Amtsgericht Gummersbach
Az: 12 C 78/13
Urteil vom 10.01.2014
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 115,76 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2013 sowie
ein Schmerzensgeld i.H.v. 1.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2013 zu zahlen und
die Klägerin von einer Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten über 43,32 € vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2013 freizustellen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 25.10.2012 in H. ereignet hat.
Am 25.10.2012 gegen 17:15 Uhr befuhr der Zeuge L. als Fahrer des im Eigentum der Klägerin stehenden Fahrzeugs VW Polo, amtliches Kennzeichen 00-JD 000 die Dr.-P.-L.-Str. in H. Die Klägerin war Beifahrerin. Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen 00-NL-000 hielt zunächst kurz hinter dem Fahrzeug der Klägerin an, rutschte dann jedoch von der Kupplung ab, worauf hin sein Fahrzeug ruckartig nach vorn versetzt wurde und mit dem Fahrzeug der Klägerin kollidierte. Die Klägerin begab sich am Tag des Unfalls zur Diagnose und Behandlung ins Krankenhaus. Es liegen Röntgenaufnahmen der Klägerin vom Tag des Unfalls vor.
Die Klägerin behauptet, der Schaden am Fahrzeug habe sich auf 2.423,72 € belaufen, sie selbst habe durch den Gurt bedingt eine nicht dislozierte Fraktur des rechten Schlüsselbeins sowie eine Schultergelenks Dehnung erlitten.
Sie beantragt wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 115,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 750,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von einer Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten über 43,32 € vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, der Unfallmechanismus – Anschluss von hinten mit geringer Geschwindigkeitsänderung – sei nicht geeignet, eine Schlüsselbeinfraktur rechts und eine Schultergelenks Dehnung hervorzurufen.
Nachdem die Klägerin ihre Ansprüche zunächst auch auf ein HWS-Syndrom gestützt hat, von dem sie behauptet, es sei durch den Unfall entstanden, hat sie die Klage mit Schriftsatz vom 11.12.2013 insoweit zurückgenommen. Der Rücknahme ist die Beklagte, nach Hinweis des Gerichts auf § 269 Abs. 2 S. 4 ZPO nicht entgegengetreten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Niederschrift aus der Sitzung vom 29.11.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Ein Anspruch auf Ersatz des durch den Unfall erlittenen Schadens ergibt sich u.a. aus §§ 7, 17,18 StVG, § 115 VVG i.V.m § 253 BGB.
Der Unfall ist durch den Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs verschuldet worden. Ihm ist ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 StVO anzulasten. Nach dieser Vorschrift muss der Abstand von einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter ihm gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird und dass eine Kollision zwischen den Fahrzeugen ausgeschlossen wird. Dagegen hat der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs verstoßen, indem er von der Kupplung abrutschte und eine Kollision herbeiführte. Vorliegend steht daher fest, dass das streitgegenständliche Verkehrsunfallereignis allein durch den Versicherungsnehmer der Beklagten verursacht wurde. Wegen des ihm anzulastenden erheblichen Verursachungs- und Verschuldensgrades tritt eine etwaige Betriebsgefahr des Klägerfahrzeuges hier gem. §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 3 StVG vollkommen zurück. Den Anspruch kann die Klägerin auch unmittelbar gegenüber der Beklagten geltend machen, § 115 VVG.
Der Unfall hat bei der Klägerin zu einem Gesundheitsschaden im Sinne des § 823 BGB geführt. Jedenfalls reichen die von den Parteien vorgelegten Arztberichte nach Ansicht des Gerichts aus, die vorgetragenen Beschwerden als bewiesen anzusehen. Zu einer Vernehmung der benannten Ärzte als Zeugen besteht nach Ansicht des Gerichts ebenso wenig eine Notwendigkeit wie zu der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Ärzte haben ihre Feststellungen in den vorgelegten Arztberichten ausführlich niedergelegt; auf dem vorgelegten Röntgenbild ist der Bruch des Schlüsselbeins auch für einen medizinischen Laien erkennbar.
Es ist dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen, dass eine Vernehmung der Ärzte als Zeugen noch zu weiteren Erkenntnissen führen könnte oder die Verursachung der Verletzung durch den Unfall durch einen Sachverständigen widerlegt würde.
Auf Grund der unstreitigen Umstände des Unfalles geht das Gericht davon aus, dass die durch die Arztberichte und die Vorlage des Röntgenbildes dargetane Schlüsselbeinfraktur durch den Unfall verursacht worden ist. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass bei einem plötzlichen und aufgrund der bereits zum Stehen gekommenen Fahrzeuge völlig unerwarteten Aufprall, wie er durch das Abrutschen von der Kupplung herbeigeführt worden ist, die vorliegende Verletzung des Schlüsselbeins durch den daran verlaufenden Sicherheitsgurt verursacht worden ist. Dagegen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine andere Verursachung des Schlüsselbeinbruchs als durch den streitgegenständlichen Unfall nahelegen würden. Es ist auch lebensfremd, dass die Klägerin mit der Diagnose einer Schlüsselbeinfraktur, hätte eine solche bereits vorher bestanden, zugewartet hätte. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Röntgenaufnahme lassen bei lebensnaher Auslegung keinen anderen Schluss zu, als dass die Fraktur Folge des Unfalls ist.
Nach alledem sind daher nach Ansicht des Gerichts die Voraussetzungen für ein Schmerzensgeldbegehren gegeben. Was die Höhe des Schmerzensgeldes anbetrifft, erscheint unter Abwägung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände ein Schmerzensgeld von 1.000,00 € als angemessen unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die gesundheitlichen Störungen zu einer Arbeitsunfähigkeit von fünf Wochen geführt haben. Zusätzlich kann die Klägerin noch Ersatz für die verauslagten und im Einzelnen dargelegten Kosten für die Heilbehandlung in Höhe von insgesamt 115,76 € sowie Freistellung von den außergerichtlichen Kosten nach § 249 Abs. 1 BGB beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 2. Alt. ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.