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Schadensersatzanspruch und Schmerzensgeld – berührungsloser Fahrradunfall

Ein Fahrradfahrer stürzt nach einer Kollision mit einem Taxi in Hamburg und verletzt sich an der Schulter – doch wer trägt die Schuld? Obwohl der genaue Unfallhergang ungeklärt bleibt, sieht das Landgericht Hamburg den Taxifahrer in der Verantwortung und spricht dem Radfahrer ein Schmerzensgeld von 800 Euro zu. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Sorgfaltspflicht von Autofahrern beim Anfahren vom Fahrbahnrand.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Hamburg
  • Datum: 27.09.2022
  • Aktenzeichen: 302 O 245/19
  • Verfahrensart: Zivilverfahren wegen Verkehrsunfall
  • Rechtsbereiche: Straßenverkehrsrecht, Zivilrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Kläger war ein Fahrradfahrer, der am Unfall beteiligt war und behauptet, durch das plötzliche Anfahren eines Taxis gestürzt zu sein, was zu Sach- und Personenschäden führte. Er machte Ansprüche auf Schmerzensgeld, Sachschadenersatz und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend.
  • Beklagter 1: Der Fahrer des Taxis, das am Unfall beteiligt war. Er bestreitet eine Kollision und gibt an, dass der Kläger ohne Berührung gestürzt sei.
  • Beklagte 2: Die Versicherung des Taxis. Sie ist ebenfalls mitverklagt, da sie als Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs fungiert.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger fuhr ohne Radweg die Straße entlang, als ein Taxi plötzlich aus der Parkposition auf die Straße fuhr. Der Kläger stürzte, wodurch Schäden an seinem Fahrrad entstanden und er sich verletzte. Der Krankenwagen brachte ihn ins Krankenhaus. Der Kläger forderte Schmerzensgeld und Ersatz der Reparaturkosten für das Fahrrad.
  • Kern des Rechtsstreits: Strittig ist, ob der Unfall durch ein Wendemanöver des Taxis verursacht wurde oder der Kläger eigenverschuldet stürzte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beklagten wurden insgesamt verurteilt, an den Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 800,00 €, materielle Schadensersatzkosten in Höhe von 195,40 € und vorgerichtliche Anwaltskosten von 147,56 €, jeweils nebst Zinsen, zu zahlen. Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen. Der Kläger trägt 87 % der Kosten, die Beklagten 13 %.
  • Begründung: Das Gericht folgte der weiten Auslegung des § 7 Abs. 1 StVG, wonach der Unfall im Zusammenhang mit dem „Betrieb“ des Fahrzeugs stand. Obwohl der genaue Unfallhergang unklar blieb, war eine Mitverantwortung des Fahrverhaltens des Taxis gegeben. Ein Anscheinsbeweis für ein Sorgfaltspflichtverstoß des Taxi-Fahrers wurde angenommen, da der Vorfall im Zusammenhang mit dem Anfahren vom Fahrbahnrand geschah.
  • Folgen: Der Kläger erhält einen Teil seiner Schadensersatzforderungen, jedoch weit weniger als ursprünglich gefordert. Das Urteil bestätigt die Haftung bei Unklarheiten im Unfallhergang, solange das Fahrzeug in den Unfall verwickelt war. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wenn Sicherheitsleistungen angeordnet werden.

Schadensersatz und Schmerzensgeld nach schwerem Fahrradunfall: Ein Fallbericht

Ein unverschuldeter Verkehrsunfall kann für die Betroffenen nicht nur körperliche, sondern auch erhebliche emotionale Schmerzen mit sich bringen. Insbesondere bei Fahrradunfällen, bei denen man oft ungeschützt ist, können Personenschäden und schwerwiegende Verletzungen die Folge sein. In solchen Fällen spielen Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld eine zentrale Rolle, um den Opfern finanzielle Unterstützung für ihre Arztrechnungen, die Kosten für Gutachten und die Entschädigung für erlittenen emotionalen Schmerz zu bieten.

Die rechtlichen Grundlagen in Bezug auf Schadensersatzrecht und Haftpflichtversicherung sind komplex, doch sie sind entscheidend für die Durchsetzung von Ansprüchen. Ob es um die Sicherung von Beweisen oder die Klärung von Haftungsfragen geht, die richtigen Schritte können darüber entscheiden, welche Entschädigung das Unfallopfer tatsächlich erhält. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf einen konkreten Fall, der diese Themen eindrucksvoll veranschaulicht.

