Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten aufgrund eines Reitunfalls im Rahmen eines Wanderausrittes am 16.08.2020 geltend.
Die Beklagte zu 1) betreibt den gewerblichen Reitstall „S.“ in F.. Die Beklagte zu 2) war bei der Beklagten zu 1) bis ca. 2015 als Reitlehrerin angestellt und danach weiterhin ehrenamtlich auf dem Hof tätig. Ihre Qualifikationen ergeben sich aus den Anlagen B7 und B8, auf die Bezug genommen wird; ferner verfügt sie auch über die Reitabzeichen IV, V und den Basispass.
Die Klägerin ritt vor dem streitgegenständlichen Unfall seit ca. 3-4 Jahren bei der Beklagten zu 1) im Rahmen einer zu ihren Gunsten bestehenden Reitbeteiligung an dem Pferd W. dergestalt, dass für die Klägerin neben der Zahlung von monatlich 60 EUR die Verpflichtung bestand, zwei feste Tage in der Woche auf dem Hof zu helfen, wofür sie dann vergünstigten Reitunterricht und Rabatte bei Ausritten pp. erhalten konnte. Die Klägerin hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach an geführten Wanderausritten bzw. Reitbeteiligungsausritten teilgenommen. Die der Klägerin bis dahin nicht bekannte Beklagte zu 2) begleitet seit mehreren Jahren solche Ausritte. Sowohl ihr als auch der Klägerin war der Streckenverlauf, insbesondere im Bereich der Unfallstelle bekannt.
Die Klägerin hatte ca. ein halbes Jahr vor dem streitgegenständlichen Ausritt einen Schulunfall, bei dem eine Bänderdehnung diagnostiziert worden war. Aufgrund dessen konnte die Klägerin, was der Beklagten zu 1) bekannt war, im Februar für drei Wochen am Reitunterricht nicht teilnehmen.
Die zum Unfallzeitpunkt 14½-jährige Klägerin war Teilnehmerin des am 16.08.2020 abgehaltenen sog. geführten Wanderausrittes, für welchen der Beklagten zu 2) die Aufsicht durch die Beklagte zu 1) übertragen wurde. Die Klägerin ritt das etwa 160 cm große Pferd W., welches sie im Rahmen der vorgenannten Reitbeteiligung auch zuvor mehrfach und immer sehr solide geritten war. Das Pferd wurde unter anderem auch für Reitanfänger genutzt.
Am Unfalltag ritt eine Gruppe von 8 Reiterinnen von dem Reitstall der Beklagten zu 1) Richtung Wald. Ob und in welchem Umfang Einweisungen seitens der Beklagten erfolgt waren, ist zwischen den Parteien streitig. Nach ca. 1 Stunde kam die Gruppe an der ersten Galoppstrecke an. Auch dabei ist streitig, ob bzw. welche Weisungen durch die Beklagte zu 2) erfolgt sind. Die Reitergruppe wurde dort angeführt von der Beklagten zu 2). Die Klägerin befand sich auf der zweiten oder dritten Position. Die Klägerin überholte während des Galopprittes die Beklagte zu 2). Einzelheiten im Zusammenhang damit sind streitig. Im weiteren Verlauf der Strecke kommt es zu einer Weggabelung, bei der der rechte Abzweig zurück zum Stall führt. Im Bereich dieses Abzweiges kam es zum Sturz der Klägerin. Einzelheiten im Zusammenhang damit sind zwischen den Parteien streitig, ebenso wie das Verhalten und die Erklärungen der Parteien und der Mitreiterinnen im Zusammenhang mit dem Sturz.
Im Anschluss an den Sturz wurden jedenfalls zunächst Belastungsübungen durchgeführt. Sodann wurde, mit zwei weiteren Pausen, der mehrstündige Ausritt fortgeführt. Dabei ist das Befinden und Verhalten der Klägerin während des weiteren Ausrittes ebenso wie das Verhalten der Beklagten zu 2) und der weiteren Mitreiterinnen streitig.
Die Klägerin unterzog sich vom 28. – 29.08.2020 und vom 30.10.2020 bis 03.11.2020 in stationärer Behandlung zwecks Operation. Ausweislich des Attestes vom 10.09.2020 der Gemeinschaftspraxis Dr. L/B war ein Knochenmarködem, ein vorderer Kreuzbandriss und ein wurzelnaher Außenmeniskushinterhornriss diagnostiziert. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu und der klägerseits dargelegten Folgebeschwerden wird insbesondere auf die Klageschrift Bezug genommen.
Am 15.09.2021 kam es – nach der Behauptung der Klägerin infolge der reitunfallbedingten Instabilität des Knies – zu einem weiteren Schulunfall der Klägerin. Wegen des weiteren Sachvortrags der Klägerin zu den danach eingetretenen Beschwerden und Beeinträchtigungen und Behandlungen wird insb. auf den Schriftsatz vom 26.10.2021 Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten das Unfallgeschehen schuldhaft herbeigeführt und durch die Fortsetzung des Ausrittes überdies eine Verschlimmerung der Unfallfolgen verursacht.
Die Beklagte zu 2) sei bereits als Berittführerin nicht hinreichend qualifiziert gewesen. Von den Beklagten seien auch keinerlei Verhaltensanweisungen vor dem Ausritt erteilt worden. Insbesondere vor Beginn der Galoppstrecke seien auch keine Weisungen erfolgt. Der Ritt hätte jedenfalls unmittelbar nach dem Sturz der Klägerin abgebrochen werden müssen. Die diagnostizierten Verletzungen seien ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin auch in Zukunft unter Knieproblemen leiden werde. Insbesondere bestehe der begründete Verdacht, dass die Naht am Außenmeniskus erneut reisen werde. Es liege eine dauerhafte Bewegungseinschränkung vor. Die Verletzungen wären ohne die Fortsetzung des Ritts im Anschluss an den Sturz deutlich milder ausgefallen.
Nicht nur die Beklagte zu 1), sondern auch die Beklagte zu 2) hafte – letztere als Berittführerin und Tieraufseherin im Sinne des § 834 BGB – für ihr vermutetes Verschulden.
