Skip to content

Schadensersatzansprüche infolge von Wurzeleinwuchs

Wurzelstreit vor Gericht: Ehepaar verliert Prozess gegen Stadt F. wegen angeblicher Wurzelschäden an Haus und Grundstück. Gutachter entlastet die Stadt und weist nach, dass Vorschäden an den Leitungen und besondere Bodenverhältnisse die wahren Übeltäter sind.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klage der Eigentümer eines Grundstücks gegen die Beklagte wegen Schadensersatz aufgrund von Wurzeleinwuchs wurde abgewiesen.
  • Die Kläger führten an, dass Wurzeleinwuchs von städtischen Bäumen Schäden an ihrem Grundstück verursacht habe.
  • Die Beklagte bestritt die Verantwortung und wies darauf hin, dass die Schäden auf eine vorherige Beschädigung der Leitungsrohre zurückzuführen seien.
  • Das Gericht stellte fest, dass keine Verkehrsicherungspflichtverletzung durch die Beklagte vorlag, da keine klare Ursächlichkeit für die Schäden gegeben war.
  • Es wurde entschieden, dass der Bürgermeister nicht passivlegitimiert ist und somit die Klage nicht auf ihn erhoben werden kann.
  • Das Gericht beurteilte die Beweislage als unzureichend für einen Schadensersatzanspruch der Kläger.
  • Der Wurzeleinwuchs wurde nicht als Ursache für die vorhandenen Risse im Mauerwerk oder die Beschädigung der Entwässerungsleitung anerkannt.
  • In der Entscheidung wurde betont, dass die Kläger die Nachweispflicht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Wurzeleinwuchs und den Schäden hatten, was sie nicht erfüllten.
  • Die Kläger müssen die Kosten des Verfahrens tragen, was für sie eine zusätzliche finanzielle Belastung darstellt.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Verantwortlichkeit bei zukünftigen Fällen von Wurzeleinwuchs und klarifiziert die Anforderungen an den Nachweis von Schäden.

Schadensersatzansprüche bei Wurzeleinwuchs: Ein richtungsweisendes Urteil

Schadensersatzansprüche aufgrund von Wurzeleinwuchs sind ein komplexes, aber relevantes Thema im deutschen Zivilrecht. Hierbei handelt es sich um Situationen, in denen Wurzeln von Bäumen oder Sträuchern Schäden an Nachbargrundstücken oder -infrastruktur verursachen. Solche Schäden können beispielsweise Risse in Mauern, Schäden an Fundamenten oder sogar Beeinträchtigungen von Leitungen nach sich ziehen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, die diesen Ansprüchen zugrunde liegen, sind häufig von Unsicherheit und Missverständnissen geprägt.

In vielen Fällen stellt sich die zentrale Frage, wer für den Schaden verantwortlich ist. Oftmals sind die Verantwortlichkeiten nicht eindeutig, da sowohl natürliche als auch menschliche Faktoren eine Rolle spielen können. Zudem gilt es, den Unterschied zwischen einer zulässigen Nutzung der eigenen Grundstücksgrenze und möglichen Nachteilen für die Nachbarn zu berücksichtigen. Dies macht es notwendig, bestehende Gesetze und Urteile genau zu analysieren, um zu verstehen, wann und in welchem Umfang Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.

Im Anschluss erfolgt die Betrachtung eines konkreten Falls, der aufzeigt, wie die Gerichte in dieser Thematik entschieden haben und welche rechtlichen Grundsätze er dabei eine Rolle spielten.

Holen Sie sich rechtliche Klarheit!

Sind Sie von Schäden an Ihrem Grundstück aufgrund von Wurzeleinwuchs betroffen? In solch komplexen rechtlichen Fragen ist fundierte Expertise unerlässlich. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte stehen Ihnen zur Verfügung, um Ihre Situation zu analysieren und Ihre Ansprüche zu bewerten. Kontaktieren Sie uns für eine erste unverbindliche Einschätzung – der erste Schritt zur Lösung Ihres Problems könnte entscheidend sein! Vertrauen Sie auf unsere Kompetenz, um Ihre Rechte zu wahren.

Ersteinschätzung anfordern

Der Fall vor Gericht


Wurzeleinwuchs-Streit: Grundstückseigentümer unterliegen vor Gericht

Im Zentrum eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Bielefeld stand die Frage nach der Verantwortlichkeit für Schäden durch Wurzeleinwuchs. Die Kläger, ein Ehepaar und Eigentümer eines Grundstücks in der C. Straße in F., forderten Schadensersatz von der Stadt F. für Beschädigungen an ihrem Entwässerungssystem und Wohngebäude. Sie machten geltend, dass Wurzeln von zwei hohen Bäumen auf dem angrenzenden städtischen Grundstück in ihre Regenwasserleitung eingedrungen seien und zudem Risse im Mauerwerk verursacht hätten.

