Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Flugverspätung: Rechte der Passagiere und aktuelle Urteile im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Betreuungspflichten haben Fluggesellschaften bei Verspätungen?
- Ab welcher Belastung steht Fluggästen Schmerzensgeld zu?
- Wie hoch fallen Schmerzensgeldzahlungen bei Flugverspätungen üblicherweise aus?
- Welche Ansprüche bestehen neben dem Schmerzensgeld bei Flugverspätungen?
- Wie können Fluggäste ihre Ansprüche auf Schmerzensgeld durchsetzen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Landshut
- Datum: 01.12.2023
- Aktenzeichen: 13 O 2383/22
- Verfahrensart: Schadensersatzklage nach Fluggastrechteverordnung
- Rechtsbereiche: Reiserecht, Vertragsrecht, Fluggastrechte
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Passagierin, die Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche wegen Flugverspätungen geltend macht. Sie argumentiert, dass aufgrund der Verspätungen und der unzureichenden Betreuungsleistungen, einschließlich fehlender Getränkeversorgung bei hohen Temperaturen, ihr und den anderen Passagieren Schäden entstanden sind.
- Beklagte: Das Luftfahrtunternehmen, das die Ansicht vertritt, dass es die Klägerin nicht entschädigen muss und die Klage unbegründet sei. Die Beklagte legte Einspruch gegen ein vorangegangenes Versäumnisurteil ein.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin forderte Schadensersatz wegen zweier Flugverspätungen auf einer Reise von Deutschland nach Marokko und zurück. Aufgrund technischer Probleme konnte der Anschlussflug in Madrid nicht erreicht werden, was zu einer erheblichen Verspätung führte. Während der Wartezeit wurden den Passagieren keine Verpflegungsleistungen wie Getränke angeboten, was zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führte.
- Kern des Rechtsstreits: Es wird darüber gestritten, ob die Klägerin Ansprüche auf Schadensersatz, Ausgleichszahlungen und Schmerzensgeld aufgrund der Flugverspätungen und der mangelhaften Betreuungsleistungen des Luftfahrtunternehmens hat.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht sprach der Klägerin Ansprüche auf Ausgleichsleistungen und Schmerzensgeld zu. Die Beklagte muss 5.464,47 € sowie Zinsen zahlen und trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
- Begründung: Die Beklagte hat ihre Pflichten zur Erbringung von Betreuungsleistungen verletzt, was zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung bei der Klägerin führte. Der Anspruch auf Schmerzensgeld ist gerechtfertigt, da den Passagieren bei hohen Temperaturen keine Erfrischungen angeboten wurden. Die Anrechnung einiger Schadensersatzforderungen durch die Beklagte auf Artikel 12 der VO 261/04 war zulässig, jedoch begrenzt.
- Folgen: Die Beklagte muss Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen. Die Klägerin trägt einen geringfügigen Teil der Verfahrenskosten. Das Urteil verdeutlicht die Verantwortung von Fluggesellschaften für die angemessene Betreuung von Passagieren bei Verzögerungen und die Konsequenzen bei Nichterfüllung dieser Pflicht.
Flugverspätung: Rechte der Passagiere und aktuelle Urteile im Fokus
Die Fluggastrechteverordnung, besser bekannt als EU-Verordnung 261/2004, bietet Passagieren in Europa umfassende Rechte bei Flugverspätungen, Annullierungen und anderen Reiseproblemen. Diese Regelung ermöglicht es Fluggästen, Entschädigungsansprüche geltend zu machen, die je nach Situation auch Schmerzensgeld einschließen können. Bei einer Flugausfall oder erheblichen Verspätung haben Reisende in vielen Fällen Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung, die ihnen helfen soll, die Unannehmlichkeiten und den Zeitverlust auszugleichen.
In diesem Kontext stellt sich oft die Frage, wie die Rechte von Fluggästen konkret durchgesetzt werden können und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um Entschädigungen zu erhalten. Ein aktuelles Gerichtsurteil wird dabei zeigen, wie die geltenden Bestimmungen Anwendung finden und welche Ansprüche bei einer Flugverspätung berücksichtigt werden müssen.
