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Schadensersatzansprüche Mobilfunkdienstanbieter bei vorzeitiger Vertragsbeendigung

LG Mainz – Az.: 11 HK O 15/17 – Urteil vom 20.02.2020

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 4.422,34 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.09.2016 sowie weitere € 4,00 vorgerichtliche Mahnkosten, € 6,00 Auskunftskosten und € 216,95 Inkassokosten zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 71 % und die Beklagte 29 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihr zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Inkassounternehmen und erhebt im hiesigen Verfahren Ansprüche aus abgetretenem Recht der … GmbH aus Mobilfunkverträgen.

Die Zedentin schloss mit der Beklagten eine Vielzahl von Mobilfunkverträgen und erstellte hierüber monatliche Gesamtrechnungen. Wegen der in der Rechnung der Zedentin vom 11.09.2015 geltend gemachten Rechnungsposition … im Ausland, z.B. Internet, Navigator“ in Höhe von € 3.000,9889 netto kam es zur Auseinandersetzung mit der Beklagten. Der damalige Geschäftsführer der Beklagten, der Zeuge …, rügte diese Position als nicht nachvollziehbar und verweigerte die Zahlung. Die Zedentin reagierte mit Schreiben vom 24.11.2015 auf diese Beanstandung und teilte hierzu unter anderem mit:

(…) vielen Dank für Ihre Mitteilung vom 28.10.2015.

Wir haben Ihre Rechnung vom 11.09.2015 (…) geprüft. Ergebnis: Die auf der beiliegen den Verbindungsübersicht aufgeführten Datenverbindungen sind eindeutig über die …- Karte mit der oben genannten Rufnummer zustande gekommen. Dabei wurden ausgewiesen Datenmengen versendet und empfangen. Es erfolgte eine korrekte Berechnung laut der aktuellen Preisliste.

Sie nutzen ein Endgerät, welches die E-Mail Synchronisierung über W-LAN erlaubt. Offen sichtlich hatten Sie beide Träger, W-LAN und Mobilfunk, aktiviert (…).

So lange beide Träger, W-LAN und Mobilfunk, aktiv sind, kann auch ein Datenaustausch über beide Träger erfolgen. Um dieses eindeutig zu steuern, sollte jeweils nur ein Träger aktiv sein und der andere Träger muss entsprechend ausgeschaltet sein.

Die Einrichtung des … ReisepaketData ist erst am 31.08.2015 vorgenommen wor den, nachdem die Kosten für die Datenverbindungen im Ausland bereits entstanden waren (…) (Anlage K 11 – Blatt 66 f. der Akte).

Der Zeuge … befand sich vom 22.08. bis 05.09.2015 im Urlaub in der Türkei und machte gegenüber der Zedentin wiederholt geltend, sein Handy im W-LAN-Bereich des Hotels genutzt und wegen eines Ausflugs ein Reisedatenpaket bei der Zedentin gebucht zu haben.

In der Rechnung der Zedentin vom 11.09.2015 finden sich ein … Reisepaket Data 24 Stunden und zwei … ReisepaketeData a 7 Tage (Anlage K 4).

Eine Klärung der Angelegenheit und eine Zahlung der streitigen Rechnungsposition erfolgte nicht.

Aus den nachfolgenden Rechnungen der Zedentin verblieben weitere Rückstände:

Rechnung vom 11.11.2015        € 134,38

Rechnung vom 11.12.2015 € 9,98

Rechnung vom 13.01.2016 € 0,03

Rechnung vom 13.04.2016 € 961,70

Rechnung vom 11.05.2016 € 961,70

Rechnung vom 13.06.2016 € 904,50

Rechnung vom 13.07.2016 € 904,50

Zumindest unter dem 07.01.2016 erfolgte eine vorübergehende Sperrung der den Mobilfunkverträgen zugrunde liegenden SIM-Karten, die ausgehende Leistungen betrafen. Spätestens unter dem 19.07.2016 wurden sämtliche SIM-Karten endgültig gesperrt. Mit Schreiben vom 23.08.2016 kündigte die Zedentin das Vertragsverhältnis mit der Beklagten. In der Rechnung vom 17.08.2016 (Anlage K 7) berechnete die Zedentin ihren Schadensersatz für 35 Rufnummer-Verträge in Höhe von € 7.130,8235.

