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Schwarzgeldabrede – Nichtigkeit des Werkvertrages

Handwerkerstreit: Nichtigkeit des Vertrags führt zur Klageabweisung

In einem komplizierten Fall zwischen einer Hausbesitzerin und einer Handwerkerfirma hat das Landgericht Hannover (Az.: 11 O 270/20) am 20. Dezember 2021 ein Urteil gefällt. Die Klägerin forderte die Rückzahlung von 10.600 € aufgrund mangelhaft erbrachter Handwerkerleistungen. Die Beklagte wies die Vorwürfe zurück und plädierte auf Abweisung der Klage.

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Streitpunkt: Mündlicher Vertrag und Vorauszahlungen

Die Klägerin behauptete, die Beklagte, deren Geschäftsführer ihr Nachbar ist, im Herbst 2019 mit Umbauarbeiten an ihrem Haus beauftragt zu haben. Sie gab an, dem Geschäftsführer am 24.10.2019 einen Betrag in Höhe von 5.000 € und am 30.10.2019 einen Betrag in Höhe von 5.600,99 € jeweils in bar übergeben zu haben. Eine Quittung oder Rechnung sei dabei nicht ausgestellt worden. Die beauftragten Leistungen seien jedoch unvollständig, nicht fachgerecht und mängelbehaftet erbracht worden.

Die Beklagte hingegen behauptete, die Klägerin habe zunächst den Geschäftsführer als Nachbarn um persönliche Mithilfe bei den Bauarbeiten gebeten. Später hätten sich die Parteien mündlich darauf verständigt, dass die Beklagte bestimmte Arbeiten verrichten sollte, für die sie berechtigt sein sollte, einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.000 € netto plus Steuern zu vereinnahmen. Die Klägerin habe dem Geschäftsführer nur insgesamt 5.000 € Bargeld übergeben.

Urteilsbegründung: Nichtigkeit des Vertrags

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klage zwar zulässig, jedoch in der Sache erfolglos ist. Der Klägerin stehe kein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung aus Vertrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung zu.

Es liege kein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien vor. Die zwischen ihnen getroffene Abrede sei zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig.

Folgen des Urteils

Da das Gericht die Nichtigkeit des Vertrags feststellte, wurde die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Das vorliegende Urteil

LG Hannover – Az.: 11 O 270/20 – Urteil vom 20.12.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Schwarzgeldabrede - Nichtigkeit des Werkvertrages
(Symbolfoto: alotofpeople/123RF.COM)

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von 10.600 € wegen mangelhaft erbrachter Handwerkerleistungen.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte, deren Geschäftsführer ihr Nachbar ist, im Herbst 2019 mit Umbauarbeiten an ihrem Haus beauftragt zu haben. Auf die von dem Geschäftsführer der Beklagten hierfür geforderten Vorauszahlungen habe sie diesem am 24.10.2019 einen Betrag in Höhe von 5.000 € und am 30.10.2019 einen Betrag in Höhe 5.600,99 € jeweils in bar übergeben. Eine Quittung sei nicht erteilt, Rechnung nicht gelegt worden. Der Beklagte habe sämtliche beauftragten Leistungen unvollständig, nicht fachgerecht und mängelbehaftet erbracht.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.600,00 € zuzüglich Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 28.02.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 958,19 € an außergerichtlichen Kosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 28.02.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Klägerin habe zunächst den Geschäftsführer der Beklagten als Nachbarn um persönliche Mithilfe bei den Bauarbeiten an ihrem Haus gebeten. Als die Klägerin weitere Arbeiten gewünscht habe, habe man sich mündlich darauf verständigt, dass die Beklagte bestimmte Arbeiten verrichten sollte, für die die Beklagte berechtigt sein sollte, einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.000 € netto plus Steuern zu vereinnahmen. Für weitere von der Klägerin gewünschte Handwerkerleistungen habe der Geschäftsführer der Beklagten einen weiteren Nachbarn der Klägerin und seinen eigenen Schwiegersohn vermittelt, die beide bereit gewesen seien, gegen eine geringfügige Aufwandsentschädigung auf der Baustelle der Klägerin zu helfen. Diese Arbeiten hätten aber keine Leistungen der Beklagten darstellen sollen. Die Klägerin habe dem Geschäftsführer nur zwei Mal 2.500 €, mithin insgesamt 5.000 € Bargeld übergeben. Davon habe dieser die Hälfte an die von ihm vermittelten Handwerker weitergegeben.

