1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 67.994,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2022 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 26 % und die Beklagte 74 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 91.364,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht eine Schadensersatzforderung im Zusammenhang mit einem Einbruch in die Filialräumlichkeiten der Beklagten geltend.
Der Zeuge und Zedent der streitgegenständlichen Forderung, Herr H. S., ist langjähriger Kunde der Beklagten H. Sparkasse.
Am 29.11.2010 schloss der Zeuge S. mit der Beklagten einen „Kundenmietfachvertrag“ (Anlage K2). Dort ist folgende Aussage mit einem Kreuz bei „Ja“ bestätigt worden:
Dieses Kundenmietfach wird für eigene Zwecke des Kundenmietfachinhabers genutzt und nicht für einen anderen wirtschaftlich Berechtigten.
Der jährliche Mietpreis für das ihm mietweise überlassene Schließfach betrug € 49,00. In den „Bedingungen für die Vermietung von Schrankfächern“ (Fassung Januar 2017, Anlage B4), deren Einbeziehung in den Vertrag zwischen den Parteien streitig ist, heißt es unter Ziffer
9. Haftung der H. für den Fachinhalt
Die H. wird als Vermieterin die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anwenden. Die Folgen einer Missachtung dieser Bedingungen, insbesondere aber der unter Nummer 7 und 8 aufgeführten Sorgfaltspflichten und Obliegenheiten, trägt der Mieter. Die H. haftet im Rahmen des von ihr zu vertretenden Verschuldens nur in dem Maße, wie sie im Verhältnis zu anderen Ursachen an der Entstehung eines Schadens mitgewirkt hat. Soweit auch ohne Verschulden der H. bei Schäden am Fachinhalt durch Einbruchdiebstahl, Feuer oder Leitungswasser entstanden sind, übernimmt die H. den Schaden, soweit er nachweislich innerhalb des Faches entstanden ist, jedoch nicht über den tatsächlichen unmittelbaren Schaden zur Zeit des Schadeneintritts hinaus. Da die H. vom Inhalt des Faches keine Kenntnis und dementsprechend auf den Wert der vom Mieter im Fach verwahrten Sachen keinen Einfluss hat, kann sie den Umfang möglicher Schäden weder einschätzen noch begrenzen. Die H. beschränkt daher ihre Haftung in diesem Zusammenhang auf einen Maximalbetrag von EUR 40.000,00. Es bleibt dem Mieter überlassen, ein nach seiner Einschätzung verbleibendes Risiko in geeigneter Weise selbst abzusichern.
Der Mieter hat der H. alle Schäden an den verwahrten Sachen unverzüglich, und zwar noch vor ihrem Entfernen aus der Stahlkammer, anzuzeigen.
Die Filiale der Beklagten Nr. ist belegen in einem kombinierten Wohn- und Geschäftshaus im Zentrum von N.. In dieser Filiale kam es an dem Wochenende zwischen Freitag, dem 6.8.2021 und Sonntag, dem 8.8.2021 zu einem Einbruch durch noch unbekannte Täter. Diesen gelang es, sich durch Verwendung eines Kernbohrers und durch Bohren eines 45 cm breiten Bohrkanals über ca. 2 m Länge von den schräg über den Filialräumlichkeiten belegenen, zu jenem Zeitpunkt leerstehenden Räumlichkeiten Zutritt zu dem Tresorraum zu verschaffen, in welchem sich 1.223 an Kunden der Beklagten vermietete Schließfächer befanden, unter anderem dasjenige, welches der Zeuge S. zuvor angemietet hatte. Ca. 650 dieser Schließfächer wurden von den Tätern aufgebrochen und darin befindliche Wertsachen gestohlen. Unter den von diesem Einbruch betroffenen Schließfächern befindet sich auch dasjenige des Zeugen S..
Die von den Tätern genutzten, oberhalb der Filialräume befindlichen Praxisräumlichkeiten waren am 22.4.2021 zur Vermietung aufgegeben und anschließend ein auf zunächst zwei Jahre befristeter Mietvertrag geschlossen worden. Die Übergabe der Räume war am 15.5.2021 erfolgt.
Die Filialräume der Filiale in N. sind durch eine Einbruchmeldeanlage gesichert. Zugänge und Fenster sowie besonders gefährdete Bereiche sind durch Bewegungsmelder überwacht. Diese Sensoren reagieren in ihrer Funktionsweise auf Bewegung und Körperwärme. In den Filialräumen, nicht aber im Tresorraum, sind drei Videokameras vorhanden. An den Außenwänden der Filiale sind Alarmanlagen mit Außensirenen sichtbar angebracht. Das Alarmsystem wird morgens bei Betreten der Filialräume durch die Mitarbeiter „unscharf“ gestellt wird. Beim Verlassen der Filiale durch die Mitarbeiter nach Dienstschluss wird das System auf „scharf“ geschaltet.
Der Zugang zu den Kundenschließfächern in der Filiale N. wird kontrolliert. Erforderlich ist eine Anmeldung am Servicetresen durch Vorlage des Personalausweises. Ist der Tresorraum frei, wird der Kunde – so seit 2019 – namentlich in das System eingeloggt. Im Anschluss wird der Kunde von einem Mitarbeiter begleitet, der dann den sog. Vorschluss des Schließfaches unternimmt. Der Kunde öffnet das Fach dann mit einem eigenen Schlüssel. Aus Diskretionsgründen verlässt sodann der Mitarbeiter den Tresorraum wieder.
Der Tresorraum verfügt über eine ca. 40 cm starke und mehr als 4 t wiegende schwere Stahltür. Seine Wände und die Decke sind aus 80 cm starkem, stahlarmierten Beton ausgeführt. Im Tresorraum selbst war zum Tatzeitpunkt ein Bewegungsmelder vorhanden. Zwischen den Parteien steht im Streit, welche Qualität bzw. Sicherheitsklasse dieser Bewegungsmelder aufwies und nach welchem grundsätzlichen Schema er funktionierte.
Hinsichtlich des im Tresorraum vorhandenen Bewegungsmelders ergaben die polizeilichen Ermittlungen nach dem Einbruchsgeschehen, dass dieser mit einem passgenauen Aufkleber abgeklebt war. Auf die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft K.,, SB 1 Bd. II, Bl. 257 f., die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, sowie auf das Anlagenkonvolut K 6 wird Bezug genommen.
Während des Einbruchgeschehens zwischen dem 6.8.2021 und 8.8.2021 löste der im Tresorraum befindliche Bewegungsmelder keinen Alarm aus. Die Ursache hierfür ist den Parteien nicht bekannt. Auch im Übrigen wurde ein Alarm der Einbruchmeldeanlage durch das Einbruchsgeschehen nicht ausgelöst. Der Einbruch wurde erst am Sonntag, den 8.8.2021 bemerkt.
Bereits am 23./24.10.2020 war es in der Filiale der Beklagten in der H.str., H.- A., zu einem Einbruchsversuch gekommen. Die Täter hatten es unternommen, mittels eines wassergekühlten Kernbohrers eine Seitenwand zur dort befindlichen Tresoranlage zu durchbohren, in der sich die Kundenschließfächer befinden. Sie brachen im weiteren Verlauf die Tatausführung ab, sodass ein Zutritt zum Tresorraum dort nicht erfolgte. Über Lichtbilder der Örtlichkeiten nach der abgebrochenen Tatausführung verhält sich das Anlagenkonvolut K 4, auf welches ergänzend Bezug genommen wird. Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen wurde festgestellt, dass die im Tresorraum / Schließfachbereich wie auch im Vorraum befindlichen Bewegungsmelder mit jeweils passgenauen Aufklebern abgeklebt worden waren.
In den Jahren 2014, 2015, 2017, 2019 und 2020 war es in Sparkassen-Filialen an verschiedenen Orten in Deutschland (u.a. Berlin, Kiel, Hannover, Harburg-Buxtehude) durch teils unterschiedliche Begehungsweisen der Täter zu Schließfachaufbrüchen ohne Alarmauslösung gekommen.
Der Zeuge S. machte, anwaltlich vertreten, gegen die Beklagte mit Schreiben vom 23.06.2022 (Anlage K 9) Schadensersatz in Höhe von € 131.364,00 geltend. Er forderte die Beklagte – nach einer bereits geleisteten Zahlung von € 40.000,00 – auf, Schadensersatz in Höhe von weiteren € 91.364,00 an ihn zu leisten. Die Beklagte reagierte darauf mit ihrem Schreiben vom 29.6.2022, in dem sie ausführte, sie könne keinen Anlass für eine weitergehende Erstattung erkennen.
In einer Abtretungsvereinbarung vom 01.08.2022 (auf die Anlage K 1 wird Bezug genommen) trat der Zeuge S. Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus einem zwischen ihm und der Beklagten geschlossenen Mietvertrag über ein Wertschließfach in Höhe von € 91.364,00 zzgl. zwischenzeitlich entstandener Verzugszinsen an die Klägerin ab.
Die Klägerin behauptet, zur Zeit des Einbruches hätten sich im Schließfach des Zeugen S. zwei Alben mit insgesamt 40 Goldmünzen im Wert von insgesamt € 16.370,00, 14 D. Goldbarren zu je 100 g im Wert von insgesamt € 70.420,00, ein D. Goldbarren zu 250 g im Wert von € 12.574,00 und 32.000,00 € Bargeld befunden. Von dem Bargeld habe ein Betrag von € 25.000,00 dem Zeugen S. und ein Betrag von € 7.000,00 ihr zugestanden.
Die Beklagte hafte der Klägerin nach der geleisteten Zahlung von € 40.000 an den Zeugen S. aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Höhe von noch € 91.364,00. Denn sie sei ihrer vertraglichen Verpflichtung zur tresormäßigen Sicherung des Schließfaches in pflichtwidriger Weise nicht nachgekommen. Die von der Beklagten in den Filialräumlichkeiten vorgehaltenen Sicherungsmaßnahmen seien evident unzureichend und entsprächen nicht den Anforderungen an den anerkannten Stand der Technik. Vielmehr entspräche der im Tresorraum installierte Bewegungsmelder bestenfalls „Baumarktniveau“, da sich dieser unbemerkt habe abkleben und seiner Alarmfunktionen berauben lassen. Zudem wäre ein Alarm, sofern ein solcher von dem vorhandenen Bewegungsmelder im Tatzeitpunkt ausgelöst worden wäre, nur im Schalterbereich wahrnehmbar gewesen.
Die Beklagte sei insbesondere nach dem Einbruchversuch in ihrer Filiale H.str. und angesichts der zahlreichen Einbrüche in Sparkassenfilialen in Deutschland seit dem Jahr 2014 verpflichtet gewesen, ihre Filiale(n) über die bestehenden Alarmeinrichtungen hinaus mit weiteren Sicherheitselementen auszustatten. Erforderlich wären Körperschallmelder, Erschütterungs- und Vibrationssensoren gewesen. Dieses Unterlassen sei objektiv pflichtwidrig und von der Beklagten verschuldet.
Soweit sich die Beklagte auf die Haftungsbegrenzung in den Bedingungen für die Vermietung von Schrankfächern berufe, habe dies auf den zu leistenden Schadensersatz keine Auswirkung. Denn diese Bedingungen seien schon nicht Vertragsinhalt geworden, da dem Zeugen S. diese Bedingungen bei Vertragsschluss nicht überreicht worden seien und er von ihnen auch keine Kenntnis erhalten habe. Ungeachtet dessen sei die dortige Klausel unter Ziffer 9 auch unwirksam gem. § 309 Nr. 7 lit. a), b) BGB.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 91.364,00 sowie als Nebenforderung EUR 3.738,98 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 91.364,00 seit dem 08.07.2022 sowie aus EUR 3.738,98 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe ihre Verpflichtungen zur tresormäßigen Sicherung hinreichend erfüllt. Der in dem Tresorraum zum Zeitpunkt des Einbruchs vorhandene Bewegungsmelder habe grundsätzlich ordnungsgemäß funktioniert. Die von der Beklagten in den Filialräumlichkeiten in N. installierten Alarmeinrichtungen seien funktionsfähig gewesen und hätten dem aktuellen Stand der Technik entsprochen. Zur Vorhaltung weiterer Alarmeinrichtungen sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen.
