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vorläufiger Schulausschluss nach Anschlagsdrohung


Oberverwaltungsgericht Saarbrücken

Az: 2 B 339/14

Beschluss vom 12.09.2014


Tenor

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren 2 B 339/14 wird abgelehnt.

De Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 18. Juli 2014 – 1 L 836/14 – wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.


Gründe

Die 12jährige Antragstellerin, die im Schuljahr 2013/14 Schülerin der Klasse 5.2 E der Antragsgegnerin war, begehrt die Aussetzung der sofortigen Vollziehung ihres vorläufigen Ausschlusses vom Unterricht.

Am 27.3.2014 erklärte die Antragstellerin ihrer Förderlehrerin in einem Gespräch, dass sie alle Menschen hasse und töten wolle; sie habe auch Selbstmordgedanken. Dabei schilderte sie eingehend konkrete – auch datumsmäßig bestimmte – Pläne für einen Brandanschlag auf die Schule und die Tötung von Mitschülern und Lehrkräften, die sie auf einer „Todesliste“ aufgeführt hatte. Sie drohte dabei auch der Lehrerin, sie mit einem Messer umzubringen, wenn sie von ihrem Vorhaben erzähle.

Die Lehrerin informierte daraufhin die Schulleiterin der Antragsgegnerin, die sich mit der Schulsozialarbeiterin und zwei Schulpsychologen über die Einschätzung der Gefahrenlage beriet und auf den telefonisch eingeholten Rat des Oberarztes der Kinder- und Jugendpsychiatrie Kleinblittersdorf – KJP – die Antragstellerin nach Benachrichtigung des – gleichzeitig eintreffenden – Vaters dort vorstellte. Der Empfehlung des Oberarztes, einer stationären Aufnahme der Antragstellerin zur Beurteilung ihres psychischen Status zuzustimmen, folgte der Vater nicht, sondern bestand auf ihrer Entlassung, die auf eigene Verantwortung erfolgte. Am Folgetag fand ein mehrstündiges Gespräch in der Schule statt, an dem ihr Vater, die Schulleiterin, die Klassenlehrerin, die Leiterin des Schulpsychologischen Dienstes und eine Schulpsychologin teilnahmen. Dabei wurde vergeblich versucht, den Vater zur stationären Unterbringung der Antragstellerin in der KJP zu bewegen, um eine schnelle Einschätzung des psychischen Zustandes der Antragstellerin zu erreichen. Da die Schulleiterin darauf bestand, die Antragstellerin erst nach entsprechender Diagnostik und Behandlung wieder aufzunehmen, erklärte sich der Vater zu einer ambulanten psychiatrischen Abklärung bereit.1

In der Zeit vom 1.4.2014 bis 15.4.2014 war die Antragstellerin auf ihren Antrag wegen einer Reise in die Türkei vom Unterricht befreit.

Am 30.4.2014 nahm sie den ersten Termin bei der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie X wahr.

Unter dem 19.5.2014 forderte die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Erklärung, dass sie ab sofort wieder am Unterricht teilnehmen könne.

Am 26.5.2014 fand ein Gespräch zwischen den Erziehungsberechtigten der Antragstellerin, deren Prozessbevollmächtigter und der Schulleiterin statt, bei dem die Letztgenannte ausweislich des erstellten Ergebnisprotokollserklärte, dass der zeitweilige Ausschluss vom Unterricht unbedingt aufrechterhalten und weiterhin durchgesetzt werden müsse, weil aufgrund der Einschätzung des Oberarztes der KJP, der Fachärztin X, der Vertreter des schulpsychologischen Dienstes und der Amtsärztin das tatsächliche Gefährdungspotenzial der Antragstellerin nur in einer stationären Maßnahme abgeklärt werden könne.2

Am 3.6.2014 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr vorläufig die Teilnahme am Unterricht zu erlauben .

Mit Schreiben vom 23.6.2014 legte die Antragstellerin gegen ihren Ausschluss vom Unterricht Widerspruch ein.

Unter dem 25.6.2014 „bestätigte“ die Antragsgegnerin den vorläufigen Ausschluss vom Unterricht bis zur Abklärung des Gefährdungspotenzials gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 VwVfG und die am 26.5.2014 mündlich angeordnete und begründete sofortige Vollziehung der Maßnahme schriftlich3.

Mit Beschluss vom 18.7.2014 – 1 L 836/14 – wies das Verwaltungsgericht den als Aussetzungsantrag ausgelegten Antrag der Antragstellerin zurück.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 4.8.2014 Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.