Das Gericht hat die Klägerin und den Geschäftsführer der Beklagten persönlich angehört. Insofern wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückzahlung aus Vertrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung.

Es liegt kein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien vor. Die zwischen ihnen getroffene Abrede ist zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig.

Aufgrund der von den Parteien vorgetragenen unstreitigen Umstände und weiterer Indizien ist das Gericht davon überzeugt, dass die von der Beklagten zu erbringenden und tatsächlich erbrachten Leistungen ohne Rechnung und unter Verkürzung der von dieser geschuldeten Umsatzsteuer hätten vergütet werden sollen. Das Gericht kann insofern, auch ohne dass sich eine Vertragspartei darauf beruft, feststellen, dass eine zur Nichtigkeit des Werkvertrages führende Schwarzgeldabrede getroffen worden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2020 – I-21 U 34/19 –, juris Rn. 49).

Hier hat es nach dem unstreitigen Parteivorbringen zunächst kein schriftliches Angebot der Beklagten an die Klägerin, des Weiteren auch keine schriftliche Beauftragung der Beklagten durch die Klägerin, keine schriftliche Quittung der Beklagten für die Bargeldzahlungen der Klägerin gegeben. All dies sind typische Vorgehensweisen bei Ohne-Rechnungs-Abreden, weil auf diese Weise keine schriftlichen Unterlagen vorhanden sind, auf die die Steuerbehörden ggf. zugreifen könnten.

Zwar ist es den Parteien zivilrechtlich grundsätzlich unbenommen, werkvertragliche Vereinbarungen, die – wie hier – keinem Formerfordernis unterliegen, auch mündlich zu treffen. In der Regel führen fehlende schriftliche Vertragsvereinbarungen – wie hier – jedoch zu Unklarheiten über das genaue Bausoll und – wie hier ebenfalls – hinsichtlich des Werklohns zu Unklarheiten bezüglich der vereinbarten Preise sowie der Frage der Steuern. Diese Unklarheiten gehen hier insgesamt zu Lasten der Klägerin. Denn eine Vereinbarung eines Preises mit Steuern trägt die Klägerin bereits gar nicht erst vor.

Soweit die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung auf die Frage, warum sie damals nichts schriftlich gemacht habe, angegeben hat, sie habe immer eine Rechnung angefordert, handelt es sich nach dem Eindruck des Gerichts ersichtlich um eine nicht glaubhafte Schutzbehauptung. Dies deshalb, weil seitens der Klägerin vollständig unerklärt blieb, aus welchen Gründen sie kein schriftliches Angebot angefordert, keine schriftliche Beauftragung erteilt und warum sie die von ihr behaupteten Barzahlungen an die Beklagte zu ihrer eigenen Sicherheit nicht gegen Quittungen übergeben hat.

Soweit der Geschäftsführer des Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung erklärt hat, über einen Betrag von 2.000 € netto eine Rechnung erstellt zu haben, auf das Geld aber bis heute zu warten, war diese Angabe ebenfalls nicht glaubhaft. Denn sie widersprach insofern seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 14.12.2020, wo ausgeführt war, dass er einen Betrag in Höhe von 2.390 € bar erhalten und als Vergütung einbehalten habe, wobei bereits unklar blieb, ob insofern ein Brutto- oder ein Nettobetrag gemeint war; zudem ist dort gerade nicht aufgeführt, dass eine Rechnung geschrieben worden wäre und dass man auf das Geld noch warte. Auch hat die Beklagte hier die behauptete Rechnung nicht vorgelegt oder als Beweismittel angeboten.