Nach dem Einbruchsversuch am 24.10.2020 in der Filiale A. habe die Beklagte eine Risikoanalyse ihre Wertsicherungsräume mit Kundenfächern vornehmen lassen. Ergebnis dieser Analyse sei unter anderem gewesen, dass der Tresorraum in N. aufgrund seiner spezifischen baulichen Gegebenheiten gegenüber dem Tresorraum in A. als deutlich weniger einbruchsgefährdet einzustufen gewesen sei. In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte auf Wand- und Deckenstärke des Tresorraums von 80 cm und die mehr als 4 t wiegende Tresortür, die der Sicherheitsstufe T 10 entspreche. Insbesondere aber habe die Beklagte auf den Umstand, dass die Bewegungsmelder in der Filiale in A. im Zusammenhang mit dem dortigen Einbruchsversuch am 24.10.2020 mit passgenauen Aufklebern zugeklebt worden seien, in erforderlicher Weise reagiert. Nach sachverständiger Überprüfung der 115 Filialen, die über einen Wertschutzraum verfügten, sei ihr geraten worden, die vorhandenen Bewegungsmelder in den Wertschutzräumen und deren Vorräumen (VdS Klasse B) auszutauschen. Aufgrund des Angebotes „zur Verbesserung der Manipulationssicherheit von Bewegungsmeldern“ durch die Fa. Z. & M. vom 30.10.2020 (auf die Anlage B 16 wird Bezug genommen) sei hiernach der auch im Tresorraum der Filiale in N. eingebaute Bewegungsmelder ausgetauscht worden. Eingebaut worden sei am 17.3.2021 der von der Fa. Z. & M. angebotene Bewegungsmelder vom Typ Viewguard Dual AM EMK, VdS-Anerkennung gem. Klasse C, konform zu EN 50131-1 und EN 50131-2-4 Grad 3. Die Beklagte verweist insoweit auf die Anlage B 9, dort S. 77, sowie auf die Anlage B 18; auf beide Anlagen wird ebenfalls Bezug genommen. Der neu eingebaute Bewegungsmelder nutze eine Kombination aus Mikrowellen- und Infrarotsensoren, um eine Erkennung von Bewegungen zu gewährleisten. Auch sich sehr langsam bewegende Personen würden von dem Melder erkannt werden.
Dieser neu eingebaute Bewegungsmelder verfüge über drei unterschiedliche Alarme:
Der Bewegungsalarm erzeuge im unscharf geschalteten Zustand der Alarmanlage des Tresorraumes eine Meldung auf dem Display der Einbruchmeldezentrale im hinteren Bereich der Filiale und im scharf geschalteten Zustand eine automatische Alarmierung an die Firma B. / die Polizei.
Der Abdeckalarm löse im Falle einer absichtlichen oder versehentlichen Abdeckung des „Spiegels“ des Bewegungsmelders von mehr als ca. 15 Sekunden einen Alarm aus. Im unscharf geschalteten Zustand werde eine Meldung auf dem Display der Einbruchmeldezentrale im hinteren Bereich der Filiale erzeugt, der sich ohne Servicetechniker nicht abschalten lasse und der eine Scharfschaltung der Alarmanlage des Tresorraumes verhindere. Im scharf geschalteten Zustand werde eine automatische Alarmierung an die Firma B. / die Polizei erzeugt.
Der Sabotagealarm sei unabhängig von Bewegungs- und Abdeckalarm geschaltet. Im Falle der Öffnung des Gehäuses des Bewegungsmelders oder des Abreißens von der Wand werde eine akustische und optische Meldung auf dem Display der Einbruchmeldeanlage ausgelöst. Ohne Servicetechniker lasse sich diese nicht abschalten, lediglich der akustische Alarm könne ausgeschaltet werden. Eine anstehende Meldung verhindere die Scharfschaltung der Alarmanlage des Tresorraumes. Im scharf geschalteten Zustand werde eine automatische Alarmierung an die Firma B. / die Polizei erzeugt. Werde der Sabotagealarm ausgelöst, werde dies im nicht löschbaren Ereignisspeicher der Einbruchmeldezentrale vermerkt.
Durch das Öffnen des Bewegungsmelders werde die Plombe zerstört und Sabotagealarm wie auch Abdeckalarm ausgelöst.
Die Beklagte habe bereits am 26.10.2020 an alle Filialen mit Wertschutzräumen eine dienstliche Anweisung erteilt, beim abendlichen Kontrollgang auf Veränderungen der Bewegungsmelder wie Verkleben, Besprühen oder Verdrehen etc. zu achten und gegebenenfalls unverzüglich zu melden.
Zwischen dem 7.7.2021 und dem 9.7.2021 sei eine quartalsmäßige Wartung und Kontrolle der Sicherheitstechnik in der Filiale in N. erfolgt. Am 7.7.2021 habe eine anderthalbstündige Wartung durch einen Mitarbeiter der Fa. Z. & M. in den Filialräumlichkeiten stattgefunden, über welche ein Wartungsprotokoll erstellt worden sei (Anlage B 24). U.a. sei der im Tresorraum vorhandene Bewegungsmelder überprüft und für mängelfrei befunden worden. Dieser habe am 7.7.2021 beanstandungsfrei funktioniert. Eine Scharfschaltung der Alarmanlage am Nachmittag des 7.7.2021 und eine Unscharfschaltung am Morgen des 8.7.2021 habe funktioniert. Am 8.7.2021 sei, nachdem der Mitarbeiter A. der Fa. Z. & M. die Filiale verlassen habe, der Abdeckalarm des Bewegungsmelders im Tresorraum ausgelöst worden, so dass eine Scharfschaltung der Alarmanlage nicht habe erfolgen können. Dies sei der Sicherheitszentrale der Beklagten gemeldet worden. Am 9.7.2021 sei der Mitarbeiter P. der Fa. Z. & M. in der Filiale N. erschienen und habe den Bewegungsmelder im Tresorraum überprüft. Im Anschluss habe der Mitarbeiter sog. „Gehtests“ erfolgreich durchgeführt. Der Bewegungsmelder sei zudem auf Beschädigungen und intakte Plombe geprüft worden. Der Melder habe nach Beendigung der Tests / Überprüfung ordnungsgemäß funktioniert und die Alarmanlage habe sich am Abend des 9.7.2021 wieder scharf schalten lassen.
Mit dem Einbau des neuen Bewegungsmelders in den Tresorraum der Filiale N. habe die – insoweit sachverständig beratene – Beklagte angemessen und ausreichend auf den Einbruch in die Filiale H.str. reagiert. Der Melder habe mit der höchsten Sicherheitsklasse den zertifizierten Anforderungen an Manipulationssicherheit und dem anerkannten Stand der Technik entsprochen.
Die Beklagte habe angesichts der am 9.7.2021 abgeschlossenen und erfolgreichen Überprüfung des Bewegungsmelders auch davon ausgehen dürfen, dass die Funktionsfähigkeit des im Tresorraumes befindlichen Bewegungsmelders gewährleistet sei.
Für die Beklagte sei der Einbruch in den Tresorraum nicht vorhersehbar gewesen. Eine gesteigerte Gefährdungslage für den Tresorraum in N. habe nicht bestanden. Die Örtlichkeiten der Filiale N. seien mit derjenigen in der H.str. nicht zu vergleichen. Das Gefährdungspotential in der H.str. sei ungleich höher als in N.. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass die Filiale H.str. an einer viel befahrenen, mehrspurigen Hauptverkehrsstraße mit viel Gewerbe und wenig Anwohnern liege, während die Filiale N. in einem Gebiet mit erheblicher Wohnbebauung und viel fußläufigem Passantenverkehr belegen sei. Die zufällige Entdeckungsgefahr sei damit für die Filiale in N. ungleich höher gewesen. Zudem habe die Beklagte auch nicht davon ausgehen müssen, dass ein mit den Geschehnissen in der Filiale H.str. vergleichbarer Einbruch in N. stattfinden könne. Denn die Seitenwände des Tresorraums lägen im Bereich der nicht manipulierbaren Vorfeldsicherung der Filialräume. Mit der Schaffung eines Zugangs zum Tresorraum durch die über dem Tresorraum liegenden Räumlichkeiten habe die Beklagte nicht rechnen müssen. Denn dies habe eine exakte Kenntnis der Bauzeichnungen des Gebäudekomplexes erfordert wie auch eine Anmietung der Räumlichkeiten. Schließlich sei es für die Durchführung eines solchen Einbruchs erforderlich gewesen, eine Bohrung von 2,35 m Betonstärke durchzuführen in einem Gebäudekomplex, in dem sich Geschäftsräume und auch am Wochenende bewohnte Wohnungen befinden. Zudem sei für ein solches Unterfangen eine erhebliche Kompetenz für die Bedienung eines industriellen Kernbohrers, die Fähigkeit zur Ausmessung und winkelmäßigen Berechnung der Ansatzstelle für den Bohrer, die langfristige Überwachung des N.er Mietmarktes, die Fähigkeit, einen Bewegungsmelder trotz Sabotagealarms zu sabotieren sowie die körperliche Zierlichkeit, um durch einen 45 cm breiten Bohrkanal zu gelangen, erforderlich. Derlei sei für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen.
Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, weitere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Insbesondere habe für sie keine Verpflichtung bestanden, Körperschall- und/oder Vibrationssensoren zu installieren. Der Beklagten könne insbesondere deswegen kein Vorwurf einer Pflichtverletzung gemacht werden, da bis heute ungeklärt sei, wie die Täter den Bewegungsmelder im Tresorraum manipuliert hatten. Ausweislich einer Auskunft der Staatsanwaltschaft K. vom 9.5.2023 seien neuerliche Unterlagen die Sicherung des Tresorraums betreffend zu den Akten genommen worden. Ohne weitere Akteneinsicht erhalten zu haben, behauptet die Beklagte, die Polizei H. habe offenbar eine Manipulationsmöglichkeit ohne Auslösung des Sabotagealarms und des Auslösens der Abdecküberwachung am im Tresorraum in N. verbauten Bewegungsmelder entdeckt, die bis heute in Fachkreisen, beim Hersteller, der VdS Schadenverhütung GmbH und dem BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V. unbekannt sei. Allein aus dem Umstand, dass ein Einbruch von Schwerstkriminellen erfolgreich gewesen und offenbar in diesem Zusammenhang der im Tresorraum befindliche Bewegungsmelder manipuliert worden sei, dürfe nicht auf eine Pflichtverletzung der Beklagten geschlossen werden. Denn es gebe keine Verpflichtung des Schließfachvermieters, für die Verhinderung jedweden Einbruchs einzustehen.
Aus vorgenannten Umständen ergebe sich für die Beklagte keine Verpflichtung, weitere Zahlungen an die Klägerin zu leisten.