Die Beklagte zu 2) habe die reiterlichen Fähigkeiten der Teilnehmer, insbesondere der Klägerin, nicht gekannt. Überholversuche hätten verboten und unterbunden werden müssen. Die Beklagte zu 2) hätte der Klägerin eine Abholung durch die Beklagte zu 1) anbieten müssen. Jedenfalls hätte sie den Ausritt, zur Not auch gegen den Willen der minderjährigen Klägerin, abbrechen müssen, da die Klägerin im weiteren Verlauf des Ausrittes sichtbare Schwierigkeiten beim Reiten und insbesondere beim Aufsteigen – nämlich von der unüblichen linken Seite aus – gehabt habe. Im Rahmen eines etwaigen Mitverschuldens sei die Klägerin selbst zu keinem Zeitpunkt als Tieraufseherin im Sinne des § 834 BGB zu qualifizieren, sodass ein Mitverschulden der Klägerin seitens der Beklagten in vollem Umfang nachgewiesen werden müsse.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie, festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind, der Klägerin alle materiellen und immateriellen Schäden gesamtschuldnerisch zu ersetzen, die der Klägerin aus dem Reitunfall am 16.08.2020 im Wald von I/O entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen Dritten übergegangen ist, sowie, die Beklagten zu 1) und zu 2) darüber hinaus zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 540,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, die Reitkenntnisse der Klägerin seien auch der Beklagten zu 2) bekannt gewesen, da diese die Klägerin vor dem Ausritt am Unfalltag schon oft auf dem Hof habe Reiten gesehen und daher auch ihre Fähigkeiten einschätzen könne.
Es habe sowohl vor Beginn des Ausritte als auch unmittelbar vor der Galoppstrecke Anweisungen gegeben, insbesondere, dass beim Trab oder Galopp nicht überholt werden dürfe. Die Beklagte sei auch als Berittführerin hinreichend qualifiziert.
Nachdem die Klägerin weisungswidrig an der Beklagten zu 2) vorbeigaloppiert sei, habe die Beklagte zu 2) ihr Anweisungen zugerufen, die die Klägerin jedoch nicht umgesetzt habe, sodass es zu dem Sturz aufgrund eines reiterlichen Fehlers der Klägerin gekommen sei.
Im Anschluss an den Sturz habe sich (unter anderem) die Beklagte zu 2) nach dem Wohlbefinden der Klägerin erkundigt. Diese habe bestätigt, dass es ihr gut ginge und sie weiterreiten wolle. Erstmals habe die Klägerin weitergehend der Beklagten zu 2) mitgeteilt, dass ihr das Knie weh täte, auf das sie bereits zwei Tage vor dem streitgegenständlichen Vorfall im Sportunterricht in der Schule gefallen sei und sie sich unabhängig von dem Ritt am Knie verletzt habe. Sie habe der Klägerin überdies auch angeboten, dass sie und das Pferd von der Beklagten zu 1) abgeholt werden könnten. Alternativ habe sie der Klägerin angeboten, dass die gesamte Gruppe oder auch nur die Klägerin in Begleitung einer weiteren Person auf direktem Weg zum Stall zurückreiten könne. Die Klägerin habe diese Angebote jedoch durchgängig abgelehnt und mitgeteilt, dass sie gerne weiterleiten wolle. Auch im weiteren Verlauf des Rittes hätten sich keine Anzeichen gezeigt, die einen Abbruch des Rittes für die Klägerin nahegelegt hätten.
Die Beklagten meinen, die Beklagte zu 2) hafte nicht gemäß § 834 BGB, da sie nur auf Weisung der Beklagten zu 1) gehandelt habe und sie insoweit keine Tierhüterin im Sinne dieser Vorschrift sei. Ungeachtet dessen könne sich (auch) die Beklagte zu 2) entlasten, da sie die erforderliche Sorgfalt im Verkehr beobachtet habe. Demgegenüber sei die Klägerin selbst als Tierhüterin im Sinne des § 834 BGB anzusehen, sodass eine Verschuldensvermutung zulasten der Klägerin bestehe. Die Beklagten meinen ferner, es läge ein zumindest konkludenter Haftungsausschluss vor.
Es sei zu bestreiten, dass die vorgetragenen Verletzungen durch den Sturz vom Pferd eingetreten seien. Vielmehr beruhten diese auf dem zwei Tage zuvor erfolgten Schulsportunfall. Wegen des weiteren Bestreitens zum Umfang der Auswirkungen wird insbesondere auf die Klageerwiderungsschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die wechselseitig bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Da Gericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung und Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung v. 11.05.2022 sowie das schriftliche Sachverständigengutachten der Sachverständigen A..
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keine Ansprüche auf Schmerzensgeld oder Feststellung der (weiteren) Schadensersatzpflicht der Beklagten für die Folgen des streitigen Unfallereignisses. Solche Ansprüche folgen mangels Sorgfaltspflichtverletzung weder aus § 823 Abs. 1 BGB, noch aus § 833 BGB (Beklagte zu 1)) oder § 834 BGB (Beklagte zu 2)), noch wegen einer schuldhaften Verletzung der Sorgfaltspflichten aus dem der Reitbeteiligung zugrundeliegenden Vertragsverhältnis in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB:
I.
In rechtlicher Hinsicht kommt für die Beklagte zu 1) neben einer vertraglichen Haftung (§ 280 BGB) eine Haftung für vermutetes (§ 833 BGB) oder feststellbares (§ 823 Abs. 1 BGB) Verschulden in Betracht, wobei der Beklagten zu 1) im ersteren Fall die Möglichkeit der Exkulpation gemäß § 833 S. 2 BGB zusteht, da der Schaden durch ein Tier verursacht wurde, welches der Erwerbstätigkeit des Tierhalters zu dienen bestimmt ist. Denn die Beklagte zu 1) betreibt den von ihr geleiteten Reitstall gewerblich.
