halten kann.

c) Es ist allenthalben anerkannt, dass bei einer fahrlässigen Herbeiführung eines Schadens durch mehrere Beamte verschiedener Körperschaften, die Amtspflichten verletzt haben, keine der haftenden Körperschaften sich darauf berufen kann, dass der Geschädigte von einer anderen Körperschaft Ersatz verlangen könne (vgl. hierzu Stein/Itzel/Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, 2. Auflage 2012, Rn. 192 m. w. N.). Vorliegend gehören der Landesbetrieb … und das Vermessungs- und Katasteramt … sogar der gleichen Körperschaft, dem Land Rheinland-Pfalz, an. Der Beklagte kann deshalb den Kläger nicht darauf verweisen, sich bei dem Landesbetrieb … schadlos zu halten.

3) Der Haftungstatbestand des § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG setzt voraus, dass die Amtspflicht gegenüber einem Dritten verletzt worden ist.

a) Die Drittbezogenheit der Amtspflicht beantwortet sich danach, ob die Amtspflicht, wenn auch nicht notwendig allein, auch den Zweck hat, das Interesse gerade des Geschädigten wahrzunehmen (zuletzt BGH v. 5.4.2018, III ZR 211/17 – juris). Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei einer schuldhaften Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muss eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. Es ist zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll (BGH, Versäumnisurteil vom 15.10.2009 – III ZR 8/09 – BGHZ 182, 370 ff., zitiert nach juris Rn. 14; Staudinger.Wöstmann, aaO, § 839 Rn. 169; BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Reinert, aaO, BGB § 839 Rn. 60; Stein/Itzel/Schwall, aaO, S. 85, 87; BeckOGK/Dörr, Gsell/Krüger/Lorenz/Mayer, Stand 01.07.2016, BGB § 839 Rn. 277 Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Auflage 2013, S. 60 ff.).

b) Ein Verwaltungsträger kann nicht als Dritter im Sinne von § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG qualifiziert werden, wenn er mit der Anstellungskörperschaft derart verzahnt ist, dass seine Beziehungen zu einem Außenstehendem als Internum wirkt, sog. Verzahnungstheorie (Stein/Itzel/Schwall, aaO, Rn. 5 f.). Dies schließt zwar nicht aus, dass auch Träger der öffentlichen Gewalt Dritte sein können. Voraussetzung dafür ist, dass der für die haftpflichtige Behörde tätige Beamte ihr gegenüber bei der Erledigung der Dienstgeschäfte in einer Weise gegenübertritt, wie sie für das Verhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch ist (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.1974 – III ZR 13/72 – DVBl. 1974, 592 = VersR 1974, 666 f.. zitiert nach juris Rn. 15; Urteil vom 12.12.1991 – III ZR 18/91 – BGHZ 116, 312 ff., zitiert nach juris Rn.11; von Einem, Amtshaftungsansprüche zwischen Hoheitsträgern, BayVBl. 1994, 486 ff., 486).

Wirken hingegen der Dienstherr des Beamten und eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in Vertretung einander widerstreitender Interessen derart zusammen, dass sie im Rahmen dieser Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erscheinen, können jene Pflichten, die dem Beamten im Interesse der Förderung des gemeinsam angestrebten Zieles obliegen, nicht als drittgeschützte Amtspflichten angesehen werden, deren Verletzung außenrechtliche Amtshaftungsansprüche der geschädigten Körperschaft auslöst (BGH, Urteil vom 12.12.1991 – III ZR 18/91 – BGHZ 116, 312 ff, zitiert nach juris Rn. 11; Urteil vom 16.05.1983 – III ZR 78/82 – BGHZ 87, 253, 255 = NJW 1984, 118 ff. , zitiert nach juris Rn. 13).

c) So stellt sich die Situation im vorliegenden Fall dar. Die Katasterbehörde hat dem Kläger für die Vermessung langgestreckter Anlagen an der K 22 Messunterlagen zur Verfügung gestellt. Diese waren Grundlage für die Durchführung einer einheitlichen Vermessung der K 22 von beiden beteiligten Stellen. Der Kläger und die Katasterverwaltung haben zur Erfüllung der ihnen gemeinsam übertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in Vertretung einander widerstreitender Interessen derart zusammen gearbeitet, so dass diese Arbeiten sich jeweils als Teil eines einheitlichen Ganzen darstellen.

d) Der Kläger macht mit seiner Berufung diesbezüglich ohne Erfolg geltend, dass sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 LGVerm ergebe, dass die Erhebung von Daten für die Geobasisinformationen einschließlich der Gebäudeeinmessung sowie die Bestimmung und Abmarkungen von Grundstücksgrenzen allein Sache der öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Vermessungsingenieure sei und diese nicht in gleicher Interessenrichtung mit der Vermessungs- und Katasterbehörde gleichsinnig zusammenarbeiten. Der Kläger führt für diese Auffassung keine nähere Begründung an.