Komplexe Sachlage und umfangreiche Begutachtung

Die Kläger stützten ihre Forderungen auf eine TV-Inspektion der Firma F. Q. GmbH, die erheblichen Wurzeleinwuchs in den Rohren festgestellt hatte. Zusätzlich waren an einem Anbau des Wohngebäudes etwa fingerdicke Risse sichtbar. Zur Bezifferung des Schadens legten die Kläger zwei Angebote der Firma O. vor. Sie argumentierten, die Stadt habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie den Wurzelwuchs der Bäume nicht ausreichend kontrolliert habe.

Die beklagte Stadt bestritt die Vorwürfe und führte an, dass der Wurzelwuchs möglicherweise von Bäumen auf dem Grundstück der Kläger selbst ausgehe. Zudem sei ein eventueller Wurzeleinwuchs nicht ursächlich für die geltend gemachten Schäden. Die Stadt argumentierte, das Leitungsrohr sei bereits zuvor beschädigt gewesen, was erst das Eindringen von Wurzeln ermöglicht habe. Auch die Schäden am Wohngebäude seien ihrer Ansicht nach auf die Beschaffenheit des Baugrundes und frühere Eingriffe in die Bausubstanz zurückzuführen.

Gerichtliche Beweisaufnahme und Sachverständigengutachten

Zur Klärung der strittigen Fragen ordnete das Gericht eine Beweisaufnahme an und beauftragte den Sachverständigen G. L. mit der Erstellung eines Gutachtens. Der Experte kam zu dem Schluss, dass die Schäden an den Rohrleitungen nicht durch Wurzeln verursacht worden seien. Vielmehr hätten Vorschäden der Leitungen den Wurzeleinwuchs erst ermöglicht. Bezüglich der Gebäudeschäden stellte der Sachverständige fest, dass diese auf die besonderen Baugrundverhältnisse und möglicherweise auf die nicht mehr funktionsfähigen Entwässerungsleitungen zurückzuführen seien. Der stark tonig-lehmige Boden unterliege einer starken Volumenänderung bei Wasseraufnahme und Entwässerung, was zu Hebungen und Setzungen des Bauwerks führe.

Urteil des Landgerichts Bielefeld

Das Landgericht Bielefeld wies die Klage in seinem Urteil vom 02.07.2015 (Az.: 2 O 72/13) vollständig ab. Es folgte den Ausführungen des Sachverständigen und betrachtete dessen Gutachten als schlüssig und nachvollziehbar. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Wurzeln nicht ursächlich für die Schäden waren. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Stadt wurde daher verneint, sowohl auf Grundlage des § 839 I BGB in Verbindung mit Art. 34 I GG als auch nach §§ 823 I BGB, 823 II BGB in Verbindung mit § 1004 BGB.

Rechtliche Begründung und Kostenfolge

Das Gericht führte aus, dass die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Sachen grundsätzlich zur privatrechtlichen Tätigkeit zähle und somit kein Amtshaftungsanspruch bestehe. Auch ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 II 2 BGB wurde abgelehnt, da keine Kausalität zwischen dem Wurzeleinwuchs und den Schäden feststellbar war. Die Kläger wurden verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die zentrale Erkenntnis aus diesem Urteil ist, dass für Schadensersatzansprüche bei Wurzeleinwuchs die Kausalität zwischen dem Wurzelwachstum und den entstandenen Schäden zweifelsfrei nachgewiesen werden muss. Das Gericht stützte sich maßgeblich auf das Sachverständigengutachten, welches andere Ursachen für die Schäden identifizierte. Dies verdeutlicht die Bedeutung fundierter Expertenmeinungen in solchen Fällen und zeigt, dass bei Grundstücksstreitigkeiten oft komplexe technische und geologische Faktoren berücksichtigt werden müssen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie mit Wurzeleinwuchs und daraus resultierenden Schäden konfrontiert sind, zeigt dieses Urteil, wie wichtig eine gründliche Untersuchung der Schadensursache ist. Es reicht nicht aus, nur den Wurzeleinwuchs nachzuweisen – Sie müssen auch beweisen können, dass dieser tatsächlich für die Schäden verantwortlich ist. Lassen Sie daher frühzeitig ein Sachverständigengutachten erstellen, das alle möglichen Ursachen berücksichtigt, wie z.B. Bodenbeschaffenheit oder vorbestehende Schäden. Dies kann Ihnen helfen, unnötige Rechtsstreitigkeiten und damit verbundene Kosten zu vermeiden. Bedenken Sie auch, dass die Verantwortung für den Zustand Ihrer Entwässerungsleitungen bei Ihnen liegt und deren regelmäßige Wartung ratsam ist.


FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik finden Sie alle wichtigen Informationen rund um das Thema Wurzeleinwuchs und Schadensersatz. Hier beantworten wir häufige Fragen zu rechtlichen Aspekten, Schadensfällen und Ihren Ansprüchen. Entdecken Sie prägnante Erklärungen und hilfreiche Tipps, die Ihnen helfen, die komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen.


Wer ist für Schäden durch Wurzeleinwuchs verantwortlich?

Die Verantwortlichkeit für Schäden durch Wurzeleinwuchs hängt von verschiedenen Faktoren ab und muss im Einzelfall geprüft werden. Grundsätzlich ist der Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht, für Schäden durch dessen Wurzeln verantwortlich. Dies ergibt sich aus der sogenannten Verkehrssicherungspflicht, die jeden Grundstückseigentümer verpflichtet, von seinem Eigentum keine Gefahren für andere ausgehen zu lassen.

