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Unwirksame Schlüsseldienst-AGBs-Urteil 1:

Oberlandesgericht Celle

Az.: 13 U 16/00

Verkündet am 20. Juli 2000

Vorinstanz: LG Verden – Az.: 4 O 312/99


Im Namen des Volkes

Urteil

Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2000 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 13. Dezember 1999 teilweise geändert und die Beklagte zusätzlich verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, in Bezug auf Werkverträge im Zusammenhang mit Türöffnungen, Einbruchsschadensbeseitigung, Schließanlagen, Tresoren und Funkalarmanlagen die nachfolgenden oder inhaltsgleichen Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden – ausgenommen gegenüber einer Person, die bei Abschluss des Vertrages in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

6. Dem Auftragnehmer muss eine Beseitigung der evtl. Mängel ermöglicht werden.

7. Alle eingebauten Produkte bleiben bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Auftragnehmers.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer: unter 60.000 DM.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist begründet. Die von der Beklagten verwendeten Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Nr. 6 und Nr. 7, die allein den Gegenstand des Berufungsverfahrens bilden, sind wegen Verstoßes gegen §§ 9, 11 AGB-Gesetz nichtig.

I. Klausel Nr. 6

Die angegriffene Klausel Nr. 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, nach der dem Auftragnehmer eine Beseitigung der eventuellen Mängel ermöglicht werden muss, ist gemäß § 11 Nr. 10 b AGB-Gesetz unwirksam.

Nach dieser Vorschrift ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und Leistungen die Gewährleistungsansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nachbesserung beschränkt werden, soweit dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nachbesserung Herabsetzung der Vergütung oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Gewährleistung ist, nach seiner Wahl Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen. So liegt es hier. Die beanstandete Klausel ist ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittlichen Kunden objektiv so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 5 AGBG Rdnr. 7). Dabei gehen gemäß § 5 AGBG Unklarheiten zu Lasten des Verwenders. Im Verbandsprozess gem. § 13 AGBG – wie hier – ist dabei von der kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen (Palandt-Heinrichs, § 5 AGBG Rdnr. 9).

Eine an diesen Maßstäben orientierte Auslegung ergibt, dass die angegriffene Klausel die Gewährleistung auf die Nachbesserung beschränkt und andere Gewährleistungsrechte ohne jeden Vorbehalt ausschließt. Aus der Formulierung, dass eine Beseitigung der evtl. Mängel ermöglicht werden „muss“, ist ersichtlich, dass der Verwender bei Vorliegen eines Mangels in jedem Fall für sich einen Anspruch auf Nachbesserung begründen will. Der von der Beklagten verwendeten Regelung ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung auch nicht zu entnehmen, dass dem Kunden andere Gewährleistungsrechte vorbehalten werden sollen oder dass ihm bei Fehlschlagen der Nachbesserung ein Minderungs- oder Wandelungsrecht zustehen soll. Die Formulierung der Klausel unter Verwendung des Verbs „muss“, spricht klar dafür, dass der Verwender für sich in Anspruch nimmt, Gewähr allein durch Mangelbeseitigung zu leisten und dem Kunden gerade keine anderen Gewährungsleistungsansprüche zugesteht.

Eine solche Regelung verstößt im nichtkaufmännischen Verkehr gegen § 11 Nr. 10 b AGBG, weil sich ein ausdrücklicher Vorbehalt für ein Minderungsrecht oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Gewährleistung ist; ein Wandlungsrecht nach Wahl des Kunden in der Bestimmung nicht findet.

II. Klausel Nr. 7

Diese Klausel, mit der sich der Auftragnehmer für alle eingebauten Produkte bis zu vollständigen Bezahlung das Eigentum vorbehält, verstößt gegen § 9 AGBG.

Nach § 9 Abs. 1 AGBG sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine derartige unangemessene Benachteiligung liegt in einem Verstoß gegen das Transparenzgebot. Aus dem für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Transparenzgebot folgt, dass die Rechtsposition des Vertragspartners nicht unklar geregelt sein darf (BGH NJW 1988, 1726, 1728). Der Vertragspartner wird durch eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend darstellt und auf diese Weise dem Verwender die Möglichkeit eröffnet, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die Klauselgestaltung abzuwehren, entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Bereits die Fassung der Klausel muss der Gefahr vorbeugen, dass der Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Denn der Rechtsverkehr soll auch von Scheinbindungen frei gehalten werden, die jede rechtlich unwirksame oder unerhebliche Klausel tatsächlich herzustellen vermag (BGH NJW 1988, 1726, 1728; 2951, 1923; Wolf in: Wolf/Lindacher/Horn, AGBG, 4. Aufl., § 9 Rdnr. 153).

So liegt es hier. Die Formularklausel stellt die Rechtslage unzutreffend dar. Soweit es sich um bei den Kunden eingebaute Materialien der Beklagten handelt, scheitert der Eigentumsvorbehalt an den gesetzlich zwingenden Regelungen der §§ 946 ff BGB. Nach diesen Vorschriften erwirbt der Eigentümer eines Grundstücks oder einer beweglichen Sache Allein- bzw. Miteigentum an der durch die Verbindung entstandenen Sache. Diese gesetzlichen Vorschriften sind unabdingbar und der abweichenden Regelung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen entzogen. Die Beklagte erweckt durch die Verwendung ihrer Klausel deshalb beim Kunden den Eindruck, allein aufgrund dieser Allgemeinen Geschäftsbedingung Eigentümer der eingebauten Materialien geblieben zu sein. Allein die Erweckung dieses falschen Eindrucks kann nach der Lebenserfahrung einen Kunden davon abhalten, seine Rechte gegenüber dem Verwender geltend zu machen und durchzusetzen. Dabei kommt es für die Frage der unangemessenen Benachteiligung allein auf die hier zu bejahende Gefahr an, dass ein Kunde sich von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abhalten lässt, seine Rechte durchzusetzen (BGH NJW 1988, 1726, 1728).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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