Für die Beklagte zu 2) kommt zur Überzeugung der Kammer grundsätzlich neben einer Haftung für (nachzuweisendes) Verschulden gemäß § 823 Abs. 1 BGB keine Haftung für vermutetes Verschulden im Rahmen des § 834 BGB in Betracht, da die Beklagte zu 1) nicht als Tierhüter im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der angestellte Reitlehrer grundsätzlich kein Tierhüter ist, da er die Aufsicht nicht selbstständig erfüllt, sondern nur auf Anweisung handelt (Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 834 Rn. 3; Oberlandesgericht Hamm, 13 U 166 / 99, Urteil vom 24.01.2000 = BeckRS 2000, 5595). Maßgeblich ist dabei, ob bei materieller Betrachtung eine Selbstständigkeit des Tierhüters besteht, was insbesondere der Fall ist bei Personen, die außerhalb des Unternehmens des Halters stehen und daher selbstständig die allgemeine Gewalt und Aufsicht über das Tier ausüben, ohne auf Anweisung des Tierhalters zu handeln (OLG Hamm, a.a.O. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; MüKo BGB, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben kommt es mithin nicht darauf an, ob die Beklagte zu 2) in einem formellen Angestelltenverhältnis auf Entgeltbasis für die Beklagte zu 1) tätig ist, sondern darauf, dass sie dieser gegenüber auch im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit weisungsgebunden war, sodass für die Beklagte zu 2) unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls keine Haftung gemäß § 834 BGB in Betracht kommt.
Ob die Klägerin selbst im Rahmen des Haftungsmaßstabes und der Beweislast als Tierhüterin im Sinne des § 834 BGB anzusehen ist (vergleiche BGH NJW 1987, 949 sowie BGH NJW 1992, 2474 für einen Reiter unter Reitlehreraufsicht), kann ebenso wie die Frage eines etwa bestehenden konkludenten Haftungsausschlusses dahinstehen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest steht, dass die Beklagten die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet haben und der streitgegenständliche Sturz der Klägerin vom Pferd sowie dessen Folgen nicht auf einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten beruhen.
Vor diesem Hintergrund kann überdies dahinstehen, ob eine Haftung der Beklagten zu 2) auch unter dem verschärften Haftungsmaßstab des § 834 BGB zu beurteilen wäre.
II.
In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass die Beklagten im Zusammenhang mit dem Wanderausritt und dem Sturzereignis die im Verkehr erforderlichen Sorgfaltsanforderungen erfüllt haben:
1.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und Anhörung der Parteien sowie Einholung eines Gutachtens zu den fachlichen Anforderungen an die Beklagten im Rahmen des Ausrittes steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es sich bei den Teilnehmerinnen des streitgegenständlichen Austrittes durchgängig um Reiterinnen handelte, die über mehrjährige Reit- und Ausritterfahrung verfügten und die auf ihnen jeweils bekannten und vertrauten Pferden (im Sinne – oder zumindest entsprechend einer – Reitbeteiligung) ritten, so dass etwaige Schwierigkeiten oder Besonderheiten im Hinblick auf die Fähigkeit der Reiterinnen, mit ihren Pferden den Austritt gefahrlos zu absolvieren, weder zu erwarten waren, noch, dass es – mit Ausnahme des streitgegenständlichen Unfalls – zu Schwierigkeiten gekommen wäre. Die Klägerin selbst hat auf Frage der Kammer hierzu als Zeugin bekundet, dass sie seit ca. 2018, mithin schon seit über zwei Jahren vor dem Unfallereignis, an verschiedenen Reitbeteiligungs- und Wanderausritten teilgenommen hatte, ohne dass sie sich hierbei überfordert gefühlt hätte oder es zu irgendwelchen Schwierigkeiten gekommen wäre. Die übrigen Teilnehmerinnen verfügten nach ihren eigenen Bekundungen bzw. nach dem Vortrag der persönlich angehörten Beklagten und der Bekundung der Klägerin entweder sogar über noch weitergehende Reiterfahrung, zumindest jedoch nicht über schlechtere Reitfähigkeiten, als die Klägerin selbst.
Ebenfalls steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Beklagte zu 2) über die jeweiligen Reiterinnen und deren Reitfähigkeiten sowie die Pferde und deren Charakter- und Laufeigenschaften informiert war. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte zu 2) die Klägerin und deren Reitfähigkeiten tatsächlich selbst bei Aufenthalten auf dem Reiterhof der Beklagten zu 1) wahrgenommen hatte, da sie zumindest von der Beklagten zu 1) hiervon Kenntnis hatte. Weiterhin steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der glaubhaften Bekundung der Zeugin C. fest, dass die Beklagte zu 2) bis zu ihrem Verzug nach M. im Jahr 2016 mehrjährig nahezu täglich auf dem Reiterhof der Beklagten zu 1) war und daher die Pferde und deren besondere Charakter- und Reiteigenschaften kannte, sowie, dass sie auch danach regelmäßig auf dem Hof war, dort auch Reitunterricht gab und mehrfach Ausritte geleitet hatte. Anhaltspunkte dafür, dass es dabei zu irgendwelchen Problemen oder Schwierigkeiten gekommen wäre, die auf eine mangelnde Eignung oder Qualifikation der Beklagten zu 2) als Berittführerin hindeuten würden, liegen nicht vor.
Im Hinblick auf die Qualifikation der Beklagten zu 2) ist dabei (mittlerweile) unstreitig davon auszugehen, dass diese über einen Reitpass, das Longierabzeichen LA 5 (Bl. 135/136 d.A.) sowie die Reiterabzeichen IV und V und den Basispass verfügt. Die Qualifikationen der Beklagten zu 1) ergeben sich aus den vorgelegten Urkunden (Bl. 133 und 134 d. A.). Auch nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen ist eine hinreichende Qualifikation der Beklagten gegeben.
Im Hinblick auf den Ablauf des streitgegenständlichen Austrittes steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest, dass sowohl vor dem Austritt (entweder durch die Beklagte zu 1) oder die Beklagte zu 2)), jedenfalls aber auch noch unmittelbar vor der Einleitung des ersten Galopprittes eine Erklärung der maßgeblichen Verhaltensweisen für die Reiterinnen, insbesondere ein „Überholverbot“, von der Beklagten zu 2) angeordnet worden ist.
Ferner steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin unter Verstoß gegen das erklärte Überholverbot an der Beklagten zu 2) als Berittführerin vorbeigeritten ist und sich damit selbst in eine für etwaige Eingriffsmöglichkeiten seitens der Beklagten zu 2) ungünstige Position begeben hat, aus der heraus der nachfolgende Sturz erfolgte.