1. Dem Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren 2 B 339/14 kann nicht entsprochen werden, da die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18.7.2014 – 1 L 836/14 – keine hinreichenden Erfolgsaussichten bietet (§§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO); auf die nachstehende Beschwerdeentscheidung kann verwiesen werden.

2. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss vom 18.7.2014, mit dem ihr Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 23.6.2014 gegen ihren – am 28.3.2014 bzw. 26.5.2014 von der Antragsgegnerin mündlich angeordneten bzw. wiederholten und am 25.6.2014 schriftlich bestätigten – vorläufigen Ausschluss vom Unterricht zurückgewiesen wurde, hat keinen Erfolg.

Ihre Beschwerde hat die Antragstellerin im Wesentlichen damit begründet, dass das Verwaltungsgericht ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin über ihren Ausschluss vom Unterricht bis zu einer stationären Abklärung des von ihr ausgehenden Gefährdungspotenzials zu Unrecht abgewiesen habe. Es habe fehlerhaft angenommen, dass die Antragsgegnerin ihren mündlichen Bescheid nachträglich durch die Ausführungen im Schreiben vom 25.6.2014 mit einer wirksamen Anordnung der sofortigen Vollziehung versehen habe. Aus diesem Schreiben gehe indes nicht hervor, dass die sofortige Vollziehung des Ausschlusses in dem Gespräch mit ihren – der Antragstellerin – Erziehungsberechtigten sowie ihrer Prozessbevollmächtigten am 26.5.2014 angeordnet und begründet worden sei; dies ergebe sich auch nicht aus dem Ergebnisprotokoll vom 26.5.2014. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei auch nicht später nachgeholt worden. Eine Sofortvollzugsanordnung unterstellt, sei diese aber jedenfalls rechtswidrig, weil sie nicht separat und zum Zeitpunkt des Ausspruchs mündlich begründet worden sei. Die schriftliche Bestätigung des Ausschlusses sowie die Begründung des besonderen Interesses am sofortigen Vollzug der Maßnahme seien vielmehr erst mit Schreiben vom 25.6.2014 erfolgt. Der Ausschluss sei, da er nicht als Notstandsmaßnahme gekennzeichnet worden sei, auch nicht nach § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO rechtmäßig. Für die getroffene Maßnahme gebe es keine Rechtsgrundlage. Dies gelte insbesondere für die §§ 1 Abs. 2b, 21 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 SchoG i.V.m. dem Hausrecht der Schulleiterin, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt habe. § 21 Abs. 5 SchoG berechtige lediglich zur Einleitung von schulinternen Maßnahmen zur Klärung des Sachverhaltes und zur Abwendung einer bestehenden Gefährdung. Die Forderung nach einer stationären Einweisung der Antragstellerin durch die Erziehungsberechtigten und einer nachfolgenden Begutachtung sei in keinem Fall von dieser Rechtsgrundlage gedeckt. Dabei sei auch die Weigerung des amtsärztlichen Dienstes zur Erstellung einer Diagnose zu berücksichtigen, die dazu geführt habe, dass die Abklärung des angeblichen Gefährdungspotenzials auf die private Ebene der Antragstellerin und ihrer Eltern abgewälzt worden sei. Eine Einweisung in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie gegen ihren ausdrücklichen Willen müsse zwangsweise erfolgen und greife tief in ihre Freiheits- und Persönlichkeitsrechte ein. Diese sei nicht den internen Maßnahmen nach § 21 Abs. 5 SchoG zuzurechnen. Für stationäre Unterbringungen gegen den Willen des Betroffenen gälten spezialgesetzliche Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes oder etwa § 1631b BGB. Da der Schulausschluss mit der Verpflichtung zur Abklärung im Rahmen einer stationären Aufnahme untrennbar verbunden sei, fehle dem gesamten Bescheid die erforderliche Rechtsgrundlage. Im Übrigen sei der so vorgenommene Schulausschluss auch unverhältnismäßig, da sie, die Antragstellerin, entsprechend der Empfehlung in dem Entlassungsbericht der KJP umgehend in einer Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgesprochen habe und seitdem in fachärztlicher Behandlung sei. Der zwischenzeitlich erfolgte Wechsel der Fachärztin beruhe lediglich auf dem Umstand, dass die Schule ohne entsprechendes Einverständnis der Erziehungsberechtigten mehrfach mit dieser Kontakt aufgenommen und so das Vertrauensverhältnis zwischen der Fachärztin X, die nach dem ersten Gespräch mit der Schulleiterin vehement auf eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht hingewirkt habe, und der Antragstellerin nachhaltig erschüttert habe. Bereits in der Stellungnahme vom 18.6.2014 habe die Fachärztin Y, in deren Behandlung sich die Antragstellerin noch vor Beginn der Einleitung des Eilrechtsschutzverfahrens begeben habe, keinen Anlass gesehen, von einer Gefährdung durch die Antragstellerin auszugehen. Diese Einschätzung habe die Fachärztin unter dem 25.6.2014 nochmals bestätigt und abschließend festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für ein fremdgefährdendes Vorgehen vorlägen. Diese Feststellungen würden nicht durch die Stellungnahme des schulpsychologischen Dienstes vom 10.7.2014 entkräftet, in dessen Aufgabenbereich es nicht falle, sich für oder gegen eine stationäre Aufnahme eines Kindes auszusprechen. Im Übrigen habe er seine Stellungnahme abgegeben, ohne die betroffene Antragstellerin vorher anzuhören. Details des Vorfalls am 27.3.2014 seien mündlich durch die Integrationslehrerin sowie die anwesende Sozialarbeiterin mitgeteilt worden. Mit der Antragstellerin selbst sei nur ein kurzes Gespräch durch den Schulpsychologen sowie die Schulsozialarbeiterin geführt worden, bevor sie in die KJP verbracht worden sei. Der Stellungnahme des schulpsychologischen Dienstes komme keineswegs die Gewichtung eines amtsärztlichen Gutachtens zu. Der Unterrichtsausschluss könne unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragstellerin sich seit diesem Vorfall durchgehend in fachärztlicher Behandlung befinde und die gegenwärtig behandelnde Fachärztin bereits zweimal eine Fremdgefährdung ausdrücklich ausgeschlossen habe, nicht aufrechterhalten werden. Daher sei die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die belastende Verfügung wiederherzustellen. Im Übrigen sei in dem von der Gegenseite eingeleiteten familiengerichtlichen Verfahren 2 F 235/14 SO festgestellt worden, dass weder eine Gefahr von der Antragstellerin ausgehe, noch ein Grund für die Entziehung der elterlichen Sorge ersichtlich sei.