Unbeschadet dessen hafte die Beklagte aber auch über den bereits geleisteten Betrag von € 40.000 deswegen nicht, weil sie ihre Haftung wirksam auf einen Betrag von höchstens € 40.000 beschränkt habe. Dies folge aus den zum Vertragsbestandteil gewordenen Sonderbedingungen für Kundenmietfächer (Anlage B 4), mit deren Ziffer 9 die Haftung der Beklagten der Höhe nach auf diesen Maximalbetrag beschränkt worden sei. Die Haftungsbeschränkung in Ziffer 9 sei auch wirksam. Es habe dem Zeugen S. zudem freigestanden, den Wert seines Schließfachinhaltes über diesen Betrag hinaus zu versichern. Auf diese Möglichkeit habe der an der Tresortür der Filiale befindliche Aushang in deutlicher Weise hingewiesen und sei dies dem Zeugen S. nicht verborgen geblieben. Zudem wiesen die Mitarbeiter der Beklagten bei Abschluss von Schrankfach-Verträgen standardmäßig darauf hin, dass eine Haftungsbegrenzung der Beklagten bis auf € 40.000 und die Möglichkeit einer Zusatzversicherung bestehe. Hierauf weise auch ein Flyer hin, der den Kunden regelmäßig im Zusammenhang mit dem Abschluss von Schrankfach-Verträgen übergeben werde (Anlage B 1).
Hinsichtlich der Haftung der Höhe nach tritt die Beklagte dem Vorbringen der Klägerin zum Inhalt des Schließfaches im Zeitpunkt des Einbruches entgegen und erklärt sich hierzu mit Nichtwissen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen S.. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19.4.2023 Bezug genommen. Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 19.4.2023 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig (dazu unter A.) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (dazu unter B.).
A.
Die Klage ist zulässig. Sie genügt insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 ZPO.
Mit der Klage wird nach Zahlung durch die Beklagte in Höhe von € 40.000,00 der Restbetrag in Höhe von € 91.364,00 des von der Klägerin behaupteten, sich aus verschiedenen Schadenspositionen (Goldmünzen, Goldbarren, Bargeld) zusammensetzenden Gesamtschadens in Höhe von € 131.364,00 geltend gemacht. In einer derartigen Konstellation ist es für eine hinreichende Bestimmtheit der Klage notwendig anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Positionen verteilt, d.h., welche Schadenspositionen in welcher Höhe zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemacht werden (vgl. OLG Celle, Urt. v. 1.3.2019 – 8 U 188/18, Juris, Rz. 173).
An einer solchen Klarstellung mangelte es zunächst. Sie wurde aber in der mündlichen Verhandlung durch die Erklärung des Prozessbevollmächtigten vorgenommen, der von der Beklagten gezahlte Betrag in Höhe von € 40.000,00 sei auf die € 25.000,00 Bargeld des Zeugen S., auf den Schaden betreffend den 250 g D. Goldbarren und der Rest auf den Schaden betreffend die 14 D. Goldbarren zu 100 g verrechnet worden. Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden in Höhe von € 91.364,00 setzt sich demnach aus folgenden Schadenspositionen zusammen:
Bargeld der Klägerin selbst
in Höhe von € 7.000,00 Goldmünzen
im Wert von € 16.370,00 14 D. Goldbarren zu 100 g
im Wert von 70.420,00 € davon € 67.994,00
€ 91.364,00
B.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht des Zeugen S. ein Schadensersatzanspruch in Höhe von € 67.994,00 nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe zu. Im Hinblick auf den darüberhinausgehenden Betrag sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten jeweils nebst Zinsen ist die Klage unbegründet.
I.
Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte folgt aus §§ 280, 249, 398 BGB i.V.m. dem zwischen dem Zedenten und der Beklagten geschlossenen Vertrag über die Vermietung eines Schrankfaches.
1. Die Abtretungsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Zeugen S. / Zedenten vom 01.08.2022 (Anlage K 1) ist wirksam. Soweit die Beklagte diesbezüglich geltend macht, die Abtretung sei erfolgt, um dem Zedenten trotz dessen Eigeninteresses als Schließfachinhaber die Zeugenstellung zu ermöglichen, kann eine solche Motivation der Parteien des Abtretungsvertrages unterstellt werden. Es ergeben sich nämlich allein hieraus keine Nichtigkeitsgründe (vgl. BGH, Urt. v. 8.1.1976 – III ZR 148/73, Juris, Rz. 18). Im Übrigen wendet die Beklagte keine Gründe ein, die gegen die Wirksamkeit der Abtretung sprechen könnten und sind solche auch nicht ersichtlich.
2. Die Beklagte haftet der Klägerin aus abgetretenem Recht des Zeugen S. aus einer Verletzung ihrer Pflicht zur tresormäßigen Sicherung der Schrankfachanlage in den Räumlichkeiten der Filiale in N..
a) Bei dem in Rede stehenden „Kundenmietfachvertrag“ vom 29.11.2010 handelt es sich um einen Mietvertrag (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2012 – 24 U 193/11, Juris, Rz. 33 ff.; Klanten in: Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2022, § 48, Rz. 3; Bunte/Zahrte, AGB-Banken, AGB-Sparkassen, Sonderbedingungen, 6. Aufl. 2023, 4. Teil, IX, A.I., Rz. 1a).
b) Die Hauptleistungspflicht der Beklagten bestand darin, dem Zeugen S. das Schrankfach auf unbestimmte Zeit zum Gebrauch zu überlassen. Darüber hinaus schuldete die Beklagte die Zurverfügungstellung eines Schrankfaches, das den besonderen Sicherungsbedürfnissen des Kunden Rechnung trägt und vor schädlichen Einwirkungen wie u.a. Diebstahl geschützt ist. Dass der Kunde als Mieter dabei eine besondere Sicherheit für die von ihm in das Schließfach eingelegten Gegenstände erwartet, die er bei einer anderweitigen Lagerung in Privat- oder Geschäftsräumen selbst bei besonderer Sicherung (beispielsweise in Tresoren) regelmäßig nicht erreichen kann, weil schon die Gebäude- und Raumsicherung bei Banken meist erheblich ausgeprägter ist und einen höheren Schutz vor Entwendung bietet (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., Rz. 34), war eine auch hier für die Beklagte erkennbare Erwartungshaltung. Denn ausweislich ihrer „Sonderbedingungen für Kundenmietfächer“ (Anlage B3 und B4) sah sie sowohl ein gesondertes Verschlusssystem wie auch erhöhte Sorgfaltspflichten des Kunden für die Nutzung und Aufbewahrung des Schlüssels für das Mietfach vor, als auch eine Haftung ihrerseits für einen Betrag von € 40.000,00 im Falle von insbesondere Einbruchdiebstahl. Dadurch hat sie zu verstehen gegeben, dass es aus ihrer Sicht nicht unüblich ist, dass Kunden besonders zu sichernde Gegenstände im Wert von mindestens € 40.000,00 in einem Schließfach aufbewahren. Ein auf diese Weise erhöhtes Sicherungsbedürfnis des einzelnen Mieters hat sie damit akzeptiert und muss ihre Schutzmaßnahmen daran messen lassen. Insoweit prägen den Mietvertrag die Besonderheiten eines Schließfach- bzw. Schrankfachvertrages unter dem Aspekt der erwarteten höheren Sicherheit und die aus ihm folgenden Verpflichtungen der Bank über das gesetzliche Maß hinaus (OLG Düsseldorf, aaO, Rz. 37).
Die Beklagte schuldete vor diesem Hintergrund die sog. tresormäßige Sicherung, d.h. die Bewachung und Sicherung der Schrankfachanlage, wobei die Sicherung die Schrankfachanlage selbst betrifft, die nach dem anerkannten – also sich fortentwickelnden – Stand der Technik ausgestattet sein muss (vgl. OLG Düsseldorf, aaO, Rz. 37; Klanten in: Ellenberger/Bunte, aaO, Rz. 5 mwN).
Wie die Beklagte in rechtlicher Hinsicht zutreffend anführt, kann dieser anerkannte, sich fortentwickelnde Stand der Technik nicht vor jeglichen denkbaren Gefahren schützen. Einen solchen Maßstab anzulegen überspannte die von der Beklagten zu fordernde Sicherungspflicht auch mit Blick auf die berechtigten Sicherungserwartungen ihrer Kunden (s.o.). Diese können und müssen daher nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie sich an den konkreten Gegebenheiten orientieren und von einem umsichtigen und informierten Schließfachkunden ausgehen. Art und Umfang der konkret vorzuhaltenden Sicherungsvorkehrungen haben sich daneben auch daran zu orientieren, ob für die Sicherheit der Schrankfachanlage über die allgemeinen Risiken hinaus spezifische Risiken bestehen, deren Verwirklichung durch zumutbare Maßnahmen begegnet werden kann.
Der von der Beklagten ins Feld geführte Maßstab, der anerkannte Stand der Technik müsse vor den im Einzelfall üblicherweise zu erwartenden Gefahren schützen, ist daher mit den vorgenannten Maßgaben auch aus Sicht der Kammer anzulegen.
Diesem Maßstab ist die Beklagte indes nicht gerecht geworden. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Vertrag mit dem Zeugen S. verletzt, weil sie die spezifischen Risiken, die sich angesichts des Einbruchsversuchs in ihrer Filiale H.str. für sie offenbarten und vor deren Verwirklichung ein umsichtiger und informierter Schließfachkunde Schutz erwarten durfte, bei der Sicherung ihrer Anlage in der Filiale in N. nicht hinreichend berücksichtigt hat.
aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass in der Filiale H.str. am 24.10.2020 ein Einbruchsversuch erfolgte und die Täter versucht hatten, im Keller des dortigen Gebäudes die Wand zum Tresorraum mit einem Kernbohrer zu durchdringen, um sich anschließend Zugang zu den im Tresorraum vorhandenen Kundenschließfächern zu verschaffen. Dem Bildmaterial zufolge (Anlagenkonvolut K 4) hatten die Täter bereits zur Ausführung der Tat angesetzt und mit dem Bohren begonnen. Um in den Keller zu gelangen hatten sie bereits zwei alarmgesicherte Stahltüren überwunden, indem sie einen Kontaktalarm in beiden Türen mittels eines Trennschleifers umgangen hatten. Den für die Tatausführung genutzten Kernbohrer, der in seinem Durchmesser von ca. 45 cm dem für die streitgegenständliche Tat verwendeten Kernbohrer entsprach, hatten sie auf einem Schienensystem montiert und über ein im Treppenbereich des Objekts gelegenes Waschbecken mit einer Wasserkühlung versorgt. Sie brachen die Tatausführung letztlich ab, wobei nicht festgestellt ist, ob dies aus eigenem Antrieb erfolgte oder weil sie während der Tatausführung gestört wurden. Unstreitig – und aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht K. (Az. ), dortiger Sonderband 11 „Erkenntnisse“ Bd. I, Bl. 3 ersichtlich – waren die im Vorraum zum Tresorraum als auch im Tresorraum selbst vorhandenen Bewegungsmelder der Alarmanlage mit passgenauen Aufklebern zugeklebt und hatten die Täter diese Bewegungsmelder bereits vor dem Abend des 23.10.2020 zu Filialöffnungszeiten manipuliert (s. auch Anlage B 10). Diese Manipulationen durch die Aufkleber waren nach Einschätzung der H. Kriminalpolizei auf den ersten Blick nicht erkennbar und wurden erst durch die Kriminalbeamten am Tatort bemerkt (Bl. 3 der Ermittlungsakte, a.a.O.).