Der Fall vor Gericht


Schulterprellung nach Fahrradunfall: 800 Euro Schmerzensgeld für Radfahrer

Unfallhergang zwischen Taxi und Radfahrer bleibt ungeklärt

Bei einem Verkehrsunfall in der W. Straße in Hamburg kam es am 20. Februar 2019 gegen 19:20 Uhr zu einem Zusammentreffen zwischen einem Taxi und einem Radfahrer. Der Radfahrer stürzte und erlitt dabei eine Schulterprellung. Der genaue Unfallhergang blieb vor dem Landgericht Hamburg ungeklärt, da sich die Aussagen der Beteiligten widersprachen.

Gericht sieht Verantwortung beim Taxifahrer

Nach Überzeugung des Gerichts sprach der Beweis des ersten Anscheins für einen Sorgfaltspflichtverstoß des Taxifahrers. Das Gericht stützte sich dabei auf die besondere Sorgfaltspflicht beim Anfahren vom Fahrbahnrand nach § 10 StVO. Der Unfall ereignete sich in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Anfahrvorgang des Taxis, das nach eigenen Angaben erst etwa 10 Meter gefahren war.

Zwei Monate Beschwerden durch Schulterprellung

Ein medizinisches Gutachten ergab, dass der Radfahrer durch den Sturz eine Schulterprellung erlitt, die für etwa zwei Monate Beschwerden und Einschränkungen verursachte. Die Verletzung heilte bis Ende April 2019 vollständig aus. Weitergehende Verletzungen wie eine zunächst vermutete Schulterluxation oder Rotatorenmanschettenläsion konnten nicht nachgewiesen werden.

Gesamtschadensersatz von knapp 1.000 Euro zugesprochen

Das Landgericht Hamburg sprach dem Radfahrer ein Schmerzensgeld von 800 Euro zu. Zusätzlich muss die Versicherung 135,50 Euro für Reparaturen am beschädigten Fahrrad, 39,90 Euro für den Kostenvoranschlag sowie eine Schadenspauschale von 20 Euro zahlen. Die weitergehende Klage, insbesondere auf Feststellung zukünftiger Schäden, wurde abgewiesen, da nach der vollständigen Heilung der Schulterprellung nicht mit Spätfolgen zu rechnen sei.


Die Schlüsselerkenntnisse


Auch bei einem Unfall ohne direkte Berührung zwischen Fahrzeug und Fahrrad kann der Autofahrer haftbar sein, wenn sein Fahrmanöver den Radfahrer zu einer Ausweich- oder Bremsreaktion zwingt. Dies gilt besonders beim Anfahren vom Fahrbahnrand, wo Autofahrer zu äußerster Sorgfalt verpflichtet sind. Selbst wenn sich der genaue Unfallhergang nicht mehr aufklären lässt, spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Anfahrenden, wenn der Unfall in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Anfahrvorgang steht.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Radfahrer haben Sie gute Chancen auf Schadensersatz, wenn Sie wegen eines plötzlich anfahrenden oder wendenden Autos stürzen – auch ohne direkten Kontakt mit dem Fahrzeug. Sie müssen lediglich nachweisen, dass der Sturz in unmittelbarer Nähe zum anfahrenden Fahrzeug geschah. Die Versicherung muss dann nicht nur Ihre Verletzungen (Schmerzensgeld), sondern auch Sachschäden am Fahrrad sowie Gutachter- und Anwaltskosten ersetzen. Dokumentieren Sie nach einem Sturz unbedingt die Situation vor Ort, am besten durch Fotos und Zeugenaussagen. Bei Verletzungen sollten Sie sich immer ärztlich untersuchen lassen, um Ihre Ansprüche später belegen zu können.


Benötigen Sie Hilfe?

Hamburger Taxi setzt vom Bordstein zum Anfahren an während Radfahrer sich nähert
Schmerzensgeld und Schadensersatz nach Fahrradunfall (Symbolfoto: Flux gen.)

Als erfahrene Anwälte für Verkehrsrecht wissen wir, wie belastend ein Fahrradunfall für die Betroffenen sein kann – besonders wenn die Versicherung die Zahlung mit Verweis auf den fehlenden Fahrzeugkontakt ablehnt. Wir analysieren Ihren individuellen Fall und zeigen Ihnen auf, welche Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz Ihnen nach der aktuellen Rechtsprechung zustehen. In einem persönlichen Gespräch klären wir gemeinsam, wie wir Ihre Rechte bestmöglich durchsetzen können. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz habe ich nach einem Fahrradunfall?