Den von der Zedentin geltend gemachten Gesamtbetrag von € 15.129,94 glich die Beklagte trotz Einschaltung der Klägerin vorgerichtlich nicht aus.

Die Klägerin trägt vor:

Schadensersatzansprüche Mobilfunkdienstanbieter bei vorzeitiger Vertragsbeendigung
(Symbolfoto: stocksolutions/Shutterstock.com)

Zwischen der Zedentin und der Beklagten seien Mobilfunkverträge über insgesamt 35 Rufnummern geschlossen worden. Der in der Rechnung vom 11.09.2015 geltend gemachte Betrag für den Auslandseinsatz einer SIM-Karte sei berechtigt. Unabhängig davon, dass die Beklagte keine ausreichende Beanstandung hierüber vorgerichtlich erhoben habe, habe die Prüfung bei der Zedentin eine eindeutige Zuordnung der in Anspruch genommenen Leistungen zu der von dem Zeugen … verwendeten SIM-Karte gegeben. Ferner habe die Zedentin lediglich eine einmalige vorübergehende Sperre für ausgehende Leistungen vorgenommen und erst unter dem 19.07.2016 die SIM-Karten endgültig gesperrt und damit das Vertragsverhältnis mit der Beklagten gekündigt. Bei der Berechnung des Schadensersatzes nach der fristlosen Kündigung sei lediglich eine monatliche Abzinsung in Höhe von 3 % und ersparte Aufwendungen wegen eingesparter Portokosten, Kosten für das Papier, die Kuvertierung und den Ausdruck der Rechnungen in Höhe von jeweils € 1,00 pro Monat, gesamt € 8,00 zu berücksichtigen. Schließlich liege eine wirksame Abtretung der Klageforderung von der Zedentin an sie vor.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie € 15.129,94 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.09.2016 sowie weiteren € 6,50 vorgerichtlicher Mahnkosten, € 6,00 Auskunfts- und € 442,50 Inkassokosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht geltend:

Der offene Rechnungsbetrag von € 3.781,28 aus der Rechnung vom 11.09.2015 sei zu Recht nicht ausgeglichen worden. Im Hinblick auf die Verwendung des Handys während des Türkei-Urlaubs des Zeugen … im W-LAN-Bereich des Hotels und der Zubuchung von Reisedatenpaketen sei die Rechnungsposition nicht nachvollziehbar. Dies habe der Zeuge … rechtzeitig gegenüber dem Zeugen … gerügt. Die Rechnungsposition aus der Rechnung vom 11.11.2015 „… mobiles Bezahlen“ über einen Betrag in Höhe von € 134,39 habe der Zeuge … nicht zuordnen können. Ferner sei es ab Februar 2016 meist wöchentlich, mindestens aber alle 14 Tage, zu einer Sperrung sämtlicher Handys gekommen. Die letzte und endgültige Sperre sei am 31.05.2016 erfolgt. Wegen der unberechtigten Einstellung der Leistungen der Zedentin seien die Rechnungen vom 13.06. und 13.07.2016 nicht mehr bezahlt worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Aussage des Zeugen … vom 14.12.2018 (Blatt 181 der Akte) und auf das Sitzungsprotokoll vom 16.01.2020 (Blatt 244 ff. der Akte) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte aus Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von € 4.422,34 zu (§§ 611 Abs. 1, 398 BGB).

a) Aus den zwischen der Beklagten und der Zedentin, der … GmbH, geschlossenen Mobilfunkverträgen sind für den Zeitraum vom 08.08.2015 bis 19.07.2016 Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von gesamt € 4.422,34 von der Beklagten zu vergüten. Die Zedentin hat Leistungen im Rahmen der mit der Beklagten geschlossenen Verträge mit insgesamt 35 Rufnummern entsprechend ihren Rechnungen vom 11.09.2015 bis 17.08.2016 erbracht. Angesichts der in den vorgelegten Rechnungen enthaltenen jeweiligen Gesamtübersicht über die Rufnummern und der nur teilweise ausgebliebenen Zahlungen der Beklagten kann sich letztere im Prozess nicht erfolgreich auf ein Bestreiten der Vertragsverhältnisse zurückziehen. Dies gilt um so mehr, da die Klägerin das Vertragsverhältnis mit der Beklagten durch eine konkrete Darlegung der jeweiligen Aufträge spezifiziert hat. Das allgemeine Bestreiten der Beklagten einzelner Aufträge trotz regelmäßiger Zahlungen ist daher unbeachtlich (§ 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO).

b) Die Einwendungen der Beklagten gegen die Forderung in zuerkannter Höhe sind nicht berechtigt.