Entgegen der Meinung der Antragstellerin kann zunächst kein Zweifel daran bestehen, dass die Schulleiterin der Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Grundverwaltungsaktes – des vorläufigen Ausschlusses vom Unterricht – gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Zwar ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die Schulleiterin, wie die im Fazit der Aktennotiz zu Punkt 2 des Ergebnisprotokolls vom 26.5.2014 enthaltene Aussage, dass “der zeitweilige Ausschluss vom Unterricht… weiterhin durchgesetzt werden muss“, nahelegt und in ihrem Schreiben vom 25.6.2014 ausgeführt ist, die sofortige Vollziehung der angefochtenen Grundverfügung in dem Gespräch mit den Erziehungsberechtigten und der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 26.5.2014 mündlich angeordnet – und auch begründet – hat. Dem muss jedoch ebenso wenig nachgegangen werden wie der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage, ob die – unterstellt: mündlich erfolgte – erst mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 25.6.2014 – nachträglich – schriftlich begründete Sofortvollzugsanordnung im Einklang mit § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO steht, nach dem in den Fällen des Abs. 2 Nr. 4 das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen ist. Auf die nicht nur zwischen den Beteiligten streitige4 Frage, ob § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ein Nachholen der schriftlichen Begründung zulässt, kommt es vorliegend nicht an. Denn das Schreiben der Antragsgegnerin vom 25.6.2014 geht über die bloße Bestätigung der – unterstellt – mündlich getroffenen und begründeten Sofortvollzugsanordnung hinaus, zumal sie auch die aktuelle Gefährdungslage einschließt („ … Es ist davon auszugehen, dass diese Einschätzung auch heute noch Aktualität besitzt. …“); sie stellt daher entweder eine die vorausgegangene Anordnung ersetzende oder eine erstmalige Sofortvollzugsanordnung dar, deren Begründung, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, keinen rechtlichen Bedenken unterliegt.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der angefochtene Unterrichtsausschluss rechtswidrig (geworden) wäre, lassen sich weder dem Vortrag der Antragstellerin entnehmen noch sind sie ansonsten ersichtlich.

