Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Hamm: Gartenbauvertrag wegen geplanter Steuerhinterziehung nichtig – Keine Zahlungsansprüche bei Schwarzarbeit
- Ausgangslage: Vereinbarung zur Gartenumgestaltung und ein verräterischer Kostenvoranschlag ohne Mehrwertsteuer
- Eskalation des Streits: Unbezahlte Rechnung, Widerruf des Vertrags und gegenseitige Forderungen
- Urteil des Landgerichts Bochum: „Ohne-Rechnung-Abrede“ führt zur Nichtigkeit des gesamten Gartenbauvertrags
- Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm: Parteien bestreiten Schwarzgeldabrede und halten an Forderungen fest
- Die endgültige Entscheidung des OLG Hamm: Bestätigung der Nichtigkeit des Vertrags wegen Schwarzarbeit
- Indizien für die Steuerhinterziehungsabsicht des Gartenbauunternehmers trotz dessen Bestreitens
- Mitwisserschaft und Vorteilsnahme des Grundstückseigentümers bei der Steuerumgehung
- Gerichtliche Feststellung der Schwarzarbeit trotz übereinstimmenden Leugnens beider Parteien
- Konsequenzen der Nichtigkeit: Kein Werklohn für den Handwerker, keine Rückzahlung für den Auftraggeber
- Überprüfung der Beweiswürdigung zu den Barzahlungen durch das OLG Hamm
- Kosten des Berufungsverfahrens und Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Nichtigkeit“ eines Vertrages im Zusammenhang mit Schwarzarbeit?
- Welche Anzeichen deuten auf eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ hin?
- Welche Risiken bestehen für Auftraggeber und Auftragnehmer bei Schwarzarbeit?
- Kann ich einen Vertrag widerrufen, wenn ich nachträglich feststelle, dass Schwarzarbeit vorliegt?
- Welche Beweismittel sind relevant, um eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ nachzuweisen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 12 U 127/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Hamm
- Aktenzeichen: 12 U 127/22
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Garten- und Landschaftsbauunternehmer, der Bezahlung für seine Arbeit forderte.
- Beklagte: Ein Grundstückseigentümer, der die Forderung zurückweisen und bereits gezahlte Beträge zurückverlangen wollte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Es ging um einen Vertrag über Gartenarbeiten. Nach Beendigung der Zusammenarbeit kam es zum Streit über die Bezahlung.
- Kern des Rechtsstreits: Zentraler Punkt war, ob der Vertrag wegen des Verdachts auf eine Abrede zur Steuerhinterziehung nichtig war und welche Ansprüche die Parteien dann noch hatten.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Klage des Unternehmers auf Bezahlung und die Widerklage des Grundstückseigentümers auf Rückzahlung ab.
- Begründung: Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Vertrag gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verstieß und deshalb nichtig war. Dies, weil der Unternehmer beabsichtigte, keine Umsatzsteuer abzuführen, und der Grundstückseigentümer dies wusste und ausnutzte.
- Folgen: Aus dem nichtigen Vertrag konnte keine Partei Ansprüche gegen die andere geltend machen. Eine Rückforderung bereits gezahlten Geldes war ebenfalls ausgeschlossen.
Der Fall vor Gericht
OLG Hamm: Gartenbauvertrag wegen geplanter Steuerhinterziehung nichtig – Keine Zahlungsansprüche bei Schwarzarbeit
Ein Rechtsstreit zwischen einem Garten- und Landschaftsbauunternehmer und einem Grundstückseigentümer über unbezahlte Rechnungen und angebliche Mängel endete vor dem Oberlandesgericht Hamm mit einer klaren Entscheidung:

Der zugrundeliegende Vertrag über Gartenbauarbeiten wurde als von Anfang an nichtig eingestuft. Grund hierfür war die Überzeugung des Gerichts, dass beide Parteien eine sogenannte „Ohne-Rechnung-Abrede„ getroffen hatten, um Steuern zu hinterziehen. Dies hat zur Folge, dass weder der Unternehmer einen Anspruch auf Bezahlung seiner Arbeiten noch der Grundstückseigentümer einen Anspruch auf Rückzahlung bereits geleisteter Barzahlungen hat. Das Urteil (Az.: 12 U 127/22) bestätigt damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Bochum und hat weitreichende Bedeutung für Fälle von Schwarzarbeit.
Ausgangslage: Vereinbarung zur Gartenumgestaltung und ein verräterischer Kostenvoranschlag ohne Mehrwertsteuer
Ende Mai 2020 kamen der Gartenbauunternehmer und der Eigentümer eines Grundstücks in S. über einen gemeinsamen Bekannten in Kontakt. Ziel war die Umgestaltung des Gartens des Grundstückseigentümers. Am 5. Juni 2020 legte der Unternehmer einen Kostenvoranschlag über netto 16.645,00 Euro vor. Auffällig war hierbei, dass dieser Kostenvoranschlag keine Mehrwertsteuer auswies. In einer Spalte mit der Überschrift „Steuerpflichtig?“ war zudem ein klares „Nein“ vermerkt. Der Grundstückseigentümer erklärte sich am 26. Juli 2020 per WhatsApp mit diesem Angebot einverstanden.
