OLG Zweibrücken, Az.: 2 U 10/15, Urteil vom 31.07.2015
1. Die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 9. Januar 2015, Az. 4 O 439/11, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auf die (Dritt-)Widerklage die Zahlung gemäß Ziff. 2 des Tenors an den Zessionar P… P… zu leisten ist.
2. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 24 % und die Klägerin alleine 76 %.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 24 % und die Klägerin alleine 76 %.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte können jeweils die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zur Vollstreckung gelangenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten (zuletzt noch) über die Verpflichtung des Beklagten auf Rückzahlung von 17.000,00 € an die Klägerin (Klage) sowie den Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin und den Drittwiderbeklagten auf Zahlung von Werklohn in Höhe von weiteren 5.245,82 € (Wider- und Drittwiderklage).
Der Beklagte ist Installateur- und Heizungsbauermeister sowie Techniker für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik.
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte waren Miteigentümer des (während des Rechtsstreits veräußerten) Anwesens O… in… . Sie beauftragten den Beklagten auf der Grundlage eines korrigierten Angebots vom 1. Juni 2009 mit Sanierungsarbeiten (vornehmlich mit Installationen unter Verwendung von Materialien, welche sie im Fachmarkt ausgesucht hatten) in dem Gebäude. Hierbei hatten sie keine Kenntnis davon, dass der Beklagte nicht in die Handwerksrolle eingetragen war, sein zuletzt geführtes Gewerbe des Handels mit Heizungs- und Sanitärartikeln am 28. Februar 2009 aufgegeben sowie am 4. März 2009 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte.
Vor Ausführung seiner Arbeiten erhielt der Beklagte vereinbarungsgemäß als Vorausleistung 17.000,00 € und führte in der Folgezeit auch weitere, zusätzlich beauftragte Arbeiten in dem Anwesen durch. Aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, stellte der Beklagte die Arbeiten nicht fertig. Die Restarbeiten wurden von einer Drittfirma durchgeführt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zunächst die Kosten für die Beauftragung der Drittfirma in Höhe von 3.500,00 € klageweise beim Amtsgericht Kaiserslautern geltend gemacht, das am 19. Januar 2011 antragsgemäß Versäumnisurteil erlassen hat. Auf den Einspruch des Beklagten hat sie die Klage erweitert und nach Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Kaiserslautern zuletzt Rückzahlung von insgesamt 17.000,00 € beansprucht. Sie ist der Auffassung, der Vertrag sei wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit gemäß § 134 BGB (teil-)nichtig. Darüber hinaus hat sie am 22. Juli 2011 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über die Schwarzarbeit erklärt.
Der Beklagte hat am 15. April 2012 gegenüber der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten Rechnung für die Umbauarbeiten im streitgegenständlichen Anwesen gestellt und diese (dritt-)widerklagend geltend gemacht. Am 17. Juli 2012 hat er seine Werklohnansprüche an P… P… abgetreten.
Mit Endurteil vom 9. Januar 2015, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie wegen der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Landgericht das Versäumnisurteil aufgehoben, die Klage insgesamt abgewiesen und der (Dritt-)Widerklage in Höhe von 5.245,82 € unter Abweisung im Übrigen stattgegeben.
Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des pauschal vereinbarten Werklohns in Höhe von 17.000,00 €, weil der Werkvertrag nicht nach § 134 BGB oder einer sonstigen Vorschrift nichtig oder teilnichtig sei, nachdem nur ein einseitiger Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vorliege. Auch sei keine wirksame Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erfolgt, weil es bereits an einem Nachweis der behaupteten Täuschungshandlung fehle. Zudem sei die Anfechtung nicht fristgerecht erklärt worden. Bezüglich der (Dritt-)Widerklage bestehe für die späteren (nicht von der Pauschalpreisvereinbarung umfassten) Erweiterungen des Werkvertrags ein Werklohnanspruch des Beklagten in Höhe von 5.245,82 €.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren auf Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils und Zahlung weiterer 13.500,00 € sowie zusammen mit der Berufung des Drittwiderbeklagten die vollständige Abweisung der Widerklage weiter.
Beide vertiefen ihr Vorbringen zu der Nichtigkeit des Vertrages wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit unter Wiedergabe des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 10. April 2014, Az. VII ZR 251/13. Weiter machen sie geltend, das Landgericht habe fehlerhaft nicht berücksichtigt, dass der Werkvertrag auch wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB insgesamt nichtig sei. Zudem habe es zu Unrecht bei dem Werklohnanspruch des Beklagten Bruttobeträge in Ansatz gebracht.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Nachdem der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung seinen Widerklageantrag geändert hat, führt die förmlich nicht zu beanstandende Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten (§§ 517, 519,520 ZPO) zu der im Urteilstenor wiedergegebenen Änderung, mit der ein Erfolg des Rechtsmittels in der Sache nicht verbunden ist.
Das Landgericht hat zu Recht die Anträge der Klägerin abgewiesen und sie sowie den Drittwiderbeklagten auf die Widerklage hin zur Zahlung eines weiteren Werklohns in Höhe von 5.245,82 € verurteilt. Was die Berufung dagegen erinnert, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
1.