Dies gilt zunächst für den Vortrag der Antragstellerin, der Ausschluss vom Unterricht habe mangels vorhandener Rechtsgrundlage nicht erfolgen dürfen. Die §§ 1 Abs. 2b, 21 Abs. 5 SchoG rechtfertigen die Anordnung der Schulleiterin. Ausgehend von der der Schule im Rahmen ihres Unterrichts- und Erziehungsauftrags obliegenden Fürsorgepflicht für den Schutz der ihr anvertrauten Kinder vor Gewalt (§ 1 Abs. 2b SchoG) hatte die Schulleiterin, die im Übrigen auch eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Lehr- und sonstigen Personal der Schule und als Inhaberin des Hausrechts5 Sorge für die Schulanlage zu tragen hat, gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 SchoG schulinterne Maßnahmen zur Klärung des Sachverhalts und zur Abwendung einer bestehenden Gefährdung einzuleiten, nachdem sie Kenntnis von den konkreten Brandanschlagsplänen der Antragstellerin und ihren Mord- bzw. Selbstmordgedanken erhalten hatte, aus denen sich deutliche Anzeichen für die Gefährdung aller in der Schule befindlichen Personen ergaben. Da jedoch die am 27.3.2014 ergriffenen schulinternen Maßnahmen zur Klärung des Sachverhalts (u.a. Hinzuziehung von Schulsozialarbeiterin und Schulpsychologen, Befragung des Oberarztes der KJP) keine Klarheit über das Gefährdungspotenzial der Antragstellerin ergaben und der Vater der Antragstellerin die insbesondere vom Oberarzt eindringlich zur kurzfristigen Klärung empfohlene stationäre Abklärung abgelehnt hatte, war es offensichtlich gerechtfertigt, zur Abwendung der Realisierung einer – möglicherweise – ernsthaften Gefährdung von Leib und Leben der sich in der Schule aufhaltenden Personen die Antragstellerin vorläufig vom Unterricht auszuschließen. Dass eine weniger strenge, aber gleichermaßen sichere – und zudem nicht zur Stigmatisierung der Antragstellerin führende (wie dies bei einer durchgehenden Bewachung der Antragstellerin im Schulbereich sicher der Fall gewesen wäre) – Maßnahme zum Risikoausschluss in Betracht gekommen wäre, ist nicht ersichtlich.

Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, die mit der angeordneten Maßnahme „untrennbar verbundene“ Forderung nach ihrer stationären Einweisung und nachfolgenden Begutachtung sei keine „schulinterne Maßnahme“ im Sinne des § 21 Abs. 5 SchoG und führe zur Rechtswidrigkeit des Ausschlusses. Insoweit verkennt sie, dass der angegriffene Unterrichtsausschluss, der zweifellos eine schulinterne Maßnahme ist, ihrer Meinung nicht die Verpflichtung zu einer stationären Abklärung des angeblichen Gefährdungspotenzials einschließt. Da sie nicht dauerhaft, sondern nicht länger als unter Gefährdungsaspekten unbedingt erforderlich vom Unterricht ausgeschlossen sein soll, wurde die Maßnahme der Sache nach auf einen Zeitpunkt befristet, an dem eine aussagekräftige fachärztliche – psychiatrische – Beurteilung darüber, dass von ihr auch in schwierigen Situationen keine Gefahr für Leib und Leben von Personen in der Schule droht, zu erwarten war. Hierfür kam im Zeitpunkt der Anordnung des Ausschlusses allein der Abschluss der – stationären – Begutachtung in Betracht, die der Oberarzt der KJP, dem sie vorgestellt worden war, als notwendig empfohlen hatte, zumal davon ausgegangen werden konnte, dass auch die Antragstellerseite an einer schnellen psychiatrischen Klärung interessiert war, um der Antragstellerin möglichst bald eine Wiederaufnahme des – ansonsten von der Schulleiterin nicht verantwortbaren – Schulbesuchs zu ermöglichen. Der Unterrichtsausschluss soll daher allein den Schutz insbesondere der Mitschüler im Schulbereich gewährleisten, nicht aber die Antragstellerin zu einer stationären Begutachtung und ggf. Behandlung zwingen, auch wenn deren Sinnhaftigkeit auf der Hand liegt.