Die Arbeiten begannen am 18. September 2020, mussten jedoch am 15. Dezember 2020 aufgrund der Witterungsbedingungen unterbrochen werden. Letztendlich wurden die Gartenbauarbeiten nicht vollständig fertiggestellt, und die Zusammenarbeit der beiden Parteien endete. In einem klärenden Gespräch ermittelte der Grundstückseigentümer auf Basis einer eigenen Aufstellung der erbrachten Leistungen und unter Berücksichtigung von ihm behaupteter Abschlagszahlungen einen vermeintlichen Restbetrag von rund 1.700,00 Euro.
Eskalation des Streits: Unbezahlte Rechnung, Widerruf des Vertrags und gegenseitige Forderungen
Am 20. April 2021 stellte der Gartenbauunternehmer eine Schlussrechnung über 21.843,96 Euro aus – diesmal jedoch inklusive 16 % Umsatzsteuer. Der Grundstückseigentümer beglich diese Rechnung nicht. Stattdessen erklärte er mit einem Schreiben vom 7. Juni 2021 den Widerruf des Vertrages. Seine Begründung: Der Vertrag sei ausschließlich über Fernkommunikationsmittel (WhatsApp) zustande gekommen, und er sei nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Er bot erneut die Zahlung der von ihm errechneten 1.700,00 Euro an.
Der Gartenbauunternehmer zog daraufhin vor Gericht und forderte die Zahlung der vollen Rechnungssumme nebst Zinsen. Er argumentierte, ein Widerrufsrecht bestehe nicht und die abgerechneten Leistungen seien mangelfrei erbracht worden.
Der Grundstückseigentümer beantragte die Abweisung der Klage. Er machte hilfsweise geltend, bereits Abschlagszahlungen in bar in Höhe von insgesamt 10.000,00 Euro an den Unternehmer geleistet zu haben (5.000,00 Euro am 02.10.2020, 3.000,00 Euro am 30.10.2020 und 2.000,00 Euro am 04.12.2020). Zudem rügte er Mängel an den ausgeführten Arbeiten und bestritt den Umfang sowie die Mengen der abgerechneten Leistungen. Im Wege der Widerklage forderte der Grundstückseigentümer die Rückzahlung der von ihm behaupteten Barzahlungen in Höhe von 10.000,00 Euro nebst Zinsen.
Urteil des Landgerichts Bochum: „Ohne-Rechnung-Abrede“ führt zur Nichtigkeit des gesamten Gartenbauvertrags
Das Landgericht Bochum wies nach einer umfangreichen Beweisaufnahme, bei der die Parteien angehört und Zeugen vernommen wurden, sowohl die Klage des Unternehmers als auch die Widerklage des Grundstückseigentümers ab. Die zentrale Begründung des Gerichts: Die Parteien hätten eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ getroffen. Eine solche Vereinbarung, die darauf abzielt, Steuern zu hinterziehen (sogenannte Schwarzgeldabrede), führe gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwarzArbG) zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages.
Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass der Unternehmer durch die Forderung und Annahme von 10.000,00 Euro in bar ohne entsprechende Rechnungsstellung verbotene Schwarzarbeit geleistet habe. Der Grundstückseigentümer habe dies erkannt und bewusst zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt. Aus einem nichtigen Vertrag, so das Gericht, könnten keiner Partei Ansprüche zustehen. Die Rückforderung der gezahlten 10.000,00 Euro durch den Grundstückseigentümer sei zudem nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Leistung (die Barzahlung) zum Zweck einer Gesetzesübertretung durch den Leistenden (den Grundstückseigentümer) erfolgt sei.
Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm: Parteien bestreiten Schwarzgeldabrede und halten an Forderungen fest
Gegen dieses Urteil des Landgerichts Bochum legten sowohl der Gartenbauunternehmer als auch der Grundstückseigentümer Berufung ein. Vor dem Oberlandesgericht Hamm trugen beide Parteien nun übereinstimmend vor, dass es keine Schwarzgeldabrede gegeben habe. Der Unternehmer verfolgte weiterhin seinen Anspruch auf Werklohn, während der Grundstückseigentümer auf der Rückzahlung der 10.000,00 Euro bestand. Beide Seiten bestritten das Vorbringen der Gegenseite.
Die endgültige Entscheidung des OLG Hamm: Bestätigung der Nichtigkeit des Vertrags wegen Schwarzarbeit
Das Oberlandesgericht Hamm wies die Berufungen beider Parteien zurück. Es bestätigte die Auffassung des Landgerichts, dass der streitgegenständliche Vertrag wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nach § 134 BGB nichtig sei.