Dabei steht zur Überzeugung der Kammer ebenfalls fest, dass die Klägerin nach dem Sturz und auch im weiteren Verlauf des Austrittes trotz zahlreicher Nachfragen zu ihrem Befinden stets mitgeteilt hatte, dass es ihr trotz geringfügiger Schmerzen im Bereich des Knies OK bzw. gut gehe, sie weiterreiten könne und dies auch gerne wolle, so dass sie die verschiedenen Angebote auf Abbruch des Austrittes, einen individuell begleiteten Rückritt oder auch alternativ eine Abholung durchgängig abgelehnt hat.
Auch ansonsten ergab sich weder aus den ausdrücklichen Erklärungen der Klägerin noch etwa aus ihrer Körpersprache (Schonhaltung o.ä.) oder sonstigen sichtbaren Schwierigkeiten beim Reiten oder Aufsteigen in den zwei nachfolgenden Pausen, dass ein Abbruch des Austrittes für die Klägerin oder eine Abholung der Klägerin und des von ihr gerittenen Pferdes mit dem Notfallanhänger angezeigt gewesen wäre.
2.
Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der glaubhaften Bekundungen der mitreitenden Zeuginnen, soweit diese zu den jeweiligen Umständen noch eine konkrete Erinnerungen hatten, sowie den Feststellungen der Sachverständigen, fest:
a)
So hat die Zeugin C. glaubhaft bekundet, dass nach ihrer Erinnerung die Reitregeln, die ohnehin bei den Ausritten jeweils gleich und daher bekannt waren, bereits morgens, jedenfalls aber unmittelbar vor der ersten Galoppstrecke erklärt worden waren. Die Zeugin hat bestätigt, dass, jedenfalls ohne besondere Freigabe, ein Überholen auf der Galoppstrecke nicht erlaubt war. Die Anordnung der Beklagten zu 2) war für die Zeugin, obwohl sie sich im hinteren Bereich der Reitergruppe befand, auch akustisch gut zu verstehen. Auch die Zeugin U. hat eine Erläuterung der Regeln – insbesondere vor dem Beginn des Galopprittes – bestätigt. Die Zeugin U., die ganz hinten geritten war, konnte die Beklagte zu 2) ebenfalls gut verstehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2) davon ausgehen musste, dass die Klägerin – die selbst an zweiter oder dritter Position ritt – die Anweisungen der Beklagten zu 2) nicht verstanden hätte, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Die Aussagen der Zeuginnen bestätigen die ebenfalls anschauliche Schilderung der Beklagten zu 2) im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung zur Frage der Erläuterung der Verhaltensweisen beim Galoppritt. Auch im Übrigen sind die Aussagen der Zeuginnen C. und U. glaubhaft. Beide Zeuginnen haben anschaulich den Ablauf der Ereignisse geschildert. Soweit sie Erinnerungslücken hatten, oder sich bei bestimmten Fragestellungen nicht sicher waren, haben sie dies klar gekennzeichnet und keine Mutmaßungen oder Erklärungen ins Blaue hinein abgegeben. Auch eine einseitige Belastungstendenz der Zeuginnen ist nicht feststellbar. So hat etwa die Zeugin C. zur Frage, ob sie – wofür sie benannt worden war – bestätigen könne, dass die Beklagte zu 2) auf dem Hof Reitstunden der Klägerin gesehen und sich insoweit sich ein eigenes Bild über deren Reitfähigkeiten hätte machen können, eingeräumt, dass sie hiervon nichts mitbekommen habe. Ebenfalls ha t sie angegeben, dass – zumindest nach ihrer Wahrnehmung – trotz des Überholverbotes zum Teil überholt worden ist. Auch die Zeugin U. hat beispielsweise eingeräumt, dass sie sich nicht mehr sicher sei, ob auch morgens vor dem Ausritt eine Erläuterung der Regeln erfolgt sei.
Den diesbezüglichen Feststellungen der Kammer stehen auch die Aussagen der übrigen Mitreiterinnen der Klägerin nicht entgegen. So hat die Zeugin N. bekundet, dass sie hinsichtlich der Frage, ob oder welche Erläuterungen vor der Galoppstrecke stattgefunden haben, heute keine Erinnerung mehr habe. Im Übrigen hat sie bekundet, dass jedenfalls „der erste Mann“ nicht überholt werden sollte und dass dies auch gesagt worden ist.
Auch die Zeugin R. hat keine den Feststellungen der Kammer entgegenstehende Bekundung zur Frage der Regelungen beim Galoppritt abgegeben, da auch sie diesbezüglich keine Erinnerung mehr hatte, wobei auch die Zeugin R. mitteilte, dass die Regeln beim Austritt in den Wald klar seien, da ja sämtliche Teilnehmerinnen relativ erfahrene Reiterinnen waren, sodass auch für die Zeugin R. klar war, dass auch beim Galoppritt hintereinander geritten und nicht aneinander vorbeigepresst werden sollte.
Gleiches gilt im Hinblick auf die Bekundung der Zeugin P., nach deren Erinnerung mitgeteilt worden war, dass „gesittet“ galoppiert werden sollte und dass dies von der Beklagten zu 2) auch entsprechend kommuniziert worden war, wobei hierunter ein ruhiges Tempo und ein kontrolliertes Reiten zu verstehen war.
Schließlich steht auch die Bekundung der Mitreiterin und Zeugin Q. der Feststellung der Kammer nicht entgegen. Zwar hatte diese zunächst bekundet, dass die Beklagte zu 2) vor der Galoppstrecke mitgeteilt habe, dass ein Überholen erlaubt sei. Nach Rückfrage der Kammer und Vorhalt, dass diesbezüglich von den übrigen Mitreiterinnen abweichende Bekundungen vorlägen, räumte die Zeugin jedoch ein, dass sie sich nicht sicher sei, ob nicht möglicherweise „Überholen nicht erlaubt“ statt „Überholen erlaubt“ von der Beklagten zu 2) angeordnet worden war. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst nicht behauptet, es habe eine ausdrückliche Erklärung dahingehend gegeben, dass überholt hätte werden dürfen. Sie sei lediglich in Ermanglung jeglicher Weisung seitens der Beklagten zu 2) hiervon ausgegangen.