Der Fall vor Gericht
Über vier Stunden ohne Wasser bei 38 Grad – Fluggäste erhalten Schmerzensgeld
Die Fluglinie Iberia muss Reisenden ein Schmerzensgeld von je 100 Euro zahlen, weil diese bei über 38 Grad Celsius viereinhalb Stunden ohne Getränke in der Warteschlange am Flughafen Madrid ausharren mussten. Dies entschied das Landgericht Landshut am 1. Dezember 2023 (Az.: 13 O 2383/22).
Mehrfache Flugverspätungen führen zu stundenlanger Wartezeit
Die Klägerin hatte für sich und fünf weitere Passagiere Hin- und Rückflüge von Deutschland nach Marokko gebucht. Bereits der Hinflug am 3. Juni 2022 von München über Madrid nach Tanger verzögerte sich aufgrund eines technischen Defekts an einer Tür um 55 Minuten, wodurch die Reisenden ihren Anschlussflug verpassten. Die Fluglinie buchte die Gruppe auf einen Flug am nächsten Tag um, was zu einer Gesamtverspätung von 24 Stunden führte.
Massive Belastung durch fehlende Betreuung
Am Flughafen Madrid mussten die Passagiere bei Temperaturen über 38 Grad viereinhalb Stunden an den Gepäckbändern warten. Trotz mehrfacher Bitten stellte die Airline keine Getränke zur Verfügung. Im relevanten Schalterbereich gab es keine Möglichkeit, sich selbst mit Getränken zu versorgen. Die Reisenden erreichten ihr Hotel erst gegen 23:15 Uhr. Die fehlende Versorgung führte bei den Passagieren zu Kopfschmerzen, Durst, Hunger, Herzrasen und Kreislaufbeschwerden.
Gericht sieht Pflichtverletzung der Airline
Das Landgericht Landshut stellte fest, dass die Airline ihre Betreuungspflichten nach der EU-Fluggastrechteverordnung verletzt hat. Nach Artikel 9 muss das Luftfahrtunternehmen bei Verspätungen Mahlzeiten und Erfrischungen im angemessenen Verhältnis zur Wartezeit kostenlos anbieten. Das Argument der Airline, die Passagiere hätten sich selbst mit Wasserreserven versorgen müssen, wies das Gericht zurück. Die Mitnahme von Flüssigkeiten sei aus Sicherheitsgründen mengenmäßig stark beschränkt.
Umfangreiche Entschädigungszahlung
Neben dem Schmerzensgeld von je 100 Euro muss die Airline pro Passagier eine Ausgleichszahlung von 400 Euro für die Verspätungen bei Hin- und Rückflug leisten. Zusätzlich wurden die Kosten für Taxifahrten zwischen Flughafen und Hotel in Höhe von 27 Euro und 27,47 Euro zugesprochen. Das Gericht hielt die geforderte Schmerzensgeldsumme angesichts des „Erduldens eines Durstes über viele Stunden in einem heißen Land“ für angemessen. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung liege bereits vor, wenn ein „von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichender Zustand“ hervorgerufen werde.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Landgericht Landshut stärkt die Rechte von Flugreisenden bei mangelhafter Betreuung durch Airlines deutlich. Wenn Fluggesellschaften ihre Pflicht zur Versorgung mit Getränken und Mahlzeiten während langer Wartezeiten verletzen und dadurch gesundheitliche Beeinträchtigungen entstehen, haben Passagiere Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Airline kann sich nicht darauf berufen, dass Reisende sich selbst mit Getränken hätten versorgen müssen, da die Mitnahme von Flüssigkeiten aus Sicherheitsgründen beschränkt ist. Das Urteil verdeutlicht, dass Airlines ihre Betreuungspflichten ernst nehmen und aktiv für das Wohlbefinden wartender Passagiere sorgen müssen.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Flugreisender können Sie bei Verspätungen nicht nur die standardmäßigen Ausgleichszahlungen verlangen, sondern auch Schmerzensgeld, wenn die Airline Sie während langer Wartezeiten nicht angemessen mit Getränken und Mahlzeiten versorgt. Sie müssen sich bei Wartezeiten nicht mit dem Hinweis abspeisen lassen, Sie hätten selbst Getränke mitbringen sollen – die Fluggesellschaft ist in der Pflicht, für Ihre Versorgung zu sorgen. Bei nachweisbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch mangelhafte Betreuung, wie etwa Kreislaufbeschwerden oder Kopfschmerzen aufgrund fehlender Getränkeversorgung bei Hitze, können Sie Schmerzensgeld von 100 Euro geltend machen.