Indizien für die Steuerhinterziehungsabsicht des Gartenbauunternehmers trotz dessen Bestreitens
Das OLG erläuterte, dass ein Werkvertrag, der Regelungen enthält, die dazu dienen, dass der Unternehmer seine steuerlichen Pflichten nicht erfüllt, verboten ist. Ein solcher Verstoß führt zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Unternehmer vorsätzlich handelt und der Auftraggeber den Verstoß kennt und bewusst zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt. Das Gericht sah diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall als erfüllt an.
Für den vorsätzlichen Verstoß des Gartenbauunternehmers sprachen aus Sicht des OLG mehrere Indizien:
- Der von ihm erstellte Kostenvoranschlag wies keine Mehrwertsteuer aus und enthielt die explizite Angabe „Steuerpflichtig? Nein“.
- Der Vertrag wurde lediglich mündlich, nicht schriftlich geschlossen.
- Es wurden Barzahlungen in Höhe von 10.000,00 Euro geleistet, was das OLG nach Überprüfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung als erwiesen ansah.
- Der Unternehmer stellte weder vor noch nach diesen Barzahlungen Abschlagsrechnungen aus.
- Er erteilte trotz mehrmaliger Nachfrage keine Quittungen für die Barzahlungen.
- Die Geschäftsbeziehung hatte ihren Ursprung im privaten Bereich über einen gemeinsamen Bekannten, was nach Ansicht des Gerichts die Verheimlichung von Schwarzarbeit erleichtern konnte.
Die Einwände des Unternehmers in der Berufungsinstanz, er sei der deutschen Sprache nur teilweise mächtig und ihm sei der Unterschied zwischen Kostenvoranschlag und Rechnung sowie die sofortige Umsatzsteuerpflicht beim Kostenvoranschlag nicht bewusst gewesen, überzeugten das Gericht nicht. Es sei jedem, der am Geschäftsleben teilnimmt, bekannt, dass ein Kostenvoranschlag keine sofortigen Rechtsfolgen auslöse. Sprachliche Barrieren seien bei seiner Anhörung nicht feststellbar gewesen. Auch seine Behauptung, er sei Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG), hielt das Gericht für nicht glaubhaft. Der Kostenvoranschlag erreichte bereits eine erhebliche Höhe. Entscheidend war jedoch, dass die vom Unternehmer selbst erstellte Schlussrechnung 16 % Umsatzsteuer und seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auswies. Kleinunternehmer dürfen aber gerade keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG). Zudem fehlte sowohl im Kostenvoranschlag als auch bei den Abschlagszahlungen der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG erforderliche Hinweis auf eine Steuerbefreiung. Ausweichmanöver des Unternehmers bezüglich seiner Gewerbeanmeldung stützten zusätzlich die Annahme einer Steuerhinterziehungsabsicht.
Mitwisserschaft und Vorteilsnahme des Grundstückseigentümers bei der Steuerumgehung
Das OLG war ebenso davon überzeugt, dass der Grundstückseigentümer die Absicht des Unternehmers, keine Umsatzsteuer abzuführen, von Anfang an erkannt und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt habe. Dies ergab sich für das Gericht aus folgenden Indizien:
- Die Behauptung des Grundstückseigentümers, er habe sich keine Gedanken über die Steuerpflichtigkeit des Unternehmers gemacht, sei angesichts der expliziten Angaben im Kostenvoranschlag „lebensfremd“ und unglaubhaft.
- Die ausschließlichen Barzahlungen ohne Abschlagsrechnung sprächen für ein einvernehmliches Zusammenwirken zur Steuerersparnis.
- Der finanzielle Hintergrund beider Parteien (beide verfügten über wenig Geld und wurden teils von Verwandten unterstützt) stütze das Motiv, Kosten gering halten zu wollen.
- Der Grundstückseigentümer erstellte selbst eine Aufmaß- und Berechnungsliste (Anlage K3), die ebenfalls keine Umsatzsteuer berücksichtigte, obwohl ein auch nur durchschnittlich geschäftserfahrener Mensch wisse, dass auf Handwerkerleistungen Umsatzsteuer anfällt.
- Der Grundstückseigentümer holte auch bei anderen Gewerken Angebote ein, die teilweise Steuerpflicht auswiesen. Seine Angabe, er habe darauf nicht geachtet, sei unglaubhaft, da er nach eigener Aussage auf den Endpreis geachtet habe.
- Die Tätigkeit des Grundstückseigentümers im kaufmännischen Bereich (Lagerlogistik) mache eine grundsätzliche Kenntnis der Umsatzsteuerpflicht wahrscheinlich.
- Besonders auffällig war die Anhörung des Grundstückseigentümers vor dem OLG: Bei Fragen zur Steuerpflicht zögerte er, wirkte unsicher und zeigte körperliche Reaktionen wie Erröten und Händereiben, was auf eine Verschleierungstaktik hindeutete.