Nach Einschätzung der Kriminalpolizei handelte es sich um einen höchstprofessionellen Einbruchsversuch (Bl. 3 der Ermittlungsakte, a.a.O.), bei dem die Täter ein hohes Maß an Professionalität zeigten (Bl. 2 der Ermittlungsakte, a.a.O.).
bb) Die Beklagte war angesichts dessen gehalten, die Art und Weise der Tatausführung im Oktober 2020 in ihrer Filiale H.str. in ihre Risikoanalyse mit aufzunehmen und die übrigen Filialen unter Berücksichtigung der jeweiligen Örtlichkeiten auf hinreichend bestehenden Schutz zu überprüfen und ggf. geeignete Maßnahmen zur Verhinderung ähnlicher Einbruchsmuster zu treffen. Dabei hatte sie zu berücksichtigen, dass potenzielle Täter hochprofessionell vorgingen, sich unter Zuhilfenahme des erforderlichen Werkzeugs vorbereiteten und über detaillierte Kenntnisse der Örtlichkeiten sowie der von ihr verbauten Alarmsysteme verfügten. Sie hatte dabei in den Blick zu nehmen, dass diese hochprofessionelle Tätergruppierung sich konkret auf die von ihr vorgehaltenen Sicherungssysteme einstellte und deren Manipulationsmöglichkeiten auslotete. Die Beklagte musste auch mit Blick auf die in den vergangenen Jahren in Sparkassen-Filialen an verschiedenen Orten durch unterschiedliche Begehungsweisen stattgefundenen Schließfacheinbrüche insbesondere wegen des Tatgeschehens im Oktober 2020 in der Filiale H.str. damit rechnen, dass es zu weiteren Versuchen von Einbrüchen dieser Art in Tresorräume ihrer Filialen kommen kann. Insbesondere hatte sie angesichts des in der Filiale H.str. im Zusammenhang mit dem dortigen Einbruchsversuch erfolgten Abklebens der dortigen Bewegungsmelder die Ertüchtigung dieser Komponenten in den anderen Filial- bzw. Tresorräumen besonders in den Blick zu nehmen. Ein solches Vorgehen durften ihre umsichtigen und informierten Schließfachkunden erwarten, nachdem es bereits zuvor zu Einbrüchen in Schließfächer ohne Alarmauslösung gekommen war und die Beklagte selber durch das Geschehen in der Filiale H.str. nochmals auf ein solches, weiterhin bestehendes Risiko durch hochprofessionell agierende Täter aufmerksam gemacht worden war.
Im Bereich des Schließfachschutzes kann dabei angesichts der vorgenannten berechtigten Kundenerwartungen kein geringerer Maßstab gelten als im Bereich des Schutzes eines Kontos beim Online-Banking. Für Schließfachüberlassungen gelten beispielsweise im Hinblick auf die Legitimationsprüfung dieselben Anforderungen wie bei Eröffnung eines Kontos (Ellenberger/Bunte BankR-HdB, 6. Aufl. 2022, § 48. Safevertrag, Schließfach Rn. 8). Die Bank muss auch hier ein technisch sicheres System nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik bereitstellen. Im Rahmen des Kontoschutzes beim Online-Banking besteht die von jedem vernünftig informierten Bankkunden angenommene und von der Rechtsprechung folgerichtig vorausgesetzte Pflicht der Bank, auf Grundlage des neuesten Stands der Erfahrung laufende und kurzfristige Änderungen in Sicherungssystemen und Angriffsszenarien zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 26.1.2016 – XI ZR 91/14, MMR 2016, 382 Rz. 41 f.). Dabei stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich als Maßstab darauf ab, ob praktisch erfolgreiche Angriffe auf ein auf eine bestimmte Weise ausgestaltetes System in der Öffentlichkeit bekannt geworden waren (dort: zahlreiche bekannt gewordene erfolgreiche Attacken im smsTAN-Verfahren). Aus welchen Gründen eine Bank aber verpflichtet sein soll, ihr elektronisches System und dessen Schutz an sich veränderndes Täterwissen, deren Professionalität und deren Vorgehensweisen anzupassen (vgl. dazu auch KG, Urt. v. 29.11.2010 – 26 U 159/09, MMR 2011, 338, 339 f. für das PIN/TAN-Verfahren), sie eine solche Pflicht bei manuell – und damit tendenziell sogar einfacher – zu schützenden Wertgegenständen ihrer Kunden in Schließfächern aber nicht treffen soll, erschließt sich der Kammer nicht.
cc) Zwar hat die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen im Nachgang zu dem Vorfall in der H.str. und nach Durchführung einer Risikoanalyse Maßnahmen zur Ertüchtigung der Sicherungsvorrichtungen in ihren Filialen getroffen, so auch in den Filialräumlichkeiten der hier streitgegenständlichen Filiale in N.. Die Risikoanalyse, so die Beklagte, habe gezeigt, dass die Filiale aufgrund ihrer spezifischen baulichen Gegebenheiten gegenüber dem Tresorraum in A. als deutlich weniger einbruchsgefährdet einzustufen gewesen sei. Zugleich hat die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen u.a. den Bewegungsmelder im Tresorraum der Filiale gegen ein neueres Modell ausgetauscht.
Die Kammer kann dieses von Klägerseite bestrittene Vorbringen der Beklagten als zutreffend unterstellen.
Denn diese von der Beklagten getroffenen Maßnahmen erweisen sich bereits ihrem eigenen Vorbringen nach als unzureichend.
(1) Soweit die Beklagte im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Lage der Filialen in der H.str. und der streitgegenständlichen Filiale ausführt, beide Örtlichkeiten seien nicht miteinander vergleichbar, erschließt sich nicht, aus welchem Grund sie davon hätte ausgehen dürfen, dass Einbruchsversuche der stattgehabten Art in der Filiale nicht oder weniger wahrscheinlich seien, als an anderen Filialorten. Dass um die streitgegenständliche Filiale eine größere Dichte an Wohnbebauung herrscht und dadurch mehr fußläufiger Passantenverkehr stattfindet, ist hierfür kein schlüssiges Kriterium, da die Beklagte sich weder auf ein zufälliges Entdecken der Tat durch Anwohner / Passanten verlassen durfte, noch in diese Überlegungen der Umstand mit einbezogen ist, dass über der Filiale leerstehende Räumlichkeiten belegen waren, die unmittelbar an die Filialräumlichkeiten angrenzen. Insoweit zeigt die Beklagte auch nicht auf, auf welcher Grundlage sie davon hätte ausgehen dürfen, dass angesichts von Lärmentwicklung durch die Verwendung schweren Geräts Passanten und / oder Anwohner die zutreffenden Schlussfolgerungen ziehen und etwa durch Verständigung von Polizei die Tatausführung verhindern würden. Da die Räumlichkeiten zuvor leer gestanden hatten, wäre Lärm nach dem Bezug durch neue Mieter vielmehr als üblich zu erwarten und zwanglos mit Umbauarbeiten zu assoziieren gewesen. Auch musste der Einbruchsversuch in der Filiale H.str. der Beklagten gerade vor Augen führen, dass das Erfordernis schweren und lärmintensiven Geräts kein Hindernis für die Tatausführung darstellt. Insbesondere stand nach den durchgeführten Ermittlungen und dem Vorbringen der Beklagten hierzu auch nicht fest, dass die Tatausführung in der H.str. deswegen abgebrochen wurde, weil dritte Personen dies bemerkt hätten.
(2) Die Beklagte verweist ohne Erfolg darauf, ein vergleichbares Szenario mit der Tat in der H.str. sei – aus damaliger Sicht – für die Filiale in N. ausgeschlossen gewesen, da die Seitenwände des Tresorraumes im Bereich der nicht manipulierbaren Vorfeldsicherung (Bewegungsmelder, Videokameras, Verschlusssicherungen) der Filialräume lägen und daher auch unter Berücksichtigung des angrenzenden Ladengeschäfts ein Einbruch durch die Seitenwände und von der „vielgenutzten Tiefgarage“ nicht würde stattfinden können. Auch diese Überlegungen lassen die über den Filialräumlichkeiten befindlichen leerstehenden Praxisräume außer Acht. Dem Vorbringen der Beklagten nach ging diese selbst davon aus, dass die schräg über dem Tresorraum befindlichen Räumlichkeiten die einzige mögliche Bohrstelle darstellten. Auf welcher Grundlage die Beklagte trotz dieser Kenntnis die Annahme treffen durfte, ein Eindringen in den Tresorraum unter Verwendung schweren Geräts stehe nicht zu erwarten, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte musste angesichts der Einbrüche ohne Alarmauslösung in den vergangenen Jahren in verschiedenen Sparkassen-Filialen davon ausgehen, dass die Täter sich auf unterschiedliche Räumlichkeiten dezidiert vorbereiten konnten. Dies zeigte auch die (versuchte) Tatausführung in der Filiale H.str. eindrücklich, hatten die Täter dort doch ebenfalls über detaillierte Ortskenntnisse verfügt, ohne die ein Eindringen in den Keller des Gebäudes ohne Alarmauslösung schon nicht möglich gewesen wäre. Dass Täter auch die Verwendung schweren Geräts wie eines wassergekühlten Kernbohrers nicht scheuen, war nach dem Einbruchsversuch in der Filiale H.str. offenkundig. Soweit die Beklagte vorbringt, ein Einbruch sei deswegen unwahrscheinlicher gewesen, weil die Wandstärke des Tresorraums in A. lediglich der Sicherheitsstufe T1 entspreche, wohingegen die Wände des Tresorraums in N. der Sicherheitsstufe T10 zuzuordnen seien, führt auch dies nicht dazu, dass der streitgegenständliche Einbruch für sie nicht vorhersehbar gewesen wäre. Die Beklagte wusste aufgrund der zum Einbruchsversuch in der Filiale in A. durchgeführten Ermittlungen, dass es sich um risikobereite, hochprofessionelle Täter handelt, die über hochspezialisierte Kenntnisse und entsprechendes Werkzeug verfügten. Der Grund für den Abbruch der Tat in der Filiale in A. konnte nicht ermittelt werden. Die Beklagte konnte vor diesem Hintergrund weder davon ausgehen, dass ein Durchdringen der Tresorwände in der Filiale in N. nicht gelingen würde, noch davon, dass die Täter allein aufgrund der Wanddicke von einer Tat Abstand nehmen würden. Soweit die Beklagte weiter vorbringt, die Wahrscheinlichkeit für einen Einbruch sei auch deswegen gering gewesen, weil von den Tätern eine langfristige Beobachtung des N.er Mietmarktes erforderlich gewesen sei, um die zufällig frei werdenden Praxisräumlichkeiten anzumieten, erschließt sich nicht. Unabhängig von dem Umstand, dass dies den (wie die Beklagte wissen musste potenziell hochprofessionell und mit Vorlauf planerisch vorgehenden) Tätern später tatsächlich geglückt ist, berücksichtigt dieses Vorbringen auch nicht, dass der Zutritt in leerstehende Praxisräumlichkeiten ggf. auch ohne vorherige Anmietung keine größere Hürde für professionell agierende Täter darstellt.
(3) Bei der von der Beklagten vorzunehmenden ex-ante-Beurteilung stellen die von ihr mit Schriftsatz vom 20.3.2023, dort S. 23, aufgeführten Kriterien aus Sicht der Kammer insgesamt keine Grundlage für die Annahme dar, ein Einbruch von außen in den Tresorraum sei weniger wahrscheinlich, als es für die Filiale H.str. der Fall war. Hierfür spricht der Umstand, dass die Beklagte nach eigenem Vorbringen auf Basis der von ihr durchgeführten Risikoanalyse den Bewegungsmelder im Tresorraum der Filiale ausgetauscht hat. Die Durchführung dieser Maßnahme zeigt, dass die Beklagte damit rechnete, dass es Tätern gelingen könnte, sich unbefugt Zugang zum Tresorraum zu verschaffen und an die Kundenschließfächer zu gelangen. Eine andere Erklärung, warum ein Bewegungsmelder im Tresorraum installiert und – dem eigenen Vorbringen nach – am 17.3.2021 gegen ein neueres Modell ausgetauscht wurde, ist nicht ersichtlich.