Haftung des Baumeigentümers

Der Eigentümer des Baumes haftet jedoch nicht automatisch für jeden Schaden. Eine Haftung setzt voraus, dass der Eigentümer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Dies wäre der Fall, wenn er zumutbare Maßnahmen zur Schadensverhinderung unterlassen hat.

Wichtig zu wissen: Die Anforderungen an die Kontrolle und Pflege von Bäumen sind nicht für jeden Eigentümer gleich. Sie hängen von Faktoren wie der Art und dem Alter des Baumes, seiner Nähe zu Gebäuden oder Leitungen und den Kenntnissen des Eigentümers ab. Von einem Privatmann werden in der Regel weniger umfangreiche Kontrollen erwartet als von einer Gemeinde oder einem professionellen Grundstücksverwalter.

Besonderheiten bei öffentlichen Bäumen

Wenn der schadensverursachende Baum auf öffentlichem Grund steht, ist in der Regel die zuständige Gemeinde oder Stadt verantwortlich. Allerdings gelten hier oft besondere Regelungen. Beispielsweise haften Gemeinden häufig nicht für Schäden durch umstürzende Bäume bei Unwettern, wenn sie ihre Kontrollpflichten erfüllt haben.

Haftung bei Kanalschäden

Bei Schäden an Abwasserkanälen durch Wurzeleinwuchs ist die Situation komplexer. Hier kommt es darauf an, ob der Kanalbetreiber (oft die Gemeinde) bei regulären Inspektionen den Wurzeleinwuchs hätte erkennen und beseitigen müssen. Wenn Sie als Hauseigentümer von einem solchen Schaden betroffen sind, sollten Sie sich zunächst an den Kanalbetreiber wenden.

Was können Sie tun?

Wenn Sie Schäden durch Wurzeleinwuchs feststellen:

  1. Dokumentieren Sie den Schaden sorgfältig (Fotos, Beschreibung).
  2. Informieren Sie den Eigentümer des Baumes schriftlich über den Schaden.
  3. Fordern Sie ihn zur Beseitigung der Wurzeln und zur Schadensbehebung auf.
  4. Bei Uneinigkeit kann ein Sachverständigengutachten hilfreich sein.

Beachten Sie: In vielen Fällen ist es ratsam, zunächst eine gütliche Einigung zu suchen. Oft lassen sich Konflikte durch gemeinsame Lösungsansätze, wie das fachgerechte Beschneiden der Wurzeln, beilegen.

Wenn Sie selbst Baumbesitzer sind, ist es empfehlenswert, Ihre Bäume regelmäßig zu kontrollieren und bei Anzeichen von problematischem Wurzelwachstum frühzeitig einen Fachmann zu Rate zu ziehen. So können Sie mögliche Schäden und daraus resultierende Haftungsansprüche vermeiden.

zurück


Welche rechtlichen Schritte sollten Betroffene bei Wurzeleinwuchs-Schäden unternehmen?

Bei Schäden durch Wurzeleinwuchs sollten Betroffene folgende rechtliche Schritte in Erwägung ziehen:

1. Dokumentation des Schadens

Dokumentieren Sie den Schaden sorgfältig. Machen Sie Fotos und notieren Sie das Datum der Feststellung. Dies ist wichtig für eventuelle spätere Ansprüche oder gerichtliche Auseinandersetzungen.

2. Feststellung der Verantwortlichkeit

Klären Sie, wer für den Schaden verantwortlich ist. In der Regel haftet der Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht. Bei öffentlichen Bäumen kann die Kommune verantwortlich sein.

3. Kontaktaufnahme mit dem Verursacher

Informieren Sie den Verursacher schriftlich über den Schaden. Fordern Sie ihn auf, den Schaden zu beseitigen und Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Schäden zu ergreifen. Setzen Sie eine angemessene Frist.

4. Einschaltung eines Sachverständigen

Bei Uneinigkeit über die Schadensursache oder den Umfang kann ein unabhängiger Sachverständiger hinzugezogen werden. Dies kann helfen, den Sachverhalt objektiv zu klären.

5. Prüfung von Versicherungsansprüchen

Prüfen Sie, ob Ihre Versicherung den Schaden abdeckt. Eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung könnte in manchen Fällen für die Kosten aufkommen.

6. Außergerichtliche Einigung

Versuchen Sie, eine gütliche Einigung zu erzielen. Ein Mediationsverfahren kann hilfreich sein, um eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden.

7. Rechtliche Schritte

Wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist, können Sie rechtliche Schritte einleiten. Dies kann zunächst eine Abmahnung oder ein Mahnbescheid sein. Als letztes Mittel bleibt die Klage vor Gericht.

Beachten Sie die Verjährungsfristen für Ihre Ansprüche. In der Regel verjähren Ansprüche wegen Sachbeschädigung nach drei Jahren, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Schaden entstanden ist und Sie davon Kenntnis erlangt haben.

Bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche ist es wichtig, verhältnismäßig vorzugehen. Berücksichtigen Sie, dass Bäume oft unter Schutz stehen und nicht ohne Weiteres gefällt werden dürfen. Eine Wurzelsperre oder regelmäßiger Wurzelschnitt können in vielen Fällen eine angemessene Lösung darstellen.

Wenn Sie unsicher sind, wie Sie in Ihrer spezifischen Situation am besten vorgehen, kann die Konsultation eines Fachanwalts für Nachbarschaftsrecht sinnvoll sein. Dieser kann Ihre individuellen Erfolgsaussichten einschätzen und Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche unterstützen.

zurück


Welche Rolle spielt die Verkehrssicherungspflicht bei Wurzeleinwuchs?

Die Verkehrssicherungspflicht spielt eine wichtige Rolle bei Wurzeleinwuchs, insbesondere für Grundstückseigentümer und Gemeinden. Sie verpflichtet diese, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Schäden durch Wurzeleinwuchs zu verhindern.

Umfang der Verkehrssicherungspflicht

Die Verkehrssicherungspflicht bei Wurzeleinwuchs umfasst mehrere Aspekte:

Regelmäßige Kontrollen: Grundstückseigentümer müssen ihre Bäume und deren Wurzelwerk in angemessenen Abständen überprüfen. Die Häufigkeit hängt von Faktoren wie Baumart, Alter und Standort ab.

Präventive Maßnahmen: Bei erkennbarem Risiko sind vorbeugende Maßnahmen erforderlich, wie das Einbringen von Wurzelsperren oder die fachgerechte Beschneidung von Wurzeln.

Reaktion auf Schadensmeldungen: Wird ein Wurzeleinwuchs gemeldet, muss der Eigentümer zeitnah reagieren und geeignete Schritte zur Schadensbeseitigung einleiten.

Haftung bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Wenn ein Grundstückseigentümer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und dadurch Schäden entstehen, kann er haftbar gemacht werden. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn Wurzeln in Abwasserleitungen einwachsen und Rückstauschäden verursachen.

Wichtig: Die Haftung tritt nicht automatisch ein. Es muss nachgewiesen werden, dass der Eigentümer seine Pflichten verletzt hat und dieser Pflichtverletzung der entstandene Schaden zugerechnet werden kann.

Grenzen der Verkehrssicherungspflicht

Die Verkehrssicherungspflicht hat auch Grenzen:

Zumutbarkeit: Von Grundstückseigentümern wird nur das verlangt, was zumutbar und verhältnismäßig ist. Eine ständige Überwachung jedes einzelnen Baumes ist in der Regel nicht erforderlich.

Erkennbarkeit der Gefahr: Die Pflicht erstreckt sich nur auf Gefahren, die bei sorgfältiger Beobachtung erkennbar sind. Versteckte oder unvorhersehbare Risiken fallen nicht darunter.

Besonderheiten für Gemeinden

Gemeinden tragen als Eigentümer öffentlicher Flächen eine besondere Verantwortung:

Erhöhte Sorgfaltspflicht: Aufgrund ihrer Ressourcen und Expertise wird von Gemeinden oft ein höheres Maß an Sorgfalt erwartet.

Dokumentationspflicht: Gemeinden sollten ihre Kontroll- und Pflegemaßnahmen sorgfältig dokumentieren, um im Schadensfall ihre Sorgfalt nachweisen zu können.

Praktische Empfehlungen

Wenn Sie als Grundstückseigentümer Ihre Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf Wurzeleinwuchs erfüllen möchten, sollten Sie:

  • Regelmäßige Baumkontrollen durchführen und dokumentieren
  • Bei Anzeichen von Problemen einen Fachmann hinzuziehen
  • Auf Beschwerden oder Hinweise von Nachbarn zeitnah reagieren
  • Im Zweifelsfall präventive Maßnahmen ergreifen, wie das Einbringen von Wurzelsperren

Die Verkehrssicherungspflicht bei Wurzeleinwuchs erfordert von Grundstückseigentümern Wachsamkeit und proaktives Handeln. Durch sorgfältige Beachtung dieser Pflicht können Sie nicht nur potenzielle Schäden vermeiden, sondern auch Ihre rechtliche Position im Schadensfall verbessern.

zurück


Wann ist ein Sachverständigengutachten bei Wurzelschäden hilfreich?

Ein Sachverständigengutachten bei Wurzelschäden ist in mehreren Situationen äußerst hilfreich und oft sogar unerlässlich:

Feststellung der Schadensursache

Ein Gutachten ist besonders wichtig, wenn die genaue Ursache der Schäden unklar ist. Sachverständige können durch ihre Expertise und spezielle Untersuchungsmethoden feststellen, ob tatsächlich Wurzeln für die Schäden verantwortlich sind oder ob andere Faktoren eine Rolle spielen. Dies ist entscheidend, da Wurzelschäden oft mit anderen Problemen wie Bodensetzungen oder Baumängeln verwechselt werden können.