Die Rechnung der Zedentin vom 11.09.2015 hat die Beklagte wegen eines Nettobetrages von € 3.000,9889/€ 3.571,18 brutto beanstandet. Die Rechnung ist allerdings in Höhe von € 3.781,28 unbezahlt geblieben, so dass ein von der Beklagten nicht erklärter Rückstand in Höhe von € 210,10 verbleibt.

Der aus der Rechnung vom 11.11.2015 offene Betrag von € 134,39 ist ebenfalls berechtigt. Die Beklagte hat lediglich eingewandt, dass der Zeuge … diesen Betrag nicht habe einordnen können. Aus der Beschreibung „… mobiles Bezahlen (Brutto-Forderungen für Fremdleistungen)“ lässt sich allerdings entnehmen, dass Leistungen Dritter in Anspruch genommen wurden. Nachvollziehbare Beanstandungen wegen der Geltendmachung von Fremdleistungen hat die Beklagte aber nicht dargelegt.

Aus den Rechnungen vom 11.12.2015, 13.01.2016, 13.04.2016 und 11.05.2016 sind Rückstände in Höhe von unstreitig € 9,98, € 0,03, € 961,70 und weiteren € 961,70 hinzugekommen. Die Beklagte konnte ihre Zahlungspflicht nicht wegen eines von ihr behaupteten Zurückbehaltungsrechts verweigern.

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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass die Zedentin ihre Pflicht zur Erbringung von Telekommunikationsleistungen nicht erbracht hat, weil nach der Behauptung der Beklagten meist wöchentlich, mindestens aber alle 14 Tage, sämtliche Handys gesperrt wurden.

Die in diesem Zusammenhang vernommenen Zeugen konnten eine konkrete Dauer von Handy-Sperrungen nicht angeben. Nach ihren Aussagen fanden die Sperrungen wiederholt über einen längeren Zeitraum statt. Mit Ausnahme des Zeugen … erklärten die Zeugen, dass die Sperrungen nur ausgehende Leistungen betrafen, sie also Anrufe entgegennehmen konnten, und diese Einschränkungen nach kurzer Zeit wieder aufgehoben wurden. Lediglich der Zeuge … behauptete eine vollständige Sperrung der Handys verbunden mit der ausbleibenden Nutzung für aus- und eingehende Leistungen. Diese Aussage des Zeugen … ist in diesem Punkt allerdings nicht überzeugend. Der Zeuge … hat selbst nicht behauptet, dass er sämtliche Handys auf den Umfang der Sperrungen überprüft hätte. Derartiges wird auch von den anderen Zeugen, bei denen es sich um damalige und noch aktuelle Mitarbeiter der Beklagten handelte, nicht beschrieben. Insofern kann es sich bei der Aussage des Zeugen … allenfalls um eine im Ergebnis nicht zutreffende Vermutung handeln.

Selbst wenn es zu den von den Zeugen beschriebenen Sperrungen mit den eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten kam, war die Zedentin zu dieser Maßnahme berechtigt. Gemäß § 45 k Abs. 2 TKG darf ein Anbieter von Telefondiensten eine Sperre durchführen, wenn der Kunde mit Zahlungsverpflichtungen von mindestens € 75,00 im Verzug ist und der Anbieter die Sperre mindestens zwei Wochen zuvor schriftlich angedroht und dabei auf die Möglichkeit des Kunden, Rechtsschutz vor den Gerichten zu suchen, hingewiesen hat. Diese Voraussetzungen lagen vor.

