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Schadensregulierung im Rahmen des Grüne-Karte-Systems – Passivlegitimation

Ein internationaler Auffahrunfall auf einer deutschen Autobahn landete unerwartet vor Gericht. Nachdem ein deutsches und ein niederländisches Fahrzeug nach einem ungewöhnlichen Fahrmanöver kollidierten, entbrannte ein erbitterter Streit um die Schuld. Doch die entscheidende Frage war: Kann eine deutsche Versicherung das Deutsche Büro Grüne Karte direkt verklagen und wer trägt die Verantwortung bei einem solchen atypischen Unfallgeschehen?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 9 U 5/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Frankfurt
  • Datum: 29.04.2025
  • Aktenzeichen: 9 U 5/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Versicherungsrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Kaskoversicherung, die den Schaden am eigenen Fahrzeug reguliert hatte und nun den entstandenen Anspruch des Geschädigten gegen die Beklagten geltend machte. Sie forderte die volle Haftung des Auffahrenden.
  • Beklagte: Der Fahrer eines in den Niederlanden zugelassenen Wohnmobils (Beklagter zu 2) und das Deutsche Büro Grüne Karte (Beklagter zu 1), welches als Haftpflichtversicherer für ausländische Fahrzeuge zuständig ist. Sie bestritten den Unfallhergang und die Zuständigkeit des Deutschen Büros Grüne Karte.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Auf einer Autobahn kam es zu einem Auffahrunfall, nachdem das vorausfahrende Fahrzeug, versichert bei der Klägerin, einen Fahrspurwechsel abbrach, auf seine ursprüngliche Spur zurückkehrte und dort bis zum Stillstand abbremste. Kurz darauf kollidierte ein nachfolgendes ausländisches Wohnmobil mit dem Heck des stehenden Fahrzeugs.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Wer trägt die Verantwortung bei einem Auffahrunfall mit einem ausländischen Fahrzeug, wenn das vorausfahrende Auto zuvor abrupt abbremst und einen Fahrspurwechsel abbricht, und gilt in solch einem Fall der Anscheinsbeweis für das Verschulden des Auffahrenden? War zudem das Deutsche Büro Grüne Karte als Haftpflichtversicherer eines ausländischen Fahrzeugs passivlegitimiert, wenn der Anspruch von einer Kaskoversicherung übernommen wurde?

Wie hat das Gericht entschieden?

  • Berufung der Beklagten teilweise erfolgreich: Das Gericht änderte das Urteil des Landgerichts ab und sprach der Klägerin nur noch die Hälfte des ursprünglich zugesprochenen Schadensersatzes zu.
  • Kernaussagen der Begründung:
    • Anscheinsbeweis entkräftet: Der üblicherweise bei Auffahrunfällen geltende Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Auffahrenden greift in diesem Fall nicht. Die abrupten Fahrbewegungen des vorausfahrenden Fahrzeugs und die dadurch entstandene unklare Verkehrslage stellten einen atypischen Geschehensablauf dar, der den Anscheinsbeweis widerlegt.
    • Haftung fifty-fifty: Angesichts der unklaren und atypischen Verkehrslage sowie der beidseitigen Verantwortlichkeiten wurde eine Haftungsverteilung von 50 % zu 50 % als angemessen und geboten erachtet.
    • Deutsches Büro Grüne Karte haftet: Das Deutsche Büro Grüne Karte ist auch gegenüber einer inländischen Kaskoversicherung passivlegitimiert, auf die der Schadensersatzanspruch des Geschädigten übergegangen ist. Das Grüne-Karte-System dient dem Schutz von Verkehrsopfern und schließt juristische Personen als Rechtsnachfolger nicht aus.
  • Folgen für die Klägerin:
    • Ihr erhaltener Schadensersatz wurde von ursprünglich 80 % auf 50 % des unstreitigen Gesamtschadens reduziert.
    • Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz wurden gegeneinander aufgehoben; die Kosten des Berufungsverfahrens wurden entsprechend der neuen Haftungsverteilung zwischen den Parteien aufgeteilt.

Der Fall vor Gericht


Was passiert, wenn ein im Ausland versichertes Auto auf der Autobahn einen Unfall verursacht?

Stellen Sie sich eine typische Situation auf einer deutschen Autobahn vor: Eine Baustelle, die Spuren verengen sich, der Verkehr wird dichter. Plötzlich kommt es zu einem Auffahrunfall. Doch was, wenn das hintere Fahrzeug in den Niederlanden zugelassen und versichert ist? Wen verklagt man dann auf Schadensersatz? Den Fahrer im Ausland? Dessen Versicherung? Dieser komplexe Fall landete vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt und zeigt, wie Gerichte solche internationalen Unfälle bewerten und wer am Ende zahlen muss. Das Urteil erklärt detailliert, wie die Schuld verteilt wird, wenn der Unfallhergang alles andere als alltäglich ist.

Wie kam es zu dem komplizierten Auffahrunfall auf der Autobahn?