Nach einem Fahrradunfall stehen Ihnen verschiedene Ansprüche zu, die sich in materielle und immaterielle Schäden unterteilen.

Materielle Schadensersatzansprüche

Bei Sachschäden können Sie die Reparaturkosten für das beschädigte Fahrrad sowie Ersatz für beschädigte Kleidung und mitgeführte Gegenstände geltend machen. Bei einem Totalschaden steht Ihnen der Wiederbeschaffungswert zu.

Ein Nutzungsausfallentschädigung können Sie beanspruchen, wenn Sie das Fahrrad regelmäßig für den Arbeitsweg nutzen. Die Höhe orientiert sich dabei an den Kosten eines vergleichbaren Mietfahrrads.

Immaterielle Schäden und Schmerzensgeld

Gemäß § 253 Abs. 2 BGB können Sie Schmerzensgeld für körperliche und psychische Beeinträchtigungen fordern. Die Höhe richtet sich nach:

  • Schwere der Verletzungen
  • Dauer des Krankenhausaufenthalts
  • Bleibende Schäden
  • Dauer der Arbeitsunfähigkeit

Weitere Ansprüche

Bei unfallbedingter Einschränkung der Haushaltsführung steht Ihnen ein Haushaltsführungsschaden zu. Dies umfasst die Kosten für eine Haushaltshilfe oder den Wert der eigenen ausgefallenen Arbeitsleistung.

Bei Arbeitsunfähigkeit können Sie Verdienstausfall geltend machen. Bei dauerhaften Beeinträchtigungen besteht zusätzlich ein Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens, der die Differenz zwischen bisherigem und vermindertem Einkommen ausgleicht.

Für allgemeine unfallbedingte Aufwendungen wie Fahrtkosten zu Ärzten steht Ihnen eine Aufwandsentschädigung von etwa 25-30 Euro zu.


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Wie wird die Höhe des Schmerzensgeldes nach einem Fahrradunfall berechnet?

Die Höhe des Schmerzensgeldes nach einem Fahrradunfall wird nicht pauschal festgelegt, sondern richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Gerichte orientieren sich bei der Bemessung an vergleichbaren Fällen aus der Vergangenheit, die in Schmerzensgeldtabellen dokumentiert sind.

Zentrale Bemessungskriterien

Die Schwere der Verletzungen und deren Folgen sind die wichtigsten Faktoren für die Höhe des Schmerzensgeldes. Bei einer HWS-Distorsion mit einwöchiger Arbeitsunfähigkeit liegt der Anspruch beispielsweise bei 500 bis 800 Euro, während bei schwersten Verletzungen nach einem Motorradunfall bis zu 500.000 Euro zugesprochen werden können.

Konkrete Einflussfaktoren

Für die Berechnung des Schmerzensgeldes werden folgende Aspekte berücksichtigt:

  • Art und Schwere der Verletzungen
  • Dauer der Heilbehandlung
  • Art der Behandlung (stationär, ambulant, Intensivstation)
  • Dauer der unfallbedingten Einschränkungen
  • Verbleibende Dauer- und Spätfolgen
  • Alter des Geschädigten

Beispielhafte Schmerzensgeldhöhen

Bei einem Fahrradunfall können je nach Verletzung folgende Beträge zugesprochen werden:

  • Gehirnerschütterung und Platzwunde: etwa 2.500 Euro
  • Unterschenkeltrümmerbruch mit Daumenfraktur: 7.500 Euro
  • Schädelhirntrauma mit Dauerschäden: 75.000 Euro

Eine verzögerte Regulierung durch die Versicherung oder mangelnde Einsicht des Unfallverursachers können sich schmerzensgelderhöhend auswirken.


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Welche Beweise sollte ich nach einem Fahrradunfall sichern?

Die umfassende Beweissicherung direkt nach dem Unfall ist für die spätere Durchsetzung von Schadenersatz- und Schmerzengeldansprüchen entscheidend.

Fotodokumentation

Fertigen Sie detaillierte Fotos von der Unfallstelle, allen Schäden und beteiligten Fahrzeugen an. Fotografieren Sie insbesondere das Kennzeichen des Unfallgegners, die Unfallposition und eventuelle Spuren auf der Straße.

Personenbezogene Daten

Notieren Sie sich die vollständigen Kontaktdaten aller Beteiligten. Bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug benötigen Sie zusätzlich die Versicherungsdaten des Unfallgegners.