Gerichtliche Feststellung der Schwarzarbeit trotz übereinstimmenden Leugnens beider Parteien
Ein zentraler juristischer Punkt des Falles war die Frage, ob ein Zivilgericht an die übereinstimmende Behauptung der Parteien, es habe keine „Ohne-Rechnung-Abrede“ gegeben, gebunden ist, wenn gewichtige Indizien stark gegen diese Behauptung sprechen. Das OLG Hamm schloss sich der Rechtsauffassung an, dass das Gericht in solchen Fällen nicht an die Darstellung der Parteien gebunden ist, insbesondere bei betrügerischem Zusammenwirken oder offenkundig unwahren Tatsachenbehauptungen. Das Gericht sei nicht gehindert, eine Schwarzgeldabrede von Amts wegen (ex officio) zu berücksichtigen, wenn es aufgrund von Indizien davon überzeugt sei. Anderenfalls könnten Parteien durch einfaches Leugnen den Zweck des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes unterlaufen. Die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Angabe gemäß § 138 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) stehe der Bindung an übereinstimmend vorgetragene, aber unwahre Tatsachen entgegen.
Konsequenzen der Nichtigkeit: Kein Werklohn für den Handwerker, keine Rückzahlung für den Auftraggeber
Da der Vertrag aufgrund der Schwarzgeldabrede als von Anfang an nichtig anzusehen ist, bestehen keine wechselseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag. Der Werklohnanspruch des Gartenbauunternehmers entfällt somit vollständig. Auch der Anspruch des Grundstückseigentümers auf Rückzahlung der geleisteten Barzahlungen ist ausgeschlossen. Zwar wäre eine Rückforderung grundsätzlich über das Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) denkbar, jedoch steht dem hier § 817 Satz 2 BGB entgegen. Diese Vorschrift schließt eine Rückforderung aus, wenn die Leistung (hier die Barzahlung) zum Zweck einer Gesetzesübertretung (Steuerhinterziehung/Schwarzarbeit) erfolgte und dem Leistenden (dem Grundstückseigentümer) der gleiche Vorwurf des gesetzeswidrigen Handelns zu machen ist wie dem Empfänger (dem Unternehmer). Beide handelten bewusst zur Umgehung der Steuerpflicht.
Überprüfung der Beweiswürdigung zu den Barzahlungen durch das OLG Hamm
Das OLG überprüfte zudem die Feststellung des Landgerichts, dass tatsächlich 10.000,00 Euro in bar gezahlt wurden. Es fand keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellung gemäß § 529 Abs. 1 ZPO begründen würden. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei überzeugend und entspreche den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO. Die Einwendungen des Unternehmers, wie angebliche Widersprüche bei den Orten der Geldübergabe oder die Sichtbarkeit für Zeugen, wurden als nicht stichhaltig zurückgewiesen. Die eigene Anhörung der Parteien durch den Senat des OLG habe die Glaubhaftigkeit der Angaben des Grundstückseigentümers zu den Barzahlungen und die Unglaubhaftigkeit der Darstellung des Unternehmers bestätigt.
Kosten des Berufungsverfahrens und Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof
Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem Gartenbauunternehmer zu 69 % und dem Grundstückseigentümer zu 31 % auferlegt. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, jeweils gegen Sicherheitsleistung.
Bedeutsam ist, dass das Oberlandesgericht Hamm die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat. Dies deutet darauf hin, dass das Gericht der Frage, inwieweit ein Zivilgericht an den übereinstimmenden, aber möglicherweise wahrheitswidrigen Vortrag der Parteien bei Verdacht auf Schwarzarbeit gebunden ist, grundsätzliche Bedeutung beimisst. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich der Bundesgerichtshof zu dieser Problematik äußern wird.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht klar, dass Verträge mit „Ohne-Rechnung-Abreden“ zur Steuerhinterziehung vollständig nichtig sind, wodurch weder der Handwerker Anspruch auf Bezahlung noch der Auftraggeber Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Beträge hat. Besonders bemerkenswert ist, dass das Gericht trotz gegenteiliger Behauptungen beider Parteien eine Schwarzgeldabrede feststellen kann, wenn gewichtige Indizien dafür sprechen, wie fehlende Mehrwertsteuerausweise oder ausschließliche Barzahlungen ohne Quittungen. Das Urteil unterstreicht die konsequente Linie der Rechtsprechung gegen Schwarzarbeit und zeigt, dass beide Seiten erhebliche finanzielle Nachteile riskieren – der Handwerker verliert seinen gesamten Vergütungsanspruch, der Auftraggeber kann bereits gezahltes Geld nicht zurückfordern.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Nichtigkeit“ eines Vertrages im Zusammenhang mit Schwarzarbeit?
Der Begriff „Nichtigkeit“ bedeutet im juristischen Sinne, dass ein Vertrag von Anfang an unwirksam ist. Stellen Sie sich vor, der Vertrag wurde nie geschlossen und existiert rechtlich gesehen gar nicht.
Im Zusammenhang mit Schwarzarbeit, also wenn Leistungen ohne Beachtung steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten erbracht werden, sind die zugrundeliegenden Verträge nach deutschem Recht oft nichtig. Dies liegt daran, dass solche Verträge gegen gesetzliche Verbote verstoßen – konkret gegen die Vorschriften des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die sicherstellen sollen, dass Arbeit ordnungsgemäß angemeldet und versteuert wird.