b)
Die Frage des eigentlichen Unfallherganges sowie dazu, ob der Sturz entsprechend der Schilderung der Beklagten zu 2) auf einem reiterlichen Fehlverhalten der Klägerin (falsche Belastung des Pferdes, falscher Sitz, falscher Zügeleinsatz) beruhte, oder aber – entsprechend dem Vortrag der Klägerin – auf einer mangelnden Reaktion des Pferdes auf die richtigen Kommandos der Klägerin, ließ sich im Wege der Zeugenvernehmung nicht abschließend klären, da die übrigen Mitreiterinnen aus unterschiedlichen Gründen zu dem eigentlichen Unfallablauf keine eigenen Angaben machen konnten oder keine Erinnerung mehr hatten. Insoweit waren die Bekundungen der Mitreiterinnen nicht ergiebig. Auch die Sachverständige konnte hierzu keine sicheren Feststellungen treffen. Fest steht jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass die Klägerin trotz ausdrücklicher und anderslautender Weisung seitens der Beklagten zu 2) diese überholt und sich an die Spitze der Reitergruppe gesetzt hat und damit die Einwirkungsmöglichkeiten der Beklagten zu 2) auf die Klägerin und ihr Pferd auf ein Minimum beschränkt hat, so dass dieses Fehlverhalten der Klägerin ursächlich für den Sturz gewesen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2) sich in der konkreten Situation vor dem Sturz pflichtwidrig verhalten hätte oder den Sturz hätte vermeiden können, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.
Die Sachverständige hat korrespondierend hierzu nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die Beklagte zu 2) aufgrund des Überholens seitens der Klägerin über stimmlichen Hilfestellungen hinausgehend keine weiteren Einwirkungsmöglichkeiten mehr hatte. Insbesondere war es pflichtgemäß, nicht näher zu dem Pferd W. aufzuschließen, um dieses nicht zusätzlich anzutreiben.
c)
Die eingangs genannten Feststellungen der Kammer zu dem Verhalten der Klägerin, der Beklagten zu 2) sowie der übrigen Mitreiterinnen im Anschluss an den Sturz sowie im Zusammenhang mit der weiteren Fortsetzung des Austrittes beruhen ebenfalls auf der insoweit weitgehend übereinstimmenden Schilderung der Beklagten zu 2) und den Bekundungen der mitreitenden Zeuginnen, soweit diese an die jeweiligen Geschehnisse noch eine Erinnerung hatten:
aa)
Die Zeugin C. hat überzeugend bekundet, dass die Beklagte zu 2) sowie auch sie selbst die Klägerin nach ihrem Sturz gefragt haben, wie es ihr gehe, sowie, dass diese lediglich über etwas Knieschmerzen berichtete, die einen Abbruch des Austrittes nach eigener Einschätzung der Klägerin jedoch nicht erforderlich machten. Trotz des ausdrücklichen Angebotes, dass die Klägerin in Begleitung einer Person hätte zurück reiten können, lehnte diese einen Reitabbruch ab und teilte mit, am Ausritt gerne weiter teilnehmen zu wollen und sich dazu auch in der Lage zu fühlen. Auch eine – noch schonendere – Abholung war der Klägerin angeboten worden, die sie ebenfalls ablehnte.
Auch die Zeugin U. hat anschaulich bestätigt, dass die Klägerin von der Beklagten zu 2) und der Zeugin C. nach ihrem Befinden befragt worden war und die Klägerin trotz des Angebotes, zurückzukehren, mitgeteilt hatte, dass weitergeritten werden könne.
Gleiches bekundeten sinngemäß die Zeuginnen N., R., P. und Q..
Nach den anschaulichen und glaubhaften Bekundungen sämtlicher Mitreiterinnen haben sich diese auch im weiteren Verlauf des noch ca. vierstündigen Austrittes die Klägerin mehrfach nach ihrem Befinden bzw. der Entwicklung ihres Befindens gefragt, wobei die Klägerin durchgängig gegenüber der Beklagten zu 2) bzw. den übrigen Mitreiterinnen bestätigte, dass ihr ein weiteres Reiten möglich sei, sie auch weiter reiten wolle und bis auf leichte Schmerzen am Knie keine Probleme bestünden.
Nach der Bekundung der Zeugin C. hatte die Klägerin bei weiteren Nachfragen lediglich angegeben, dass es „etwas wehtue“. Nach der Bekundung der Zeugin U. hat die Klägerin auf mehrfache Nachfrage verschiedener Mitreiterinnen immer wieder bestätigt, dass ruhig weitergeritten werden könne. Auch gegenüber der Zeugin R. bekundete die Klägerin bei weiteren Nachfragen während des Austrittes, dass alles noch gut sei. Gegenüber der Zeugin P. hat die Klägerin nach deren Bekundung mitgeteilt, dass alles OK sei, dass ihr Knie zwar ein bisschen wehtue, es aber ginge. Die Zeugin Q. hat bekundet, dass die Klägerin auch in den Pausen und beim Aufsteigen nicht über Schmerzen geklagt habe.
bb)
Darüber hinaus hat sich die Beklagte zu 2) zu den Fragestellungen der körperlichen Unfallfolgen, dem sonstigen Wohlbefinden der Klägerin und ihrer Fähigkeit, den Ausritt fortsetzen zu können, nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien auch nicht allein auf die verbalen Erklärungen der minderjährigen Klägerin verlassen. Sie hat sich vielmehr im Anschluss an den Sturz vor dem Weiterreiten zunächst durch Übungen (Stehübung im Sattel mit Belastungsprüfung des Knies, Übungen zum Leichttraben) auch objektiv von der Reitfähigkeit der Klägerin überzeugt.
cc)
Auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung der gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin beim fortgesetzten Ausritt steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass nicht nur nach den verbalen Erklärungen der Klägerin, sondern auch nach ihrem sonstigen Verhalten und ihrer Körpersprache keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein Abbruch des Rittes oder eine Abholung der Klägerin erforderlich sein würde.