Mit den von der Klägerin vorgelegten Mahnschreiben der Zedentin vom 09.12.2015 und 26.04.2016 wurde eine mögliche Sperrung in Aussicht gestellt verbunden mit dem Hinweis der Rechtsschutzmöglichkeiten der Beklagten vor Gericht. Zu diesen Zeitpunkten war die Beklagte mit einem Betrag von deutlich über € 75,00 im Zahlungsverzug.

Aus den weiteren Rechnungen der Zedentin vom 13.06.2016 und 13.07.2016 in Höhe von jeweils € 904,50 war ein Betrag von Mahnungen in Höhe von je € 2,80 abzuziehen. Die Mahnkosten hat die Klägerin im Prozess gesondert geltend gemacht (siehe unten).

Schließlich ergibt sich aus der Rechnung vom 17.08.2016 eine weitere Vergütungspflicht für bereitgestellte und unbeanstandet gebliebene Leistungen der Zedentin bis zum 19.07.2016 in Höhe von gesamt € 341,04 (€ 7.471,86 abzgl. Schadensersatzforderung von € 7.130,8235).

Die Gesamtforderung der Klägerin beläuft sich danach auf € 4.422,34.

c) Die Klägerin ist zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs aktivlegitimiert. Spätestens mit der Vorlage der von der Klägerin und der … GmbH unter dem 20.11./21.11.2017 getroffenen Bestätigung (Anlage K 18 – Blatt 94 der Akte) sind die streitgegenständlichen Ansprüche wirksam an die Klägerin abgetreten worden.

2. Einen weitergehenden Vergütungsanspruch aus der Rechnung vom 11.09.2015 für die Verwendung einer SIM-Karte im Ausland kann die Klägerin nicht erfolgreich geltend machen. Sie hat den in § 45 i Abs. 2 TKG zu erbringenden Nachweis der korrekten Ermittlung dieser Leistung nicht erbracht.

a) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Telekommunikationsdienst technisch fehlerfrei bis zur Übergabe erbracht wurde, trifft gemäß § 45 i Abs. 3 S. 1 TKG den Diensteanbieter (BGH, NJW 2004, 3183). Ferner trägt er nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die richtige Berechnung der Telekommunikationsdienstleistung, für die er das Entgelt beansprucht (BGH, NJW 2013, 1092, 1095). Erhebt der Teilnehmer Beanstandungen, die sich nicht lediglich auf die Entgelthöhe beziehen, hat der Anbieter gemäß § 45 i Abs. 1 S. 2 TKG eine technische Prüfung durchzuführen. Gemäß § 45 i Abs. 3 TKG muss die technische Prüfung belegen, dass der Anbieter den Telekommunikationsdienst bis zum Übergabepunkt, an dem der Teilnehmer der Netzzugang bereitgestellt wird, technisch fehlerfrei erbracht hat. Aus dem technischen Prüfprotokoll muss mindestens hervorgehen, wer wann und mit welchen Mitteln die Richtigkeit der Erfassung überprüft hat (BeckOK InfoMedienR/Kiparski, 26. Ed. 01.02.2019, TKG § 45 i Randnummer 10). Diesen Grundsätzen wird die Prüfung der Zedentin nicht gerecht.

b) Die Beklagte hatte durch ihren damaligen Geschäftsführer, den Zeugen …, innerhalb der Beanstandungsfrist von acht Wochen die Rechnungsposition in der Rechnung vom 11.09.2015 bezüglich des Auslandseinsatzes der SIM-Karte gerügt. Die Rechtzeitigkeit und ausreichende Begründung der Beanstandung durch die Beklagte ergibt sich bereits aus dem Antwortschreiben der Zedentin vom 24.11.2015. Darin wird Bezug genommen auf eine Mitteilung der Beklagten vom 28.10.2015. Ferner wird ausdrücklich eingegangen auf „die Kosten für Datenverbindungen im Ausland“ und auf die Einrichtung eines … ReisepaketData am 31.08.2015. Die Zedentin konnte danach die beanstandete Position konkret erkennen und hat sich ferner zu dem Einwand des Zeugen … erklärt, wonach er das Handy lediglich im W-LAN-Bereich des Hotels benutzt habe. Hierzu wurde ausgeführt, dass offensichtlich W-LAN und Mobilfunk am Handy aktiviert gewesen seien und das Handy selbständig steuere, über welche Verbindung der Datenaustausch erfolge. Angesichts des Antwortschreibens der Zedentin war eine weitere Begründung der Beanstandung nicht erforderlich. Die erhobene Rüge war ausreichend, um die Zedentin zu einer technischen Prüfung zu veranlassen. Dies gilt um so mehr, da nach der im Antwortschreiben selbst in Bezug genommenen Rechnung vom 11.09.2015 zwei Reisepakete a 7 Tage und ein drittes Reisepaket a 1 Tag als Rechnungspositionen aufgeführt waren. Zusammengenommen betrug die Dauer des Reisedatenpakets 15 Tage, was genau dem Reisezeitraum des Zeugen … vom 22.08. bis 05.09.2015 entsprach.