Was bedeutet die Nichtigkeit „von Anfang an“?
Wenn ein Vertrag nichtig ist, dann gilt das rückwirkend bis zum Zeitpunkt, als er angeblich geschlossen wurde. Es ist nicht so, dass der Vertrag ab einem bestimmten Datum in der Zukunft ungültig wird. Er war niemals wirksam.
Welche Folgen hat die Nichtigkeit?
Die wichtigste Folge der Nichtigkeit ist, dass keine Ansprüche aus diesem Vertrag abgeleitet werden können.
- Die Person, die die Leistung erbracht hat (der „Schwarzarbeiter“), kann keine Bezahlung für die erbrachte Arbeit oder Leistung verlangen.
- Die Person, die die Leistung in Auftrag gegeben hat, kann zum Beispiel nicht die Fertigstellung der Arbeit oder Mängelansprüche auf Basis dieses nichtigen Vertrages geltend machen.
Der nichtige Vertrag ist also wie eine leere Hülle, aus der sich keine Rechte oder Pflichten für die Vertragspartner ergeben. Er wird rechtlich so behandelt, als hätte er nie existiert.
Welche Anzeichen deuten auf eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ hin?
Eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ meint im Grunde eine Vereinbarung, bei der Leistungen oder Waren ohne ordnungsgemäße Rechnung und oft gegen Barzahlung erbracht werden, um Steuern und Abgaben zu umgehen. Solche Absprachen sind illegal. Für Sie als Verbraucher oder Geschäftspartner gibt es verschiedene Hinweise, die auf eine solche Vereinbarung hindeuten können.
Typische Anzeichen, die auf eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ hinweisen können:
- Fehlender Ausweis der Mehrwertsteuer (MwSt.): Wenn auf einem Angebot oder einer Rechnung keine Mehrwertsteuer separat aufgeführt oder erwähnt wird, obwohl sie eigentlich anfallen müsste, ist das ein starkes Indiz. Auch Formulierungen wie „Endpreis“ ohne Hinweis auf die enthaltene MwSt. können verdächtig sein.
- Angebot nur gegen Barzahlung: Wenn ein Handwerker, Dienstleister oder Verkäufer ausschließlich auf Barzahlung besteht und keine andere Zahlungsweise wie Überweisung akzeptiert oder aktiv davon abrät.
- Keine oder unübliche Quittung bei Barzahlung: Sie erhalten bei einer Barzahlung keine ordentliche Rechnung oder nur eine handschriftliche Notiz ohne alle notwendigen Angaben (wie Name/Firma des Leistenden, Datum, Art der Leistung, Preis). Eine korrekte Rechnung oder Quittung belegt die Transaktion.
- Ungewöhnlich niedriger Preis: Wenn ein Angebot im Vergleich zu anderen Anbietern deutlich günstiger ist, kann das daran liegen, dass Steuern und Abgaben nicht einkalkuliert wurden.
- Mündliche Absprachen über den Rechnungsbetrag: Es gibt separate, mündliche Vereinbarungen, die vom schriftlichen Angebot abweichen und darauf abzielen, einen Teil des Preises „schwarz“ zu zahlen oder gar keine Rechnung für den gesamten Betrag zu erhalten.
- Angebot über „Nettopreis“ für Barzahlung: Ihnen wird angeboten, bei Barzahlung den Preis ohne die sonst übliche Mehrwertsteuer zu zahlen.
Diese Anzeichen deuten darauf hin, dass möglicherweise versucht wird, staatliche Abgaben wie die Mehrwertsteuer oder Einkommensteuer zu hinterziehen. Es ist wichtig zu wissen, dass nicht jedes einzelne Anzeichen sofort eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ beweist. Manchmal können auch andere Gründe dahinterstecken, zum Beispiel bei Kleinunternehmern, die unter bestimmten Voraussetzungen keine Mehrwertsteuer ausweisen müssen. Die genannten Punkte sind jedoch häufige Indizien, die in ihrer Gesamtheit oder in Kombination eine solche Abrede nahelegen können.
Welche Risiken bestehen für Auftraggeber und Auftragnehmer bei Schwarzarbeit?
Wer Arbeiten oder Dienstleistungen gegen Bezahlung erbringt oder in Anspruch nimmt, ohne dies den zuständigen Behörden (wie Finanzamt oder Sozialversicherung) zu melden und die fälligen Steuern oder Sozialabgaben zu entrichten, betreibt Schwarzarbeit. Dies birgt erhebliche Risiken für beide Seiten.