(4) Aber auch diese Maßnahme – Austausch des Bewegungsmelders im Tresorraum – erweist sich in der Gesamtschau letztlich als unzureichend. Das von Klägerseite bestrittene Vorbringen der Beklagten hierzu kann daher von der Kammer als zutreffend unterstellt werden.
(a) Unstreitig ist nämlich, dass nach dem Einbruchsversuch in der Filiale H.str. ungeklärt geblieben ist, auf welchem Wege es zu dem in der dortigen Filiale erfolgten Abkleben bzw. Zukleben der im Vor- und Tresorraum vorhandenen Bewegungsmelder gekommen ist, ohne dass diese einen Alarm auslösten. Vor dem Hintergrund dieser offenen Frage war der bloße Austausch des Bewegungsmelders im Tresorraum der Filiale N. unzureichend.
(b) Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass mit dem neuen Modell, welches die Beklagte nach eigenen Angaben in ihrem Tresorraum in der Filiale verbaut hat, das Risiko einer Manipulation des Bewegungsmelders beseitigt gewesen wäre. Das Vorbringen der Beklagten verhält sich dazu nicht und die Beklagte macht auch nicht geltend, das neue Modell des Bewegungsmelders sei so konstruiert, dass eine Manipulation ausgeschlossen sei. Sie trägt zwar vor, der von ihr auf Empfehlung hin verbaute Bewegungsmelder vom Typ Viewguard Dual AM EMK, VdS-Anerkennung gem. Klasse C, konform zu EN 50131-1 und EN 50131-2-4 Grad 3 „gelte“ als „manipulationssicher“ und sei seit dem Jahr 2006 zertifiziert. Sie habe deswegen davon ausgehen dürfen, dass ein „gänzlich unwahrscheinlicher Angriff“, wie er hier erfolgte, entdeckt werden würde. Insoweit spricht auch das Angebot der Fa. Z. & M. über die Lieferung und den Einbau neuer Bewegungsmelder vom 30.10.2020 (Anlage B 16) von einer damit verbundene „Verbesserung der Manipulationssicherheit von Bewegungsmeldern“. Es ist dort auch aufgeführt, die „alten Melder“ entsprächen „aufgrund des Baualters nicht dem aktuellen Stand der Technik. Die Melder der Vorfeldanlage haben zudem aufgrund ihrer ehemaligen Zulassung nach VdS-Klasse B keine erhöhte Manipulationssicherheit“. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Beklagte aufgrund des dortigen Angebotsinhaltes zu der Annahme kommen durfte, dass eine Manipulation des angebotenen Melders ausgeschlossen sei und der Einbau des Melders als einzige Alarmvorrichtung im Tresorraum würde ausreichend sein.
(c) Denn bei einer solchen Betrachtung hatte sie zu berücksichtigen, dass hochprofessionell agierende Täter im Rahmen einer dezidierten Tatvorbereitung wie sie in der Filiale H.str. offenkundig geworden war, eine Manipulationsmöglichkeit finden könnten. Da es sich allein um einen Bewegungsmelder einer bestimmten Bauart handelte, durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass solche Täter im Rahmen ihrer Tatvorbereitung nicht herausfinden würden, um welchen Bewegungsmelder es sich handelte, diesen (am Markt frei verfügbaren und insbesondere über das Internet ohne Aufwand bestellbaren) erwarben und sodann ungestört nach Manipulationsmöglichkeiten suchten. Es hätte sich für die Beklagte aufdrängen müssen, dass die Täter in der Filiale H.str. ohne weiteres auf diese Weise vorgegangen sein könnten, da es ihnen ohne dezidierte Kenntnis von der Funktionsweise des dortigen Bewegungsmelders nicht gelungen wäre, einen passgenauen Aufkleber anzubringen. Wieso ein solches Vorgehen nicht auch bei einem höherklassigen Bewegungsmelder vom Typ Viewguard Dual AM EMK, VdS-Anerkennung gem. Klasse C, konform zu EN 50131-1 und EN 50131-2-4 Grad 3. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Informationen über ihn, wie von der Beklagten eingereicht (Anlage B17), durch einfaches „Googeln“ erlangt werden können und er nach dem Vorbringen der Beklagten „seit 2006 millionenfach verkauft und eingesetzt“ wurde (Anlage B20).
(d) Einer solchen Manipulation konnte auch eine regelmäßige Überprüfung durch Servicetechniker der Fa. Z. & M. – wie nach dem Vorbringen der Beklagten zuletzt am 9.7.2021 geschehen – nicht wirksam entgegenwirken, denn – offenkundig und durch das tatsächliche Tatgeschehen ersichtlich – bestand während der vorgesehenen Serviceintervalle für die Täter ausreichend Zeit, die aus ihrer Sicht erforderlichen Manipulationen vorzunehmen. Tatsächlich verblieb nach der Überprüfung und der anschließenden Scharfschaltung noch fast ein gesamter Monat bis zum Einbruchgeschehen.
(e) Die Beklagte hat auch keinerlei Sicherungsvorkehrungen unternommen, um zu verhindern oder zumindest zu erschweren, dass Täter durch gezieltes Beobachten sowie Dokumentieren ausspähen, welchen Bewegungsmelder sie verbaut hat. Nach dem Vorbringen der Beklagten hat vor Betreten des Tresorraumes durch Kunden zwar eine Zugangskontrolle stattgefunden und erfolgte ab dem Jahr 2019 eine elektronische Erfassung der Kunden dergestalt, dass der Kunde namentlich im System eingeloggt wird. Darüber hinaus war eine Anwesenheit von Mitarbeitern im Tresorraum während des Aufenthaltes der Kunden aber nicht vorgesehen und erfolgte – so die Beklagte – nicht. Auch eine Videokamera war aus Diskretionsgründen nicht im Tresorraum installiert. Einen zur Bewachung abgestellten Mitarbeiter bzw. Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, wie dies beispielsweise in Museen oder ähnlichem der Fall ist, gab es ebenfalls nicht. Anderenfalls wäre es aufgefallen, wenn im Tresorraum während der Zeit, in der der Bewegungsmelder auf „unscharf“ geschaltet ist, (vermeintliche) Kunden ein auffälliges Interesse an dem Bewegungsmelder gezeigt hätten. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang geäußerten Bedenken aus Diskretionsgründen greifen ersichtlich nicht, da die bloße Anwesenheit eines Mitarbeiters durchaus auch im Hintergrund hätte erfolgen können.
(f) Überdies vermag der von der Beklagten ausgewählte neue Bewegungsmelder vom Typ Viewguard Dual AM EMK, VdS-Anerkennung gem. Klasse C, konform zu EN 50131-1 und EN 50131-2-4 Grad 3 dem hier anzulegenden Maßstab nicht gerecht zu werden.
Ausweislich der Anlage B9, S. 79 erfolgt die Gradauswahl für Einbruchmeldeanlagen nach Norm auf Basis des Norm-Täterprofils, von dem ein Einbruch erwartet wird: „Unter Berücksichtigung des erwarteten Täters soll die Anlage einem der vier Norm- Grade zugeordnet werden. Die Auswahl des Anlagengrades muss sich somit auf die Annahme stützen, über welches Equipment und über welche Kenntnisse und kriminelle Energie der Täter verfügt (das Profil des Täters, der ein konkretes abzusicherndes Objekt angreifen könnte, muss bekannt sein bzw. abgeschätzt werden).“ Ausweislich des darunter abgedruckten Bildes 3-4 findet vor diesem Hintergrund die Ermittlung des angemessen Grades einer Einbruchmeldeanlage abgestuft nach dem jeweils bestehenden Risiko statt. Unter dem Punkt „Hohes Risiko“ findet sich die Definition: „Dieser Grad wird angewandt, wenn Sicherheit Vorrang vor allen anderen Faktoren hat. Einem Eindringling oder Räuber werden die Fähigkeiten oder Möglichkeiten zugestanden, einen Einbruch oder Raub im Detail zu planen und über eine komplette Ausrüstung inklusive Mittel zum Austausch von EMA-, EMA/ÜMA-Anlageteilen zu verfügen. Dabei werden von innerhalb, außerhalb oder innerhalb und außerhalb des Sicherungsbereichs Schwachstellen des Sicherungskonzeptes ermittelt, um diese konsequent auszunützen, und die Tat wird durch vorbereitende Manipulationen vorbereitet.“ Von einem solchen hohen Risiko hatte die Beklagte hier nach dem Vorstehenden spätestens nach dem Einbruchsversuch in der Filiale H.str. auszugehen. Für diese Risikostufe ist der Grad 4 vorgesehen. Auf S. 81 der Anlage B9 heißt es dann weiter, Produkte der Klasse C (wie der hier von der Beklagten neu eingebaute Bewegungsmelder) „genügen mindestens den Anforderungen der entsprechenden Produktnorm DIN EN 50131-x für Grad 3“. Und weiter stellt der VdS in der Anlage B9 dann auch klar: „Wenn die Anlageteile den Anforderungen nach DIN EN 50131-x für Grad 4 entsprechen sollen, sind ggf. zusätzliche Anforderungen zu erfüllen (z. B. Überwachung einer Verminderung der Detektionsreichweite von Bewegungsmeldern).“
Daraus ergibt sich, dass der von der Beklagten verbaute Bewegungsmelder vom Grad 3 den erforderlichen Schutz vor dem angesichts des Täterprofils bestehenden hohen Risiko nicht gewährleisten konnte. Die Beklagte hätte sich auf diesen allein daher auch nach den von ihr beigebrachten Unterlagen aus Fachkreisen nicht verlassen dürfen.
(g) Gleiches gilt für das Angebot der Fa. Z. & M. GmbH (Anlage B 16), heißt es dort doch ebenfalls: „Weitere Umrüstarbeiten oder Erweiterungen sind in Abstimmung mit Ihnen objektspezifisch zu prüfen und bei Bedarf einzuplanen. Sie sind nicht Gegenstand dieses Angebotes.“ Solche weiteren Arbeiten oder Erweiterungen hat die Beklagte nach ihrem Vortrag nicht prüfen lassen.
Mit Blick auf die im Angebot enthaltene Menge von 136 Bewegungsmeldern zum Einzelpreis von € 144,66 wäre es der Beklagten vor dem Hintergrund des von ihr erkannten erhöhten Sicherungsbedürfnisses und der berechtigten Sicherungserwartungen ihrer Schließfachkunden (s.o.) auch ohne weiteres zumutbar gewesen, neben dem Bewegungsmelder dem Risiko entsprechend weitere Sicherungsvorkehrungen zu treffen, um den erforderlichen Grad 4 zu erreichen. Dies gilt angesichts der in den Schließfächern gelagerten Vermögenswerte auch mit Blick auf die vergleichsweise geringe Miete für ein einzelnes Schließfach. Hätte die Beklagte ihren Sicherheitsstandard vom Mietpreis der Schließfächer abhängig machen wollen, hätte sie ihre Kunden darauf gesondert hinweisen und darüber aufklären müssen, § 241 Abs. 2 BGB (vgl. KG Berlin, Urt. v. 2.3.2016 – 26 U 18/15, Juris).
(h) Dass die Beklagte selber nur von einem „mittleren bis hohen Risiko“ ausgegangen sein will (S. 20 des Schriftsatzes vom 20.03.2023), kann ihren Pflichtenmaßstab nicht nachträglich absenken.