Zeugensicherung

Sprechen Sie mögliche Zeugen aktiv an und sichern Sie deren Kontaktdaten. Zeugen sind häufig zurückhaltend, stellen sich aber auf Nachfrage als Zeuge zur Verfügung.

Medizinische Dokumentation

Lassen Sie Ihre Verletzungen ärztlich dokumentieren – auch wenn diese zunächst harmlos erscheinen. Fertigen Sie zusätzlich eigene Fotos der Verletzungen an und führen Sie ein Schmerztagebuch.

Polizeiliche Unfallaufnahme

Bei Personenschäden oder unklarem Unfallhergang sollten Sie die Polizei zur Unfallaufnahme hinzuziehen. Das polizeiliche Unfallprotokoll ist ein wichtiges Beweismittel.


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Welche Fristen muss ich nach einem Fahrradunfall beachten?

Die reguläre Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche nach einem Fahrradunfall beträgt drei Jahre gemäß § 195 BGB. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Unfall passierte und Sie Kenntnis von der Verletzung und der Person des Schädigers erlangt haben.

Beispiel für die Verjährungsfrist

Wenn Sie im März 2024 einen Fahrradunfall haben und der Unfallverursacher sofort bekannt ist, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2024 und endet am 31.12.2027.

Besonderheiten bei Folgeschäden

Bei möglichen Folgeschäden können Sie einen Feststellungsantrag bei Gericht einreichen. Dadurch sichern Sie Ihre Ansprüche auch für später auftretende Unfallfolgen. Die absolute Verjährungsfrist beträgt jedoch maximal 30 Jahre, unabhängig von weiteren Folgeschäden.

Versicherungsmeldung

Bei einem Unfall mit Personenschaden sollten Sie umgehend die zuständige Versicherung informieren. Handelt es sich um einen Unfall mit einem Kraftfahrzeug, können Sie über den Zentralruf der Autoversicherer die gegnerische Versicherung ermitteln.

Wegeunfall zur Arbeit

Bei einem Unfall auf dem Arbeitsweg gilt eine Meldefrist von drei Tagen gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese Frist beginnt mit dem Tag des Unfalls.


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Was bedeutet der Anscheinsbeweis bei Fahrradunfällen?

Der Anscheinsbeweis ist ein erleichterter Beweis, der bei Fahrradunfällen zum Tragen kommt, wenn der konkrete Unfallhergang nicht vollständig geklärt werden kann. Wenn Sie als Radfahrer in einen Unfall verwickelt werden, hilft Ihnen der Anscheinsbeweis dabei, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

Grundprinzip des Anscheinsbeweises

Bei einem typischen Geschehensablauf erlaubt der Anscheinsbeweis Rückschlüsse auf Kausalität und Verschulden, ohne dass Sie als geschädigte Person den genauen Unfallhergang beweisen müssen. Wenn Ihnen beispielsweise ein anderer Radfahrer auffährt, spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass dieser den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat.

Praktische Bedeutung

Der Anscheinsbeweis kommt Ihnen besonders in diesen Situationen zugute:

Bei einem Auffahrunfall wird zunächst von einem Verschulden des auffahrenden Verkehrsteilnehmers ausgegangen. Wenn sich eine Autotür öffnet und Sie als Radfahrer dadurch zu Fall kommen, spricht der Anscheinsbeweis für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung der ein- oder aussteigenden Person.

Widerlegung des Anscheinsbeweises

Der Unfallgegner kann den Anscheinsbeweis erschüttern, indem er einen atypischen Geschehensablauf nachweist. Wenn Sie als vorausfahrender Radfahrer etwa ohne zwingenden Grund stark gebremst haben, kann dies den Anscheinsbeweis entkräften. Der Gegner muss dabei nicht zwingend das Gegenteil beweisen, sondern nur einen abweichenden Handlungsverlauf darlegen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Beweis des ersten Anscheins

Ein wichtiges Beweisprinzip im Zivilprozess, bei dem aus typischen Geschehensabläufen auf ein bestimmtes Verschulden geschlossen wird. Wenn ein Unfall nach einem typischen Muster abläuft, wird vermutet, dass die übliche Ursache vorliegt. Der Gegner muss dann beweisen, dass ein atypischer Geschehensablauf vorlag. Geregelt ist dies in der Zivilprozessordnung (ZPO). Beispiel: Bei einem Auffahrunfall spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Auffahrenden, da dieser typischerweise den Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat.