Unerheblich dabei ist, dass es sich bei dem Kläger nicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern um eine natürliche Privatperson handelt, die hier als Behörde hoheitliche Aufgaben wahrnimmt (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.1983 – III ZR 78/82 – BGHZ 87, 253 ff. = VersR 1983, 833 f., zitiert nach juris Rn. 14).

e) Mit dem Landgericht kann aus dem Umstand, dass der Kläger als Vermessungsingenieur nicht nur Aufgaben für die Allgemeinheit erfüllt, sondern daneben auch persönliche Interessen verfolgt und von seinem Auftraggeber, hier dem Landesbetrieb …, erfolgsabhängig vergütet wird, nicht geschlossen werden, der Kläger sei Dritter im Sinne von § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG. Soweit der Kläger sich zur Stützung seiner Rechtsauffassung auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 18.01.2018 (vgl. Sitzungsprotokoll S. 2, Bl. 98 d. A.) überreichte Entscheidung des LG Dresden (Urteil vom 19.11.1998 – 5 O 4471/98 -, dort LU 7, Bl. 99, 105 d. A.) bezieht, wonach der Vermessungsingenieur geschützter Dritter im Sinne dieser Bestimmungen sei, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen.

Die Tatsache, dass infolge der durch verspätete Übergabe der Messunterlagen die Vermessungsschriften durch den Kläger nochmals überarbeitet werden mussten und dem Kläger dadurch ein höherer (vergütungspflichtiger) Arbeitsaufwand erwachsen ist, führt nicht dazu, dass der Kläger nunmehr Adressat einer drittgeschützten Amtspflicht ist.

f) Der Kläger kann sich mit seiner Berufung nicht erfolgreich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 11.11.1988 – 8 C 9/87 – NVwZ-RR 1989, 359 f. = BayVBl. 1989, 247 f., zitiert nach juris Rn. 12) berufen. Die dort zitierte Entscheidung betraf die Frage, ob ein öffentlich bestellter Vermessungsingenieur in seinem Recht auf Gebührenerhebung verletzt ist, wenn die Widerspruchsbehörde eine von ihm festgesetzte Gebühr, die den einschlägigen kostenrechtlichen Vorschriften entspricht, herabsetzt. Diese Entscheidung betrifft nicht die Frage, ob der Kläger im Verhältnis zum Vermessungs- und Katasteramt hinsichtlich seines Gebühreninteresses Dritter im Sinne von § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG ist.

Etwas anderes lässt sich auch aus der von der Berufung zitierten Entscheidung des OVG Rhl.-Pf. vom 23.10.2003 – 12 A 10918/03 – nicht entnehmen.

Der Kläger führt zu Unrecht aus, dass der Kläger als Beliehener in einem gegnerischen Verhältnis zu der Vermessungs- und Katasterbehörde stehe.

g) Zutreffend führt das Landgericht aus, dass der Kläger den ihm angeblich entstandenen Schaden im Rahmen des Amtshaftungsprozesses nicht unter Zugrundelegung der Landesverordnung Rhl.-Pf. über die Gebühren der Vermessungs- und Katasterbehörden und der Gutachterausschüsse (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 14.06.2014 geltend machen kann. Richtig ist der Hinweis des Landgerichts, dass der Kläger im Amtshaftungsprozess den ihm entstandenen Schaden nur im negativen Interesse beziffern kann. Der Kläger hat nicht vorgetragen, zu welchen Mehrarbeiten es infolge der verspäteten Übergabe der Messunterlagen durch das Vermessungs- und Katasteramt konkret gekommen ist und welche Arbeiten nutzlos geworden sind. Dies lässt sich aus dem Anlagenkonvolut der Anlagen 12 und 13 zu der Klageschrift vom 21.07.2017 (Bl. 1 ff. d. A.) nicht entnehmen.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch aus den dargelegten Gründen nicht zu.

4) Der Senat hat allerdings in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2018 (vgl. Sitzungsprotokoll S. 1 f. Bl. 160 f. d. A.) darauf hingewiesen, dass aufgrund des Verhältnisses zwischen Katasterverwaltung und dem Kläger als beliehenem Vermessungsingenieur in jedem Fall eine Einstandspflicht für Fehler der Katasterverwaltung, die sich in einem Mehraufwand auswirkten, gegenüber dem Vermessungsingenieur gegeben sei und eine Verantwortlichkeit bestehe. Diese Streitigkeiten seien über die einschlägigen Vorschriften zu lösen. D. h. der Mehraufwand, der nicht vom Antragsteller verursacht worden ist, ist zu ersetzen. Das beklagte Land hat seine Bereitschaft erklärt, den nachgewiesenen Mehraufwand zu entschädigen, soweit dieser nicht bereits dem Auftraggeber, d. h. dem Landesbetrieb …, in Rechnung gestellt worden sei. Diesbezüglich werden Gespräche zwischen dem Kläger und der Katasterverwaltung geführt.

Die Berufung des Klägers war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.531,76 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 Abs. 1 ZPO.

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