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Beweisverfahren (selbstständiges) – Vorschusspflichten

Landgericht Hamburg

Az: 325 OH 2/07

Beschluss vom 13.07.2008


Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig aber unbegründet. Der Kostenvorschuss ist den Antragsgegnerinnen zu Recht auferlegt worden. Die Gründe hierfür ergeben sich aus der Begründung des angegriffenen Beschlusses.

Die Kammer sieht keinen Anlass, von ihrer Rechtsauffassung abzurücken, die sie im angegriffenen Beschluss dargelegt hat (vgl. auch Beschluss vom 31. Juli 2007, 325 OH 36/04 (juris)). Auf eine Beweislast kommt es im selbstständigen Beweisverfahren nicht an (LG Berlin, Urteil vom 7. Februar 2006, 5 O 267/05 (juris) = BauR 2007, 920 = NJW-RR 2007, 674). Das selbstständige Beweisverfahren kann auch von einer nicht beweisbelasteten Partei betrieben werden, soweit sie ein Interesse an der Feststellung der betreffenden Tatsachen hat, ohne dass sich dies auf ihre aus § 379 ZPO folgende Pflicht auswirkt, den Kostenvorschuss für die Beweiserhebung zu tragen.

Maßgeblich ist allein, wer die betreffende Beweiserhebung veranlasst. Stellt der Antragsteller nach dem Vorliegen eines schriftlichen Sachverständigengutachtens keine weiteren Beweisanträge mehr, liegt es allein bei den Antragsgegnerinnen, den Kostenvorschuss für eine ergänzende Stellungnahme oder die Anhörung des Sachverständigen zu leisten, wenn sie die Einholung der Stellungnahme bzw. die Anhörung verlangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Antragsgegnerinnen Fragen stellen, die sich auf die Feststellungen des Sachverständigen zu den ursprünglichen Beweisfragen des Antragsgegners beziehen, also unselbstständige Beweisfragen sind, oder ob sie eine eigene Beweisfrage der Antragsgegnerinnen betreffen (anders LG Hamburg, Beschluss vom 24. Januar 2006, 414 OH 2/04 (juris), zusammengefasst in IBR 2006, 240 und BauR 2006, 735).

Dem Antragsteller sind Kostenvorschüsse für die Veranlassung einer weiteren Beweiserhebung jedenfalls dann nicht aufzuerlegen, wenn er keine weitere Beweiserhebung mehr begehrt oder sich die Fragen der Antragsgegnerinnen nicht direkt auf Fragen beziehen, deren Aufklärung der Antragsteller weiter sucht. Im selbstständigen Beweisverfahren muss jede Partei selbst entscheiden, inwieweit sie Aufklärung sucht, und insoweit auch die Kosten der Beweiserhebung tragen. Dies ist auch sachgerecht, weil jede Partei im selbstständigen Beweisverfahren vollständig das Risiko trägt, ob die Beweiserhebungen am Ende auch ausreichend sind, ggf. in einem Rechtsstreit den angestrebten Beweis zu führen. Dasselbe gilt für die Gegnerinnen, die die Beweisführung der Gegenseite ggf. zu Fall bringen wollen. Eine Kostenvorschusspflicht beim Antragsteller für Beweiserhebungen auf Antrag der Antragsgegner anzusiedeln, würde zu unbilligen Ergebnissen führen: Zahlt der Antragsteller nicht, würde den Antragsgegnerinnen etwa die Chance einer Beweiserhebung im laufenden selbstständigen Beweisverfahren genommen werden. Wenn etwa der Verlust eines Beweismittels drohen würde, hätte der Antragsteller es in der Hand, ein ihm günstiges Beweisergebnis durch Verweigerung des Kostenvorschusses zu perpetuieren. Es wäre für die Antragsgegnerinnen in einem solchen Fall weiter riskant darauf zu bauen, dass das erkennende Gericht angesichts eines Beweismittelverlustes zu der Überzeugung kämme, dass der Antragsteller beweisfällig bliebe. Hinzu kommt, dass es ebenfalls nicht überzeugen kann, dem Antragsteller das Risiko aufzubürden, dass er beweisfällig bleiben könnte, wenn er den Kostenvorschuss für Fragen der Antragsgegner nicht aufbringen will. Der Antragsteller müsste dann nämlich im Hinblick auf jede Frage der Antragsgegner eine Beurteilung treffen, ob sie (letztlich aus Sicht des später erkennenden Gerichts) geeignet sind, das Beweisergebnis in Frage zu stellen. Diesen Risiken kann das Gericht im selbstständigen Beweisverfahren nicht entgegenwirken, da es keinen Einfluss darauf hat, die Beweiserhebung danach zu steuern, ob aus seiner Überzeugung ein Beweis geführt ist oder nicht. Eine Würdigung der Beweiserhebung findet durch das Gericht im selbstständigen Beweisverfahren nicht statt.

Dass die Antragsgegnerinnen evtl. keinen Kostenvorschuss für ihre Fragen zu leisten hätten, wenn die Beweiserhebung erst im Rechtsstreit stattfindet (was gemäß § 379 ZPO von der jeweiligen Prozesskonstellation abhängen würde), lässt die Auferlegung des Kostenvorschusses im selbstständigen Beweisverfahren auf die Antragsgegnerinnen nicht unbillig erscheinen. Es steht ihr frei, ihre Einwendungen im Prozess geltend zu machen (vgl. OLG München, Beschluss vom 14. März 2008, 28 W 1155/07 (juris) = BauR 2008, 716). Wenn die Einwendungen der Antragsgegnerinnen erheblich wären, müsste das Prozessgericht ohnehin eine weitere Beweisaufnahme durchführen (vgl. HansOLG, Urteil vom 27. Februar 2002, 14 U 157/99 (Leitsatz bei juris) = OLGR Hamburg 2002, 481). Das ergibt sich auch aus der Gleichstellung der Beweiserhebung im selbstständigen Beweisverfahren mit derjenigen im Prozess nach § 493 ZPO. Auch bei einem im Prozess eingeholten Sachverständigengutachten müsste das Gericht prüfen, ob es angesichts auch der Einwendungen der Gegenseite von dem Erfolg einer Beweisführung überzeugt ist. Die weitere Befragung des Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren mag aus Sicht der Antragsgegnerinnen Vorteile haben, so wie der Antragsteller in der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens ebenfalls Vorteile gesehen haben mag.

Die Vorschusspflicht davon abhängig zu machen, ob es sich bei den Ergänzungsfragen um selbstständige oder unselbstständige Beweisfragen handelt, ist für die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens auch unpraktikabel und macht es fehleranfällig. Das Gericht müsste die Abgrenzung bei jeder Frage eines Antragsgegners vornehmen und ggf. die Kostenvorschusspflicht auf mehrere Beteiligte aufteilen. Damit würde unnötig Konfliktstoff in das selbstständige Beweisverfahren getragen, und ein Fehler bei der Abgrenzung könnte bei Ausbleiben des Vorschusses zu Unwägbarkeiten für die Brauchbarkeit der Beweiserhebungen für den Prozess führen.

Soweit die Vorteile einer Klärung im selbstständigen Beweisverfahren es lohnend erscheinen lassen, die Beweiserhebung im selbstständigen Beweisverfahren weiter zu verfolgen, erscheint es angemessen, den Vorschuss entsprechend der Veranlassung der das Verfahren weiter betreibenden Partei aufzuerlegen.

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