Insofern haben sämtliche Mitreiterinnen durchgängig bekundet, dass sie Einschränkungen der Klägerin beim Reiten, etwaige Schonhaltungen o. ä. weder im Verlaufe des Austrittes noch etwa bei den Pausen und dem erneuten Wiederaufsteigen festgestellt hätten. Die Zeugin C. hatte der Klägerin sowohl nach dem Sturz als auch bei den nachfolgenden Pausen beim Aufsteigen jeweils Hilfestellung gegeben, sodass sie auch unmittelbar das Verhalten der Klägerin wahrnehmen konnte. Dabei hat die Zeugin C. nachvollziehbar geschildert, dass die Hilfestellung als solche nicht darauf beruhte, dass die Klägerin unfallbedingt nicht hätte aufsteigen können, sondern im Zusammenhang mit der Größe des Pferdes und der im Wald nicht vorhandenen Aufstiegshilfen zu sehen war. Einschränkungen der Klägerin beim Aufsteigen selbst oder im Verlaufe des Rittes zeigten sich nach ihrer Bekundung jedoch nicht. Auch die Zeuginnen U. und R. hatten solche Schwierigkeiten oder Beeinträchtigungen, die auf Schmerzen oder Beschwerden hindeuten könnten, nicht wahrgenommen. Die Zeugin N. hatte diesbezüglich keinerlei Erinnerungen mehr. Gleiches gilt für die Zeuginnen P. und Q..
d)
Die Aussagen der Mitreiterinnen waren, soweit sie konkrete Erinnerungen an die Geschehnisse hatten, anschaulich und widerspruchsfrei. Wenn auch bei den Zeuginnen teilweise nachvollziehbare Erinnerungslücken bestanden und die Bekundungen nicht in allen Bereichen und hinsichtlich aller Punkte gleichermaßen ergiebig waren, bestehen aufgrund der Gesamtschau der Beweiserhebung einschließlich der persönlichen Parteianhörung keine vernünftigen Zweifel an den eingangs durch das Gericht dargestellten Feststellungen zum Sachverhalt.
Auch der Umstand, dass die Zeuginnen überwiegend mehrjährig ihre Reitbeteiligungen auf dem Hof der Beklagten zu 1) ausübten und insoweit eine gewisse Nähe zu dieser anzunehmen ist, führt nicht dazu, von reinen Gefälligkeitsbekundungen der übrigen Mitreiterinnen auszugehen, zumal – wie schon dargelegt – weder eine einseitige Belastungstendenz noch eine Beschränkung auf das Kerngeschehen bei den Aussagen feststellbar ist und die zum Teil divergierenden Aussagen auch nicht den Eindruck einer abgesprochenen Aussage vermittelt haben.
e)
Insbesondere steht die nahezu durchgängig anders ausfallende Bekundung der Klägerin, die aufgrund ihrer Minderjährigkeit und Vertretung durch die Eltern (nach Absehen von § 455 Abs. 2 ZPO) selbst als Zeugin zu vernehmen war (BGH NJW NJW 2000, 289, 291; MüKoZPO/Damrau/Weinland, 6. Aufl. 2020, ZPO § 373 Rn. 10), den Feststellungen der Kammer nicht entgegen:
Entgegen dem wie vorstehend dargestellten Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Klägerin im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung zu den maßgeblichen, streitentscheidenden Sachverhaltsfragen nahezu durchgängig – mit Ausnahme etwa zur Frage der durchgeführten Belastungsübungen – andere Bekundungen abgegeben:
So habe im Vorfeld des Austrittes zu keinem Zeitpunkt eine irgendwie geartete Einweisung oder Instruktion durch die Beklagtenseite stattgefunden.
Gleiches gelte hinsichtlich des Verhaltens an der Galoppstrecke, bei der ausschließlich mitgeteilt worden sei, dass galoppiert würde, jedoch keinerlei andere Weisungen erteilt worden seien.
Weiterhin schildert die Klägerin, die Beklagte zu 2) habe ihr gegenüber nach dem Unfall lediglich gesagt, „es sei doch bestimmt nicht so schlimm und wir könnten weiterreiten“, woraufhin sie wieder aufgestiegen sei, ohne dass ihr ein Abbruch des Rittes oder eine Abholung angeboten worden sei.
Damit bekundet die Klägerin eine Verhaltensweise der Beklagten zu 2) dahingehend, dass diese den Ausritt ohne jegliche Leitungs- und Kontrolltätigkeit begleitet habe und nach dem Unfall in suggestiver Weise ohne ernstgemeinte Erkundigung nach etwaigen Verletzungen und dem sonstigen Befinden der Klägerin die Fortsetzung des Ausrittes habe erwirken wollen.
Korrespondierend hierzu bekundete die Klägerin weiter, dass sie im weiteren Verlauf, als ihre Schmerzen schlimmer geworden wären, von der Beklagten zu 2) lediglich eine Reitgerte in die Hand gedrückt bekommen habe mit dem Bemerken, damit werde es schon gehen. Trotz sichtlicher Beschwerden beim Aufsteigen und Reiten („Ich hing mehr oder weniger schlaff im Sattel“) habe sich die Beklage zu 2) nicht um sie gekümmert. Von einer eigenen erneuten Ansprache gegenüber der Beklagten zu 2) wegen zunehmender Beschwerden habe die Klägerin aus Angst und Scham abgesehen.
Diese Bekundungen der Klägerin stehen, wie sich aus der eingangs umfangreich dargelegten Beweiswürdigung ergibt, in erheblichem Widerspruch nicht nur zu den Darlegungen der Beklagten zu 2), sondern insbesondere auch zu den Aussagen der übrigen am Ausritt beteiligten Zeuginnen. Die Bekundungen der Klägerin sind überwiegend von einer einseitigen Belastungstendenz gekennzeichnet und entsprechen überdies auch nicht dem seitens der Kammer gewonnenen persönlichen Eindruck von den Prozessparteien selbst. Denn die Klägerin vermittelte im Rahmen ihrer umfangreichen Anhörung einen selbstbewussten Eindruck, der auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie zur Zeit der Vernehmung bereits 16 Jahre alt war und zum Zeit des Ausrittes erst 14 ½ Jahre, ihre Bekundungen nur in geringem Umfang plausibel nachvollziehbar macht. Auch lässt sich der gegenüber der Kammer aus der ebenfalls umfangreichen Anhörung der Beklagten zu 2) entstandene persönliche Eindruck von der Beklagten zu 2) nicht mit der Bekundung der Klägerin in Einklang bringen. Überdies war die Aussage der Klägerin zwar detailreich. Eine besondere Überzeugungskraft folgt daraus jedoch nicht. Denn die Bekundungen wiesen im Hinblick auf die Art der Schilderung, die zeitliche Ordnung, das Detailreichtum, die – ungefragte – Schilderung von Begründungen und Motivationslagen (etwa für den zügigen Losritt ohne vorherige Instruktionen, um nicht in die Hitze hineinzureiten, oder die Erläuterung, dass der Sturz auf das linke Knie erfolgte, um nicht mit dem Kopf auszuschlagen, oder die Erläuterung, dass lediglich zunächst wegen des Schocks und des Adrenalins keine Beschwerden auftraten etc.) ein solches, für spontane Zeugenbekundungen atypisches Ausmaß an Stringenz auf, dass die erforderliche Beurteilung, ob es sich bei der Bekundung um eine freie, anschauliche Wiedergabe des selbst Erlebten aus der Erinnerung heraus handelt, oder nich t, kaum möglich ist.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin – trotz formaler Stellung als Zeugin – ebenso wie die Beklagtenseite ein gewisses Eigeninteresse am Ausgang des Prozesses hat, was jedoch für die mitreitenden Zeuginnen nicht gilt. Dabei führt allein der Umstand, dass die Zeuginnen mehrjährig ihre Reitbeteiligungen auf dem Hof der Beklagten zu 1) ausübten, aus den bereits dargelegten Gründen der gesamten Beweiswürdigung nicht zur Annahme von bloßen Gefälligkeitsbekundungen.