Unabhängig von der nicht im vorliegenden Verfahren, sondern letztlich vom Amtsarzt zu entscheidenden streitigen Frage, ob die erforderliche fachärztliche Beurteilung und Behandlung aus medizinischen Gründen nur stationär erfolgen kann oder ob – wovon wohl die nunmehr behandelnde Fachärztin Y ausgeht – dies auch ambulant möglich ist, endet, wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 13.8.2014 auch klargestellt hat, der Ausschluss jedenfalls erst dann, wenn der psychische Zustand der Antragstellerin dahingehend geklärt ist, dass von ihr – weder aktuell noch künftig – eine Gefahr im beschriebenen Sinne ausgeht. Davon, dass diese Klärung vorliegend erreicht ist, kann auf der Grundlage der vorgelegten beiden Atteste der Fachärztin Y entgegen der Meinung der Antragstellerin aber nicht ausgegangen werden. Dies hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der Stellungnahme der Leiterin des schulpsychologischen Dienstes vom 11.7.2014 zutreffend dargelegt; auf die entsprechenden erstinstanzlichen Ausführungen kann Bezug genommen werden. Insoweit kann insbesondere keine Fehlgewichtung der Atteste der behandelnden Fachärztin angenommen werden. Bis zur Erstellung des ersten Attests vom 18.6.2014 hatte sich die Antragstellerin erst zweimal bei ihr zur Diagnose vorgestellt und einmal an einer therapeutischen Gruppe teilgenommen; das zweite Attest vom 25.6.2014 mit der Diagnose „akute Belastungssituation“ und „emotionale Störung mit Selbstunsicherheit“, aus dem die Antragstellerin die Rechtswidrigkeit ihres Unterrichtsausschlusses herleiten will, wurde nur eine Woche später, also auch nach erst kurzer Behandlung erstellt. Darin wird u.a. dargelegt, dass sich die bei ihr festgestellte emotionale Problematik mit Selbstunsicherheit „am ehesten aus ihren intellektuellen Defiziten entwickelte und einer akuten Belastungssituation aus einer tiefen Kränkung durch einen Klassenkameraden …“. Die ganze Wut und den Ärger habe sie dann auf alle Kinder und Lehrer übertragen, über die sie sich in letzter Zeit geärgert habe, und ihre Wut habe sich schließlich in Hass verstärkt und zur Erstellung der Todeslisten geführt. Sie habe angegeben, dass sich die Planung, die Schule anzuzünden, erst im Gespräch mit der Integrationslehrerin ergeben habe. Abgesehen davon, dass die Detailliertheit der der Förderlehrerin geschilderten Planung des Brandanschlags auf die Schule entschieden dagegen spricht, dass es sich insoweit um einen spontanen Einfall der Antragstellerin im Gespräch gehandelt hat, lässt die Tatsache, dass eine – auch tiefe – Kränkung zu einem derartigen ausufernden Hass führt, auch künftig in als schwierig empfundenen Situationen unangemessene Reaktionen befürchten. Bei der vor diesem Hintergrund und nach erst kurzer Behandlungszeit getroffenen Aussage im Attest, dass die Antragstellerin eine „Fremdgefährdung durch Planung von Gewalttaten … glaubhaft verneint“ habe, handelt es sich nach ihrem Wortlaut lediglich um eine „Momentaufnahme“, die eine entsprechende künftige Planung bei durch erneuten großen Ärger entstehendem Hass nicht ausschließt. Da die Fachärztin – nur – „derzeit keinen Anhalt für ein fremdgefährdendes Vorgehen“ bei der Antragstellerin festgestellt hat und selbst „therapeutische Gespräche aufgrund der vorgefallenen Tatsachen“ für „dringend notwendig“ hält, kann aufgrund dieser Atteste nicht davon ausgegangen werden, dass sie in Krisensituationen nicht gefährlich ist, zumal über den weiteren Verlauf der nach Angaben der Antragstellerin fortgesetzten Behandlung durch die Fachärztin Y nichts vorgetragen ist.

Dass von der Antragstellerin keine Gefahr ausgeht, ergibt sich schließlich auch nicht aus ihrem Hinweis auf das familiengerichtliche Verfahren 2 F 235/14 SO, in dem es ihren Angaben nach um die elterliche Sorge geht. Insoweit hat sie weder die entsprechende Entscheidung vorgelegt, noch mitgeteilt, aufgrund welcher – neueren – Erkenntnisse das Familiengericht die behauptete Feststellung getroffen hat.

Da somit weiterhin nichts durchgreifend gegen die Rechtmäßigkeit des Unterrichtsausschlusses spricht, hat die begehrte Aussetzung zu unterbleiben.

Es ist aber anzumerken, dass die Antragsgegnerin gehalten ist, die – psychische – Schulfähigkeit der Antragstellerin umgehend durch den Amtsarzt/die Amtsärztin unter Einbeziehung aller verfügbaren Erkenntnisquellen beurteilen zu lassen.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Streitwerts auf die Hälfte des Hauptsachestreitwerts entspricht der Rechtsprechung des Senats in Eilverfahren und folgt aus §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.


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