Benötigen Sie Hilfe?
Wenn Sie durch mangelhafte Versorgung während einer Flugverspätung gesundheitliche Beschwerden erlitten haben, prüfen wir Ihre individuellen Ansprüche auf Schmerzensgeld und Ausgleichszahlungen. Als erfahrene Anwälte im Reiserecht haben wir bereits zahlreiche Fluggäste erfolgreich dabei unterstützt, ihre berechtigten Forderungen gegenüber Airlines durchzusetzen. Lassen Sie uns gemeinsam die Erfolgsaussichten in Ihrem konkreten Fall besprechen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Betreuungspflichten haben Fluggesellschaften bei Verspätungen?
Die EU-Verordnung 261/2004 verpflichtet Fluggesellschaften zu umfassenden Betreuungsleistungen bei Verspätungen, unabhängig vom Grund der Verzögerung. Diese Pflichten gelten auch bei außergewöhnlichen Umständen.
Zeitliche Staffelung der Betreuungspflichten
Die Betreuungspflichten greifen je nach Flugdistanz zu unterschiedlichen Zeitpunkten:
- Bei Flügen bis 1.500 km: ab 2 Stunden Wartezeit
- Bei Flügen von 1.500 bis 3.500 km: ab 3 Stunden Wartezeit
- Bei Flügen ab 3.500 km: ab 4 Stunden Wartezeit
Umfang der Betreuungsleistungen
Wenn Sie von einer Verspätung betroffen sind, muss die Fluggesellschaft folgende kostenlose Leistungen zur Verfügung stellen:
- Verpflegung: Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit
- Kommunikation: Zwei Telefonate, E-Mails oder Faxnachrichten
- Übernachtung: Bei Verspätungen über Nacht stehen Ihnen Hotelunterbringung und Transfer zwischen Flughafen und Hotel zu
Selbstorganisation der Betreuungsleistungen
Wenn die Airline ihre Betreuungspflichten nicht erfüllt, können Sie sich selbst um die notwendigen Leistungen kümmern. Bewahren Sie in diesem Fall unbedingt alle Belege auf. Die entstandenen Kosten können Sie sich von der Fluggesellschaft erstatten lassen, zusätzlich zu möglichen Entschädigungsansprüchen.
Die Betreuungsleistungen stehen Ihnen unabhängig von der Buchungsklasse oder dem Ticketpreis zu. Bei einer Umbuchung zu einem anderen Flughafen muss die Airline auch die Kosten für die Weiterbeförderung zum ursprünglichen Zielflughafen übernehmen.
Ab welcher Belastung steht Fluggästen Schmerzensgeld zu?
Ein Schmerzensgeldanspruch bei Flugreisen setzt eine nachweisbare körperliche oder seelische Verletzung voraus. Nicht jede Unannehmlichkeit oder Belastung während eines Fluges berechtigt automatisch zu Schmerzensgeldforderungen.
Voraussetzungen für Schmerzensgeld
Die Voraussetzungen für einen Schmerzensgeldanspruch sind streng. Sie müssen eine konkrete Gesundheitsbeeinträchtigung nachweisen können. Eine bloße psychische Belastung, wie sie etwa durch Verspätungen oder mangelnde Versorgung während eines Zwischenstopps entsteht, reicht für einen Schmerzensgeldanspruch nicht aus.