f)
Das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auch von den weiteren Feststellungen der Sachverständige Z. gestützt.
Nach deren Feststellungen war weder im Hinblick auf die hinreichende Qualifikation der Beklagten zu 2) als Berittführerin noch auf die Anzahl der teilnehmenden Reiterinnen (acht Personen) entgegen der Auffassung der Klägerin etwas zu beanstanden.
Darüber hinaus ist es nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen ebenso sinnvoll wie üblich, dass bei Gruppenausritten explizit ein Überholverbot beim Galoppieren zur Vermeidung von Unfällen erteilt wird.
Zwar lässt sich nach den Ausführungen der Sachverständigen im Nachgang nicht mehr sicher feststellen, ob der von der Klägerin beschriebene Kontrollverlust, der eintrat, nachdem sie die Beklagte zu 2) überholt hatte, auf die typische Tiergefahr oder einen reiterlichen Fehler der Klägerin zurückzuführen ist. Die Sachverständige hat jedoch festgestellt, dass sowohl in dem einen als auch im anderen Fall der Kontrollverlust auf dem zuvor von der Klägerin bewusst eingeleitete Überholvorgang während des Galopprittes beruht. Nach den Feststellungen der Sachverständigen hätte die Klägerin (unter Berücksichtigung des seitens der Kammer festgestellten zuvor ausgesprochenen Überholverbots) die Beklagte zu 2) unter keinen Umständen willentlich überholen dürfen.
Möglichkeiten zur Verhinderung des Sturzes hatte die Beklagte zu 2) nach den Feststellungen der Sachverständigen hingegen nicht mehr. Es wird auf die oben vorgenommenen Ausführungen Bezug genommen.
Nach den Feststellungen der Sachverständigen war überdies auch das Handeln nach dem Sturz durch die Beklagte zu 2) pflichtgemäß. Insbesondere war es sachgerecht, dass die Beklagte zu 2) die Klägerin nicht nur nach ihrem Befinden und etwaigen durch den Sturz hervorgerufenen Verletzungen oder eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten befragte, sondern anschließend auch – wie erfolgt – Grundübungen zur Überprüfung der Beeinträchtigungen der Klägerin hat durchführen lassen. Auch Art und Umfang der durchgeführten Überprüfungen unter einer simulationstypischen reiterlichen muskulären Belastung sind nach den auch insoweit überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen als umsichtige und ordnungsgemäße Maßnahme zu bewerten. Gleiches gilt für die Befragung nach dem Befinden und Beobachtung der Klägerin beim weiteren Ausritt.
Danach war nach dem Dafürhalten der Sachverständigen unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls weder ein Abbruch des Ausrittes noch ein individuell begleiteter Rücktritt oder eine Abholung angezeigt.
Die Kammer schließt sich den durchgängig nachvollziehbaren und gut begründeten Feststellungen der Sachverständigen an. Ihre Ausführungen sind überzeugend. Überdies ist die Sachverständige als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Landwirtschaft und Pferde (einschließlich Sportpferde) in besonderem Maße für die Beurteilung der streiterheblichen Sachverständigenfragen geeignet.
3.
Eine andere Beurteilung der Sach-und Rechtslage ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerin gegen die Ausführungen der Sachverständigen und die Bewertung der übrigen Beweisaufnahme durch die Klägerin:
Soweit die Klägerin rügt, die Sachverständige sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Pferd W. um ein „ruhiges“ Pferd handele, ist dem nicht zu folgen. Denn selbst wenn nach der Beschreibung der Klägerin das Pferd W. im Gelände „gern etwas schneller gewesen“ wäre, würde dies den Feststellungen der Sachverständigen nicht entgegenstehen. Die Klägerin hat hierzu selbst bereits in der Klageschrift ausgeführt, dass sie auf dem Pferd W. mehrfach und immer sehr solide geritten sei. Es handelt sich um ein Pferd, welches auch für Reitanfänger genutzt wird. Darüber hinaus hat die Sachverständige ebenfalls ausgeführt, dass der klägerseits behauptete Aufstieg von der rechten Seite des Pferdes dafür spreche, dass es sich bei W. um ein besonders gut geschultes und braves Pferd handelt. Darüber hinaus hat selbst die Klägerin, die auf dem Pferd bereits mehrjährig geritten war, nicht behauptet oder konkret dargelegt, dass es vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis jemals zu Schwierigkeiten mit dem Pferd W. gekommen sei. Danach liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei dem Pferd W. entsprechend dem Schriftsatz vom 28.02.2023 um ein „sehr eigenwilliges Pferd handele, welches auf Kommandos manchmal nicht reagiere und nicht ohne weiteres durchzuparieren“ sei. Soweit der Kontrollverlust während des Rittes tatsächlich – was die Sachverständige offengelassen hat – auf dem Tierverhalten und nicht auf einer fehlerhaften Leitung durch die Klägerin beruhen sollte, würde es sich dann um ein erstmaliges „Fehlverhalten“ des Pferdes handeln, welches denknotwendig keine Pflichtwidrigkeit der Beklagten bei der Auswahl des Pferdes für die Klägerin vor diesem Ereignis begründen kann.