c) Sämtlichen Schreiben der Zedentin kann indes nicht entnommen werden, dass die erforderliche technische Prüfung vorgenommen wurde. Der Begriff „technische Prüfung“ wird von der Zedentin schon nicht verwendet. Ihre Ausführungen sind hinsichtlich der Funktionsweise eines Handys eher allgemeiner Natur und zeigen nicht auf, ob und wie eine technische Überprüfung vorgenommen wurde. Der Nachweis einer technisch korrekten Ermittlung der Leistung kann auch nicht nachträglich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erbracht werden, da die in § 45 i Abs. 1 S. 2 TKG vorgegebene Verfahrensweise Vorrang genießt (vgl. Beck TKG/Ditscheid/Rudloff, 4. Auflage 2013, TKG § 45 i Randnummer 36).

3. Die Klägerin kann von der Beklagten den von ihr geltend gemachten Schadensersatz wegen der vorzeitigen Vertragsbeendigung ebenfalls nicht verlangen. Es fehlt insoweit an einer schlüssigen Schadensdarstellung.

a) Dem Diensteanbieter steht nach einer wegen Zahlungsverzugs erfolgten fristlosen Kündigung des Mobilfunkvertrages Schadensersatz gegen den Kunden nach §§ 611, 280 Abs. 1, 281 BGB zu. Dabei kann der Anbieter zwischen der konkreten und abstrakten Schadensberechnung wählen. Entscheidet sich der Anbieter für die konkrete Schadensberechnung, so ist ein Gesamtvermögensvergleich vorzunehmen, bei dem sämtliche Vor- und Nachteile des nicht erfüllten Vertrages zu saldieren sind. Der Anbieter ist so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der Fälligkeit ordnungsgemäß geleistet hätte (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Auflage 2020, § 281 Randnummer 25). Die von der Klägerin vorgenommene Berechnung wird diesen Grundsätzen nicht gerecht.

aa) Beim vorzeitig beendeten Mobilfunkvertrag sind im Rahmen der Vorteilsausgleichung die dem Anbieter ersparten Spezialkosten abzuziehen. Zu diesen Spezialkosten gehören die Terminierungsentgelte, die für Gespräche des Kunden in andere Mobilfunknetze entstehen. Wird ein Mobilfunkvertrag vorzeitig beendet, erspart sich der Anbieter mangels weiterer Telefonate des Kunden in andere Mobilfunknetze diese an andere Mobilfunknetzanbieter zu zahlende Vergütung. Diesen Umstand hat die Klägerin trotz eines gerichtlichen Hinweises bei ihrer Schadensberechnung zu Unrecht nicht berücksichtigt.

Bei der konkreten Schadensberechnung beim Schadensersatz statt der Leistung sind alle ersparten Aufwendungen anzurechnen, da diese Berechnungsweise einen inneren Zusammenhang zwischen allen nachteiligen und allen vorteilhaften, durch die Nichterfüllung bedingten Vermögensveränderungen herstellt, der sie gewissermaßen zu einer Rechnungseinheit verbindet (BGH, NJW 1982, 326; NJW 2015, 468). Die Darlegungs- und Beweislast für ersparte Aufwendungen des Geschädigten, welche anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind, trägt der Schädiger (BGH, NJW-RR 2004, 79). Den Geschädigten trifft eine sekundäre Darlegungslast, wenn der Schädiger außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und dem Geschädigten nähere Angaben zumutbar sind (BGH, NJW 2015, 468, 470; Palandt/Grüneberg, 79. Auflage 2020, Vorbemerkung von § 249 Randnummer 75). Danach obliegt es der Klägerin, zu den ersparten Terminierungsentgelten vorzutragen.