Soweit der Geschäftsführer des beklagten Bauunternehmens im Rahmen der persönlichen Anhörung erklärt hat, dass weite Teile der Arbeiten nicht über sein Bauunternehmen gelaufen seien, sondern im Rahmen der Nachbarschaftshilfe von ihm und weiteren Personen, letztere ohne angemeldetes Gewerbe, erbracht worden seien sollen, bewertet das Gericht diese Erklärung ebenfalls als reine Schutzbehauptung. Denn die Klägerin behauptet gerade dies nicht, sondern vielmehr, mit allen Arbeiten die beklagte GmbH beauftragt zu haben.

Das Gericht ist daher nach dem Gesamteindruck von dem vorliegenden Sachverhalt davon überzeugt, dass hier ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Erklärungs- und Anmeldungspflichten gemäß § 18 Abs. 1, 3 UStG sowie gegen die Rechnungslegungspflicht gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG von Anfang zwischen beiden Parteien einvernehmlich vereinbart gewesen ist. Es liegt daher eine verabredete Steuerverkürzung i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG und somit einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO vor.

Zudem hat das Gericht auf diese Sichtweise bereits in der mündlichen Verhandlung sowie weiterhin nochmal im Beschluss vom 14.04.2021 und in der gerichtlichen Verfügung vom 09.11.2021 hingewiesen, ohne dass insofern weiterer Vortrag der Parteien erfolgt wäre.

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Auch auf eine ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § 812 BGB kann die Klägerin ihren Anspruch nicht stützen, weil sie angesichts der mit der Beklagten in kollusivem Zusammenwirken getroffenen Unrechtsvereinbarung bei der gebotenen Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 2014 – XI ZR 170/13 –, juris) zum einen in Kenntnis der Nichtschuld geleistet hat, § 814 BGB. Denn auch der juristische Laie weiß, dass Schwarzarbeit verboten ist und wegen der rechtlichen Unwirksamkeit solcher Verabredungen weder Leistungs- noch Zahlungspflichten bestehen. Zum anderen ist ein solcher Anspruch nach § 817 S. 2 BGB wegen des beiderseitigen Gesetzesverstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – VII ZR 241/13 –, juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB): Das Hauptthema des Urteils betrifft Werkvertragsrecht. Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von 10.600 € wegen mangelhaft erbrachter Handwerkerleistungen. Die Parteien stritten über die Vertragsbedingungen und die vereinbarten Leistungen.
  2. Nichtigkeit des Vertrags (§ 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG): Das Gericht stellte fest, dass der zwischen den Parteien getroffene Vertrag aufgrund einer Schwarzgeldabrede gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig ist. Die Nichtigkeit des Vertrages führt dazu, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung aus Vertrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung hat.
  3. Zinsen (§ 247 BGB): In dem Urteil wird auch auf Zinsen Bezug genommen, die die Klägerin von der Beklagten verlangt. Gemäß § 247 BGB wird der Basiszinssatz als Referenz für die Berechnung von Zinsen verwendet. Die Klägerin fordert Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2020.
  4. Ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB): Da das Gericht feststellte, dass kein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien vorliegt, prüfte es auch einen möglichen Anspruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB. Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass auch ein solcher Anspruch nicht besteht.
  5. Kostentragung im Rechtsstreit: Das Urteil regelt auch die Kostentragung im Rechtsstreit. Da die Klage abgewiesen wurde, trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits.
  6. Vorläufige Vollstreckbarkeit: Abschließend legt das Urteil fest, dass das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar ist. Dies bedeutet, dass die Klägerin verpflichtet ist, eine Sicherheitsleistung zu erbringen, bevor sie die Vollstreckung des Urteils betreiben kann.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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