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Schlag ins Gesicht – Schmerzensgeldbemessung

LG Essen – Az.: 2 O 215/17 – Urteil vom 13.03.2018

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2000 Euro zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 65 % und der Beklagte zu 35 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vor der Vollstreckung leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Vorfall, welcher sich am …2014 gegen 11:00 Uhr morgens vor dem Haus T in D zugetragen hat.

Die Parteien waren zu dem Zeitpunkt Nachbarn und hatten bereits diverse verbale Auseinandersetzungen gehabt. Der Beklagte kam gerade vom Joggen nach Hause, als ihm der Kläger vor seinem Haus entgegen ging. Auch an diesem Tag kam es zum Streit, in dessen Verlauf der Beklagte dem Kläger einen Schlag versetzte, aufgrund dessen der Kläger zu Boden ging und gegen die Bordsteinkante prallte.

Die genauen Umstände, wie es zu dem Schlag des Beklagten kam, sind zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger erlitt durch den Schlag eine Riss-Quetsch-Wunde des Nasenrückens, eine Nasenbeinfraktur sowie eine Fraktur der neunten Rippe links. Er wurde stationär vom 30.03. bis 03.04.2014 behandelt. Es gab während dieses stationären Aufenthalts zwei HNO-Untersuchungen, bei denen keine Halsverletzungen festgestellt worden waren. Auch bei der CT-Untersuchung wurde dahingehend nichts festgestellt. Am 02.04. fand außerdem eine neurologische Untersuchung statt.

Der Kläger war bereits vor dem Vorfall mindestens seit dem Jahr 2010 aufgrund zahlreicher Krankheitserscheinungen in ambulanter Behandlung, insbesondere auch wegen Lungenerkrankungen und psychischen Problemen. Er nahm immer wieder Psychopharmaka, Beruhigungsmedikamente und blutdrucksenkende Medikamente sowie schmerzlindernde Medikamente wie Ibuprofen. Er war seit dem Jahr 2001 bereits berufsunfähig.

Der Kläger behauptet, er habe von dem streitgegenständlichen Vorfall schwerste Verletzungen davongetragen. Er habe sich in Lebensgefahr befunden. Er habe eine chronische Niereninsuffizienz, eine schwere traumatische Belastungsstörung, häufige Luftnot, einen schweren Tinnitus sowie ein Gefäßverschluss an der Aorta Carotis rechts und damit einhergehend ein erhöhtes Schlaganfallrisiko davongetragen. Sein Gesundheitszustand habe sich nach dem Vorfall drastisch verschlechtert, er habe Schmerzmedikationen in höherer Dosis einnehmen müssen. Der Kläger behauptet, bei dem Vorfall habe der Beklagte auch einen Sachschaden in Höhe von 245 Euro verursacht. Hemd, T-Shirt und Hose seien zerstört worden. Der Kläger behauptet außerdem, der Beklagte habe diverse Gegenstände zerstört. Er habe seinen Küchentisch und Schlösser beschädigt.

Der Kläger hat zunächst Klage beim Amtsgericht D erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 3000 Euro zu zahlen und festzustellen, dass sämtliche Schäden, welche auf dem Unfall beruhen, dem Beklagten auferlegt werden. Mit Schriftsatz vom 15.09.2016 und 31.10.2016 und 08.12.2016 und 18.04.2016 hat er die Klage dahingehend erweitert, als dass mindestens von einem Schmerzensgeld in Höhe von 65.000 Euro auszugehen sei. Hieraufhin hat das Amtsgericht den Rechtsstreit an das Landgericht D verwiesen. In der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2017 hat sich der Kläger versäumen lassen. In der Folge hat das Gericht ein Versäumnisurteil erlassen.

Der Kläger beantragt nunmehr, den Beklagten unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 17.10.2017 zu verurteilen, an den Kläger 3600 Euro Schmerzensgeld, 1226,40 Euro Schadensersatz zu zahlen und festzustellen, dass sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, welche auf der Verletzung des Klägers durch den Beklagten wegen des Ereignisses vom 30.03.2014 vor dem Haus T beruhen, dem Beklagten aufzuerlegen sind.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die klägerseits behaupteten Verletzungsfolgen sowie das Vorhandensein materieller Schäden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das der Akte beiliegende Gutachten sowie die mündliche Erläuterung der Sachverständigen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2018, Bl. 480 ff. Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere die zahlreichen medizinischen Stellungnahmen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Schlag ins Gesicht - Schmerzensgeldbemessung
(Symbolfoto: Von Ollyy/Shutterstock.com)

1. Die zulässige Leistungsklage ist im tenorierten Umfang begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 2000 Euro gemäß § 823 Abs. 1 BGB.

Unstreitig hat der Beklagte den Kläger durch den streitgegenständlichen Schlag verletzt.

Hierdurch hat der Kläger eine Nasenbeinfraktur, eine Riss-Quetsch-Wunde am Nasenbein sowie eine Fraktur der neunten Rippe erlitten.

Dass der Kläger auch weitere Verletzungen durch den Vorfall davongetragen hat, konnte der Kläger nicht nachweisen.

