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Schwarzarbeit: Handwerksausübung ohne Eintragung in Handwerksrolle

Bayerisches Oberstes Landesgericht

Az: 3 ObOWi 50/03

Beschluss vom 13.06.2003


Der 3. Senat für Bußgeldsachen des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat am 13. Juni 2003 in dem Bußgeldverfahren wegen Schwarzarbeit beschlossen:

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts C vom 24. März 2003 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht C zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Dem Betroffenen wurde im Bußgeldbescheid des Landratsamts C vom 21.1.2003 zur Last gelegt, vorsätzlich im stehenden Gewerbe in erheblichem Umfang das Maurerhandwerk selbständig ausgeübt zu haben, ohne mit diesem Handwerk in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (Schwarzarbeit). Die Verwaltungsbehörde ging davon aus, dass der Betroffene im Juli und August 2001 für eine Drittfirma bei zwei Wohnhäusern in Wald mindestens die Rohbauarbeiten ab Kellerdecke durchgeführt und dabei mindestens sechs Arbeitnehmer beschäftigt hat.

Der Betroffene beschränkte seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid auf den Rechtsfolgenausspruch (5.000 Euro).

Das Amtsgericht C erachtete die Beschränkung als wirksam und verurteilte den Betroffenen am 24.3.2003 zu einer Geldbuße von 4.000 Euro.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts.

II.

Das zulässige Rechtsmittel (§§ 344, 345 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) hat in der Sache Erfolg.

1. Zutreffend ist der Tatrichter davon ausgegangen, dass der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurde. Eine derartige Beschränkung ist gemäß § 67 Abs. 2 OWiG grundsätzlich statthaft (vgl. BayObLGSt 1998, 161). Sie kann allerdings im Einzelfall unwirksam sein, wenn die tatsächlichen Feststellungen zum Schuldspruch so knapp sind, dass sie keine ausreichende Grundlage für die Prüfung des Rechtsfolgenausspruchs bieten (vgl. Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 410 Rn. 5 zur vergleichbaren Rechtslage im Strafbefehlsverfahren), insbesondere den Schuldumfang nicht erkennen lassen (vgl. BayObLGSt 1999, 99/ 100). Dies ist hier nicht der Fall. Die Darlegungen des Bußgeldbescheids lassen den Umfang der durchgeführten Arbeiten, soweit er für den allgemeinen Schuldgehalt der Tat von Bedeutung ist, noch ausreichend erkennen. Detaillierte Angaben, insbesondere zum Auftragsvolumen, bedarf es erst bei der Prüfung einer Vorteilsabschöpfung gemäß § 17 Abs. 4 OWiG im Rahmen der Rechtsfolgenbemessung.

2. Die insoweit vom Tatgericht getroffenen Feststellungen und Erwägungen halten indes sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

2.1 Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen bereits die Erwägungen, mit denen das Tatgericht die Einlassung des Betroffenen, er habe bei den „schwarz“ gebauten Häusern keinen Gewinn gemacht, als widerlegt erachtet. Das Gericht hat insoweit ausgeführt, es sei nicht einzusehen, warum ein Unternehmer schwarzarbeiten und sich dabei auch noch der Gefahr der Bestrafung aussetzen sollte, wenn er dadurch keinen Gewinn erzielt (UA S. 3). Diese Schlussfolgerung lässt die im Wirtschaftsleben keinesfalls untypische und beim Betroffenen auf Grund seiner schlechten wirtschaftlichen Situation sogar nahe liegende Möglichkeit außer Betracht, dass er zwar Gewinn erzielen wollte, ihm dies, beispielsweise auf Grund von Kalkulationsfehlern oder ähnlichem, aber letztlich nicht gelang. Die Beweiswürdigung ist deshalb lückenhaft (vgl. BGH StV 1981, 114) und erweist sich zudem als bloße, nicht durch Tatsachen belegte Vermutung (vgl. BGH StV 2002, 235).

2.2 Auch die Ausführungen zur Höhe des erzielten Gewinns begegnen durchgreifenden Bedenken. Zwar kann, wenn die Erzielung eines Gewinns feststeht, dessen Höhe unter bestimmten Voraussetzungen geschätzt werden. Bei der Schätzung müssen aber in der gerichtlichen Entscheidung die tragenden Grundlagen dargelegt werden, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Möglichkeit der Nachprüfung zu geben (vgl. Göhler OWiG 13. Aufl. § 17 Rn. 43 m.w.N.). Hierzu bedarf es konkreter Feststellungen zu Art und Umfang der erbrachten Leistungen, zu den im Tatzeitpunkt ortsüblichen Preisen und zur Gewinnsituation vergleichbarer Unternehmen. Außerdem muss die Gewinnermittlung erkennen lassen, ob und inwieweit Gemeinkosten und Folgelasten, wie z.B. die Einkommensteuer, in diese mit einbezogen wurden (vgl. insoweit BayObLG GewA 1995, 244/245).

2.3 Im Hinblick auf die festgestellten schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen wäre zudem zu prüfen und zu erörtern gewesen, ob von einer Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils Abstand zu nehmen ist. Es handelt sich bei § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG um eine Sollvorschrift. Eine nachträglich eingetretene allgemeine Verschlechterung der Vermögenssituation schließt zwar das Weiterbestehen eines wirtschaftlichen Vorteils nicht aus, kann aber unter Berücksichtigung des Übermaßverbots im Einzelfall dazu zwingen, von der Abschöpfung abzusehen (vgl. BayObLG GewA 1995, 244/246; Göhler § 17 Rn. 45; Rebmann/Roth/Herrmann OWiG 3. Aufl. – Stand: Januar 2002 – § 17 Rn. 55 m.w.N.).

III.

Aus den dargelegten Gründen wird das angefochtene Urteil auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache, die weiterer Feststellungen bedarf, wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht C zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG), das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden haben wird.

Der Senat entscheidet gemäß § 80 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 79 Abs. 5 OWiG in der Besetzung mit einem Richter durch Beschluss.

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