(i) Zu einer nunmehr angeblich von der Polizei H. gefundenen Manipulationsmöglichkeit ohne Auslösen des Sabotagealarms und des Auslösens der Abdecküberwachung musste die Kammer – ungeachtet dessen, dass es auf diesen Punkt nicht ankam – eigenständig keine weiteren Erkundigungen oder Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft K. einholen. Die Beklagte hat dies nicht beantragt; einem solchen Beweisantritt hätte aber auch nicht nachgekommen werden dürfen, § 432 Abs. 2 ZPO. Der Beklagten hätte es freigestanden, Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft zu beantragen und gegen eine etwaige negative Entscheidung eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen (vgl. BGH Urt. v. 16.3.2023 – III ZR 104/21, BeckRS 2023, 7921 Rz. 16).
(5) Die Beklagte hätte zudem ihren Mitarbeitern in den einzelnen Filialen und damit auch in der Filiale N. nicht allein auferlegen dürfen, beim abendlichen Kontrollgang auf Veränderungen der Bewegungsmelder wie Verkleben, Besprühen oder Verdrehen etc. zu achten und gegebenenfalls unverzüglich zu melden. Angesichts dessen, dass schon die Manipulationen in der Filiale H.str. durch die Aufkleber erst von den Kriminalbeamten entdeckt worden waren, war eine solche rein oberflächliche Kontrolle offensichtlich ungeeignet, etwaige Manipulationen (zudem von ungeschulten Mitarbeitern) zu erkennen.
(6) Solange das Risiko des Eindringens in den Tresorraum bestand (s.o) und der Hergang bzw. die Ursache der in der H.str. erfolgten Manipulation der Bewegungsmelder nicht geklärt war, die Beklagte aber nach dem Vorstehenden davon ausgehen musste, dass potenzielle Täter hochprofessionell agieren würden, waren zur Vermeidung eines erneuten und nach identischen Schema ablaufenden Einbruchs weitere Sicherungsvorkehrungen erforderlich. Wie diese konkret auszusehen hatten und ob der Klägerseite darin zu folgen ist, dass der Einsatz von Erschütterungs- bzw. Vibrationsalarmen sowie Schallsensoren unerlässlich war, muss die Kammer im Rahmen dieser Entscheidung nicht feststellen. Denn die Beklagte hatte keine derartigen zusätzlichen Sicherungsvorkehrungen vorgehalten.
c) Diese Pflichtverletzung hatte die Beklagte auch zu vertreten, §§ 280 Abs. 1 S. 2, 276 BGB.
Gemäß § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Fahrlässigkeit setzt Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der drohenden Tatbestandsverwirklichung voraus (vgl. BeckOK/Lorenz, BGB, 66. Edition, § 276 Rz. 28 mwN). Es kommt nach dem im Zivilrecht maßgeblichen objektiven Fahrlässigkeitsbegriff darauf an, was von einem durchschnittlichen Anforderungen entsprechenden Angehörigen des jeweiligen Verkehrskreises in der jeweiligen Situation erwartet werden konnte, ohne Rücksicht darauf, ob der Handelnde nach seinen individuellen Fähigkeiten, Kräften, Erfahrungen und Kenntnissen die objektiv gebotene Sorgfalt erkennen und erbringen konnte (BeckOK/Lorenz, aaO, Rz. 21). Danach richtet sich das Maß der erforderlichen Sorgfalt nach den durchschnittlichen Anforderungen des in Betracht kommenden Verkehrskreises.
Nach Maßgabe dessen hat die Beklagte, zu deren Lasten ihr Verschulden gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zunächst vermutet wird, keine hinreichenden Exkulpationsgründe vorgetragen.
Insbesondere kann die Beklagte nicht damit gehört werden, sie habe sich bei der Sicherung des Tresorraumes auf die Beratung der Fa. Z. & M. verlassen dürfen. Denn wie bereits ausgeführt (s.o.) liegt der Vorwurf der objektiven Pflichtverletzung der Beklagten darin, den für sie aus dem Tatgeschehen in der Filiale in der H.str. deutlich zu Tage getretenen Risiken für die Sicherheit ihrer Tresorräume nicht hinreichend begegnet zu sein. Unbeschadet des Umstandes, dass der Beklagten etwaige Versäumnisse und zumindest leicht fahrlässiges Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB zugerechnet würden, ist mit Blick auf die nach dem Tatgeschehen in der H.str. erforderlich werdenden, aber von der Beklagten unterlassenen Kontrollmaßnahmen im Tresorraum der Filiale von ihr schon nicht vorgetragen, dass diese Entscheidung auf eine sachverständige Empfehlung zurückzuführen ist. Im Hinblick auf das der Beklagten unterbreitete Angebot gem. Anlage B 16 über auszutauschende Bewegungsmelder ergibt sich nichts Gegenteiliges. Wie ausgeführt heißt es im Angebot, dass „weitere Umrüstarbeiten oder Erweiterungen […] objektspezifisch zu prüfen und bei Bedarf einzuplanen“ sind. Derlei Prüfungen hat die Beklagte entweder bewusst unterlassen oder aber fehlerhaft einen Bedarf für weitere Sicherungsvorkehrungen für sich nicht erkannt. Dazu, dass sich ein solcher Bedarf aus den Umständen des Tatgeschehens in der Filiale H.str. für die Beklagte aufdrängte, hat die Kammer ausgeführt.
d) Der dem Zeugen S. entstandene Schaden beruht auch kausal auf der Pflichtverletzung der Beklagten.
Das Grunderfordernis jeder Schadenszurechnung – sowohl im Rahmen der vertraglichen als auch der deliktischen Haftung – bildet die Verursachung des Schadens im logisch-naturwissenschaftlichen Sinn. Nach der Äquivalenztheorie ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (allg. Meinung; vgl. nur BGH, Urt. v. 14.12.2016 – VIII ZR 49/16, Juris, Rz. 17 mwN). Eine Unterlassung ist ursächlich, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens mit Sicherheit – die bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit genügt nicht – verhindert hätte (Ebert, in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, Vorbemerkung vor § 249 Rz. 37). In diesem Sinne besteht zwischen den Pflichtverletzungen der Beklagten und dem später eingetretenen Schaden bei dem Zeugen S. ein derartiger Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non.
Zu dieser Feststellung kommt die Kammer bereits aufgrund der unzureichenden Überwachung des Tresorraumes während der Öffnungszeiten und während des dort stattfindenden Kundenverkehrs (s.o.). Diese Vorgehensweise erweist sich ohne weiteres als kausal für den später eingetretenen Schaden des Zedenten / Zeugen S.. Denn wäre die Beklagte ihrer Verpflichtung, spätestens nach dem Tatgeschehen in der H.str. die Kontrollen im Tresorraum zu verschärfen und Mitarbeiter während der Öffnungszeiten und Anwesenheit von Kunden im Tresorraum zur dortigen Überwachung abzustellen, nachgekommen, wäre es nicht zu einer Manipulation des dortigen Bewegungsmelders gekommen. Ein Mitarbeiter, der während des Zugangs von Kunden (oder von potentiellen Tätern, die sich zu Tatvorbereitungsmaßnahmen im Tresorraum aufhalten) zum Tresorraum den Bewegungsmelder im Blick behalten hätte, hätte bereits jegliche Versuche einer Manipulation durch die Täter verhindert, jedenfalls aber ein Tätigwerden an dem vorhandenen Bewegungsmelder bemerkt und durch Einschreiten unterbunden. Gleiches gilt für die Installation z.B. einer auf den Bewegungsmelder gerichteten Videokamera. Auch durch solch eine Maßnahme wäre, wenn ggf. auch zeitversetzt, eine manipulierende Tätigkeit am Bewegungsmelder offenbar geworden und hätte die Beklagte daraufhin Maßnahmen einleiten können, die das Alarmsystem wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen. Gleiches gilt sinngemäß für die weiteren Maßnahmen, die von der Beklagten nach dem Einbruchsversuch in der Filiale H.str. zur tresormäßigen Sicherung der Schrankfachanlage geschuldet waren. In der Gesamtschau der von der Beklagten vorzunehmenden Maßnahmen – Anpassung des Alarmsystems an den Grad „Hohes Risiko“, Vorhalten von objektspezifischen Gegebenheiten berücksichtigenden Erweiterungen des Alarmsystems, Anweisung von geeigneten (statt rein oberflächlichen) Kontrollen des Tresorraumes und des dort befindlichen Bewegungsmelders – kann die Kammer feststellen, dass derlei Maßnahmen jedenfalls zusammengenommen den später zwischen dem 6.8. und 8.8.2021 erfolgten Einbruch verhindert hätten.
3. Die Beklagte schuldet der Klägerin nach Maßgabe des Vorstehenden aus abgetretenem Recht Schadensersatz gem. §§ 249 ff. BGB.
Zur gem. § 249 BGB erforderlichen Wiederherstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, gehört, der Klägerin – die aufgrund der Abtretung nunmehr Inhaberin des Schadensersatzanspruches ist – dasjenige zu ersetzen, was sich im Zeitpunkt des Einbruches im aufgebrochenen Schließfach befand und im Eigentum des Zeugen S. stand. Die Kammer geht nach Durchführung der Beweisaufnahme davon aus, dass sich im – unstreitig vom Einbruch betroffenen und aufgebrochenen – Schließfach des Zeugen S. 14 D. Goldbarren zu je 100 g befanden (nachfolgend unter a)). Die Beklagte hat den von der Klägerin angegebenen Wert der Goldbarren nicht bestritten. Der sich aus dem Gutachten (Anlage K7) ergebene Wert wird daher als unstreitig zugrunde gelegt. Eine Überzeugung dahingehend, dass sich darin auch Goldmünzen im Wert von € 16.370,00 befanden, konnte sich das Gericht nicht bilden (dazu ebenfalls unter a)). Über die von der Beklagten an den Zeugen S. bereits geleisteten € 40.000 schuldet sie gem. § 249 BGB die Zahlung weiterer € 67.994,00, denn sie kann sich weder auf eine Haftungsbegrenzung berufen (dazu unter b)), noch ist der geltend gemachte Anspruch aufgrund der bereits geleisteten € 40.000,00 durch Erfüllung erloschen (dazu unter c)). Schließlich besteht kein Anspruch auf Erstattung des im Eigentum der Klägerin stehenden Bargeldbetrages (dazu unter d)).
a) Der von der Kammer uneidlich vernommene Zeuge S. hat auf Nachfrage zum Inhalt seines Schließfaches zu Protokoll gegeben, bei ihm habe sich die Zahl 25.000 im Kopf „eingebrannt“. Er sei zum Zeitpunkt des Einbruchs im Urlaub gewesen und habe kurz zuvor noch € 1.000,00 aus dem Schließfach entnommen. Im Urlaub habe er einen Anruf erhalten. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht klar gewesen, ob sein Schließfach betroffen ist. Er habe aber sofort gedacht „Oh Gott, da sind die € 25.000,00 drin“. Er habe immer auf einem Zettel notiert, wie viel Geld sich noch im Schließfach befinde. Zu Beginn habe er Bargeld und Goldmünzen in das Schließfach eingelegt. Das Geld habe er von seinem Vater erhalten. Es seien € 60.000,00 gewesen. Davon habe ein Betrag von € 30.000,00 ihm zustehen sollen. Die restlichen € 30.000,00 habe er zwischen seinen drei Kindern aufteilen und für diese bis zur Volljährigkeit verwahren sollen. Die Goldmünzen habe er ebenfalls von seinem Vater erhalten. Es habe sich um zwei Alben gehandelt, die er sich aber – nachdem er sie von seinem Vater übergeben bekommen habe – nie wieder angeschaut habe. Es habe sich um viereckige Alben aus Kunstleder mit relativ kleinen Münzen gehandelt. Er erinnere, dass Münzen aus dem Dritten Reich und eine Krügerrand-Münze dabei gewesen seien. Die Münzen seien wohl in den 70ern bei der H. erworben worden. Mehr Erinnerungen oder auch Unterlagen habe er dazu aber nicht. Er kenne sich mit Münzen auch nicht aus. Zu den Goldbarren hat er ausgeführt, er habe im Jahr 2014 Goldbarren in der D.-Filiale am B. erworben. Im Jahr 2016 habe er noch einmal eine kleinere Menge von Goldbarren, nämlich einmal zwei und dann noch einmal einen Goldbarren erworben. Das Geld für die im Jahr 2016 erworbenen Goldbarren habe er vor dem Kauf aus dem Schließfach entnommen. Denn er habe im Jahr 2015 berufsmäßig aufgehört. Für die im Jahr 2014 erworbenen Goldbarren habe er kein Geld aus dem Schließfach, sondern Geld aus seinen Einnahmen als Apotheker verwendet. Er habe die Goldbarren immer zeitig nach dem Erwerb in das Schließfach gebracht. Den letzten Goldbarren zu 100 g habe er etwas länger zu Hause gehabt, weil er sich diesen genau habe anschauen wollen. Er habe zu Beginn auch seinen Reisepass und die Reisepässe der Kinder im Schließfach verwahrt. Das sei ihm dann aber zu umständlich gewesen. Er sei manchmal nur einmal, manchmal aber auch vier- oder fünfmal im Jahr am Schließfach gewesen. Er habe immer mal € 500,00 oder € 1.000,00 aus dem Schließfach genommen. So sei es zur Reduzierung des Betrages gekommen. Das Geld der Klägerin sei Ende 2018 in das Schließfach eingelegt worden.