Dies steht nach der Überzeugung des Gerichts nach der Beweisaufnahme fest.

Die Sachverständige hat sowohl in ihrem schriftlichen Gutachten, als auch in ihrer ausführlichen mündlichen Erläuterung festgestellt, dass weitere Verletzungsfolgen vor dem Hintergrund der Krankengeschichte des Klägers vor dem Vorfall nicht nachgewiesen werden können. Es könne nicht mehr festgestellt werden, ob und wenn ja welche weiteren Erkrankungen des Klägers tatsächlich aus dem streitgegenständlichen Vorfall resultieren würden. Der Kläger leide nicht an einer chronischen Niereninsuffizienz. Dies sei anhand der Laborwerte, welche sich in der Regel im Bereich des normalen, manchmal wohl wegen einer vermehrten Einnahme von Ibuprofen leicht erhöht gewesen sei, festzustellen. Die Werte hätten sich jeweils nach Absetzen von Ibuprofen wieder stabilisiert. Die Sachverständige stellte hinsichtlich des Gefäßverschlusses der Aorta Carotis interna rechts fest, dass sich aufgrund der langjährigen Krankengeschichte des Klägers eine Verkalkung der Gefäße gebildet habe. Andernfalls hätte eine Halsverletzung bei dem ersten stationären Aufenthalt des Klägers nach dem Vorfall festgestellt werden müssen, dies ist bei beiden HNO-Untersuchungen nicht geschehen. Eine Zäsur in der Krankengeschichte des Klägers hat die Sachverständige anhand der Dokumentationen nicht erkennen können. Wenn er andere, modernere Medikamente verschrieben bekommen hat, so sei das nicht auf den Vorfall selbst zurückzuführen.

Die Aussage der Sachverständigen ist glaubhaft.

Sie erläuterte in der mündlichen Verhandlung ihr Gutachten ausführlich und anhand der einzelnen Dokumentationen des Hausarztes und sämtlicher behandelnder Ärzte und Krankenhäuser nachvollziehbar und widerspruchfrei. Sie erklärte die Einzelfragen für medizinische Laien gut verständlich. Sie erläuterte zunächst die lange bestehende Krankengeschichte des Klägers. Hiernach wird deutlich, dass viele der Verletzungen, die der Kläger meint aus dem Vorfall ziehen zu können, bereits vor dem Vorfall jahrelang vorhanden waren (wie insbesondere seine COPD und damit einhergehend Luftnot, Panikattacken und psychische Erkrankungen, Entzugserscheinungen). Hiernach erläuterte sie den weiteren Verlauf der Krankengeschichte auch bis weit nach dem Vorfall. Ausführlich erläuterte sie anhand einzelner Laborwerte das Nichtvorhandensein einer chronischen Niereninsuffizienz.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Sachverständigen bestehen nicht.

Dem Antrag des Klägers, ein weiteres medizinisches Gutachten erstellen zu lassen, in dem der Kläger auch persönlich untersucht werden sollte, war nach Auffassung des Gerichts nicht zu folgen. Es ist nicht ersichtlich, in wie fern eine solche Untersuchung einen bestimmten Gesundheitszustands des Klägers vor nunmehr vier Jahren bestimmen soll. Die Sachverständige hat ausreichend zu allen Fragen, auch denen neurologischer Natur, Stellung genommen. Dem Antrag des Klägers, auf Vernehmung des Zeugen I war ebenso nicht nachzukommen. Die Sachverständige hat sämtliche Dokumentationen des Hausarztes Dr. I bereits ausführlich in ihre Begutachtung mit einbezogen und gerade das Nichtvorhandensein einer chronischen Niereninsuffizienz eindeutig anhand der bestehenden Aufzeichnungen beschrieben.

Das Gericht erachtet für die unstreitigen Verletzungsfolgen ein Schmerzensgeld in Höhe von 2000 Euro angemessen. Hierbei hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass der verursachende Schlag auf einer vorsätzlichen Körperverletzung beruhte. Der Kläger wurde aufgrund des Vorfalls fünf Tage stationär im Krankenhaus behandelt. Ausweislich des Entlassungsbriefs vom 3.4.2014 wurde der Kläger jedoch in gutem Allgemeinzustand entlassen. Den klägerseits verfolgten Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 3600 Euro hält das Gericht für deutlich erhöht. Zieht man vergleichbare Rechtsprechung zu dem Vorhandensein der klägerischen Verletzungen heran, so erscheint der tenorierte Betrag durchaus angemessen, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger weitere Spätfolgen nicht nachweisen konnte.

2. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf weitere Zahlungen wegen materieller Schäden. Solche sind nicht substantiiert vorgetragen worden. Eine Berechnung des nunmehr beantragten Betrages in Höhe von 1226,40 Euro ist in keiner Weise nachvollziehbar begründet worden.

3. Der Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO ist mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Es gilt der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage. Der Vorfall liegt bereits über vier Jahre zurück, eine Bezifferung des Antrages wäre sowohl hinsichtlich der materiellen Schäden als auch der immateriellen Schäden bezifferbar gewesen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 709 ZPO.

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