Unfall auf deutscher Autobahn: Wohnmobil kracht in stehenden Pkw, Baustelle naht.
Autobahn-Kollision: Pkw stoppt plötzlich auf der linken Spur, Wohnmobil fährt auf. Dichter Verkehr nahe Baustelle. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Am 23. Juli 2021 war ein Autofahrer, nennen wir ihn Herr A, auf der linken von drei Spuren der Autobahn A45 unterwegs. Vor ihm kündigte eine Baustelle eine Verengung auf zwei Fahrstreifen an. Um sich dem Verkehr anzupassen, entschied sich Herr A, auf die mittlere Spur zu wechseln. Er hatte sein Fahrzeug bereits zur Hälfte auf dem mittleren Streifen, als er bemerkte, dass der Verkehr dort sehr dicht war.

Was tat er also? Er brach den Spurwechsel ab und lenkte sein Auto zurück auf die ursprüngliche linke Spur. Genau in diesem Moment musste ein Fahrzeug vor ihm stark abbremsen und kam zum Stillstand. Herr A reagierte ebenfalls, bremste sein Auto voll ab und brachte es sicher zum Stehen. Doch nur einen Augenblick später krachte es: Ein nachfolgendes Wohnmobil mit niederländischem Kennzeichen fuhr ihm ins Heck. Der Fahrer des Wohnmobils, nennen wir ihn Herr B, hatte die Situation offenbar zu spät erkannt. Der Schaden am Fahrzeug von Herrn A war erheblich.

Wer wurde verklagt und warum war das so besonders?

Nach dem Unfall zahlte die Vollkaskoversicherung von Herrn A den Schaden an ihn aus. Diese Versicherung, die Klägerin in diesem Fall, wollte sich das Geld nun von den Verantwortlichen zurückholen. Sie verklagte daher nicht nur den Fahrer des Wohnmobils, Herrn B, sondern auch eine Organisation namens „Deutsches Büro Grüne Karte“.

Aber was ist das Deutsche Büro Grüne Karte? Man kann es sich wie einen zentralen Ansprechpartner in Deutschland vorstellen, der einspringt, wenn ein im Ausland versichertes Fahrzeug hierzulande einen Schaden verursacht. Dieses System stellt sicher, dass Unfallopfer nicht mühsam ihre Ansprüche bei einer ausländischen Versicherung geltend machen müssen. Die Versicherung verklagte also diese Organisation, weil sie rechtlich für die niederländische Versicherung des Wohnmobils haftet. Ob diese Organisation aber überhaupt der richtige Beklagte ist, juristisch ausgedrückt, ob sie „passivlegitimiert“ ist, war einer der zentralen Streitpunkte. Passivlegitimation ist ein juristischer Begriff, der einfach nur die Frage beantwortet: „Verklage ich hier überhaupt die richtige Person oder Organisation, die für den Schaden geradestehen muss?“

Wie hat die erste Gerichtsinstanz den Fall bewertet?

Der Fall wurde zunächst vom Landgericht Gießen verhandelt. Dieses Gericht gab der klagenden Versicherung zu einem großen Teil recht. Es verurteilte den Fahrer des Wohnmobils und das Deutsche Büro Grüne Karte zur Zahlung von 80 % des Schadens.

Wie kam das Gericht zu dieser Einschätzung? Es stützte sich auf den sogenannten Anscheinsbeweis. Das ist eine juristische Faustregel, die in bestimmten, typischen Situationen gilt. Bei einem Auffahrunfall geht man normalerweise davon aus, dass derjenige, der aufgefahren ist, schuld ist. Man unterstellt, dass er entweder zu schnell war, zu wenig Abstand gehalten oder einfach nicht aufgepasst hat. Das Landgericht meinte, die Beklagten hätten diesen Anscheinsbeweis nicht erschüttern können. Dennoch gab es dem Fahrer des vorderen Wagens, Herrn A, eine Mitschuld von 20 %. Der Grund: Durch seinen abgebrochenen Spurwechsel habe er eine „unklare Verkehrslage“ geschaffen und damit zum Unfall beigetragen.

Warum waren die Beklagten mit dem ersten Urteil nicht einverstanden?

Der Fahrer des Wohnmobils und das Deutsche Büro Grüne Karte legten gegen dieses Urteil Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt ein. Sie hatten zwei Hauptargumente.

Erstens argumentierten sie, das Deutsche Büro Grüne Karte sei gar nicht der richtige Ansprechpartner. Sie behaupteten, das Grüne-Karte-System sei nur für Privatpersonen als Geschädigte da, nicht aber für Versicherungsgesellschaften, die sich ihr Geld zurückholen wollen.

Zweitens hielten sie die Verteilung der Schuld für falsch. Ihrer Meinung nach war der Unfallhergang so ungewöhnlich, dass der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden hier gar nicht gelten könne. Der „Schlenker“ von Herrn A – also der abgebrochene Spurwechsel direkt vor dem Bremsmanöver – sei so unvorhersehbar gewesen, dass man dem Fahrer des Wohnmobils keine 80-prozentige Schuld anlasten könne. Sie warfen dem ersten Gericht zudem vor, es hätte den Unfall genauer untersuchen und zum Beispiel ein Gutachten einholen müssen.

Wie hat das Oberlandesgericht Frankfurt die Schuldfrage neu bewertet?

Das Oberlandesgericht in Frankfurt sah den Fall anders als die erste Instanz und änderte das Urteil grundlegend. Es kam zu dem Schluss, dass beide Fahrer zu gleichen Teilen für den Unfall verantwortlich sind. Die Haftung wurde daher auf 50:50 festgelegt.