Beispiele für berechtigte Ansprüche
Ein Schmerzensgeldanspruch kann in folgenden Fällen bestehen:
- Bei körperlichen Verletzungen durch Stürze auf der Fluggastbrücke beim Ein- oder Aussteigen
- Bei schwerwiegenden allergischen Reaktionen, etwa durch Ausdünstungen von Erfrischungstüchern während des Fluges
Rechtliche Grundlagen
Das Montrealer Übereinkommen schließt Schmerzensgeldansprüche nicht aus. Allerdings müssen Sie als Fluggast die erlittene Körper- oder Gesundheitsverletzung konkret nachweisen und belegen können. Die Fluggesellschaft ist während der gesamten Beförderung für die Sicherheit und das Wohlbefinden der Passagiere verantwortlich.
Wie hoch fallen Schmerzensgeldzahlungen bei Flugverspätungen üblicherweise aus?
Schmerzensgeldzahlungen bei Flugverspätungen werden von deutschen Gerichten eher zurückhaltend zugesprochen. Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Schwere der Beeinträchtigung und den konkreten Umständen des Einzelfalls.
Bemessungskriterien
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigen Gerichte insbesondere die physischen und psychischen Belastungen während der Wartezeit. Besonders relevant sind dabei extreme Temperaturen, mangelhafte Versorgung mit Getränken und Mahlzeiten sowie die Dauer der Wartezeit.
Konkrete Beispiele
Ein aktuelles Urteil zeigt die Größenordnung: Bei einem 4,5-stündigen Warten in der Warteschlange am Flughafen bei Temperaturen über 38 Grad ohne ausreichende Versorgung mit Getränken wurde ein Schmerzensgeld zugesprochen.
Rechtliche Grundlagen
Der Anspruch auf Schmerzensgeld basiert auf der EU-Fluggastrechteverordnung in Verbindung mit den Betreuungspflichten der Fluggesellschaft. Ein Schmerzensgeldanspruch besteht nur dann, wenn die Airline ihre Betreuungspflichten verletzt. Dazu gehören:
- Keine oder unzureichende Versorgung mit Getränken und Mahlzeiten
- Fehlende Betreuung bei extremen Wetterbedingungen
- Mangelnde Information über den Flugstatus
Reine Verspätungen oder normale Wartezeiten rechtfertigen dagegen kein Schmerzensgeld. Die bloße psychische Belastung durch eine Verspätung reicht für einen Schmerzengeldanspruch nicht aus.
Welche Ansprüche bestehen neben dem Schmerzensgeld bei Flugverspätungen?
Ein Schmerzensgeldsanspruch bei Flugverspätungen besteht grundsätzlich nur bei nachweisbaren Körper- oder Gesundheitsverletzungen. Stattdessen haben Sie bei Flugverspätungen folgende zentrale Ansprüche:
Entschädigungszahlung nach EU-Verordnung
Bei einer Verspätung von mehr als 3 Stunden am Zielort steht Ihnen eine pauschale Ausgleichszahlung zu. Die Höhe staffelt sich nach der Flugdistanz:
- 250 Euro bei Flügen bis 1.500 km
- 400 Euro bei innereuropäischen Flügen über 1.500 km
- 600 Euro bei Flügen über 3.500 km außerhalb der EU
Betreuungsleistungen während der Wartezeit
Wenn sich Ihr Flug verzögert, haben Sie Anspruch auf kostenlose Verpflegung und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit. Bei Verspätungen, die eine Übernachtung erforderlich machen, muss die Fluggesellschaft auch die Hotelkosten sowie den Transfer zwischen Flughafen und Hotel übernehmen.
Erstattung der Flugkosten
Ab einer Verspätung von mehr als 5 Stunden können Sie von der Reise zurücktreten. In diesem Fall müssen Ihnen die vollen Ticketkosten erstattet werden.