Wenn der Vertrag rechtlich ungültig ist: Zivilrechtliche Folgen
Ein Vertrag über Schwarzarbeit ist nach deutschem Recht in der Regel nichtig, also von Anfang an ungültig. Dies hat schwerwiegende zivilrechtliche Konsequenzen für Sie als Auftraggeber oder Auftragnehmer:
- Für Sie als Auftraggeber: Stellen Sie sich vor, die geleistete Arbeit ist mangelhaft – zum Beispiel, wenn nach einer Reparatur etwas nicht richtig funktioniert. Da der Vertrag ungültig ist, verlieren Sie Ihre Ansprüche auf Gewährleistung. Das bedeutet, Sie können vom Auftragnehmer rechtlich nicht verlangen, den Mangel zu beheben oder einen Teil des Geldes zurückzubekommen. Auch ein Schadensersatzanspruch ist oft ausgeschlossen.
- Für Sie als Auftragnehmer: Wenn Sie Ihre Arbeit erledigt haben, aber der Auftraggeber Sie nicht bezahlt, können Sie Ihren Anspruch auf Bezahlung rechtlich nicht durchsetzen. Weil der Vertrag nichtig ist, haben Sie keinen gültigen Anspruchsgrund, auf den Sie sich berufen könnten, um Ihr Geld einzuklagen. Sie bleiben auf Ihrer Leistung sitzen.
Strafrechtliche und steuerrechtliche Konsequenzen: Hohe Strafen
Neben den Problemen mit der Qualität der Arbeit oder der Bezahlung drohen bei Schwarzarbeit auch rechtliche Konsequenzen durch den Staat:
- Für Sie als Auftragnehmer: Wenn Sie Einnahmen aus Schwarzarbeit nicht in Ihrer Steuererklärung angeben, begehen Sie Steuerhinterziehung. Dabei geht es um die Einkommensteuer und gegebenenfalls auch um die Umsatzsteuer. Wenn Sie eigentlich Arbeitnehmer wären oder fest beschäftigt sein müssten, kommt noch das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen hinzu. Diese Taten können mit hohen Bußgeldern oder sogar Freiheitsstrafen geahndet werden, je nach Höhe des hinterzogenen Betrags.
- Für Sie als Auftraggeber: Auch für Sie als Auftraggeber kann die Beauftragung von Schwarzarbeit strafrechtliche Folgen haben. Sie können sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Auftragnehmers schuldig machen. Das bedeutet, Sie haben dem Auftragnehmer durch Ihre Zahlung geholfen, Steuern zu hinterziehen. Auch hier drohen Bußgelder. Wenn Sie eine Person regelmäßig beschäftigen, ohne dies zu melden, können weitere Straftatbestände hinzukommen.
Kurz gesagt: Beide Parteien riskieren bei Schwarzarbeit, ihre Rechte aus dem Vertrag zu verlieren und sich gleichzeitig strafbar zu machen. Die finanziellen und rechtlichen Risiken sind für Auftraggeber und Auftragnehmer erheblich.
Kann ich einen Vertrag widerrufen, wenn ich nachträglich feststelle, dass Schwarzarbeit vorliegt?
Wenn Sie feststellen, dass bei einem Vertrag Schwarzarbeit im Spiel war, spricht man rechtlich nicht von einem „Widerruf“. Der Begriff „Widerruf“ ist im Gesetz für ganz bestimmte Situationen vorgesehen, zum Beispiel bei Online-Käufen oder Haustürgeschäften. Er gibt Ihnen ein Recht, sich innerhalb einer Frist ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zu lösen.
Bei Verträgen, bei denen Schwarzarbeit vereinbart oder durchgeführt wird, liegt der Fall anders. Solche Verträge verstoßen gegen wichtige Gesetze, insbesondere gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und die Steuergesetze. Wenn ein Vertrag gegen ein Gesetz verstößt, das zum Schutz der Allgemeinheit dient (wie hier Steuerehrlichkeit und fairen Wettbewerb), dann ist dieser Vertrag meist von Anfang an ungültig oder nichtig. Das bedeutet, der Vertrag war rechtlich gesehen nie wirksam.
Für Sie bedeutet das: Wenn ein Vertrag wegen Schwarzarbeit nichtig ist, kann man ihn nicht „widerrufen“, weil es rechtlich betrachtet gar keinen gültigen Vertrag gab, der widerrufen werden könnte. Das Gesetz sieht vor, dass Leistungen, die aufgrund eines solchen ungültigen Vertrags erbracht wurden, unter Umständen zurückgefordert werden können oder dass die daraus entstehenden Forderungen (wie Bezahlung der Arbeit) nicht gerichtlich durchsetzbar sind.
Die Feststellung von Schwarzarbeit führt also nicht zu einem Recht, den Vertrag zu widerrufen. Sie führt vielmehr dazu, dass der Vertrag wegen Gesetzverstoßes als nichtig betrachtet wird. Dies hat oft weitreichende Folgen für beide Seiten des Vertrags, je nachdem, ob man von der Schwarzarbeit wusste oder nicht. Die rechtliche Beurteilung ist hier sehr streng, weil der Gesetzgeber Schwarzarbeit konsequent bekämpfen will.
Welche Beweismittel sind relevant, um eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ nachzuweisen?