Aber warum diese Neubewertung? Das Gericht erklärte, dass der Anscheinsbeweis, der normalerweise gegen den Auffahrenden spricht, hier tatsächlich nicht anwendbar ist.

  • Ein Anscheinsbeweis funktioniert nur bei einem typischen Geschehensablauf. Ein typischer Auffahrunfall ist, wenn jemand im fließenden Verkehr auf ein vorausfahrendes, normal bremsendes Auto auffährt.
  • Der Vorfall hier war aber atypisch. Das Manöver von Herrn A – erst halb die Spur wechseln, dann abrupt zurückkehren und sofort stark bremsen – schuf eine unübersichtliche und für den nachfolgenden Verkehr schwer kalkulierbare Situation.

Das Gericht sagte also: Man kann dem Fahrer des Wohnmobils nicht einfach unterstellen, er habe nicht aufgepasst. Die Situation war durch das Manöver des vorderen Fahrzeugs außergewöhnlich. Damit war der Anscheinsbeweis, auf den sich die erste Instanz gestützt hatte, vom Tisch.

Trotzdem wurde der Fahrer des Wohnmobils nicht komplett freigesprochen. Das Gericht begründete seine 50-prozentige Mitschuld damit, dass die gesamte Verkehrssituation – eine Baustelle, sich verengende Spuren, dichter Verkehr – von allen Fahrern höchste Aufmerksamkeit verlangt. In einer solch unklaren Lage muss jeder damit rechnen, dass andere Fahrer unerwartet bremsen oder die Spur wechseln. Herr B hätte also besonders vorausschauend und mit großem Sicherheitsabstand fahren müssen. Da beide Fahrer Fehler gemacht haben, die zum Unfall beitrugen, sei eine hälftige Teilung der Schuld gerecht.

Darf eine Versicherung das „Deutsche Büro Grüne Karte“ überhaupt verklagen?

Die zweite wichtige Frage, die das Gericht klären musste, war, ob die klagende Versicherung das Deutsche Büro Grüne Karte überhaupt in Anspruch nehmen darf. Die Beklagten hatten ja argumentiert, dieses System sei nur für die ursprünglichen Unfallopfer da, nicht für deren Versicherungen.

Das Gericht wies dieses Argument entschieden zurück. Es erklärte die Logik des Gesetzes Schritt für Schritt:

  1. Zweck des Systems: Das Grüne-Karte-System soll es Opfern von Unfällen mit ausländischen Fahrzeugen einfach machen. Sie sollen einen Ansprechpartner in ihrem Heimatland haben und nicht im Ausland klagen müssen.
  2. Der Anspruchsübergang: Wenn eine Kaskoversicherung den Schaden ihres Kunden bezahlt, geht der Schadensersatzanspruch des Kunden gegen den Verursacher automatisch auf die Versicherung über. Juristen nennen das Legalzession oder gesetzlichen Forderungsübergang (§ 86 VVG). Das bedeutet, die Versicherung tritt rechtlich an die Stelle ihres Kunden und kann nun dessen Rechte geltend machen.
  3. Die logische Folge: Da die Versicherung nun die rechtliche Position des ursprünglichen Geschädigten einnimmt, hat sie auch dieselben Rechte. Wenn also der geschädigte Herr A das Deutsche Büro Grüne Karte direkt hätte verklagen können, dann kann es seine Versicherung nach dem Anspruchsübergang ebenfalls.

Das Gericht stellte klar, dass es dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechen würde, Versicherungen von diesem Recht auszuschließen. Der Schutz des Opfers wird dadurch sichergestellt, dass sein Schaden schnell reguliert wird – und dazu gehört auch, dass seine Versicherung sich das Geld unkompliziert vom Verantwortlichen zurückholen kann.

Warum wurden die Verfahrensfehler-Vorwürfe der Beklagten zurückgewiesen?

Zuletzt prüfte das Gericht noch den Vorwurf der Beklagten, das erste Gericht habe Fehler im Verfahren gemacht, weil es kein Gutachten eingeholt habe. Auch hier war das OLG anderer Meinung. Es stellte fest, dass die Beklagten in der ersten Instanz selbst keine Beweise angeboten oder den Unfallhergang konkret bestritten hatten. Der Fahrer des Wohnmobils hatte den von der Klägerseite geschilderten Ablauf lediglich „mit Nichtwissen bestritten“. Das ist juristisch unzulässig, wenn man selbst am Geschehen beteiligt war. Wer dabei war, muss auch konkret sagen, was aus seiner Sicht anders gelaufen ist. Da dies nicht geschah, durfte das erste Gericht von dem geschilderten Ablauf ausgehen und musste nicht zwingend weitere Beweise erheben.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das OLG Frankfurt verdeutlicht, wie bei internationalen Verkehrsunfällen sowohl die Haftungsverteilung als auch die Anspruchsdurchsetzung gegen ausländische Versicherungen zu bewerten sind.