Ermittlung des Schadensumfangs

Sachverständige können den genauen Umfang der Schäden dokumentieren. Dies ist besonders wichtig, wenn es um Schäden an Gebäuden, Leitungen oder anderen Infrastrukturen geht. Eine präzise Dokumentation ist unerlässlich für eventuelle Schadensersatzforderungen oder Versicherungsansprüche.

Identifikation des verursachenden Baumes

In Fällen, wo mehrere Bäume in Frage kommen, kann ein Gutachter durch spezielle Untersuchungen den verursachenden Baum eindeutig identifizieren. Dies ist besonders relevant, wenn es um Nachbarschaftsstreitigkeiten geht oder wenn die Verantwortlichkeit zwischen privaten Eigentümern und öffentlichen Stellen geklärt werden muss.

Bewertung der Handlungsoptionen

Ein Sachverständiger kann fundierte Empfehlungen für mögliche Lösungsansätze geben. Dies kann von Wurzelbarrieren über Baumfällungen bis hin zu speziellen Sanierungsmaßnahmen reichen. Die Expertise hilft, die am besten geeignete und verhältnismäßige Lösung zu finden.

Rechtliche Auseinandersetzungen

Bei rechtlichen Streitigkeiten ist ein Sachverständigengutachten oft unverzichtbar als Beweismittel. Es liefert eine neutrale, fachlich fundierte Grundlage für gerichtliche Entscheidungen. Wenn Sie in einen Rechtsstreit verwickelt sind oder diesen erwarten, kann ein frühzeitig in Auftrag gegebenes Gutachten Ihre Position stärken.

Präventive Maßnahmen

Auch wenn noch keine sichtbaren Schäden vorliegen, aber ein Verdacht auf mögliche zukünftige Probleme besteht, kann ein Gutachten helfen, präventive Maßnahmen zu planen und umzusetzen. Dies kann langfristig Kosten sparen und Konflikte vermeiden.

Wertermittlung

Bei Fragen der Wertminderung von Grundstücken oder Gebäuden durch Wurzelschäden kann ein Sachverständiger eine fundierte Einschätzung liefern. Dies ist besonders relevant bei Verkaufsabsichten oder Schadensersatzforderungen.

Es ist wichtig zu beachten, dass ein Sachverständigengutachten immer dann sinnvoll ist, wenn die Situation komplex ist oder erhebliche finanzielle oder rechtliche Konsequenzen zu erwarten sind. Die Kosten für ein Gutachten können sich langfristig auszahlen, indem sie eine solide Grundlage für Entscheidungen und eventuelle rechtliche Schritte bieten.

zurück


Welche präventiven Maßnahmen können Eigentümer treffen, um Wurzeleinwuchs zu vermeiden?

Grundstückseigentümer können verschiedene vorbeugende Maßnahmen ergreifen, um Wurzeleinwuchs in Leitungen und Kanäle zu verhindern:

Sorgfältige Standortwahl für Bäume und Sträucher

Pflanzen Sie Bäume und Sträucher in ausreichendem Abstand zu unterirdischen Leitungen. Als Faustregel gilt: Der Abstand sollte mindestens dem zu erwartenden Kronendurchmesser des ausgewachsenen Baumes entsprechen. Beachten Sie dabei auch lokale Vorschriften und Baumschutzsatzungen.

Einsatz von Wurzelbarrieren

Installieren Sie spezielle Wurzelbarrieren zwischen Bäumen und Leitungen. Diese physischen Barrieren, oft aus Kunststoff oder Metall, lenken das Wurzelwachstum in die Tiefe und von den Leitungen weg. Achten Sie auf fachgerechte Installation, um die Wirksamkeit zu gewährleisten.

Verwendung wurzelfester Rohrmaterialien und Verbindungen

Bei Neuverlegungen oder Sanierungen sollten Sie wurzelfeste Rohrmaterialien und Verbindungen verwenden. Diese sind speziell darauf ausgelegt, das Eindringen von Wurzeln zu erschweren. Lassen Sie sich von einem Fachbetrieb beraten, welche Materialien für Ihre Situation am besten geeignet sind.

Regelmäßige Inspektion und Wartung

Führen Sie regelmäßige Inspektionen Ihrer Leitungen durch, besonders in der Nähe von Bäumen. Moderne Kameratechnologie ermöglicht eine genaue Untersuchung ohne aufwendige Grabarbeiten. Frühzeitig erkannte Probleme lassen sich oft einfacher und kostengünstiger beheben.

Fachgerechte Bodenvorbereitung

Bei Neupflanzungen sollten Sie den Boden so vorbereiten, dass er den Wurzeln optimale Wachstumsbedingungen in die gewünschte Richtung bietet. Dies kann das Einbringen spezieller Substrate oder die Schaffung von Wurzelkanälen beinhalten.

Wahl geeigneter Baumarten

Entscheiden Sie sich für Baumarten mit weniger aggressivem Wurzelwachstum. Fragen Sie in einer Baumschule oder bei einem Landschaftsgärtner nach geeigneten Arten für Ihren Standort.