Schadensersatz nach Montrealer Übereinkommen
Neben der pauschalen EU-Entschädigung können Sie auch konkrete Schäden geltend machen, die durch die Verspätung entstanden sind. Die Obergrenze liegt hier bei 5.346 Sonderziehungsrechten (etwa 6.000 Euro).
Reisepreisminderung bei Pauschalreisen
Wenn Sie eine Pauschalreise gebucht haben, steht Ihnen zusätzlich zu den anderen Ansprüchen eine Minderung des Reisepreises zu. Dies gilt insbesondere, wenn durch die Flugverspätung Teile der gebuchten Reiseleistungen nicht genutzt werden konnten.
Die Ansprüche verjähren in Deutschland nach drei Jahren zum Jahresende. Für die Durchsetzung der Ansprüche ist es wichtig, die Verspätung zu dokumentieren und die Ansprüche schriftlich geltend zu machen.
Wie können Fluggäste ihre Ansprüche auf Schmerzensgeld durchsetzen?
Ein Schmerzensgeldanspruch nach der Fluggastrechteverordnung setzt eine körperliche oder seelische Verletzung voraus. Die Durchsetzung erfolgt in mehreren Schritten:
Dokumentation des Vorfalls
Dokumentieren Sie unmittelbar nach dem Vorfall alle relevanten Umstände. Bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen sollten Sie sich ärztlich untersuchen lassen und die Beschwerden attestieren lassen. Sammeln Sie Beweise wie Fotos, Namen von Zeugen und Dokumentation der Kommunikation mit dem Flugpersonal.
Geltendmachung gegenüber der Fluggesellschaft
Richten Sie Ihre Forderung schriftlich an die Fluggesellschaft. Schildern Sie den Sachverhalt präzise und beziffern Sie Ihre Schmerzensgeldforderung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Flug stattfand.
Höhe des Schmerzensgeldes
Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach Art und Schwere der Beeinträchtigung. Als Orientierung: Bei einer mehrstündigen Wartezeit bei extremer Hitze ohne Versorgung wurde ein Schmerzensgeld von 100 Euro pro Person zugesprochen. Bei einer allergischen Reaktion durch Ausdünstungen von Erfrischungstüchern wurden 1.500 Euro zuerkannt.
Gerichtliche Durchsetzung
Lehnt die Fluggesellschaft die Zahlung ab, kann der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Dabei trägt die Airline die Beweislast für außergewöhnliche Umstände, die sie von der Haftung befreien würden. Ein einfacher Verweis auf widrige Bedingungen reicht nicht aus – die Fluggesellschaft muss detailliert darlegen, warum eine Beeinträchtigung unvermeidbar war.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Schmerzensgeld
Eine finanzielle Entschädigung für erlittene körperliche oder seelische Schäden. Es wird als Ausgleich für immaterielle Schäden wie Schmerzen, psychische Belastungen oder Beeinträchtigungen des Wohlbefindens gewährt. Die Höhe richtet sich nach Art, Dauer und Schwere der Beeinträchtigung. Die gesetzliche Grundlage findet sich in §§ 253, 847 BGB. Im Flugreiserecht kann Schmerzensgeld etwa bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch mangelhafte Betreuung zugesprochen werden. Beispiel: 100€ Schmerzensgeld pro Person für mehrstündigen Durst bei großer Hitze.
Betreuungspflicht
Die gesetzliche Verpflichtung von Fluggesellschaften, bei Verspätungen für das Wohlergehen ihrer Passagiere zu sorgen. Basierend auf Artikel 9 der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 müssen Airlines kostenlos Mahlzeiten, Erfrischungsgetränke und ggf. Hotelübernachtungen bereitstellen. Der Umfang richtet sich nach Wartezeit und Situation. Die Pflicht besteht unabhängig vom Grund der Verspätung. Beispiel: Bei mehrstündiger Verspätung muss die Airline Passagieren kostenlose Getränke und Snacks anbieten.
