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Schadensersatzanspruch bei ausgefallener Hochzeitsfeier

OLG Saarbrücken

Az: 8 W 165/98

Beschluss vom 20.07.1998


1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 12. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken – 12.0.68/98 – vom 6.3.1998 wird zurückgewiesen.

2. Keine Kostenentscheidung.

Gründe

A.

Die Antragstellerin beabsichtigt, gegen den Antragsgegner Schadensersatz und Schmerzensgeld einzuklagen und begehrt hierfür Prozeßkostenhilfe:

Sie habe für den Abend ihrer am 27.6.1997 stattgefundenen Hochzeit das Kaminzimmer in der Gaststätte des Antragsgegners verbindlich für 12 Personen reserviert. Infolge Versehens des Antragsgegners sei das Kaminzimmer am Abend des 27.6.1997 bei Ankunft der Hochzeitsgesellschaft bereits von anderen Gästen belegt gewesen. Da eine zumutbare Ausweichmöglichkeit nicht habe beschafft werden können, sei die abendliche Hochzeitsfeier ausgefallen.

Nach diesem „Desaster“ habe sie „tagelang … geweint“, sei „nervlich total am Ende“ gewesen und habe einen „seelischen Schock“ erlitten; hierfür beabsichtige sie, ein Schmerzensgeld von 3.000,00 DM geltend zu machen.

Weiterhin beabsichtige sie die Einklagung von 10.945,00 DM nebst 4 % Zinsen ab Klagezustellung. Hierbei handele es sich um die Kosten der von ihr beabsichtigten „Ersatzfeier“ gemäß einer Aufstellung, die sämtliche Kosten der Vorbereitung und Durchführung einer Hochzeit vom Friseurbesuch über Blumenschmuck, Hochzeitskutsche und Mittagsbuffet bis zu „Hochzeitsmenue & Hochzeitsnacht“ einschließlich Verpflegung, Unterkunft und Verdienstausfall der zu ladenden Hochzeitsgäste umfaßt.

Der Erstrichter hat den PKH-Antrag mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage zurückgewiesen: Schmerzensgeld könne die Antragstellerin nicht verlangen, da die durch eine Vertragsverletzung bedingten Auswirkungen auf die psychische Befindlichkeit vom Schutzzweck des Körperverletzungstatbestandes nicht mehr umfaßt würden; die Kosten für die Ersatzfeier stünden der Antragstellerin deswegen nicht zu, weil hiermit nicht der Ersatz einer Vermögensdifferenz, sondern vielmehr einer gemäß § 253 BGB nicht in Geld erstattungsfähigen immateriellen Beeinträchtigung verlangt werde.

B.

Die von der Antragstellerin hiergegen eingelegte und gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2; 567 ff ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; denn die von der Antragstellerin beabsichtigte Klage verspricht weder bezüglich des Schmerzensgeldes (I), noch bezüglich der 10.945,00 DM (II) hinreichende Aussicht auf Erfolg.

I.

Ein Schmerzensgeldanspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner käme im vorliegenden Fall gemäß § 847 BGB dann in Betracht, wenn der Antragsgegner im Zusammenhang mit der ihm zur Last gelegten Vertragsverletzung (Nichtreservierung des Kaminzimmers) zugleich den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB in Gestalt einer Körper- oder Gesundheitsverletzung gegenüber der Antragstellerin verwirklicht hätte; für eine dahingehende Annahme reicht der Vortrag der Antragstellerin nicht aus.

Es kann hier letztlich dahingestellt bleiben, ob und inwieweit eine durch eine Vertragsverletzung vermittelte Beeinträchtigung der seelischen Befindlichkeit des Vertragspartners überhaupt vom Schutzzweck des § 823 Abs. 1 BGB umfaßt wird; selbst wenn man dies entgegen dem Erstrichter bejahen wollte, hätte die Antragstellerin die tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruches nicht hinreichend vorgetragen.

Es fehlt bereits an einem schlüssigen Vortrag der Antragstellerin dazu, daß die Vertragsverletzung des Antragsgegners bei ihr zu einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit geführt habe. Zwar hat der Schädiger auch für die psychischen Auswirkungen eines von ihm zu vertretenden Verhaltens einzustehen mit der Folge, daß auch eine durch dieses Verhalten verursachte Beeinträchtigung (lediglich) der seelischen Befindlichkeit des Geschädigten eine Körper- oder Gesundheitsverletzung darstellen kann (BGH in VersR 1991, 704 (705) zu II, 2, b m. w. N.). Wenn aber in einem solchen Fall, wie vorliegend, die durch das vom Schädiger zu vertretende Verhalten verursachte Beeinträchtigung der seelischen Befindlichkeit des Geschädigten noch zum haftungsbegründenden Vorgang gehört, dann muß diese seelische Beeinträchtigung indessen nach Art, Intensität und Dauer über die im Leben normalerweise zu gewärtigenden Reaktionen auf unangenehme Ereignisse derart deutlich hinausgehen, daß ein Vergleich zu Auswirkungen mit echtem Krankheitswert zumindest nahegelegt wird (vgl. dazu: Palandt (Heinrichs), BGB, 56. Auflg., 1997, Rdn. 71 vor § 249 m. w. N.). Daß aber derartiges bei der Antragstellerin als Folge der Vertragsverletzung des Antragsgegners eingetreten wäre, ergibt sich weder aus der Behauptung, sie habe „tagelang nach diesem Desaster geweint“ und habe „wochenlang über das Ereignis nicht sprechen (können), ohne Weinkrämpfe zu bekommen“, noch aus ihrer mangels näheren kommentierenden Sachvortrags nicht nachvollziehbarer Wertung, sie sei „nervlich total am Ende“ gewesen und habe einen „seelischen Schock“ erlitten.