Der Zeuge hat die von ihm beschriebenen Vorgänge in jeglicher Hinsicht plausibel und zur Überzeugung der Kammer zu Protokoll gegeben. Die Angaben sind widerspruchsfrei. Sie werden durch die als Anlagenkonvolut K8 eingereichten Rechnungen der D. Goldhandel GmbH belegt und stehen im Einklang mit dem Vortrag der Beklagten zu den Zeitpunkten, zu dem der Zeuge S. sein Schließfach aufgesucht hat (Anlage B19).
Der Zeuge S. hat nachvollziehbar dargelegt, wie er an die Goldbarren gelangt ist, die sich nach der Behauptung der Klägerin zum Zeitpunkt des Einbruchs in dem Schließfach befunden haben sollen. Er konnte schildern, wo und wann er Gold eingekauft hatte. Er erinnerte auch, dass er eine größere Menge Gold im Jahr 2014 und nur noch kleinere Mengen Gold im Jahr 2016 erworben hatte. Zu den Goldkäufen aus dem Jahr 2016 konnte er zudem weitere Details schildern. Insoweit gab er an, zunächst zwei und sodann einen einzelnen letzten 100 g Goldbarren erworben zu haben. Diese Angaben stimmen mit den sich aus den als Anlagenkonvolut K8 eingereichten Rechnungen überein, die von Klägerseite als Beleg für die Goldkäufe eingereicht wurden. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Zeuge S. die darin ausgewiesenen Käufe getätigt hat und ihm diese Rechnungen ausgehändigt wurden. Aus den Rechnungen geht zwar der Name des Käufers nicht hervor. Vermerkt ist dort jeweils nur „Schalterkunde“. Der Umstand, dass der Zeuge S. diese Rechnungen besitzt, spricht aber bereits dafür, dass sie ihm für seine Käufe ausgehändigt wurden. Er gab zudem an, das Gold bei der D.-Filiale am B. erworben zu haben. Dieser Standort, der sich nicht aus den Rechnungen ergibt, war ihm also bekannt. Auch dies ist ein Indiz dafür, dass er die Filiale tatsächlich aufgesucht und die behaupteten Goldkäufe getätigt hat. Der Zeuge S. hat auch nachvollziehbar und nach den verschiedenen Goldkäufen differenzierend dargelegt, von welchem Geld er diese bezahlt hat. Dabei ist seine Angabe, er habe die Goldkäufe im Jahr 2014 von seinen Einnahmen gekauft, vor dem Hintergrund seiner damaligen beruflichen Tätigkeit als Apotheker und den Apothekern mit entsprechender Berufserfahrung in H. gezahlten Durchschnittsgehältern durchaus plausibel. Seine Angabe, er habe für die Goldkäufe im Jahr 2016 – da er 2015 seine berufliche Tätigkeit aufgegeben habe – Geld aus dem Schließfach genommen, steht im Einklang mit dem von der Beklagten gefertigten Protokoll seiner Schließfachbesuche. Daraus ergibt sich, dass er sein Schließfach tatsächlich am 13.01.2016 sowie am 09.08.2016, also jeweils ein paar Wochen vor dem Erwerb der Goldbarren (ausweislich der Rechnungen am 02.02.2016 sowie am 14.09.2016) aufgesucht hat.
Die Angabe des Zeugen S., er habe die Goldbarren in sein Schließfach gelegt, ist ebenfalls glaubhaft. Insoweit ist übereinstimmend mit der Aussage des Zeugen S., er habe die Goldbarren zeitig nach dem Erwerb in das Schließfach gelegt, aus der Anlage B19 ersichtlich, dass er sein Schließfach am 30.01.2014 sowie am 24.03.2014 aufsuchte. Ausweislich der vorgelegten Rechnungen waren zuvor am 15.01.2014, am 19.02.2014 und am 12.03.2014 Goldbarren erworben worden. Auch nach dem am 02.02.2016 erfolgten Erwerb zweier D. Goldbarren zu je 100 g suchte der Zeuge S., wie aus dem Protokoll der Beklagten ersichtlich, am 15.02.2016 sein Schließfach auf. Schließlich steht auch die Aussage des Zeugen S., er habe den zuletzt erworbenen einzelnen Goldbarren länger zu Hause verwahrt, im Einklang mit dem Protokoll der Schließfachbesuche der Beklagten. Daraus ergibt sich, dass der Zeuge S. nach dem ausweislich der Rechnung am 15.09.2016 erfolgten Erwerb des letzten Goldbarrens erst am 04.11.2016 sein Schließfach wieder aufsuchte.
Für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen S. spricht auch die Detailtiefe seiner Angaben zum Bargeldbetrag, wenngleich dieser nach der vorgenommenen Verrechnung nicht mehr streitgegenständlich ist. Dass der Zeuge S. die Höhe des Bargeldbetrages noch genau erinnern konnte, ist nachvollziehbar. Denn er hatte nach seiner Schilderung die Höhe des verbliebenen Bargeldbetrages stets auf einem Zettel vermerkt. Dies erscheint in Anbetracht des Umstandes, dass ihm nur die Hälfte des Betrages zustehen und er den Rest für seine Kinder verwahren sollte, nachvollziehbar. Anderenfalls wäre es kaum möglich gewesen, die Höhe des verbliebenen Betrags im Blick zu behalten. Dass er eine solche Liste geführt hat, ist auch vor dem Hintergrund seiner (früheren) beruflichen Tätigkeit als Apotheker, die ebenfalls eine gewisse Ordnung und Struktur voraussetzt, nicht fernliegend. Der Zeuge S. hat zudem im Rahmen seiner Vernehmung angegeben, die Zahl 25.000 habe sich deswegen eingebrannt, weil er noch kurz vor seinem Urlaub, in dem er sich zum Zeitpunkt des Einbruchs befunden habe, € 1.000,00 aus dem Schließfach entnommen habe. Diese Angabe findet wiederum ihre Stütze in dem Protokoll der Schließfachbesuche (Anlage B19). Daraus ergibt sich, dass der Zeuge S. sein Schließfach noch am 27.7.2021 aufgesucht hatte. Schließlich konnte der Zeuge S. sich auch noch lebhaft daran erinnern, wie er wegen des Einbruchs telefonisch im Urlaub kontaktiert worden war und sogleich an die € 25.000,00 gedacht hatte. Auch die Schilderung dieses inneren Erlebens spricht für die Glaubhaftigkeit der Angaben. Entsprechendes gilt für die (nicht protokollierte) Angabe des Zeugen S., seinen Kindern gegenüber ein schlechtes Gewissen gehabt zu haben, da er schon mehr als den ihm zustehenden Betrag in Höhe von € 30.000,00 entnommen hatte. Vor diesem Hintergrund ist im Übrigen auch verständlich, warum seine Sorge nach der Nachricht von dem Einbruch als allererstes dem Bargeld und nicht den Goldbarren, den Goldmünzen oder dem Bargeld der Klägerin galt.
Auch seine übrigen Angaben, insbesondere zu der Frequenz seiner Schließfachbesuche sowie zum Zeitpunkt des Einlegens des Bargeldes der Klägerin in sein Schließfach, werden durch das Protokoll der Beklagten zu den Schließfachbesuchen des Zeugen S. bestätigt.
Schließlich ist die Kammer auch davon überzeugt, dass der Zeuge S. von seinem Vater zwei Alben mit Münzen erhalten und diese in das Schließfach gelegt hat. Er hat detailliert zum Aussehen der Alben ausgesagt. Nicht bestätigen konnte der Zeuge S. allerdings, dass sich Goldmünzen im Wert von 16.370,00 € im Schließfach befunden haben. Der Zeuge S. hatte an den Inhalt der Münzalben im Detail keine Erinnerung. Er konnte keine Angaben dazu machen, welche Münzen sich konkret in den Alben befanden. Zwar hat er angegeben, es sei eine Krügerrand-Münze dabei gewesen. Diese Angabe reicht für sich jedoch nicht, denn daraus ergibt sich nicht, was für eine Krügerrand-Münze es gewesen ist. Krügerrand-Münzen gibt es in unterschiedlichen Einheiten (1/10 oz, 1/4 oz, 1/2 oz, 1 oz, 2 oz oder 5 oz) und aus unterschiedlichen Jahrgängen. Ohne diese Angaben kann der Wert der sich nach Angabe des Zeugen S. im Schließfach befundenen Krügerrand-Münze nicht bestimmt werden.
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S. gelogen hätte oder Tendenzen, welche darauf hinweisen, dass er unwahre Tatsachen angegeben hätte, sind für die Kammer nicht zu Tage getreten. Im Gegenteil, hat der Zeuge S. Erinnerungslücken eingestanden. So hat er angegeben, sich die Goldmünzen mit seinem Vater und nach seinem Tod im Jahr 2008 nie wieder angesehen zu haben und sich mit Goldmünzen auch nicht auszukennen. Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen und die Richtigkeit seiner Aussage spricht insbesondere nicht der Umstand, dass er als eigentlich wirtschaftlich Betroffener ein maßgebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreites hat. Für sich genommen reicht dieser Umstand nicht aus, dem Zeugen fehlende Glaubwürdigkeit zu attestieren und die Begehung einer Straftat in Gestalt einer uneidlichen Falschaussage gem. § 153 StGB und eines versuchten Prozessbetruges gem. § 263 StGB anzunehmen.
b) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf eine mit dem Zeugen S. vereinbarte Haftungsreduzierung auf einen Höchstbetrag von € 40.000 berufen. Dabei kommt es auf die Frage, ob die AGB wirksam einbezogen wurden, nicht an. Denn die Klausel zur Haftungsbegrenzung ist entweder nicht einschlägig oder nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksam.