Rechtliche Aspekte beachten

Bevor Sie präventive Maßnahmen ergreifen, informieren Sie sich über geltende rechtliche Bestimmungen. In vielen Gemeinden gibt es Baumschutzsatzungen, die bestimmte Eingriffe einschränken oder genehmigungspflichtig machen. Auch nachbarrechtliche Aspekte können relevant sein, wenn Ihre Maßnahmen angrenzende Grundstücke betreffen.

Durch die Kombination dieser Maßnahmen können Sie das Risiko von Wurzeleinwuchs erheblich reduzieren. Bedenken Sie jedoch, dass keine Methode eine absolute Garantie bietet. Regelmäßige Aufmerksamkeit und proaktives Handeln bleiben der beste Schutz für Ihre Leitungen.

zurück


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Wurzeleinwuchs: Eindringen von Baumwurzeln in Leitungen, Fundamente oder andere unterirdische Strukturen. Dies kann zu Verstopfungen, Rissen oder strukturellen Schäden führen. Besonders problematisch bei älteren Rohrsystemen oder in Gebieten mit hohem Grundwasserspiegel. Wurzeln suchen Wasser und Nährstoffe, wodurch selbst kleinste Risse oder Fugen zur Eintrittspforte werden können. Die Beweisführung bei Schäden durch Wurzeleinwuchs ist oft komplex, da andere Faktoren wie Bodenbeschaffenheit oder Vorschäden eine Rolle spielen können.
  • Verkehrssicherungspflicht: Rechtliche Verpflichtung, Gefahrenquellen zu beseitigen oder zu sichern, die von eigenem Besitz ausgehen können. Bei Bäumen umfasst dies regelmäßige Kontrollen und Pflege, um Schäden durch herabfallende Äste oder Wurzelwachstum zu vermeiden. Gilt für private und öffentliche Grundstückseigentümer. Vernachlässigung kann zu Schadensersatzansprüchen führen. Im Fall von Wurzeleinwuchs bedeutet dies, dass Eigentümer problematische Bäume identifizieren und ggf. entfernen oder deren Wurzelwachstum einschränken müssen.
  • Kausalität: Ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Handlung oder einem Zustand und einem eingetretenen Schaden. Muss für Schadensersatzansprüche nachgewiesen werden. Bei Wurzelschäden oft schwierig zu belegen, da multiple Faktoren eine Rolle spielen können. Gerichte verlangen einen klaren Nachweis, dass der Wurzeleinwuchs tatsächlich die Hauptursache für den Schaden war. Fehlt dieser Nachweis, wie im vorliegenden Fall, werden Schadensersatzansprüche in der Regel abgewiesen.
  • Sachverständigengutachten: Fachliche Beurteilung eines Sachverhalts durch einen unabhängigen Experten. Bei Streitigkeiten um Wurzelschäden oft entscheidend für die gerichtliche Beurteilung. Untersucht Ursachen, Umfang und mögliche Alternativen zu den behaupteten Schäden. Kann auch präventiv eingesetzt werden, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen. Gerichte stützen ihre Entscheidungen häufig auf solche Gutachten, wie im beschriebenen Fall, wo das Gutachten andere Ursachen für die Schäden identifizierte.
  • Amtshaftungsanspruch: Rechtlicher Anspruch auf Schadensersatz gegen den Staat oder eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft bei Pflichtverletzung eines Amtsträgers. Basiert auf § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Wurde im vorliegenden Fall abgelehnt, da die Pflege öffentlicher Grundstücke als privatrechtliche Tätigkeit eingestuft wurde. Unterscheidung zwischen hoheitlichem und privatrechtlichem Handeln oft entscheidend für die Anwendbarkeit. Bei Wurzelschäden durch städtische Bäume daher meist kein erfolgreicher Weg zur Schadensregulierung.
  • Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch: Gesetzlich geregelter Anspruch auf finanziellen Ausgleich bei nicht abwendbaren Beeinträchtigungen durch Nachbargrundstücke. Basiert auf § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Kann bei Wurzeleinwuchs relevant sein, wenn Abwehrmaßnahmen nicht möglich oder zumutbar sind. Setzt voraus, dass die Beeinträchtigung über das zumutbare Maß hinausgeht. Im beschriebenen Fall abgelehnt, da kein kausaler Zusammenhang zwischen Wurzeleinwuchs und Schäden nachgewiesen wurde. Wichtiges Instrument im Nachbarrecht, um Interessenkonflikte auszugleichen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 839 I BGB in Verbindung mit Art. 34 I GG (Amtshaftungsanspruch): Dieser Anspruch ermöglicht es Bürgern, Schadensersatz vom Staat zu fordern, wenn ihnen durch eine rechtswidrige Handlung eines Amtsträgers in Ausübung seines Amtes ein Schaden entstanden ist. Im vorliegenden Fall wurde dieser Anspruch abgelehnt, da die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Grundstücke grundsätzlich als privatrechtliche Tätigkeit und nicht als hoheitliche Handlung angesehen wird.
  • §§ 823 I BGB, 823 II BGB in Verbindung mit § 1004 BGB (Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung und Eigentumsverletzung): § 823 I BGB regelt den Schadensersatzanspruch bei Verletzung eines der dort genannten Rechtsgüter (Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder ein sonstiges Recht). § 823 II BGB begründet einen Schadensersatzanspruch bei Verletzung eines Schutzgesetzes. §.
  • § 906 II 2 BGB (Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch): Dieser Paragraph regelt die Rechte und Pflichten von Nachbarn, insbesondere in Bezug auf Immissionen, die von einem Grundstück auf ein anderes ausgehen. Im vorliegenden Fall wurde ein solcher Anspruch abgelehnt, da keine Kausalität zwischen dem Wurzeleinwuchs und den Schäden nachgewiesen werden konnte.
  • Verkehrssicherungspflicht: Diese Pflicht obliegt dem Eigentümer oder Besitzer einer Sache oder eines Grundstücks, dafür zu sorgen, dass von dieser keine Gefahr für andere ausgeht. Im vorliegenden Fall wurde argumentiert, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, indem sie den Wurzelwuchs der Bäume nicht ausreichend kontrolliert habe. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Schäden nicht auf den Wurzelwuchs zurückzuführen waren und somit keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorlag.
  • Beweislast: Im Zivilprozess muss grundsätzlich derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die Tatsachen beweisen, die seinen Anspruch begründen. Im vorliegenden Fall konnten die Kläger nicht beweisen, dass der Wurzelwuchs von den Bäumen der Beklagten die Schäden verursacht hat. Daher wurde ihre Klage abgewiesen.