Um vor Gericht zu beweisen, dass eine Leistung ohne offizielle Rechnung und Zahlung (oft als „Ohne-Rechnung-Abrede“ bezeichnet) vereinbart wurde, müssen Beweismittel vorgelegt werden, die das Gericht überzeugen. Solche Abreden werden naturgemäß selten schriftlich festgehalten, was den Nachweis erschwert.
Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Beweismitteln, die eine Rolle spielen können:
Direkte Beweise
Direkte Beweise sind Belege, die unmittelbar zeigen, dass eine solche Abrede getroffen wurde. Dazu gehören beispielsweise:
- Schriftliche Kommunikation: E-Mails, Chatnachrichten oder andere schriftliche Notizen (auch handschriftliche), in denen ausdrücklich oder zumindest klar angedeutet wird, dass keine Rechnung gestellt oder erhalten werden soll.
- Zeugenaussagen: Personen, die bei der Vereinbarung anwesend waren oder direkt von der Abrede erfahren haben, können als Zeugen aussagen. Ihre Glaubwürdigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle.
Indizien (mittelbare Beweise)
Da direkte Beweise oft fehlen, sind vor Gericht Indizien von großer Bedeutung. Indizien sind Umstände, die nicht direkt beweisen, dass die Abrede getroffen wurde, aber stark darauf hinweisen. Das Gericht betrachtet eine Kette von Indizien, um Rückschlüsse zu ziehen. Beispiele für solche Indizien können sein:
- Fehlen einer Rechnung: Das Ausbleiben einer Rechnung, obwohl normalerweise eine ausgestellt werden müsste, kann ein Indiz sein.
- Zahlung in bar ohne Quittung: Wenn große Beträge in bar bezahlt werden und keine Quittung ausgestellt wird, kann dies ein Hinweis sein.
- Ungewöhnliche Zahlungsmodalitäten: Andere atypische Arten der Bezahlung, die darauf hindeuten, dass die Transaktion „versteckt“ werden sollte.
- Deutlich unter dem üblichen Preis liegendes Entgelt: Ein ungewöhnlich niedriger Preis für eine Leistung oder Ware kann darauf hindeuten, dass ein Teil des Preises „schwarz“ gezahlt wurde.
- Fehlende Unterlagen: Das Fehlen von sonst üblichen Geschäftsunterlagen oder Buchungseinträgen im Zusammenhang mit der Leistung.
- Aussagen der Beteiligten: Auch die Aussagen der Personen, die an der Abrede beteiligt waren, werden vom Gericht gewürdigt, wobei deren Interesse am Ausgang des Verfahrens berücksichtigt wird.
Würdigung aller Umstände durch das Gericht
Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung alle verfügbaren Beweismittel – sowohl die direkten als auch die Indizien. Es nimmt eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vor. Dabei prüft das Gericht die Glaubwürdigkeit von Zeugen, die Echtheit von Dokumenten und wie gut die verschiedenen Indizien zusammenpassen und auf eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ hindeuten. Erst wenn das Gericht aufgrund der Gesamtheit der Beweise davon überzeugt ist, dass die Abrede tatsächlich getroffen wurde, kann es dies als erwiesen ansehen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Nichtigkeit
Nichtigkeit bedeutet, dass ein Vertrag von Anfang an keinerlei rechtliche Wirkung entfaltet und so behandelt wird, als sei er nie geschlossen worden. Im vorliegenden Fall wurde der Gartenbauvertrag wegen Verstoßes gegen gesetzliche Verbote – nämlich die Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit – für nichtig erklärt (§ 134 BGB in Verbindung mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz). Das heißt, weder kann der Unternehmer Werklohn verlangen, noch kann der Grundstückseigentümer Rückzahlung der geleisteten Zahlungen fordern. Nichtigkeit wirkt also rückwirkend und schließt alle Ansprüche aus dem Vertrag aus.
Beispiel: Wenn jemand einen Vertrag schließt, der gegen das Gesetz verstößt, wie hier die Absprache, keine Rechnung zu stellen, wird dieser Vertrag so behandelt, als hätte man nie etwas vereinbart.
Ohne-Rechnung-Abrede
Eine Ohne-Rechnung-Abrede ist eine geheime oder offene Vereinbarung zwischen Vertragspartnern, Leistungen gegen Barzahlung ohne Ausstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung zu erbringen, um Steuern zu umgehen. Solche Abreden sind illegal und verstoßen gegen steuer- und sozialversicherungsrechtliche Pflichten (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG). Im vorliegenden Fall führte diese Abrede zur Nichtigkeit des gesamten Gartenbauvertrags, weil sie auf Steuerhinterziehung zielte. Sie ist nicht nur strafbar, sondern entzieht den Beteiligten auch alle vertraglichen Ansprüche.
Beispiel: Ein Handwerker und ein Kunde vereinbaren, dass der Kunde nur einen Teil der Arbeit zahlt, ohne eine Rechnung zu erhalten, damit keine Steuern anfallen.