Ebenfalls nicht streiterheblich ist, ob die Sachverständige davon ausgegangen ist, dass das Pferd an der Abzweigung abrupt abgebremst habe, oder aber, ob die Klägerin, bevor das Pferd nach rechts abgebogen sei, nach links vom Pferd gefallen ist. Dies wäre zwar für die Frage einer Verletzung des linken Knies durch das Herunterfallen vom Pferd relevant, nicht jedoch für die Fragestellung, ob sich die Beklagte zu 2) pflichtwidrig verhalten hat oder sie Einwirkungsmöglichkeiten auf das Pferd W. gehabt hätte.
Die weiteren Einwendungen im Zusammenhang mit der Fragestellung, ob hinreichende Anweisungen erteilt wurden oder ob die Beklagte zu 2) durch das behauptete „falsche Aufsteigen“ hätte erkennen können, dass die Klägerin Probleme mit dem Knie habe, greifen bereits deshalb nicht, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme – wie dargelegt – davon auszugehen ist, dass solche Anhaltspunkte nicht bestanden haben. Gleiches gilt hinsichtlich der übrigen Schilderungen der als Zeugin vernommenen Klägerin. Es wird insoweit auf die eingangs dargelegte Beweiswürdigung verwiesen.
Soweit die Klägerseite ferner rügt, die Beklagte zu 2) habe auch Überholversuche anderer Mitglieder der Reitergruppe nicht unterbunden, ist festzustellen, dass abgesehen von der Klägerin lediglich die Zeugin Y. C. überhaupt Erklärungen zu Überholmanövern gemacht hat und letztere hierzu lediglich ausführte, dass „dann zum Teil“ überholt worden sei. Dabei ist bereits nicht ersichtlich, dass oder in welchem Umfang hiermit – neben dem Überholvorgang der Klägerin – überhaupt weitere Überholvorgänge stattgefunden hätten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass einer – oder mehrere – solcher anderweitiger Überholvorgänge zeitlich vor dem Überholvorgang der Klägerin erfolgt wären, dass diese durch die Beklagte zu 2) überhaupt hätte wahrgenommen werden können oder müssen und insbesondere, dass hierdurch ein – unterstellter – Pflichtenverstoß der Beklagten zu 2) in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Sturz der Klägerin stünde.
Ebenfalls steht die Einwendung der Klägerin den Feststellungen des Gerichts nicht entgegen, soweit sie rügt, dass nicht feststehe, wo sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Belehrungen befunden habe. Denn es ist insoweit unstreitig, dass sich die Klägerin entweder unmittelbar hinter der Beklagten zu 2) oder an dritter Position der Kolonne befand. Darüber hinaus haben die Zeuginnen, die am Ende der Kolonne geritten sind, bestätigt, dass auch dort die Anweisung der Beklagten zu 2) gut zu hören war, sodass nicht ersichtlich ist, dass Anhaltspunkte für die Beklagte zu 2) bestanden, davon auszugehen, dass die Klägerin ihre ausdrücklichen Weisungen zum Überholverbot nicht hätte hören können.
Soweit die Klägerin überdies rügt, die Beklagte zu 2) hätte eingreifen müssen, als sie feststellte, dass das Pferd W. auf die Kommandos der Reiterin nicht reagierte, ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen, dass aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin sich an die Spitze der Reitergruppe gesetzt hatte, Einwirkungsmöglichkeiten für die Beklagte zu 2) über verbale Hilfestellungen, die unstreitig den Kontrollverlust nicht beseitigen konnten, nicht bestanden.
Soweit die Klägerin schließlich rügt, es sei im Hinblick auf die Vorschädigung des linken Knies der Klägerin unverantwortlich gewesen, den Ritt mehrstündig fortzusetzen, ergibt sich aus den sorgfältig dargelegten und begründeten Feststellungen der Sachverständigen ebenfalls, dass ein Abbruch des Rittes unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nicht angezeigt war. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die eingangs dargestellte Beweiswürdigung der Kammer und die hierzu korrespondierenden Ausführungen der Sachverständigen in ihrem schriftlichen Gutachten verwiesen.
Soweit die Klägerin schließlich rügt, unter Berücksichtigung der im Februar stattgehabten Sportverletzung und des sich daran anschließenden dreiwöchigen Ausfalls der Klägerin beim Reiten ergebe sich, insbesondere unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Pferdes und der sich im Zusammenhang mit dem Unfall gezeigten Unerfahrenheit der Klägerin, dass dieser der Austritt unter Verwendung des Pferdes W. hätte untersagt werden müssen, ist auch dem nicht zu folgen:
Die Einwendung beruht zum einen auf der – streitigen – Eigenwilligkeit und Unrittigkeit des Pferdes, die sich, wenn sie bestehen würde, jedoch erstmals im Zusammenhang mit dem Unfallereignis offenbart hätte. Gleiches gilt für die nunmehr vorgetragene besondere Unerfahrenheit der Klägerin, die klägerseits ebenfalls aus dem Unfallereignis abgeleitet wird. Demgegenüber ist unstreitig, dass die Klägerin bereits mehrjährig mit dem Pferd W. geritten war und ebenfalls unstreitig auch bereits mehrere Wander- und Reitbeteiligungsausritte unternommen hatte, bei denen nach eigener Darlegung der Klägerin immer alles gut funktioniert hatte und sich bei ihr nie ein Gefühl der Überforderung oder ähnlichem eingestellt hatte. Auch insofern bestand kein Anhaltspunkt für die Beklagten, von einer besonderen Unerfahrenheit der Klägerin auszugehen.
Schließlich hat die Klägerin ebenfalls im Termin zur mündlichen Verhandlung bekundet, dass sich der Sportunfall ca. ein halbes Jahr vor dem streitgegenständlichen Sturz ereignet hatte, dass hier nicht operiert wurde und seinerzeit eine Bänderdehnung diagnostiziert wurde, sowie, dass zu dem Zeitpunkt des streitgegenständlichen Austrittes auch schon längst alles ausgeheilt war. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände die Beklagten vor dem streitgegenständlichen Sturz dafür hätten Anhaltspunkte haben müssen, der Klägerin eine Teilnahme an dem Austritt unter Verwendung des Pferdes W. zu untersagen.
Insgesamt steht danach zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung der umfangreich erhobenen Beweise fest, dass sowohl die Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet haben, so dass eine Haftung der Beklagten für den Unfall und die sich daraus ergebenden Folgen nicht besteht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.