  • Anscheinsbeweis bei atypischen Unfallabläufen: Das Urteil stellt klar, dass der normalerweise bei Auffahrunfällen geltende Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden entfällt, wenn der Unfallhergang durch ungewöhnliche Manöver des vorausfahrenden Fahrzeugs (hier: abgebrochener Spurwechsel mit sofortigem Bremsvorgang) geprägt ist. In solchen atypischen Situationen muss die Schuldfrage ohne diese Beweiserleichterung individuell bewertet werden.
  • Erhöhte Sorgfaltspflicht in komplexen Verkehrssituationen: Daraus folgt, dass alle Verkehrsteilnehmer in unübersichtlichen Situationen wie Baustellen mit verengten Fahrspuren eine besonders hohe Aufmerksamkeit und Voraussicht walten lassen müssen, da mit unvorhersehbaren Reaktionen anderer Fahrer zu rechnen ist.
  • Versicherungsrechtlicher Anspruchsübergang im Grüne-Karte-System: Das Gericht bestätigt, dass Kaskoversicherungen nach Schadensregulierung durch Legalzession in die Rechtsposition ihrer Versicherungsnehmer eintreten und damit auch berechtigt sind, das Deutsche Büro Grüne Karte als Ansprechpartner für ausländische Versicherungen in Anspruch zu nehmen.

Die Entscheidung schafft wichtige Klarheit darüber, wie ungewöhnliche Verkehrssituationen die üblichen Haftungsgrundsätze durchbrechen können und wie das System der grenzüberschreitenden Schadensregulierung auch für Versicherungen funktioniert.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wer ist der richtige Ansprechpartner, wenn ein im Ausland versichertes Fahrzeug in Deutschland einen Unfall verursacht?

Wenn ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen in Deutschland einen Unfall verursacht und Sie der Geschädigte sind, ist der zentrale Ansprechpartner in Deutschland das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. Dieses Büro ist eine Art Brücke zwischen den nationalen Versicherungsgesellschaften und dem internationalen System der Kraftfahrzeugversicherungen.

Rolle des Deutschen Büros Grüne Karte

Das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. hat die Aufgabe, Ihnen als Unfallopfer die Geltendmachung Ihrer Ansprüche zu erleichtern. Es ist dafür zuständig, den in Deutschland zuständigen Korrespondenzversicherer des ausländischen Unfallverursachers zu ermitteln. Jede ausländische Kfz-Haftpflichtversicherung, die in einem Land des Grünen-Karte-Systems angesiedelt ist, benennt in der Regel einen solchen Korrespondenzversicherer in Deutschland. Dies ist eine deutsche Versicherungsgesellschaft, die im Auftrag der ausländischen Versicherung den Schaden in Deutschland abwickelt. Für Sie bedeutet das, dass Sie Ihre Ansprüche nicht direkt bei der ausländischen Versicherung im Ausland anmelden müssen, sondern einen Ansprechpartner hier in Deutschland haben.

So funktioniert die Schadenregulierung

Das Grüne-Karte-System wurde geschaffen, um Geschädigten in einem fremden Land die Schadenregulierung zu vereinfachen und Rechtssicherheit zu geben. Wenn Sie sich an das Deutsche Büro Grüne Karte wenden, wird dieses aufgrund der von Ihnen bereitgestellten Informationen – wie dem Kennzeichen des ausländischen Fahrzeugs und dem Herkunftsland – ermitteln, welche deutsche Versicherung für die Abwicklung des Schadens zuständig ist. Anschließend können Sie Ihre Ansprüche direkt bei dieser deutschen Versicherungsgesellschaft geltend machen. Dies gewährleistet, dass Sie Ihre Forderungen nach deutschem Recht und in deutscher Sprache klären können, ohne sich mit den Gesetzen oder der Sprache des Unfallverursacherlandes auseinandersetzen zu müssen.


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Was genau ist das Deutsche Büro Grüne Karte und welche Rolle spielt es bei internationalen Unfällen?

Das Deutsche Büro Grüne Karte (DBGK) ist eine zentrale Institution im Bereich der internationalen Kfz-Haftpflichtversicherung. Es ist ein Verein, der von allen deutschen Kfz-Haftpflichtversicherern getragen wird. Seine Hauptaufgabe ist es, die Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen mit Auslandsbezug erheblich zu vereinfachen. Es ist Teil eines europaweiten (und darüber hinausgehenden) Netzwerks, das als „Grüne-Karte-System“ bekannt ist.

Seine Rolle als Garant und Vermittler bei Unfällen in Deutschland

Stellen Sie sich vor, Sie haben in Deutschland einen Verkehrsunfall, und der Unfallverursacher fährt ein ausländisches Fahrzeug. Ohne das Deutsche Büro Grüne Karte müssten Sie Ihre Ansprüche direkt bei der ausländischen Versicherung des Verursachers geltend machen. Das könnte kompliziert sein, zum Beispiel wegen Sprachbarrieren, unterschiedlicher Gesetze oder der Schwierigkeit, die ausländische Versicherung überhaupt zu erreichen.

