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Schwarzgeldabrede – Haftung des Architekten bei nichtigem Bauvertrag

LG Bonn, Az.: 18 O 250/13, Urteil vom 08.03.2018

Den Klägern ist es gem. § 242 BGB verwehrt, Ansprüche wegen Bauüberwachungsfehlern bezogen auf das Gewerk der Beklagten zu 1) geltend zu machen.

Soweit ersichtlich, hat der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden, wie sich der Umstand, dass der ausführende Bauunternehmer dem Besteller aufgrund einer Schwarzgeldabrede nicht wegen Mängeln haftet, auf die Haftung des Architekten für Bauüberwachungsfehler bezogen auf das von der Schwarzgeldabrede betroffene Gewerk auswirkt.

Nach Auffassung der Kammer entfällt die Haftung des Architekten vollständig, wenn der Unternehmer in dem Fall, dass keine Schwarzgeldabrede vorläge und daher eine Gesamtschuld zwischen dem Bauunternehmer und dem Architekten bestünde, im Innenverhältnis zum Architekten die volle Haftung für die mangelhafte Ausführung tragen würde. Der einen Baumangel verursachende Unternehmer und der die Bauaufsicht führende Architekt, der einen Baumangel pflichtwidrig nicht erkannt hat, haften dem Auftraggeber für diesen Mangel grundsätzlich als Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis kann der Unternehmer jedoch aus der mangelhaften Bauüberwachung des Architekten kein zu Lasten des Bauherrn gehendes mitwirkendes Verschulden herleiten.

Schwarzgeldabrede – Haftung des Architekten bei nichtigem Bauvertrag
Symbolfoto: FreedomTumZ/Bigstock

Der Architekt erfüllt mit der Ausübung der Bauüberwachung nicht eine dem Bauherrn obliegende Pflicht; der Unternehmer kann vom Bauherrn nicht verlangen, dass dieser ihn bei den Bauarbeiten überwacht und überwachen lässt (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 2018, Rdnr. 2492). Ist der Baumangel auf einen Ausführungsfehler des Unternehmers zurückzuführen, den der Architekt im Rahmen seiner Bauüberwachung lediglich nicht erkannt hat, so trifft den Unternehmer grundsätzlich die zumindest überwiegende, wenn nicht die alleinige Haftung, denn der Unternehmer kann weder dem Bauherrn noch dessen Architekten gegenüber einwenden, er sei bei seinen Arbeiten nicht ausreichend überwacht worden. Ein Unternehmer ist für den von ihm verursachten Mangel grundsätzlich immer selbst verantwortlich. Bei einer Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten haftet der Bauunternehmer im Innenverhältnis in aller Regel allein (OLG Köln, Urteil vom 07.04.1993 – 11 U 277/92, IBRRS 1993, 0005). Auch vorliegend sind keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, aus denen sich ergeben würde, dass in dem Fall der Wirksamkeit des Bauvertrages die Beklagte zu 1) im Innenverhältnis zu dem Beklagten zu 5) nicht die volle Haftung tragen würde.

Aufgrund des nichtigen Vertrages zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1) besteht jedoch vorliegend kein Gesamtschuldverhältnis i.S.d. § 421 BGB zwischen der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 5). Zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1) ist gerade kein wirksames Schuldverhältnis begründet worden, aus dem die Kläger Rechte gegenüber der Beklagten zu 1) geltend machen könnten. Damit hätte der Beklagte zu 5) jedoch auch keinen Regressanspruch aus § 426 BGB gegen die Beklagte zu 1). Auch andere vertragliche, quasivertragliche oder deliktische Ansprüche des Beklagten zu 5) gegen die Beklagte zu 1) auf Ausgleich bestehen nicht.

Der bislang ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich die Wertung entnehmen, dass derjenige, der sich gesetzwidrig verhält und Steuern und Sozialabgaben hinterzieht bzw. hieran mitwirkt, selbst das Risiko tragen muss, wenn das ausführende Unternehmen mangelhaft arbeitet. Derjenige Besteller, der eine Schwarzgeldabrede trifft, soll keine Gewährleistungsrechte in Anspruch nehmen können. Dadurch soll erreicht werden, dass Verstöße gegen das SchwarzArbG und Steuerstraftaten möglichst unattraktiv gemacht und dadurch unterbunden werden.