Das vorliegende Urteil

LG Bielefeld – Az.: 2 O 72/13 – Urteil vom 02.07.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren Schadensersatz infolge von Wurzeleinwuchs.

Die Kläger sind Eheleute und Eigentümer des Grundstücks, C. Straße xx (Flurstück xx, in F.. Der Boden des klägerischen Grundstücks besteht aus sandig-tonigem Lehm. Auf dem angrenzenden Grundstück (Flurstück yy) der Beklagten sind Bäume gepflanzt. Zwei dieser Bäume haben eine erhebliche Höhe erreicht und stehen direkt an der Grundstücksgrenze, unmittelbar neben dem klägerischen Wohngebäude. Auch auf dem Grundstück der Kläger befinden sich Bäume. Diese sind allerdings erst im Jahr 2004 gepflanzt worden.

Das Grundstück der Kläger verfügt über eine Entwässerungsleitung für Regenwasser, welche an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen ist. Diese ist so stark beschädigt, dass sie in Teilen eingestürzt ist.

Zur Begutachtung der Schäden wurde am 04.09.2012 eine TV-Inspektion von der Firma F. Q. GmbH durchgeführt. Diese stellte in den Rohren erheblichen Wurzeleinwuchs fest. Zusätzlich zeigten sich an einem Anbau des klägerischen Wohngebäudes etwa fingerdicke Risse.

Zur Bezifferung der Schadenshöhe holten die Kläger zwei Angebote der Firma O. ein. Wegen des Inhalts der Angebote wird Bezug genommen auf Bl. 53-56 d.A.

Die Kläger behaupten, sowohl die Schäden an der Kanalleitung als auch die Schäden am Mauerwerk des Wohngebäudes seien durch Wurzeleinwuchs entstanden. Der schädigende Wurzelwuchs gehe von den zwei unmittelbar in der Nähe des Wohngebäudes auf dem städtischen Grundstück stehenden Bäumen aus.

Die Kläger meinen, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht dahingehend, den Wurzelwuchs der Bäume zu kontrollieren, verletzt.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.823,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern den über den im Klageantrag zu Ziff. 1 genannten Betrag hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der ihnen an dem auf dem Grundstück C. Straße, F., stehenden Gebäude sowie an den Entwässerungsleitungen im Bereich S1, E1 und E2 nach Maßgabe der durch die Firma F. Q. GmbH, unter dem 04.09.2012 durchgeführten TV-Inspektion an der Regenwasserleitung durch Wurzeleinwuchs der an der Grundstücksgrenze zu dem am Bürgerhaus gelegenen Parkplatz stehenden Bäumen entstanden ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei bereits deshalb unbegründet, weil der Bürgermeister nicht passivlegitimiert sei.

Die Beklagte behauptet, der streitgegenständliche Wurzelwuchs gehe nicht von den städtischen, sondern von den Bäumen auf dem klägerischen Grundstück aus. Darüber hinaus sei ein eventueller Wurzeleinwuchs für die geltend gemachten Schäden nicht ursächlich. Vielmehr sei das klägerische Leitungsrohr bereits zuvor beschädigt gewesen. Erst aufgrund dessen sei ein Eindringen von Wurzeln überhaupt möglich gewesen. Auch die Schäden am Wohngebäude seien nicht auf Wurzeleinwuchs zurückzuführen. Diese seien vielmehr auf die Beschaffenheit des Baugrundes und/oder die verschiedenen Eingriffe in die Bausubstanz seit Errichtung des Gebäudes in den Jahren 1955/1956 zurückzuführen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen G. L., der sein Gutachten schriftlich ergänzt hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 19.12.2014 und die schriftliche Ergänzung vom 21.05.2015.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Nach verständiger Auslegung (§§ 133, 157 BGB) des Klägerantrags ist Beklagte/r nicht der Bürgermeister der Stadt F., sondern die Stadt F. vertreten durch den Bürgermeister. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Bürgermeister unter der Dienstanschrift verklagt wurde.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz.

