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Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung eines schadstoffreduzierten Pkws

BUNDESFINANZHOF

Az.: VII R 74/00

Urteil vom 12. Juni 2001

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG


Leitsatz:

Für die Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung für besonders schadstoffreduzierte PKW kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug ununterbrochen angemeldet war oder aber vorübergehend stillgelegt worden ist.

Normen: § 3b Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 KraftStG 1994 i.d.F. vom 6. August 1998, § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG 1994 i.d.F. vom 19. Dezember 2000


Gründe

I.

Auf den Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde am 8. Januar 1999 ein PKW (Fremdzündungsmotor, Schadstoffschlüssel 30, sog. Euro-3-PKW) zugelassen. Die Erstzulassung des Fahrzeugs war bereits am 23. Dezember 1997 erfolgt. In der Zeit vom 29. Dezember 1997 bis 5. Februar 1998 und vom 11. November 1998 bis 8. Januar 1999 war der PKW stillgelegt.

Mit Bescheid vom … befreite der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) das Halten des Fahrzeugs für die Zeit vom 23. Dezember 1997 bis 24. März 1999 von der Kraftfahrzeugsteuer und setzte die Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) ab 25. März 1999 auf jährlich 200 DM fest.

Die dagegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage, mit der der Kläger begehrte, die befristet gewährte Steuerbefreiung um die Zeiten der vorübergehenden Stilllegung zu verlängern, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führt in seiner Entscheidung im Wesentlichen aus, dass die Zeiten der vorübergehenden Stilllegung des Fahrzeuges nach der Regelung in § 3b Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 KraftStG nicht zu einer Verlängerung der Steuerbefreiung führen. Hierfür spreche insbesondere der gesetzgeberische Wille und das mit der Norm verfolgte Ziel. Wortlaut und Systematik ließen eine solche Auslegung ebenfalls zu.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Steuerbefreiung gemäß § 3b KraftStG werde gewährt, bis ein bestimmter Betrag erreicht sei, nicht für einen von vornherein festgelegten Zeitraum. Die Regelung des § 3b Abs. 1 Satz 4 2. Halbsatz sei daher nach dem eindeutigen Wortlaut dahin zu verstehen, dass sich im Falle einer vorübergehenden Stilllegung die Dauer der Steuerbefreiung um den entsprechenden Zeitraum verlängere. Da während der Zeit der Stilllegung keine Kraftfahrzeugsteuer anfalle, werde der Befreiungsbetrag später erreicht als bei einer ununterbrochenen Zulassung. Für diese Auslegung spreche auch die in § 3b KraftStG festgeschriebene Zeitbegrenzung zum 1. Januar 2006. Der Verlängerung der Dauer der Steuerbefreiung um Stillstandszeiten komme im Hinblick auf die damit erstrebte Emmissionsverringerung bei einer Vielzahl von Fahrzeugen (Tageszulassungen, Vorführwagen, Jahreswagen) eine grundsätzliche Bedeutung zu, da die noch nicht verbrauchte Steuerbefreiung ein zusätzlicher Anreiz für potentielle Käufer wäre. Die Nichtberücksichtigung der Stillstandszeiten könne daher nicht Normzweck sein.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und unter Abänderung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom … das FA zu verpflichten, das Fahrzeug für den Zeitraum der Stilllegung von der Kraftfahrzeugsteuer zu befreien und die Kraftfahrzeugsteuer unter Anrechnung des Zeitraums der Stilllegung neu festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger durch den angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–), da die dem Kläger für das Fahrzeug gewährte Steuerbefreiung nicht um die Zeiten der Stilllegung hinauszuschieben ist.