Dem würde es widersprechen, wenn sich der Besteller bei dem Architekten schadlos halten könnte, hinter dem eine Berufshaftpflichtversicherung steht, und der Architekt keinen Regress gegenüber dem Bauunternehmer nehmen könnte, da dieser aufgrund des nichtigen Vertrages nicht für die von ihm verursachten Mängel haftet. Es würde dann das nichtgewünschte Ergebnis erzielt, dass der Besteller indirekt doch Gewährleistungsrechte geltend machen könnte, indem er den Architekten in Anspruch nimmt. Dass der Besteller in dem Fall einer Schwarzgeldabrede mit dem ausführenden Unternehmen auch keinen Anspruch wegen eines Überwachungsfehlers gegen den Architekten hat, ist auch nicht unbillig. Der Besteller hat sich durch sein rechtswidriges Verhalten selbst in die Gefahr begeben, dass er in dem Fall, dass das Bauunternehmen einen Ausführungsfehler macht, gegen niemanden einen Ersatzanspruch hat. Es widerspricht jedoch den Grundsätzen von Treu und Glauben, wenn der Architekt ganz oder zum Teil für den Ausführungsfehler des Unternehmers haftet, ohne dass er einen Regressanspruch gegen diesen hat.

Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Beklagten zu 5) bekannt war, dass eine Schwarzgeldabrede zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1) getroffen worden war. Der Architektenvertrag zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 5) bestand bereits zu dem Zeitpunkt, als die Kläger die Vereinbarung mit der Beklagten zu 1) trafen. Es war dem Beklagten zu 5) in dieser Situation nicht zumutbar, seine weiteren Leistungen aus dem Architektenvertrag einzustellen bzw. den Vertrag im Hinblick auf die Schwarzgeldabrede zu kündigen. Da es rechtlich unsicher war und auch – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt ist, ob dem Architekten gegenüber den Auftraggebern ein Leistungsverweigerungsrecht seiner Bauüberwachungsleistungen im Hinblick auf eine Schwarzgeldabrede zusteht, hätte für den Beklagten zu 5) jedenfalls die Gefahr bestanden, dass den Klägern Schadensersatzansprüche gegen ihn wegen unberechtigter Einstellung seiner Bauüberwachungstätigkeit zustehen könnten. Es ist auch weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass es dem Beklagten zu 5) möglich war, Einfluss darauf zu nehmen, welche Zahlungsmodalitäten die Kläger und die Beklagte zu 1) vereinbarten. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kläger – Beklagte zu 1) musste dem Beklagten zu 5) als rechtlichem Laien auch nicht bekannt sein, dass eine Schwarzgeldabrede zum Verlust sämtlicher Gewährleistungsrechte für die Kläger führen würde. Die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs hierzu wurde erst später getroffen. Vor diesem Hintergrund kann dem Beklagten zu 5) auch nicht vorgeworfen werden, dass er die Kläger auf diesen Umstand nicht hingewiesen hat. Dass eine Leistung von Bargeld ohne Rechnung, mithin eine Schwarzgeldzahlung, eine Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit darstellt, also rechtlich nicht erlaubt ist, war den Klägern auch aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre bereits bekannt, so dass der Beklagte zu 5) hierauf nicht hinweisen musste.

Die Grundsätze über die gestörte Gesamtschuld sind vorliegend nicht anwendbar. Dies vor dem Hintergrund, dass die Haftung gegen den Unternehmer vorliegend nicht wegen einer Haftungsprivilegierung entfallen ist, sondern weil wegen der Nichtigkeit des Vertrages überhaupt kein Schuldverhältnis zwischen dem Besteller und dem Unternehmer besteht.3 Vorliegend würde jedoch auch eine entsprechende Anwendung der Grundsätze über die gestörte Gesamtschuld zu keinem anderen Ergebnis führen. Da die Beklagte zu 1) nach dem oben Ausgeführten in einem gedachten Innenverhältnis zwischen ihr und dem Beklagten zu 5) zu 100 % für ihre Ausführungsfehler haften würde, wäre der Anspruch gegen den Beklagten zu 5) um diese 100 % zu kürzen.

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