Hier kommt das Deutsche Büro Grüne Karte ins Spiel:

  • Vermittler: Es fungiert als Ansprechpartner und Vermittler für Geschädigte in Deutschland, wenn ein Unfall durch ein Fahrzeug aus dem Ausland verursacht wurde, dessen Versicherung zum Grünen-Karte-System gehört. Sie können sich an das DBGK wenden, und es übernimmt die Kommunikation mit der ausländischen Versicherung.
  • Garant: Das DBGK ist in diesem Fall der Garant für Ihre Ansprüche. Das bedeutet, dass es im Rahmen des Systems dafür einsteht, dass der Schaden reguliert wird. Sollte die ausländische Versicherung Schwierigkeiten machen oder sich nicht melden, kann das Deutsche Büro Grüne Karte selbst einspringen und den Schaden regulieren. Es verhindert also, dass Sie auf Ihren Kosten sitzen bleiben oder sich mit komplexen internationalen Rechtsfragen auseinandersetzen müssen.

Für Sie als Geschädigten bedeutet dies eine erhebliche Erleichterung und Absicherung. Sie müssen sich nicht um die mühsame Korrespondenz mit einer ausländischen Versicherung kümmern oder ins Ausland reisen, um Ihre Ansprüche durchzusetzen. Das Deutsche Büro Grüne Karte übernimmt diese Aufgabe und minimiert bürokratische Hürden. Es sorgt dafür, dass die Abwicklung von Kfz-Schäden im internationalen Kontext reibungsloser und sicherer funktioniert.

Das System basiert auf internationalen Abkommen, die sicherstellen, dass Fahrzeuge, die über die Grenze fahren, ausreichend versichert sind und dass Geschädigte im Falle eines Unfalls in ihrem Heimatland unkompliziert zu ihrem Recht kommen.


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Kann meine eigene Kaskoversicherung Ansprüche gegen das Deutsche Büro Grüne Karte geltend machen, nachdem sie meinen Schaden bezahlt hat?

Ja, das ist grundsätzlich der Fall. Wenn Ihre eigene Kaskoversicherung Ihnen den Schaden an Ihrem Fahrzeug bezahlt hat, gehen Ihre ursprünglichen Rechte gegen den Verursacher des Schadens – und damit auch gegen dessen Versicherung oder deren Vertreter in Deutschland – auf Ihre Kaskoversicherung über.

Übergang der Ansprüche auf die Versicherung

Dieses Prinzip wird als Forderungsübergang bezeichnet. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Unfall, der nicht Ihre Schuld war, und Ihr Fahrzeug wird beschädigt. Sie haben nun einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Unfallverursacher. Wenn Ihre Kaskoversicherung den Schaden an Ihrem Fahrzeug bezahlt, tritt sie in Ihre Rechte ein. Das bedeutet, dass Ihre Versicherung nun selbst die Möglichkeit hat, den von ihr gezahlten Betrag vom Verursacher oder dessen Versicherung zurückzufordern.

Rolle des Deutschen Büros Grüne Karte

Das Deutsche Büro Grüne Karte ist in Deutschland für die Abwicklung von Schadensfällen zuständig, die von ausländischen Fahrzeugen verursacht wurden, deren Versicherer Mitglieder des Grünen Karte-Systems sind. Es ist sozusagen der Ansprechpartner in Deutschland, wenn der Unfallverursacher aus dem Ausland kommt und eine gültige Grüne Karte besitzt.

Was das für Sie bedeutet

Da die Ansprüche auf Ihre eigene Kaskoversicherung übergegangen sind, ist diese nun berechtigt, sich direkt an das Deutsche Büro Grüne Karte zu wenden, um den gezahlten Schaden zurückzuerhalten. Für Sie als Versicherten ist das in der Regel vorteilhaft, da Sie sich nicht selbst um die Rückforderung kümmern müssen, nachdem Ihre Kaskoversicherung den Schaden reguliert hat. Ihre Versicherung übernimmt diesen Prozess für Sie.


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Wann gilt der sogenannte Anscheinsbeweis bei Auffahrunfällen und wann nicht?

Der sogenannte Anscheinsbeweis ist eine juristische Regel, die bei Auffahrunfällen häufig zur Anwendung kommt. Er soll die Klärung der Schuldfrage erleichtern, wenn der Unfallhergang einem erfahrungsgemäß typischen Muster entspricht.

Was der Anscheinsbeweis bedeutet

Stellen Sie sich vor, es gibt eine Situation, die sich nach allgemeiner Lebenserfahrung immer auf eine bestimmte Art und Weise ereignet, es sei denn, es liegt eine Ausnahme vor. Bei Auffahrunfällen geht man im Allgemeinen davon aus, dass der Auffahrende (also das Fahrzeug, das von hinten auf ein anderes auffährt) den Unfall verursacht hat. Dies liegt meist an unzureichendem Sicherheitsabstand, zu hoher Geschwindigkeit oder mangelnder Aufmerksamkeit.

Der Anscheinsbeweis bedeutet, dass das Gericht diesen typischen Hergang als gegeben ansehen kann, ohne dass der Geschädigte dies aufwändig beweisen muss. Das vereinfacht die sogenannte Beweislast, also wer vor Gericht was beweisen muss.

Wann der Anscheinsbeweis gilt: Der „typische“ Auffahrunfall

Der Anscheinsbeweis greift immer dann, wenn der Auffahrunfall einem typischen Ablauf folgt. Dies ist der Fall, wenn das vorausfahrende Fahrzeug einfach vor Ihnen fährt und Sie aus Gründen wie ungenügendem Sicherheitsabstand, Unaufmerksamkeit oder nicht angepasster Geschwindigkeit von hinten auf dieses Fahrzeug auffahren. In solchen Fällen wird vermutet, dass der Auffahrende schuld an dem Unfall ist.