Ein Anspruch aus § 839 I BGB in Verbindung mit Art. 34 I GG besteht nicht. Die Beklagte hat nicht in Ausführung eines öffentlichen Amtes gehandelt. Die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Sachen (insbesondere auch Grundstücke) rechnet grundsätzlich zur privatrechtlichen Tätigkeit (vgl. LG Oldenburg, Beschluss vom 05.03.2008 – 5 T 115/07, juris-Rn. 11; Palandt – Sprau, § 839 Rn. 24). Dies gilt nur dann nicht, wenn die Tätigkeit ausdrücklich dem hoheitlichen Bereich zugewiesen ist, wie dies in der Regel bei Straßen der Fall ist (Palandt – Sprau, § 839 Rn. 24). Dazu haben die Kläger jedoch nichts vorgetragen.

Die Kläger haben gegen die Beklagte ebenfalls keinen Anspruch aus §§ 823 I BGB, 823 II BGB in Verbindung mit § 1004 BGB.

Ein durch den Wurzeleinwuchs verursachter Schaden besteht nicht. Den insoweit beweisbelasteten Klägern ist der entsprechende Nachweis nicht gelungen.

Der Sachverständige L. ist in seinem Gutachten zu folgenden Feststellungen gekommen:

Wodurch letztlich die Schäden an den Rohrleitungen entstanden seien, könne nicht mehr rekonstruiert werden. Die Schäden seien aber jedenfalls nicht durch Wurzeln verursacht worden. Vielmehr hätten Vorschäden der Leitungen den Wurzeleinwuchs erst ermöglicht.

Auch für den Gebäudeschaden seien die Wurzeln nicht ursächlich. Ursächlich seien stattdessen die besonderen Baugrundverhältnisse und eventuell zusätzlich die nicht mehr funktionstüchtigen Entwässerungsleitungen. So seien die vorhandenen Böden stark tonig-lehmig. Derartige Böden unterlägen einer starken Volumenänderung bei Wasseraufnahme und Entwässerung. Dies führe zu einer Hebung bzw. Setzung der darauf befindlichen Bauwerke. Auch die vorliegenden Gebäudeschäden seien durch diesen feuchtigkeitsabhängigen Mechanismus bedingt.

Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Ergebnisse des zusätzlichen Baugrundgutachtens wurden berücksichtigt und die daraus gezogenen Konsequenzen logisch und widerspruchsfrei dargestellt.

Der mit Schriftsatz vom 27.01.2015 beantragten Anhörung des Sachverständigen bedurfte es nicht. Der Antrag war nach dem Inhalt des Schriftsatzes darauf beschränkt, festzustellen, wie hoch die Reparaturkosten wären, wenn es den Wurzeleinwuchs nicht gegeben hätte .

Unabhängig davon, dass die Beweisfrage pauschal gefasst ist und als Ausforschungsbeweis erscheint und heute wohl kaum noch entsprechende Feststellungen möglich sein dürften, ist die Beweisfrage auch unerheblich, da nach den Ausführungen des Sachverständigen feststeht, dass die grundlegende Ursache durch die Schadhaftigkeit der Entwässerungsleitungen gelegt worden ist, weil erst dadurch überhaupt erst ein Einwachsen der Wurzeln ermöglicht worden ist. Auch ein „begrenzter“ Schadensersatzanspruch kommt deshalb nicht in Betracht.

Die Kläger können die Klageforderungen auch nicht mit Erfolg auf einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 II 2 BGB stützen. Ein solcher Ausgleichsanspruch besteht, wenn der Betroffene aus besonderem Grund an der Abwehr von Einwirkungen gehindert war, z.B., wenn die Auswirkungen nicht erkennbar waren. (Palandt – Bassenge, § 906 Rn. 37). Soweit es um einen Schadensersatzanspruch wegen der Schäden an den Entwässerungsleitungen und am Gebäude geht, ist entsprechend den obigen Ausführungen eine Kausalität zwischen dem Wurzeleinwuchs und diesen Schäden nicht feststellbar. Soweit es um die Beseitigung der Wurzeln geht, können die Kläger zwar möglicherweise die Beseitigung der Wurzeln verlangen. Vor der Beseitigung besteht jedoch ein Erstattungsanspruch nicht (vgl. Palandt – Bassenge, § 1004 Rn. 30). Dieser ist auch nicht Gegenstand der Klage.

Der Zinsanspruch besteht mangels Hauptforderung ebenfalls nicht.

Das festzustellende Rechtsverhältnis besteht ebenfalls nicht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist den Klägern durch den Wurzeleinwuchs kein Schaden entstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

 


Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelle Jobangebote


Stand: 25.06.2024

Rechtsanwaltsfachangestellte (n) / Notarfachangestellte(n) (m/w/d) in Vollzeit

 

jetzt bewerben

 


 

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)

als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

 

mehr Infos