Selbst wenn jedoch bei der Antragstellerin als Folge der Vertragsverletzung des Antragsgegners eine seelische Beeinträchtigung des nach den vorstehenden Ausführungen erforderlichen Schweregrades eingetreten wäre, würde es vorliegend am Verschulden des Antragsgegners fehlen, wobei zu berücksichtigen ist, daß dieses Verschulden nicht nur die Vertragsverletzung in Gestalt der Nichtreservierung des Kaminzimmers, sondern auch den noch zum haftungsbegründenden Vorgang gehörenden Eintritt der dadurch verursachten seelischen Beeinträchtigung der Antragstellerin umfassen müßte. Zwar kann und muß ein Gastwirt bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt damit rechnen, daß eine von ihm versäumte Reservierung des für ein Hochzeits-Abendessen bestellten Raumes bei der Braut – möglicherweise sogar nicht unerhebliche – negative seelische Reaktionen zur Folge haben wird; daß diese Reaktionen aber nach Art, Intensität und Dauer so stark ausfallen, daß sie die vorstehend dargelegten Voraussetzungen für die Annahme einer Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung erfüllen, ist für ihn unter – hier mangels gegenteiliger Anhaltspunkte anzunehmenden – normalen Umständen nicht vorhersehbar.

II.

Der von der Antragstellerin mit der beabsichtigten Klage geltend zu machende Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.945,00 DM ist ebenfalls nicht gerechtfertigt.

Soweit die Antragstellerin mit diesem Betrag die Kosten einer – geplanten – Ersatz-Hochzeitsfeier begehrt, macht sie, wie der Erstrichter zutreffend dargelegt hat, keinen nach der Differenzhypothese zu bemessenden Vermögensschaden, sondern vielmehr ein immaterielles Interesse geltend, nämlich ihr Interesse an einer planmäßig und ungestört ablaufenden Hochzeitsfeier. Da dieser immaterielle Schaden vorliegend durch eine Vertragsverletzung des Antragsgegners verursacht worden sein soll, kann aber die Antragstellerin gemäß § 253 BGB hierfür keine Entschädigung in Geld, sondern allenfalls Naturalrestitution verlangen. Unter dem Gesichtspunkt der Naturalrestitution gemäß § 249 BGB stehen der Antragstellerin die Kosten der Ersatz-Hochzeitsfeier jedoch nicht zu. Es ist schon fraglich, ob, nachdem die Antragstellerin inzwischen bereits verheiratet ist, die von ihr geplante Ersatz-Hochzeitsfeier noch als Naturalrestitution im Sinne von § 249 Satz 1 BGB anzusehen wäre. Jedenfalls kann die Antragstellerin unter diesem Gesichtspunkt keinesfalls die voraussichtlichen Kosten einer solchen Ersatz-Hochzeitsfeier verlangen; denn derartiges ist gemäß § 249 Satz 2 BGB lediglich für diejenigen Fälle vorgesehen, in denen der primär auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache zu leisten ist und ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben.

Im Hinblick darauf, daß die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung vorträgt, sie habe die für die geplante Ersatz-Hochzeitsfeier geltend gemachten Kosten in entsprechender Höhe bereits aus Anlaß der – mißglückten – Hochzeit vom 27.6.1997 verauslagt, wäre allenfalls zu erwägen, ob der Antragstellerin der Betrag von 10.945,00 DM – zumindest teilweise – unter Umständen unter dem Gesichtspunkt nutzlos gewordener Aufwendungen (Frustrierungsschaden) zuerkannt werden kann, in welchem Fall es sich um den Ersatz eines echten Vermögensschadens handeln würde. Auch dieser Gesichtspunkt verhilft der von der Antragstellerin beabsichtigten Klage jedoch nicht zum Erfolg. Soweit solcher Frustrierungsschaden dessen Problematik darin besteht, daß er auch bei vertragsgemäßem Verhalten des Schuldners entstanden wäre, als erstattungsfähig anerkannt wird, beruht dies durchweg auf der Annahme einer „Rentabilitätsvermutung“ dahingehend, daß der Gläubiger diejenigen Aufwendungen, die er im Hinblick auf den durch die Vertragsverletzung des Schuldners gescheiterten Vertrag gemacht hat, bei ordnungsgemäßer Durchführung dieses Vertrages letztlich wieder erwirtschaftet hätte. Diese „Rentabilitätsvermutung“ kommt aber von vornherein nicht zum Tragen, wenn der Gläubiger, wie vorliegend die Antragstellerin, mit der Durchführung des wegen des Verhaltens des Schuldners gescheiterten Vertrages keinen wirtschaftlichen Zweck, sondern lediglich ein immaterielles Interesse verfolgt und daher die im Zusammenhang mit dem Antrag gemachten Aufwendungen ohnehin nicht wieder hereinbekommen hätte (BGH in NJW 1987, 831 (833-835) zu III. m. w. N.).

Da die vorstehenden Ausführungen auch für die von der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift angekündigten Hilfsanträge – Zahlung der 10.945,00 DM Zug um Zug gegen Vorlage der Ersatzrechnungen bzw. Feststellung der Schadensersatzpflicht des Antragsgegners in Gestalt der Pflicht zur Erstattung der Kosten der Ersatz-Hochzeitsfeier – gelten, war die PKH-Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da außergerichtliche Kosten gemäß § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht erstattet werden und die Pflicht der Antragstellerin zur Tragung eventuell angefallener Gerichtskosten sich bereits aus § 49 GKG ergibt.

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