Die Klägerin kann keine Rückzahlung des an den Beklagten vorausgeleisteten Pauschalpreises in Höhe von 17.000,00 € aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB beanspruchen, weil der Werkvertrag nach wie vor den Rechtsgrund für die Zahlung darstellt.
a.
Der Vertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB nichtig.
Zwar liegt ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1, Abs. 2 HandwO aufgrund der fehlenden Eintragung des Beklagten in die Handwerksrolle vor. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dies im Hinblick auf die rein öffentlich-rechtliche Ordnungsfunktion der Handwerksordnung ohne Einfluss auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der in Frage stehenden Verträge ist. (vgl. BGHZ 88, S. 240 ff, BGHZ 89, S. 369 ff. und BGH NJW-RR 2002, S. 557).
Im Übrigen erfüllte der Beklagte aufgrund seiner Ausbildung auch die für die beauftragten Sanierungsarbeiten berufsrechtlichen Voraussetzungen.
Ebensowenig führen Verstöße des Beklagten gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit nach § 1 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 SchwarzArbG i.V.m § 14 GewO bzw. mit § 1 HandwO durch Nichtabführung von Steuern, die fehlende Gewerbeanmeldung und die nicht erfolgte Eintragung in die Handwerksrolle zur Nichtigkeit des Werkvertrags. Unstreitig hatten die Klägerin und der Drittwiderbeklagte von diesen Umständen weder bei Vertragsschluss noch bei Durchführung der Arbeiten Kenntnis.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führen derartige Verstöße gegen gesetzlichen Verbote nur dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt (zuletzt BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, Az. VII ZR 216/14 – juris).
Bei einem (wie vorliegend) nur einseitigen Zuwiderhandeln des Unternehmers gegen diese Vorschriften gebieten es dagegen die Interessen des gutgläubigen Bestellers, ihm seine Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche zu belassen und ihn nicht auf unzureichende Ersatzansprüche zu verweisen. Er ist im Übrigen auch dadurch geschützt, dass er den Vertrag wahlweise aus wichtigem Grund kündigen oder anfechten kann, sofern er nicht an diesen festhalten möchte (vgl. BGHZ 89, S. 369 ff.). Behält der gutgläubige Besteller jedoch seine Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Unternehmer, ist er auch zur Gegenleistung verpflichtet. Insbesondere tritt bei einen einseitigen Verstoß keine Teilnichtigkeit bezogen auf den Werklohnanspruch des Unternehmers ein (vgl. OLG Nürnberg BauR 2000, S. 1494 ff. und Nichtannahmebeschluss des BGH vom 25. Januar 2001, Az. VII ZR 296/00 = NJW-RR 2002, S. 557).
b.
Der Werkvertrag ist auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Soweit die Sittenwidrigkeit auf die Nichtigkeit des Werkvertrags infolge des Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz gestützt wird, ist § 134 BGB im Verhältnis zu § 138 Abs. 1 BGB die speziellere und damit vorrangige Norm. Für eine Sittenwidrigkeit außerhalb des Verstoßes gegen Gesetze, insbesondere auch für die ohne nähere Darlegung geltend gemachte „Umstandssittenwidrigkeit“ fehlen jegliche Anhaltspunkte.
c.
Auch eine Nichtigkeit des Werkvertrags infolge Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach §§ 123, 142 Abs. 1 BGB scheidet aus. Die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts werden mit der Berufung nicht beanstandet. Im Übrigen wäre auch eine Anfechtung wegen Irrtums über die berufsrechtliche Qualifikation des Beklagten (als verkehrswesentliche Eigenschaft) nach § 119 Abs. 2 BGB am 22. Juli 2011 nicht unverzüglich und damit verspätet erklärt.
2.
Der Berufung ist weiterhin der Erfolg versagt, soweit die Berufungsführer die Abweisung der (Dritt-)Widerklage erstreben.
a.
Die vom Landgericht festgestellte Wirksamkeit der Abtretung an P… P… wird mit der Berufung nicht gerügt. Infolge der Abtretung nach Rechtshängigkeit der Widerklage ist der Beklagte weiterhin prozessführungsbefugt (§ 265Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Er ist jedoch gehalten (wie im Termin zur mündlichen Verhandlung geschehen) infolge der Änderung der materiellen Berechtigung den Antrag auf Leistung an den neuen Forderungsinhaber umzustellen.
b.
Der Beklagte kann gemäß §§ 631, 632 Abs. 2,398 BGB für die nachträglich vereinbarten Leistungen unter Berücksichtigung der bisherigen Zahlungen eine weitere Vergütung in Höhe von 5.245,82 € beanspruchen. Die vom Landgericht nach durchgeführter Beweisaufnahme ermittelte Anspruchshöhe ist in der Sache zutreffend und wird von den Berufungsführern nicht beanstandet. Soweit sie sich dagegen wenden, dass Bruttobeträge in Ansatz gebracht wurden, ist das Vorbringen nicht nachvollziehbar, zumal die Rechnung vom 15. April 2012 (und die ihr beigefügten Auflistungen der einzelnen Abrechnungspositionen) den Umsatzsteueranteil ausweist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708Nr. 10, 709 Satz 2,711 ZPO.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 22.245,82 € (Klage: 17.000,00 €; Widerklage: 5.245,82 €) festgesetzt.