VERWALTUNGSGERICHT MAINZ
Az.: 6 L 716/02.MZ
Beschluss vom 21.06.2002
In dem Verwaltungsrechtsstreit wegen schulischer Ordnungsmaßnahme hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz am 21. Juni 2002 beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.000,– Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsmaßnahme durch den Schulleiter ist rechtens. Der Schulleiter hat damit einer Entschließung der Klassenkonferenz vom 19. Juni 2002 entsprochen, die sich – so die telefonische Mitteilung des Schulleiters vom 21. Juni 2002 gegenüber dem Gericht – einstimmig für die Anordnung des Sofortvollzuges ausgesprochen hat (vgl. OVG Koblenz, NJW1996, 1690).
Die Anordnung des Sofortvollzuges genügt auch dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Es ist rechtlich unschädlich, dass die Begründung knapp gehalten ist und auf Darlegungen im Zusammenhang mit der Begründung der Ordnungsmaßnahme verweist (vgl. Schoch/Schmidt u.a., Verwaltungsgerichtsordnung, Rdnr. 178 zu § 80 VwGO). Die Begründung ist hinreichend auf die Umstände des konkreten Falles bezogen. Die Ordnungsmaßnahme soll wegen des zu Ende gehenden Schuljahres vor den Ferien sofort realisiert werden. Dahinter steht ersichtlich die – pädagogisch richtige – Erwägung, auf die Ordnungsverstöße des Antragstellers nicht erst nach den Sommerferien und in einem neuen Schuljahr erzieherisch zu reagieren.
In der Sache trägt § 84 Abs. 1 Nr. 4 Übergreifende Schulordnung die verhängte Ordnungsmaßnahme. Der Antragsteller hat durch seine körperlichen Übergriffe gegenüber Mitschülern an den beiden fraglichen Tagen erheblich gegen die Ordnung in der Schule verstoßen (§ 82 Übergreifende Schulordnung). Aufgrund der früheren Verhaltensauffälligkeiten des Antragstellers ist nicht davon auszugehen, dass im Sinne des § 83 Abs. 1 Satz 1 Übergreifende Schulordnung andere erzieherische Einwirkungen ausgereicht hätten, zumal der Antragsteller trotz früheren Tadels und Unterrichtsverweises erneut auffällig geworden ist.
Die hier ergriffene Ordnungsmaßnahme erweist sich auch nicht als überzogen und unverhältnismäßig. Der Antragsteller hat in beiden hier in Rede stehenden Fällen ein erhebliches Maß an physischer Aggressivität gegenüber seinen Mitschülern zu erkennen gegeben. Unter Berücksichtigung seiner früheren Ordnungswidrigkeiten ist es nicht verfehlt, wenn die Schule zu einer schon gravierenderen Ordnungsmaßnahme greift, um so nachhaltig erzieherisch auf den Antragsteller einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, künftig das Recht seiner Mitschüler auf körperliche Unversehrtheit zu respektieren. Auch – bei Ordnungsmaßnahmen ebenfalls zulässige – generalpräventive Gesichtspunkte rechtfertigen die gegenüber dem Antragsteller getroffene Maßnahme. Es ist nämlich nicht zu beanstanden, wenn die Schule angesichts der allseits beklagten zunehmenden Gewaltbereitschaft in kleinen Teilen der Schülerschaft bei einem konkreten Gewaltakt zur allgemeinen Abschreckung ein deutliches Zeichen in Form einer spürbaren Ordnungsmaßnahme setzt.
Zwar sind der Antragsteller und seine Eltern vor dem Ausspruch der Ordnungsmaßnahme nicht tatsächlich angehört worden. Dies beinhaltet jedoch keinen Verstoß gegen § 85 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Übergreifende Schulordnung. Denn die Schule hat dem Antragsteller und seinen Eltern die Möglichkeit gegeben, im Rahmen einer Anhörung Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit haben der Antragsteller und seine Eltern ohne triftigen Grund keinen Gebrauch gemacht. Insbesondere hätten sie in der zwischen der Einladung zur Anhörung (14. Juni 2002) und dem Anhörungstermin (19. Juni 2002) zur Verfügung stehenden Zeit auch noch rechtlichen Rat einholen können. Angesichts der unter pädagogischen Gesichtspunkten bestehenden Eilbedürftigkeit der Entscheidung über die Ordnungsmaßnahme war die Schule nicht gehalten, eine längere „Einladungsfrist“ einzuhalten. Da der Antragsteller und seine Eltern von der Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht haben, stellt ihre unterbliebene Anhörung keinen verfahrensrechtlichen Fehler dar.
Offensichtlich rechtmäßig ist auch die Anordnung über die Anfertigung eines Aufsatzes. Insofern handelt es sich um eine erzieherische Einwirkung, die gemäß § 85 Abs. 1 Übergreifende Schulordnung mit einer Ordnungsmaßnahme verbunden werden kann. Die erzieherische Einwirkung ist mit Blick auf das Aufsatzthema und unter Berücksichtigung der Verfehlung des Antragstellers gerechtfertigt und angemessen.
Damit muss der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt werden.
Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 13 Abs. 1 ,20 Abs. 3GKG.