Gemäß § 3b Abs. 1 Sätze 1 und 2 KraftStG in der vorliegend anzuwendenden Fassung des Art. 3 des Gesetzes zur Neuordnung des Zerlegungsrechts und zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuerrechts vom 6. August 1998 (BGBl I 1998, 1998, 2002) ist das Fahrzeug des Klägers –was zwischen den Beteiligten unstreitig ist– ab dem 23. Dezember 1997, dem Tag der Erstzulassung, steuerbefreit. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten ebenfalls, dass die Dauer der Steuerbefreiung beim streitgegenständlichen PKW (Euro-3-PKW) gemäß § 3b Abs. 1 Satz 4 1. Halbsatz KraftStG endet, sobald die Steuerersparnis vor dem 1. Januar 2006 auf der Grundlage der Steuersätze gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a KraftStG (vorliegend 10 DM je 100 ccm) einen Betrag von 250 DM erreicht hat, die Steuerbefreiung also bei ununterbrochener Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr mit dem 24. März 1999 abgelaufen wäre.

Streitig ist vorliegend allein, ob und wie die Zeiten der Stilllegung, die nach der Erstzulassung, aber vor dem Ablauf der bei ununterbrochener Zulassung zu ermittelnden Steuerbefreiungsfrist liegen, zu berücksichtigen sind. Diesen Sachverhalt erfasst die Regelung in § 3b Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 (heute: Satz 7) KraftStG. Danach wird die Dauer einer vorübergehenden Stilllegung bei der Berechnung der sich aus dem vorhergehenden Halbsatz (§ 3b Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 KraftStG) ergebenden Beträge berücksichtigt.

Zuzugeben ist, dass der Wortlaut des § 3b Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 KraftStG auslegungsfähig erscheint. Die Formulierung lässt bei vordergründiger Betrachtung nicht eindeutig erkennen, in welcher Weise die Dauer der vorübergehenden Stilllegung berücksichtigt werden soll. Insoweit erscheint sowohl eine Verlängerung des Steuerbefreiungszeitraums als auch eine Anrechnung auf die Dauer der Steuerbefreiung möglich.

Der erkennende Senat legt diese Vorschrift in Übereinstimmung mit der Vorinstanz dahin aus, dass die Tage der vorübergehenden Stilllegung bei der Ermittlung der Dauer der Steuerbefreiung mitgezählt werden und es für die Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung nicht darauf ankommt, ob ein Fahrzeug, nachdem es erstmals zum Verkehr zugelassen worden ist, ununterbrochen angemeldet ist, oder aber –wie vorliegend– vorübergehend stillgelegt wird.

Diese Auslegung der Vorschrift liegt bereits angesichts der positiven Formulierung in dem streitigen Halbsatz nahe. Hätte der Gesetzgeber die von dem Kläger begehrte Verlängerung der Steuerbefreiung um die Stilllegungszeiten gewollt, hätte er eine negative Formulierung der Gestalt wählen müssen, dass die Zeiten der vorübergehenden Stilllegung bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden.

Die Auslegung entspricht zudem der Berücksichtigung von Stilllegungszeiten wie sie in den bisherigen Steuerbefreiungsvorschriften der § 3e, § 3f KraftStG geregelt waren. Diese Regelungen sind mit dem Gesetz zur stärkeren Berücksichtigung der Schadstoffemissionen bei der Besteuerung von PKW (Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 –KraftStÄndG 1997–) vom 18. April 1997 (BGBl I 1997, 805) aufgehoben und durch die Neuregelung des § 3b KraftStG ersetzt worden. Gemäß §§ 3e und 3f KraftStG a.F. wurde die Steuerbefreiung für bestimmte Kraftfahrzeuge für einen genau vorgegebenen Zeitraum gewährt. Die Steuerbefreiung endete gemäß § 3e Abs. 2 Satz 4 und § 3f Abs. 2 KraftStG a.F. unabhängig von einer vorübergehenden Stilllegung. Auch der Kläger räumt ein, dass die Zeiten der vorübergehenden Stilllegung angesichts dieser Regelung auf die Dauer der Steuerbefreiung keinen Einfluss hatten und die Steuerbefreiung in diesem Fall verbraucht wurde. Dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 3b KraftStG nunmehr in Abkehr von seiner bisherigen Praxis die Dauer der Steuerbefreiung um Zeiten der Stilllegung verlängern wollte, ist nicht ersichtlich und hat in dem Gesetzestext auch keinen Niederschlag gefunden. Aus der betragsmäßigen Erwähnung der Steuerersparnis in § 3b Abs. 1 Satz 4 1. Halbsatz KraftStG lässt sich das vom Kläger erwünschte Ergebnis ebenfalls nicht ableiten. Insoweit handelt es sich nicht, wie der Kläger meint, um eine grundlegende Änderung des Systems der Steuerbefreiung. Die Steuerbefreiung wird vielmehr, ebenso wie in den vorhergehenden Befreiungsvorschriften der §§ 3e, 3f KraftStG a.F., zeitraumbezogen gewährt. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass in den bisherigen Regelungen der § 3e Abs. 2, § 3f Abs. 2 KraftStG a.F. die Befreiungszeiträume im Einzelnen gestaffelt nach Hubraum vorgegeben worden sind, während § 3b Abs. 1 Satz 4 KraftStG nunmehr verschiedene Parameter vorgibt, die eine Berechnung der individuellen Dauer der Steuerbefreiung erfordern. Auch wenn die betragsmäßige Kappung in den §§ 3e und 3f KraftStG a.F. nicht ausdrücklich aufgeführt war, lag sie dennoch, wie sich der zeitlichen Staffelung der Befreiungszeiträume, die an den Hubraum gekoppelt war, entnehmen lässt, den Berechnungen zugrunde.

