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Schönheitsreparaturen – unwirksame Mietvertragsklausel

Landgericht Hamburg

Az: 307 S 40/11

Urteil vom 08.09.2011


In dem Rechtsstreit erlässt das Landgericht Hamburg – Zivilkammer 7 – am 08.09.2011 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2011 folgendes Urteil:

1.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 23.02.2011, Az. 531 C 368/10, wird zurückgewiesen.

2.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet.

1.

Zu Recht und im Ergebnis mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht den Anspruch der Klägerin auf Vornahme von Schönheitsreparaturen durch die Beklagte verneint. Die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen ist nicht wirksam auf die Beklagte übertragen worden. Dementsprechend scheitert der geltend gemachte Anspruch an § 538 BGB. Die Frage, ob das Mietverhältnis – wie die Klägerin nunmehr durch Vorlage eines Räumungsurteils des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 27.07.2011 (Geschäfts-Nr. 508 C 360/09) vorträgt – beendet ist oder ob die Klägerin im laufenden Mietverhältnis lediglich einen Anspruch auf Vorschuss der zu erwartenden Kosten der Schönheitsreparaturen geltend machen kann, kann danach im Ergebnis dahinstehen. Der Hilfsantrag der Klägerin hat insoweit die gleiche, hier nicht vorliegende Voraussetzung der wirksamen Übertragung der Schönheitsreparaturen auf die Beklagte.

a. Die maßgebliche Klausel im als „Gewerberaum-Mietvertrag“ bezeichneten Mietvertrag zwischen den Parteien vom 23. bzw. 28.03.2002 (Anlage K1) ist in § 10 Ziffer 2 enthalten. Entgegen der Bezeichnung des Vertrages handelt es sich um einen Wohnraummietvertrag, wie die Kammer mit Beschluss vom 05.06.2007 (Az. 307 O 173/05) festgestellt hat und zwischen den Parteien unstreitig ist.

b. Die Klausel in § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages ist wegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, da die Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung der beklagten Mieterin führt. Es handelt sich bei der Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Dies wird indiziert durch die gedruckte Form sowie durch die Verwendung offensichtlich unzutreffender Bezeichnungen in der Klausel wie „Mieter“ statt „Mieterin“, „Schaufenster, Vitrinen usw.“, obwohl dergleichen nicht zur Mietsache gehören, und „Wohn-, Büro- und Ladenräume“, obgleich es sich nur um Wohnräume handelt. Die aus diesen Umständen folgende Vermutung (vgl. nur Lapp/Salomon in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 305 BGB Rn. 41) hätte die Klägerin zu widerlegen, soweit sie sich gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB darauf berufen will, dass die Klausel individuell zwischen den Mietvertragsparteien bei Vertragsschluss ausgehandelt worden sei. Maßgeblich ist allein, ob die Klausel, die unstreitig aus dem Fundus der Rechtsvorgängerin der Klägerin in der Vermieterstellung (SpriAG) stammt, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stand (vgl. BGH NJW 1991, 1678 [BGH 27.03.1991 – IV ZR 90/90] – Rz. 14 nach […]). Dies hat die Klägerin nicht beweisen können. Die Kammer ist vielmehr im Gegenteil von der Stellung der Klausel durch die Sxxx überzeugt.

Zum einen hat der in der ersten Instanz gehörte Zeuge Pxxx ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2011 (Bl. 70 d.A.) ein Aushandeln der Klausel zu den Schönheitsreparaturen nicht bestätigen können. Ein Gespräch über Schönheitsreparaturen – und damit den Inhalt der Klausel in § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages – konnte der Zeuge nicht erinnern. Die von Seiten der Klägerin gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage vorgetragenen, vermeintlichen Anhaltspunkte überzeugen die Kammer nicht, denn die allenfalls geringfügigen Abweichungen in der Aussage des Zeugen gegenüber dem Vortrag der Beklagten selbst betreffen nicht die Frage, ob die Schönheitsreparatur-Klausel ausgehandelt wurde.

Es kommt zum anderen auch nicht darauf an, wie die Berufung zu Unrecht meint, auf wessen Initiative der neue Mietvertrag überhaupt zustande kam. Denn die Beklagte wird nicht allein deshalb Verwenderin der Klausel im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, weil sie den Anstoß zum Abschluss eines neuen Mietvertrages gegeben hat. Es ist rechtlich nicht zu begründen, dass derjenige, der ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages abgibt, dadurch zum Verwender der von der anderen Seiten eingeführten Vertragsbedingungen werden soll. Der Zeuge hat klar und deutlich bekundet, dass der Mietvertrag der Formular-Mietvertrag der Sxxx ist.

Schließlich beruft sich die Klägerin ohne Erfolg auf den von der Beklagtenseite eingeführten Vortrag, dass die individuell ausgehandelten Klauseln im Vertrag optisch durch Fettdruck hervorgehoben seien. Denn dies ist die Klausel in § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages gerade nicht.

c. Die Klausel in § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn durch die Formulierung „durchführen zu lassen“ ist eine kostensparende Eigenleistung des Mieters ausgeschlossen. Eine derartige Formulierung hat der Bundesgerichtshof für unwirksam erachtet (NJW 2010, 2877 [BGH 09.06.2010 – VIII ZR 294/09] – Rz. 7 nach […]), worauf bereits das Amtsgericht zutreffend seine Entscheidung gestützt hat. Dem schließt sich die Kammer an.

Die Versuche der Klägerin, an der insoweit unmissverständlichen Formulierung „durchführen zu lassen“ vorbeigehend eine doch verbleibende Möglichkeit der Eigenvornahme der Beklagten hineinzulesen, finden keine Stütze in der Klausel. Selbst wenn, wovon die Kammer nicht ausgeht, in der Klausel eine sprachliche Ungenauigkeit zu finden wäre, wie die Klägerin meint, würde diese im Ergebnis gemäß § 305c Abs. 2 BGB nur zu Lasten der Klägerin gehen, die sich eine solche Unklarheit als Nachfolgerin der Sxxx in der Rolle des Vermieters zurechnen lassen müsste.

2.

Der Antrag der Klägerin gemäß § 428 ZPO in Verbindung mit § 142 ZPO auf Anordnung der Vorlage der Mieterakten durch die Sxxx ist unbegründet. Denn § 142 ZPO dient nicht dazu, einer Partei die Darlegungslast dadurch zu erleichtern, dass das Gericht eine Ausforschung betreibt (BGH NJW-RR 2007, 1393). Darauf liefe der Antrag der Klägerin hier jedoch hinaus. Nach dem Vortrag der Klägerin vermutet sie in den nicht näher konkretisierten Unterlagen der Sxxx Informationen über die Vertragsverhandlungen mit der Beklagten. Dieser bloßen Vermutung muss das Gericht nicht nachgehen. Die Klägerin ist insoweit auf einen ihr möglicherweise – wie sie selbst meint – zustehenden eigenen Anspruch gegen den Sxxx auf Einsicht in die Mieterakten zu verweisen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

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