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Rotlichtverstoß: Rotlicht von mehr als einer Sekunde missachtet

OLG Hamm

Az: 3 Ss OWi 692/02

Beschluss vom 22.08.2002

Vorinstanz: AG Dorsten – Urteil vom 17.05.2002


Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Dorsten vom 17. Mai 2002 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 22.08.2002 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Dorsten zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen „wegen einer vorsätzlichen Verkehrsordnungswidrigkeit, nämlich Rotlichtverstoß, wobei die Rotphase bereits mehr als eine Sekunde andauerte, nach § 37 Abs. 2, 49 StVO i.V.m. § 24 StVG“ zu einer Geldbuße von 125 EUR verurteilt und gleichzeitig ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats mit der Maßgabe verhängt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Das Amtsgericht hat zum Verkehrsverstoß folgende Feststellungen getroffen:

„Das Gericht geht nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass der Betroffene als Führer des Pkw DB, amtliches Kennzeichen, am 07. November 2001 gegen 12.15 Uhr in Dorsten, Bochumer Straße/Lindenfelder Straße das Rotlicht der dortigen Lichtzeichenanlage nicht beachtet hat, in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, obwohl die Ampel bereits auf Rotlicht umschaltete, als er von der Haltelinie noch ca. 18 m entfernt war und ihm ein rechtzeitiges und gefahrloses Anhalten ohne Gefährdung anderer noch innerhalb der Gelbphase möglich gewesen wäre.

Bei Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 50 km/h dauerte damit die Rotphase bereits länger als 1 Sekunde.“

Zur Beweiswürdigung hat das Amtsgericht u.a. Folgendes ausgeführt:

„Der Betroffene hat den ihm zur Last gelegten Verkehrsverstoß bestritten und sich dahingehend eingelassen, daß die Ampel für ihn „grün“ gewesen sei.

Der Betroffene ist jedoch überführt durch die Aussage des Zeugen PK.

Der Zeuge PK hat glaubhaft bekundet, daß beobachtet habe am Tattag zur Tatzeit eine gezielte Überwachung des Rotlichtes der dortigen Fußgängerlichtzeichenanlage durchgeführt zu haben. Der Betroffene habe die Bochumer Straße in Fahrtrichtung Norden befahren.

Die für den Betroffenen zunächst Grünlicht anzeigende Ampel sei vor Erreichen durch den Betroffenen auf Rot umgesprungen. Der Betroffene habe bei dem Umspringen auf Rot die Haltelinie nicht passiert gehabt. Der Betroffene sei noch ca.18 Meter von der Haltelinie entfernt gewesen, als die Ampel auf Rotlicht umgesprungen sei.

Das Gericht hatte keine Veranlassung an den Angaben des Zeugen PK zu zweifeln. Der Zeuge PK hatte noch eine gute Erinnerung an das Tatgeschehen, das er detailreich und widerspruchsfrei schildern konnte. Das Gericht hatte insbesondere keine Veranlassung, daran zu zweifeln, daß der Zeuge PK das Ampellicht der von dem Betroffenen zu beachtenden Ampel einsehen konnte. Der Zeuge K. hat auch in der Hauptverhandlung nachvollziehbar erklärt, wie er die dem Betroffenen zur Last gelegte Rotlichtstrecke von 18 Metern abgemessen hat. Da die hier in Rede stehende Lichtzeichenanlage dem Gericht aus anderen Verfahren bekannt ist und auch sonst in gleicher Weise. Im übrigen ist die hier in Rede stehende Kreuzung dem Gericht gut bekannt.

Nach diesem Beweisergebnis geht das Gericht davon aus, dass der Betroffene als Führer des Pkw DB, amtliches Kennzeichen, am 07. November 2001 gegen 12.15 Uhr in Dorsten, Kz. Bochumer Straße/Lindenfelder Straße das Rotlicht der dortigen Lichtzeichenanlage nicht beachtet hat und in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, obwohl die Ampel bereits auf Rotlicht umschaltete, als er von der Haltelinie noch ca. 18 Meter entfernt war und ihm ein rechtzeitiges und gefahrloses Anhalten ohne Gefährdung anderer noch innerhalb der Gelbphase möglich gewesen wäre. Bei Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 50 km/h dauerte damit die Rotphase bereits länger als 1 Sekunde.“

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

Das zulässige Rechtsmittel des Betroffenen hat einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen eines vorsätzlich begangenen Rotlichtverstoßes nicht. Der von dem Amtsgericht angenommene qualifizierte Rotlichtverstoß erfordert die Feststellung, dass der Fahrzeugführer das Rotlicht nach einer Rotlichtphase von mehr als einer Sekunde missachtet hat. Um dem Rechtsbeschwerdegericht die erforderliche Überprüfung zu ermöglichen, setzt dies nähere Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und zum Ablauf des Rotlichtverstoßes voraus. Insbesondere wenn die Feststellungen zum Zeitablauf nicht auf einer technischen Messung mittels eines geeichten Messgerätes beruhen, sind wegen der damit verbundenen zahlreichen Fehlermöglichkeiten klare und erschöpfende Feststellungen zum Zeitablauf sowie zur Entfernung des Fahrzeugs zum Einmündungsbereich, zur Lichtzeichenanlage und zu einer ggf. vorhandenen Haltelinie zu treffen (vgl. OLG Hamm, Beschluss des 4. Senats für Bußgeldsachen vom 16. November 1995 – 4 Ss OWi 1281/95 -). Diesen Anforderungen werden die getroffenen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung nicht gerecht. Das Amtsgericht hat seine Überzeugung in erster Linie aus der Aussage des Zeugen PK K. gewonnen. Dieser hat bekundet, dass er die „Rotlichtstrecke“ mit 18 m abgemessen habe. Wie diese Abmessung erfolgt ist, wird in den Urteilsgründen nicht dargelegt. Die Qualifizierung des Rotlichtverstoßes, also die Feststellung einer bereits länger als eine Sekunde andauernden Rotlichtphase, stützt das Amtsgericht zudem darauf, dass eine Geschwindigkeit von 50 km/h „zugrunde gelegt“ wird. Das Amtsgericht legt in den Urteilsgründen nicht dar, woraus es die Überzeugung gewinnt, dass der Betroffene mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h gefahren ist. Eine Schätzung reicht ohne nähere Darlegung der Grundlagen ebenso wenig zur Geschwindigkeitsfeststellung aus wie die Tatsache, dass der Verkehrsverstoß innerorts begangen sein soll und die zulässige Höchstgeschwindigkeit dort 50 km/h beträgt.

Darüber hinaus hat das Amtsgericht auch nicht dargelegt, worauf es seine Überzeugung gründet, der Betroffene habe den Rotlichtverstoß vorsätzlich begangen.

Die angefochtene Entscheidung ist auf die Sachrüge hin aufzuheben. Dem Senat ist es auf die allein erhobene Sachrüge hin verwehrt – was die Revision vorträgt – zu überprüfen, ob vom Amtsgericht ein weiterer Zeuge vernommen worden ist, dessen Aussage in den Entscheidungsgründen keine Berücksichtigung gefunden hat. Grundlagen der Prüfung der Verletzung sachlichen Rechts sind nur die Urteilsgründe und die Abbildungen, auf die nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO verwiesen worden ist, alle anderen Erkenntnisquellen sind dem Rechtsbeschwerdegericht verschlossen. Widersprüche zwischen Urteil und Protokoll sind für die Sachrüge ohne Bedeutung (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 337 Rdnr. 22 m.w.N.).

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