Für Sie als Auffahrenden bedeutet das: Sie müssen dann nachweisen, dass der Unfall eben nicht auf Ihre Fahrweise zurückzuführen ist, sondern auf ein untypisches oder fehlerhaftes Verhalten des vorausfahrenden Fahrzeugs.

Wann der Anscheinsbeweis nicht gilt: Der „atypische“ Auffahrunfall

Der Anscheinsbeweis gilt nicht, wenn der Unfallhergang „atypisch“ war. Das bedeutet, die Umstände waren so ungewöhnlich, dass sie nicht der normalen Lebenserfahrung entsprechen. Beispiele für einen atypischen Auffahrunfall können sein:

  • Das vorausfahrende Fahrzeug bremst plötzlich und grundlos extrem stark ab (sogenannte „Kollisionsbremsung“ ohne Notwendigkeit).
  • Das vorausfahrende Fahrzeug wechselt unmittelbar vor dem Aufprall abrupt die Fahrspur und schneidet Sie dabei.
  • Die Bremslichter des vorausfahrenden Fahrzeugs sind defekt und der Fahrer bremst unerwartet stark ab.
  • Das vorausfahrende Fahrzeug rollt rückwärts auf das hintere Fahrzeug zu.

In solchen atypischen Fällen kann der Anscheinsbeweis nicht angewendet werden. Hier obliegt es dem aufgefahrenen Fahrzeug, nachzuweisen, dass ein solcher untypischer Umstand den Auffahrunfall verursacht hat. Wenn dies gelingt, ist die Schuldfrage nicht automatisch beim Auffahrenden, sondern muss im Einzelfall detailliert geklärt werden, oft unter Berücksichtigung der individuellen Umstände beider Fahrer.

Zusammenfassend: Der Anscheinsbeweis ist eine hilfreiche Annahme bei Standard-Auffahrunfällen, die die Beweisführung erleichtert. Bei untypischen oder außergewöhnlichen Umständen wird er jedoch nicht angewendet und es ist Sache desjenigen, der sich darauf beruft, diese Umstände zu beweisen.


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Welche Faktoren beeinflussen die Verteilung der Schuld bei einem Verkehrsunfall?

Die Verteilung der Schuld nach einem Verkehrsunfall ist selten eine einfache „Schwarz-Weiß“-Frage. Gerichte berücksichtigen viele Aspekte, um die Verantwortung aufzuteilen. Hier spielen sowohl die Gefährlichkeit des beteiligten Fahrzeugs als auch das individuelle Verhalten der Fahrer eine Rolle.

Die Bedeutung der Betriebsgefahr

Zunächst ist es wichtig, die sogenannte Betriebsgefahr zu verstehen. Jedes Kraftfahrzeug, das am Straßenverkehr teilnimmt, stellt aufgrund seiner bloßen Existenz und der Möglichkeit, bewegt zu werden, eine potenzielle Gefahr dar. Dies bedeutet, dass selbst wenn Sie einen Unfall nicht direkt verschuldet haben, Ihnen ein Anteil an der Verantwortung zugewiesen werden kann, weil Ihr Fahrzeug an dem Unfall beteiligt war. Diese Betriebsgefahr ist eine Art Grundrisiko, das dem Betrieb eines Fahrzeugs innewohnt.

Das individuelle Verschulden der Fahrer

Neben der Betriebsgefahr ist das Verschulden der beteiligten Personen der entscheidende Faktor. Hierbei wird geprüft, ob einer der Fahrer gegen Verkehrsregeln verstoßen oder unaufmerksam gehandelt hat. Solche Verstöße können die Verursachung eines Unfalls erheblich beeinflussen.

Typische Verhaltensweisen, die ein Verschulden begründen und zu einer Mitschuld führen können, sind:

  • Geschwindigkeitsüberschreitungen: Zu schnelles Fahren erschwert das rechtzeitige Reagieren.
  • Nichtbeachtung der Vorfahrt: Wer die Vorfahrt missachtet, trägt oft eine erhebliche Schuld.
  • Abstandsverstöße: Ein zu geringer Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug ist eine häufige Ursache für Auffahrunfälle.
  • Ablenkung am Steuer: Die Nutzung des Mobiltelefons oder andere Ablenkungen führen oft zu fehlender Aufmerksamkeit.
  • Alkoholeinfluss oder Drogenkonsum: Diese beeinträchtigen die Fahrtüchtigkeit erheblich.
  • Falsches Einschätzen von Verkehrssituationen: Dazu gehören beispielsweise das Übersehen eines Fahrzeugs beim Abbiegen oder Spurwechsel.
  • Fehler beim Parken oder Rangieren: Auch hier kann es zu Kollisionen kommen, wenn man unachtsam ist.
  • Technische Mängel am Fahrzeug: Wenn ein Fahrzeug aufgrund mangelhafter Wartung (z.B. abgefahrene Reifen, defekte Bremsen) am Unfall beteiligt ist, kann dies ebenfalls ein Verschulden darstellen.