Ausgleichszahlung
Eine standardisierte Entschädigungszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 bei erheblichen Flugverspätungen oder Annullierungen. Die Höhe richtet sich nach der Flugdistanz: 250€ bis 1500km, 400€ bis 3500km und 600€ bei längeren Flügen. Sie wird unabhängig vom tatsächlichen Schaden gezahlt und soll pauschal die Unannehmlichkeiten ausgleichen. Beispiel: Bei einer Verspätung von über 3 Stunden bei einem 2500km-Flug stehen dem Passagier 400€ Ausgleichszahlung zu.
Gesamtverspätung
Die vollständige Verzögerung einer Reise vom geplanten bis zum tatsächlichen Erreichen des Zielorts, einschließlich aller Anschlussflüge und Zwischenstopps. Nach EU-Verordnung 261/2004 ist für Entschädigungsansprüche die Ankunftszeit am endgültigen Zielort maßgeblich. Bei Verspätungen ab 3 Stunden können Ausgleichszahlungen fällig werden. Beispiel: Wenn durch einen verpassten Anschlussflug das Reiseziel erst 24 Stunden später erreicht wird, liegt eine entsprechende Gesamtverspätung vor.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Fluggastrechteverordnung (VO (EG) Nr. 261/2004): Diese Verordnung regelt die Ansprüche von Fluggästen bei Flugverspätungen, Annullierungen und Nichtbeförderungen in der Europäischen Union. Sie legt fest, dass Fluggäste unter bestimmten Umständen Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung haben, die je nach Entfernung des Fluges variiert. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin Schadensersatzansprüche aufgrund von zwei Flugverspätungen geltend.
- § 253 BGB (Schmerzensgeld): Dieser Paragraph des Bürgerlichen Gesetzbuches regelt die Voraussetzungen für die Zahlung von Schmerzensgeld aus unerlaubter Handlung. Schmerzensgeldansprüche können zum Tragen kommen, wenn eine Verletzung der Rechte oder eine erhebliche Beeinträchtigung durch die Handlung eines Dritten vorliegt. Hierbei streitet die Klägerin um Schmerzensgeld, weil die Passagiere lange in der Hitze warten mussten und gesundheitliche Beschwerden erlitten.
- § 631d BGB (Vertragsverhältnis zwischen Fluggesellschaft und Passagier): Gemäß diesem Paragraphen besteht ein rechtliches Verhältnis zwischen Passagieren und Fluggesellschaften, welches die Rechte und Pflichten beider Parteien definiert. Im vorliegenden Fall fordert die Klägerin von der Beklagten Entschädigung und Erstattung für ausgegebene Kosten, da die Fluggesellschaft ihrer Pflicht zur Betreuung der Passagiere in Form von Verpflegung nicht nachgekommen ist.
- Art. 14 der VO (EG) Nr. 261/2004 (Betreuungspflichten): Dieser Artikel beschreibt die Verpflichtungen der Fluggesellschaften, den Passagieren bei Verspätungen oder Annullierungen Hilfe zu leisten, wie Verpflegung und gegebenenfalls Unterbringung. Im Fall der Klägerin wurde diese Pflicht nicht erfüllt, da den Passagieren keine Verpflegung bereitgestellt wurde, was zur Forderung nach Schmerzensgeld führt.
- Beweislast nach § 286 ZPO (Zivilprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Beweislast im Zivilverfahren und besagt, dass der Richter aufgrund der gesamten Umstände des Falles und der vorgelegten Beweise entscheiden kann. Die Klägerin, die beweisen muss, dass die Beklagte ihre Pflichten vernachlässigt hat, stützt sich auf ihre Aussagen und möglicherweise Zeugenaussagen über die Situation am Flughafen, um ihre Ansprüche zu untermauern.
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Das vorliegende Urteil
LG Landshut – Az.: 13 O 2383/22 – Endurteil vom 01.12.2023
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