Die in Ziffer 9 der Sonderbedingungen für Kundenmietfächer (Anlage B4) getroffene – insgesamt kaum verständliche – Regelung sieht u.a. eine höhenmäßige Haftungsbegrenzung vor. Nicht ganz eindeutig ist aus Sicht der Kammer, ob sich diese Haftungsbegrenzung nur auf die verschuldensunabhängige Haftung beziehen oder für jegliche Haftung der Beklagten gelten soll. Was das Ergebnis einer Auslegung, ggfs. auch unter Heranziehung der Zweifelsregelung des § 305c Abs. 2 BGB ist, kann dahinstehen. Denn sollte sich danach die höhenmäßige Haftungsbegrenzung nur auf die verschuldensunabhängige Haftung beziehen, wäre die Klausel vorliegend bereits nicht einschlägig. Geltend gemacht wird keine verschuldensunabhängige Haftung, sondern eine Haftung für Verschulden. Sollte das Auslegungsergebnis sein, dass die höhenmäßige Haftungsbegrenzung für die Haftung der Beklagten insgesamt gilt, wäre die Klausel nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksam. Eine Haftungshöchstgrenze stellt eine Begrenzung der Haftung im Sinne des § 309 Nr. 7 BGB dar, wenn nicht ausdrücklich die Haftung für die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit sowie die Haftung bei grobem Verschulden von der Haftungshöchstgrenze ausgenommen wird. Dies ist vorliegend nicht geschehen. Hinweise der Beklagten in Gestalt von übergebenen Flyern und Plakaten an der Tresortür, wonach die Möglichkeit bestehe, den Schließfachinhalt über eine Haftungshöchstgrenze der Beklagten hinaus auf eigene Kosten zu versichern, ändern, da insoweit keine wirksame Vereinbarung begründet wurde, an der vollumfänglichen Haftung der Beklagten nichts. Hieraus folgt auch keine Obliegenheit und erst recht keine Pflicht der Kunden, das Schließfach mit Werten von höchstens € 40.000 zu befüllen, sodass auch ein Mitverschulden des Zeugen S. vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich ist.
c) Die streitgegenständliche Klagforderung ist nicht durch die Zahlung der € 40.000,00 teilweise durch Erfüllung erloschen. Erfüllung ist nach Maßgabe der von der Klägerin vorgenommenen Verrechnung eingetreten.
Der Zeuge S. hat gegenüber der Beklagten einen Schaden in Höhe von insgesamt € 131.364,00 bestehend aus den Schadenspositionen Goldmünzen, Goldbarren und Bargeld geltend gemacht. Die Beklagte hat € 40.000,00 geleistet ohne zu bestimmen, auf welche dieser Schadenspositionen der Betrag angerechnet werden soll. Für diese Konstellation sieht das Gesetz eine Regelung nicht vor.
§ 366 BGB ist weder direkt noch analog anwendbar. Die dort getroffene Regelung betrifft den Fall, dass der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist, mithin eine Forderungsmehrheit besteht. Vorliegend handelt es sich nicht um mehrere selbständige Forderungen, sondern um eine einzelne Forderung, die sich aus unterschiedlichen Schadenspositionen zusammensetzt. § 366 BGB ist bereits seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Auch eine analoge Anwendung kommt vorliegend nicht in Betracht. Eine analoge Anwendung wird dann bejaht, wenn sich eine einheitliche Forderung aus prozessualen oder materiell-rechtlichen Gründen in mehrere selbstständige Teilforderungen aufspalten lässt (BeckOGK/Looschelders, 1.6.2023, BGB § 366 Rz. 27 unter Verweis auf BGH, Urt. v. 16.12.1996 – II ZR 242/95). Eine solche Aufspaltung ist hier jedoch nicht möglich. Prozessuale oder materiell-rechtliche Besonderheiten, die nur einen Teil der streitgegenständlichen Schadensersatzforderung betreffen, lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlung durch die Beklagte nicht vor. In der Rechtsprechung wird § 366 BGB immer wieder – ohne Begründung – auch bei einer einheitlichen Forderung mit mehreren Schadenspositionen angewendet (siehe z.B. OLG München, Urt. v. 30.4.2008 – 1 U 4679/07, Juris, Rz. 47 ff., OLG Naumburg, Urt. v. 16.1.2014 – 4 U 44/13, Juris, Rz. 57, OLG Zweibrücken, Urt. v. 11.1.2012 – 1 U 2/11, Juris, Rz. 88). Dies ist jedoch aus Sicht der Kammer dogmatisch falsch und hilft zudem bei fehlender Tilgungsbestimmung nicht weiter. Denn die in § 366 Abs. 2 BGB für das Fehlen einer Tilgungsbestimmung getroffenen Regelung knüpft für die Bestimmung der Tilgungsreihenfolge an Unterschiede der (Teil-)Forderungen an. Solche Unterschiede sind bei einer einheitlichen Forderung, die sich weder aus prozessualen noch aus materiell-rechtlichen Gründen in sich unterscheidende Teilforderung aufspalten lässt, nicht gegeben.
Mangels einer gesetzlichen Regelung zur Tilgungsreihenfolge ist die Schadensersatzforderung entsprechend der von der Klägerin vorgenommenen Verrechnung getilgt worden. Eine Bestimmung der Tilgungsreihenfolge durch den Gläubiger ist im Falle einer einheitlichen aus mehreren Schadenspositionen bestehenden Forderung möglich. Zwar wird dem Gläubiger im Grundsatz ein Tilgungsbestimmungsrecht abgesprochen (h.M. siehe u.a. MüKoBGB/Fetzer, 9. Aufl. 2022, BGB § 366 Rz. 10). Dies jedoch unter Verweis auf die in § 366 Abs. 1 BGB betroffene Regelung, die – wie ausgeführt – vorliegend nicht anwendbar ist. Im Falle einer einheitlichen, sich aus mehreren Schadenspositionen zusammensetzenden Schadensersatzforderung kann der Gläubiger – wenn es an einer Bestimmung zur Anrechnung auf verschiedene Schadenspositionen durch den Schuldner fehlt – selbst eine Verrechnung vornehmen. Dies ist aus Sicht der Kammer interessengerecht. Nimmt der Schuldner eine Bestimmung zur Tilgung einer aus mehreren, ihm bekannten Positionen bestehenden Schadensersatzforderung nicht vor, so ist davon auszugehen, dass es ihm auf eine bestimmte Art und Weise der Verrechnung nicht ankommt. Für den Gläubiger ist es dagegen zur Erhebung einer hinreichend bestimmten Teilklage essentiell, Rechtsklarheit im Hinblick auf die Frage, welche Teile der Schadensersatzforderung erloschen sind, zu erhalten.
Die Beklagte hat der durch die Klägerin vorgenommenen Verrechnung auch nicht widersprochen, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass die Verrechnung ins Leere gehe, weil aus ihrer Sicht nicht bewiesen sei, dass sich die behaupteten Gegenstände im Schließfach befunden hätten. Das Gericht ist jedoch nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich – neben den Goldbarren – auch der von der Klägerin behauptete Bargeldbetrag zum Zeitpunkt des Einbruchs in dem Schließfach befunden hat. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen.
d) Ein Anspruch auf Ersatz des der Klägerin gehörenden Bargeldes in Höhe von € 7.000,00 besteht nicht. Zwar ist die Kammer davon überzeugt, dass dieser Bargeldbetrag durch den Zeugen S. in das Schließfach gelegt wurde. Ein Anspruch besteht jedoch deswegen nicht, weil es sich nicht um einen Schaden des Zeugen S. handelt. Eine Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation kommt nicht in Betracht, denn es mangelt an einer zufälligen Schadensverlagerung. Dazu im Einzelnen:
Der Drittschadensliquidation liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Schädiger keinen Vorteil daraus ziehen soll, wenn ein Schaden, der eigentlich bei dem Vertragspartner eintreten müsste, zufällig auf Grund eines zu dem Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses auf diesen verlagert ist (BGH, Urt. v. 14.1.2016 – VII ZR 271/14, Juris, Rz. 27). Trägt der Dritte im Innenverhältnis zum Inhaber der verletzten Rechtsposition die Gefahr, so ist er selbst nur mittelbar geschädigt und damit nicht anspruchsberechtigt, während dem Inhaber der verletzten Rechtsposition mangels eines eigenen Schadens kein Schadensersatzanspruch zusteht. Diese für den Schädiger regelmäßig nicht erkennbare Verlagerung des Schadens auf den mittelbar Geschädigten soll nicht dazu führen, dass er von seiner Ersatzpflicht frei wird (MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 249 Rn. 289). Die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation scheidet daher aus, wenn die Drittschadensliquidation nicht nur zu einer Kompensation eines zufällig verlagerten Schadens, sondern zu einer dem allgemeinen Vertragsrecht widersprechenden Schadenshäufung führen würde (BGH, a.a.O.). Genau dies ist vorliegend jedoch der Fall.
Die Klägerin hat zwar selbst keinen Anspruch. Zwischen ihr und der Beklagten bestand unstreitig keine vertragliche Beziehung. Die Klägerin war auch nicht nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in den Vertrag zwischen dem Zeugen S. und der Beklagten einbezogen. Die von der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter entwickelten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dabei mag die Voraussetzung der Vertrags- bzw. Leistungsnähe noch erfüllt sein. Nach Einlegen des Bargeldes der Klägerin in das Schließfach des Zeugen S., war es – genau wie alle anderen Vermögenswerte im Schließfach – den Gefahren der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung ausgesetzt. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass die Leistungsnähe für die Beklagte auch erkennbar war. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte hat die Nutzung des Schließfaches im Kundenmietfachvertrag ausdrücklich auf kundeneigene Gegenstände beschränkt.
Es liegt aber keine zufällige Schadensverlagerung vor. Der Zeuge S. hat als Mieter des Schließfaches selbst einen Schaden erlitten. Durch die – vertragswidrige – Einbringung von Gegenständen, die einem anderen wirtschaftlich Berechtigten – nämlich der Klägerin – zustanden, ist es zu einer Schadenserweiterung bzw. Schadenshäufung gekommen. Eine solche Schadenshäufung hindert die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation, denn sie ist mit dem dahinterstehenden Gedanken, den Schädiger nicht aufgrund zufälliger Umstände unberechtigterweise zu entlasten, nicht in Einklang zu bringen.
4. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. Zinsen aus Verzug stehen der Klägerin wie beantragt zu. Die Beklagte befand sich gem. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Zahlungsverzug. Das Schreiben der Beklagten vom 29.6.2022 (Anlage K 10) stellt in diesem Sinne eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung dar.
5. Ein Anspruch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht demgegenüber nicht. Ansprüche aus der vorgerichtlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Zeugen S. für diesen sind nicht mit abgetreten worden.
Die Abtretungsvereinbarung bezieht sich – obwohl zum Zeitpunkt der Abtretung die Gebühren für die vorgerichtliche Tätigkeit bereits angefallen waren – lediglich auf die Hauptforderung in Höhe von € 91.364,00 zzgl. zwischenzeitlich entstandener Verzugszinsen. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten finden dort keine Erwähnung. Eine Auslegung, dass diese als von der Hauptforderung dem Grunde und der Höhe nach abhängige Nebenforderung gleichsam automatisch mit dieser unter der Gesamtbezeichnung „Hauptforderung“ abgetreten werden sollten (vgl. dazu MüKoBGB/Kieninger, BGB, 9. Aufl. 2022, § 398 Rz. 70), verbietet sich mit Blick auf den Umstand, dass die Verzugszinsen als ebensolche Nebenforderung explizit aufgeführt sind und die Klägerin hierzu nichts weiter vorgetragen hat.
Zu einer vorgerichtlichen Tätigkeit für die Klägerin selbst nach Abschluss der Abtretungsvereinbarung ist weder vorgetragen worden, noch ist eine solche ersichtlich.
Hiernach besteht für die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auch kein Zinsanspruch und war die Klage auch insoweit abzuweisen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung ist nach § 3 ZPO erfolgt.