§ 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 134 BGB regelt, dass ein Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn es gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Im Kontext dieses Falls bedeutet das, dass ein Vertrag, der zum Ziel hat, Steuern zu hinterziehen oder Schwarzarbeit zu fördern, von Anfang an weder wirksam noch durchsetzbar ist. Dieser Paragraph schützt öffentliche Interessen, hier die Steuerordnung und den Sozialversicherungszweck. Deshalb wird in Kombination mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) die Vereinbarung ohne Rechnung automatisch nichtig.
Beispiel: Wenn man einen Vertrag abschließt, der illegalen Drogenhandel zum Ziel hat, ist er nach § 134 BGB nichtig; hier ist es analog die Abrede zur Steuerhinterziehung.
§ 817 Satz 2 BGB
Nach § 817 Satz 2 BGB ist die Rückforderung einer Leistung ausgeschlossen, wenn die Leistung zum Zweck eines rechtswidrigen Handelns (wie Steuerhinterziehung oder Schwarzarbeit) erbracht wurde und der Leistende an diesem Verstoß mitgewirkt hat. Im dargestellten Fall konnte der Grundstückseigentümer sein Geld nicht zurückfordern, weil er bewusst an der „Ohne-Rechnung-Abrede“ beteiligt war. Das Gesetz verhindert so, dass jemand durch die Rückzahlung von Geldern vom illegalen Geschäft profitiert oder daraus Nutzen zieht.
Beispiel: Wer Geld im Rahmen eines illegalen Wettbewerbs zahlt, kann dieses Geld später nicht vom anderen zurückverlangen, weil er an der Rechtsverletzung beteiligt ist.
Widerklage
Eine Widerklage ist eine Klage, die der Beklagte gegen den Kläger im gleichen Verfahren erhebt, um eigene Forderungen durchzusetzen. Im vorliegenden Fall reichte der Grundstückseigentümer eine Widerklage ein, um die Rückzahlung der von ihm in bar geleisteten Zahlungen an den Unternehmer einzuklagen. Eine Widerklage ermöglicht es, alle Ansprüche zwischen den Parteien in einem Prozess zu klären, anstatt mehrere Verfahren führen zu müssen. Allerdings scheiterte die Widerklage hier, weil der gesamte Vertrag als nichtig angesehen wurde.
Beispiel: Wenn A von B Geld verlangt, kann B gleichzeitig in derselben Klage Geld von A zurückfordern, etwa weil er zu viel gezahlt hat.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 134 BGB (Gesetzliches Verbot): Verträge, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, sind nichtig. Dies bedeutet, dass ein Vertrag keine rechtliche Wirkung entfalten kann, wenn er z.B. der Steuerhinterziehung dient. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die „Ohne-Rechnung-Abrede“ zur Steuerhinterziehung führt zur Nichtigkeit des Gartenbauvertrags, worauf das OLG Hamm abstellte.
- § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG): Dieses Gesetz verbietet Schwarzarbeit, also die Erbringung von Arbeitsleistungen ohne ordnungsgemäße Rechnungserstellung und Anmeldung zum Zwecke der Steuer- und Sozialversicherungsumgehung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Gartenbauvertrag verstößt gegen dieses Verbot, da die Leistungen in bar und ohne Rechnungsstellung erbracht wurden, was die Nichtigkeit des Vertrags begründet.
- § 817 Satz 2 BGB (Leistung zur Gesetzesübertretung): Ein Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung ist ausgeschlossen, wenn die empfangene Leistung zum Zwecke einer gesetzeswidrigen Handlung erfolgte und der Leistende an der Rechtswidrigkeit mitwirkte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Grundstückseigentümer kann die Rückzahlung der schwarz gezahlten 10.000 Euro nicht verlangen, da die Zahlung zur Steuerhinterziehung diente und er Mitwissender war.
- § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) (Kleinunternehmerregelung): Kleinunternehmer sind von der Ausweisung der Umsatzsteuer befreit, dürfen aber keine Umsatzsteuer in Rechnungen ausweisen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG verwarf die Behauptung des Unternehmers, Kleinunternehmer zu sein, da er in der Schlussrechnung Umsatzsteuer auswies und dies nicht mit der Kleinunternehmerregel vereinbar ist.
- § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG (Pflichtangaben in Rechnungen): Rechnungen über steuerpflichtige Leistungen müssen einen Hinweis auf Steuerbefreiungen enthalten, wenn diese angewandt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Im Kostenvoranschlag und den Abschlagszahlungen fehlte ein solcher Hinweis, was das Indiz für Steuerhinterziehungsabsicht unterstützt.
- § 286 Abs. 1 ZPO (Beweiswürdigung durch das Gericht): Das Gericht hat bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen und Beweismitteln weiten Ermessensspielraum, solange die Beweiswürdigung widerspruchsfrei und nachvollziehbar ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG bestätigte die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Zahlung der Barbeträge, was für die Feststellung der Schwarzarbeit und somit für die Nichtigkeit des Vertrags entscheidend war.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Hamm – Az.: 12 U 127/22 –
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