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Sorgfaltspflicht

Die rechtliche Verpflichtung, sich so zu verhalten, dass andere nicht geschädigt werden. Im Straßenverkehr bedeutet dies besondere Vorsicht und Rücksichtnahme nach § 1 StVO. Autofahrer müssen beim Anfahren vom Fahrbahnrand nach § 10 StVO besonders aufmerksam sein und sich vergewissern, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht kann zu Schadensersatzansprüchen führen.


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Schmerzensgeld

Eine finanzielle Entschädigung für körperliche und seelische Schmerzen nach § 253 BGB. Die Höhe richtet sich nach Art, Schwere und Dauer der Verletzungen sowie dem Grad des Verschuldens. Es soll einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Einschränkungen bieten. Beispiel: Bei einer Schulterprellung mit zwei Monaten Beschwerden wurden 800 Euro zugesprochen. Wichtige Faktoren sind auch bleibende Schäden und psychische Belastungen.


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Schadenspauschale

Ein festgelegter Betrag für typische Aufwendungen nach einem Unfall, der ohne detaillierten Nachweis erstattet wird. Sie deckt allgemeine Kosten wie Telefonate, Porto oder Fahrten ab. Die Pauschale wird zusätzlich zu konkret nachgewiesenen Schäden gezahlt. Geregelt in § 249 ff. BGB. Übliche Höhe bei Verkehrsunfällen: 20-25 Euro. Sie vereinfacht die Schadensabwicklung für Bagatellkosten.


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Schadensersatzanspruch

Der rechtliche Anspruch auf Ausgleich eines erlittenen Schadens nach §§ 249 ff. BGB. Er umfasst die Wiederherstellung des Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Bei Verkehrsunfällen gehören dazu Reparaturkosten, Heilbehandlungskosten, Schmerzensgeld und weitere unfallbedingte Aufwendungen. Voraussetzung ist meist ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Abs. 1 StVG: Diese Vorschrift regelt die Betreiberhaftung für Schäden, die durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs verursacht werden. Sie besagt, dass der Eigentümer eines Fahrzeugs verpflichtet ist, für Schäden einzustehen, die durch das Fahrzeug im öffentlichen Verkehr verursacht werden, unabhängig vom Verschulden. Im vorliegenden Fall ging es um einen Verkehrsunfall, bei dem das Taxi des Beklagten in Betrieb war und dessen Fahrer für den Unfall verantwortlich gemacht wurde.
  • § 10 Satz 1 StVO: Diese Regelung behandelt den Beweis des ersten Anscheins im Straßenverkehr. Sie besagt, dass bei bestimmten Unfallkonstellationen, wie dem Anfahren eines Fahrzeugs, davon ausgegangen werden kann, dass der Anfahrende eine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Im vorliegenden Fall wurde dieser Beweis des ersten Anscheins genutzt, um zu argumentieren, dass der Fahrer des Taxis beim Anfahren die gebotene Sorgfalt nicht beachtet hat, was zum Sturz des Klägers führte.
  • § 823 Abs. 1 BGB: Diese Vorschrift stellt den Anspruch auf Schadensersatz bei unerlaubten Handlungen dar. Nach dieser Bestimmung haftet, wer einem anderen vorsätzlich oder fahrlässig einen Schaden zufügt. Im Fall des Klägers wurde eine unerlaubte Handlung angenommen, als die Beklagten durch das Anfahren des Taxis möglicherweise fahrlässig für den Sturz des Klägers verantwortlich waren und ihm Schadensersatz leisten mussten.
  • § 49 StVZO: Diese Norm bezieht sich auf die Ausrüstung von Fahrzeugen und deren ordnungsgemäßen Betrieb. Sie sieht vor, dass Fahrzeuge verkehrssicher sein müssen, um Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer zu vermeiden. Bei dem Vorfall wurde kein Mangel am Taxi festgestellt, dennoch ist zu berücksichtigen, ob das Fahrverhalten des Beklagten zu einer gefährlichen Verkehrssituation führte, was relevant für die Haftung sein könnte.
  • § 254 BGB: Hier wird die Mitverschuldensregelung angesprochen, die besagt, dass ein Geschädigter sich ein Mitverschulden anrechnen lassen muss, wenn er zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Im Fall des Klägers könnte überprüft werden, ob er durch sein Verhalten im Straßenverkehr eine Mitschuld trägt, was die Höhe des ihm zustehenden Schadensersatzes beeinflussen könnte.

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Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 302 O 245/19 – Urteil vom 27.09.2022


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