bb) Die Klägerin hat nicht behauptet, dass die Zedentin wegen besonderer Umstände keine Terminierungsentgelte aus den Mobilfunkverträgen mit der Beklagten erspart hat. Eine solche Behauptung wäre ohnehin nicht plausibel. Die Verträge mit der Beklagten sind als Pauschalverträge mit der Möglichkeit der Telefonie in alle deutschen Netze (Flat) ausgestaltet. Mit der Sperrung der SIM-Karten war der Beklagten diese Möglichkeit genommen worden, wodurch der Zedentin für die Folgezeit keine Zahlungsforderungen gegenüber anderen Mobilfunknetzbetreibern entstehen konnten. Allein aufgrund dieser Kenntnis ist es der Beklagten gleichwohl nicht annähernd möglich, zu den für die Zeit von der Kartensperrung bis zum ursprünglich vorgesehenen Vertragsende ersparten Terminierungsentgelten konkret vorzutragen.

Der Beklagten ist nicht bekannt, in welchem Umfang die Zedentin Terminierungsentgelte, die sie wegen des Nutzungsverhaltens ihrer Kunden an andere Mobilfunkdiensteanbieter zu zahlen hat, in die Kalkulation der jeweiligen Vertragspreise einfließen ließ. Aus allgemein zugänglichen Quellen mag die Beklagte die jeweilige Höhe der von der Bundesnetzagentur festgelegten Terminierungsentgelte entnehmen können. Dies besagt gleichwohl nichts darüber, ob und mit welchem Anteil an den voraussichtlich zu zahlenden Gesamtterminierungsentgelten die Zedentin den mit der Beklagten vereinbarten Monatspreis kalkuliert hat. Der Zedentin ist eine derartige Erklärung hingegen zuzumuten.

cc) Terminierungsentgelte sind Teil des Geschäftsergebnisses von Mobilfunkdiensteanbietern (vgl. etwa die im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüsse der … GmbH Düsseldorf – www.bundesanzeiger.de), sodass von einer konkreten Erfassung dieser Daten auszugehen ist. Dies gilt umso mehr, da statistische Daten zu den Terminierungsentgelten von der Bundesnetzagentur zur Berechnung der Entgelthöhe benötigt werden. Die Bundesnetzagentur legt die jährlichen Terminierungsentgelte nach einer Marktanalyse und der Auswertung zusammengetragener Daten und Fakten zur Terminierung fest (vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung – Tätigkeitsbericht der Bundesnetzagentur Telekommunikation 2018/2019 – Bt.Drs. 19/15851, S. 74; Tätigkeitsbericht der Bundesnetzagentur Telekommunikation 2016/2017 – Bt.Drs. 19/168, S. 103f.; https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen_Institutionen/Marktregulierung/massst aebe_methoden/kostenmodelle/mobilfunk/mobilfunk.html).

Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung von Terminierungsentgelten für die Mobilfunkdiensteanbieter ist es naheliegend, dass sie in die Kalkulation der jeweiligen Vertragspreise einfließen. Die Offenlegung dieser Kalkulation stellt keine besondere Härte für die Zedentin dar, da die von ihr gewählte konkrete Schadensberechnung die konkrete Darlegung der Kostenkalkulation mit sich bringt.

b) Die Kammer hat keine Möglichkeit, einen Mindestschaden nach § 287 ZPO zu schätzen. Da die Klägerin jegliche Angaben zu den Terminierungsentgelten verweigert, fehlt eine ausreichende Tatsachengrundlage für eine eigene Schadensbewertung durch das Gericht.

Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Nebenforderungen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB. Mahnkosten kann die Klägerin allerdings für vier vorgelegte Mahnschreiben lediglich in Höhe von je € 1,00 verlangen (§ 287 ZPO). Die Inkassokosten reduzieren sich im Hinblick auf eine berechtigte Forderung von € 4.422,34 auf € 216,95.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 1 und 2 ZPO.

Der Gebührenstreitwert wird auf € 15.129,94 festgesetzt.

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