Die Rolle des Anscheinsbeweises

In bestimmten Unfallsituationen gibt es einen sogenannten Anscheinsbeweis. Das bedeutet, dass aufgrund des typischen Unfallhergangs eine erste Annahme über die Schuldverteilung getroffen werden kann. Ein klassisches Beispiel ist der Auffahrunfall: Hier spricht der Anscheinsbeweis in der Regel dafür, dass der Auffahrende den Unfall verschuldet hat, weil er entweder zu schnell war oder zu wenig Abstand gehalten hat. Dieser Anscheinsbeweis ist jedoch nicht unumstößlich. Er kann entkräftet werden, wenn der andere Unfallbeteiligte beispielsweise plötzlich und grundlos stark abgebremst hat.

Abwägung der Verursachungsbeiträge

Wenn ein Gericht über die Schuldverteilung entscheidet, werden alle Umstände des Einzelfalls sorgfältig gegeneinander abgewogen. Man berücksichtigt, in welchem Maße die Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge und das Verschulden der einzelnen Fahrer zum Unfall beigetragen haben. Das Gericht bewertet dabei, welche Partei welche Verkehrspflichten verletzt hat und wie schwerwiegend diese Pflichtverletzungen waren. Das Ergebnis dieser Abwägung ist dann oft eine prozentuale Aufteilung der Schuld, zum Beispiel 70/30 oder 50/50. Dies zeigt, dass selbst bei einem offensichtlichen Verstoß oft eine Mitschuld des anderen Beteiligten in Betracht gezogen werden kann, sei es durch die Betriebsgefahr oder eigenes Fehlverhalten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Anscheinsbeweis

Der Anscheinsbeweis ist eine Beweiserleichterung im Zivilrecht, die besonders bei typischen Verkehrsunfällen angewendet wird. Er beruht auf der Erfahrung, dass ein bestimmter Unfallhergang in der Regel so abläuft, wie es der Beweisregel zugrunde liegt – zum Beispiel, dass bei einem Auffahrunfall meist der Auffahrende schuld ist. Dadurch muss die geschädigte Partei nicht selbst beweisen, wer den Unfall verursacht hat, sondern es wird vermutet, dass der Auffahrende verantwortlich ist. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn besondere, untypische Umstände den Unfall verursacht haben und das Gericht entsprechend anders entscheidet.

Beispiel: Wenn ein Fahrzeug auf der Autobahn ohne erkennbaren Grund stark abbremst und der hintere Fahrer auffährt, könnte der Anscheinsbeweis nicht greifen, da die Situation atypisch ist.

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Passivlegitimation

Passivlegitimation bezeichnet die Frage, ob eine verklagte Person oder Organisation auch rechtlich zur Abwehr einer Forderung berechtigt ist. Anders gesagt: Es geht darum, ob man „den richtigen“ Beklagten vor Gericht hat. Nur wer passivlegitimiert ist, kann verklagt werden, da er für die begehrte Forderung auch haftet oder verantwortlich gemacht werden kann. Im vorliegenden Fall war die wichtige Frage, ob das Deutsche Büro Grüne Karte – als Vermittler und Garant im internationalen Schadenersatzrecht – überhaupt als Beklagter infrage kommt.

Beispiel: Wenn jemand einen Schaden durch ein ausländisches Fahrzeug erleidet, kann er nicht einfach irgendwen verklagen, sondern muss den rechtlich Zuständigen in Deutschland ansprechen, der passivlegitimiert ist.

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Forderungsübergang (Legalzession)

Der Forderungsübergang, auch Legalzession genannt, beschreibt, dass nach Zahlung eines Schadens an den Geschädigten (zum Beispiel durch seine Kaskoversicherung) der Anspruch gegen den Schuldigen automatisch auf die Versicherung übergeht (§ 86 Versicherungsvertragsgesetz – VVG). Die Versicherung tritt damit juristisch an die Stelle des Geschädigten und kann selbst dessen Rechte geltend machen, zum Beispiel Rückforderung von Schadenskosten vom Unfallverursacher oder dessen Versicherung. Dies soll sicherstellen, dass Versicherungen ihre Auslagen zurückholen können, ohne dass der Geschädigte erneut klagen muss.

Beispiel: Ihre Kaskoversicherung bezahlt die Reparatur Ihres Autos. Danach kann die Versicherung den Unfallverursacher direkt zur Rückzahlung auffordern.

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Betriebsgefahr

Betriebsgefahr beschreibt das grundsätzlich mit dem Betrieb eines Fahrzeugs verbundene Risiko, das unabhängig von einem konkreten Verschulden zu einer Haftung führen kann. Jedes Fahrzeug stellt eine potenzielle Gefahrenquelle im Straßenverkehr dar, und die Beteiligung an einem Unfall hat oft auch eine Mitschuld wegen dieser Betriebsgefahr zur Folge. Das heißt, selbst wenn der Fahrer keine Verkehrsregel verletzt hat, trägt er eine Teilverantwortung für den Unfall, weil sein Fahrzeug Teil des Verkehrsrisikos ist.

Beispiel: Wenn ein Fahrzeug ohne eigenes Verschulden in einen Unfall verwickelt wird, kann trotzdem eine Mitschuld wegen Betriebsgefahr gegeben sein.