Dass der Gesetzgeber die vorübergehenden Stilllegungszeiten wie bisher berücksichtigt wissen wollte, ergibt sich zudem auch aus den Begründungen in den Gesetzesmaterialien. § 3b KraftStG ist, wie erwähnt, mit Wirkung vom 1. Juli 1997 durch das KraftStÄndG 1997 (Art. 1 Nr. 4, Art. 5 Abs. 4 Satz 2) in das KraftStG eingefügt worden. In dem diesbezüglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 13/4918) enthielt § 3b Abs. 1 Satz 2 (inhaltsgleich mit der vorliegend anzuwendenden Fassung des Satzes 4) keinen Hinweis auf die Behandlung der Zeiten der Stilllegung. In der Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzesentwurf wird die Einfügung des Halbsatzes in der vorliegend anzuwendenden Fassung mit der Begründung angeregt, dass dadurch klargestellt werden soll, dass –wie bisher bei befristeten Steuerbefreiungen– vorübergehende Stilllegungen die Dauer der Steuerbefreiung nicht verlängern (BTDrucks 13/5360 S. 2 Nr. 3). Entsprechend diesem Änderungsvorschlag ist das KraftStÄndG 1997 verabschiedet worden. Dem Vorbringen des Klägers, der Gesetzgeber habe mit der Regelung in § 3b Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 KraftStG nunmehr in bewusster Abkehr von den bisherigen Steuerbefreiungsregelungen in § 3e Abs. 2 Satz 4 und § 3f Abs. 2 Satz 1 KraftStG a.F. den Zeitraum der Steuerbefreiung um Zeiten der Stilllegung verlängern wollen, kann also angesichts der Gesetzesmaterialien nicht gefolgt werden. Ebenso wenig kann sich der Kläger auf die unterschiedlichen Sprachfassungen der Regelung in § 3e Abs. 2 Satz 4 und § 3f Abs. 2 Satz 1 KraftStG a.F. gegenüber der vorliegend anzuwendenden Fassung des § 3b Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 KraftStG berufen. Denn die sprachliche Abweichung trägt, wie dargelegt, dem Umstand Rechnung, dass die Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung nicht wie bisher den Regelungen der §§ 3e, 3f KraftStG a.F. unmittelbar zu entnehmen ist, sondern auf einer Berechnungsformel beruht.

Lässt bereits die Wortlautauslegung sowie die historische Auslegung des § 3b Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 KraftStG, eine Verlängerung der Steuerbefreiungszeiten um die Zeiten der Stilllegung nicht zu, kann dahinstehen, ob diese Auslegung der Norm, wie das FG meint, ebenfalls durch den Normzweck zwingend geboten erscheint.

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