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Deutsches Büro Grüne Karte

Das Deutsche Büro Grüne Karte ist eine zentrale deutsche Organisation im internationalen Kraftfahrthaftpflichtversicherungssystem („Grüne Karte“-System). Es fungiert als deutscher Ansprechpartner und Vermittler für Ansprüche, die aus Unfällen mit ausländischen Fahrzeugen entstehen, deren Versicherungen Mitglieder des Systems sind. Das Büro sorgt dafür, dass Geschädigte in Deutschland ihre Schadenersatzansprüche einfach geltend machen können, ohne direkt im Ausland klagen zu müssen. Es garantiert außerdem die Regulierung von Schäden, falls die ausländische Versicherung nicht leistet.

Beispiel: Wenn ein niederländisches Auto in Deutschland einen Unfall verursacht, müssen Unfallopfer oder deren Versicherungen ihre Ansprüche nicht bei einer Versicherung in den Niederlanden durchsetzen, sondern wenden sich an das Deutsche Büro Grüne Karte in Deutschland.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 7 StVG: Dieser Paragraph regelt die sogenannte Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters. Er besagt, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs grundsätzlich für Schäden haftet, die durch den Betrieb seines Fahrzeugs entstehen, selbst wenn ihn kein direktes Verschulden trifft. Dies schützt Unfallopfer, da sie nicht das individuelle Fehlverhalten des Fahrers nachweisen müssen, sondern lediglich, dass der Schaden durch das Fahrzeug verursacht wurde. Es ist eine Haftung aus der bloßen Gefahr, die von einem Fahrzeug ausgeht. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Dieser Paragraph bildet die primäre rechtliche Grundlage für den Schadensersatzanspruch gegen den Halter des Wohnmobils, da der Unfall durch den Betrieb seines Fahrzeugs verursacht wurde.
  • Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 17 StVG: Dieser Paragraph befasst sich mit der Haftungsverteilung, wenn an einem Unfall mehrere Fahrzeuge beteiligt sind und die Beteiligten jeweils eine Mitschuld tragen oder die Betriebsgefahr ihrer Fahrzeuge zum Schaden beiträgt. Das Gericht wägt dabei die jeweiligen Verursachungsbeiträge und Verschuldensanteile der Unfallbeteiligten gegeneinander ab. Ziel ist es, eine gerechte Verteilung des Schadens zu erreichen, die der jeweiligen Verantwortlichkeit entspricht. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG hat auf Basis dieses Paragraphen die Haftung zwischen Herrn A und Herrn B im Verhältnis 50:50 aufgeteilt, da es beiden Fahrern unfallursächliche Fehler anlastete.
  • Anscheinsbeweis im Straßenverkehrsrecht: Der Anscheinsbeweis ist eine Beweiserleichterung im Zivilprozess, die bei typischen Geschehensabläufen zur Anwendung kommt. Er besagt, dass bei einem nach der Lebenserfahrung typischen Unfallhergang eine bestimmte Ursache oder ein bestimmtes Verschulden vermutet wird. Bei einem Auffahrunfall spricht der Anscheinsbeweis beispielsweise dafür, dass der Auffahrende entweder zu schnell war oder zu geringen Abstand hielt. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht hatte diesen Anscheinsbeweis angewandt, das OLG hat ihn jedoch abgelehnt, weil der abgebrochene Spurwechsel des Herrn A den Unfallhergang als atypisch und nicht als klassischen Auffahrunfall qualifizierte.
  • Deutsches Büro Grüne Karte und das Grüne-Karte-System: Das Grüne-Karte-System ist ein internationales Abkommen, das die Abwicklung von Verkehrsunfällen mit Auslandsbezug vereinfacht. Das Deutsche Büro Grüne Karte ist die zuständige Stelle in Deutschland, die als regulierender Ansprechpartner für Schäden auftritt, die von im Ausland versicherten Fahrzeugen in Deutschland verursacht wurden. Es garantiert, dass Geschädigte ihre Ansprüche in ihrem Heimatland geltend machen können, ohne sich direkt an eine ausländische Versicherung wenden zu müssen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kaskoversicherung des Herrn A konnte das Deutsche Büro Grüne Karte direkt verklagen, da das Wohnmobil in den Niederlanden versichert war und das System einen unkomplizierten Anspruchsübergang ermöglicht.
  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 86 VVG: Dieser Paragraph regelt den gesetzlichen Forderungsübergang, auch Legalzession genannt. Er besagt, dass, wenn eine Versicherung einen Schaden an ihren Versicherungsnehmer zahlt, dessen Schadensersatzanspruch gegen den Verursacher automatisch auf die zahlende Versicherung übergeht. Die Versicherung tritt damit rechtlich an die Stelle des Geschädigten und kann dessen Rechte in eigenem Namen geltend machen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anspruch von Herrn A gegen den Unfallverursacher und das Deutsche Büro Grüne Karte ist aufgrund dieses Paragraphen auf seine Vollkaskoversicherung übergegangen, wodurch diese passivlegitimiert war, Klage zu erheben.

Das vorliegende Urteil


OLG Frankfurt – Az.: 9 U 5/24 – Urteil vom 29.04.2025


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