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Serverausfall – Schadensersatzansprüche aus dem Webhosting-Vertrag

Amtsgericht Charlottenburg

Az.: 208 C 475/01

Verkündet am: 11.12.2001


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Charlottenburg, Abteilung 208, auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2001 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 900,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus einem sogenannten Webhosting-Vertrag. Die Beklagte ist ein bundesweit tätiger Webhoster (Verwalter von Internet-Inhalten) und bietet Internet-Dienstleistungen an. Die Klägerin entwickelt und gestaltet für Endkunden Internetseiten und Homepages, wobei sie auch Verwaltung und Registrierung der Seiten (Domains) übernimmt. Derzeit hat sie ca. 500 Kunden. Für den eigentlichen Zugang zum Internet nutzt die Klägerin die Dienste der Beklagten gegen Entgelt. Die Daten der Kunden werden von der Klägerin auf die Server (Rechner) der Beklagten übertragen (upload) und dort abgelegt (gehostet). Über Eingabe entsprechender Adressen können die Inhalte weltweit von den Rechnern der Beklagten abgerufen werden.

Am 27. März 2001 kam es zu einem Stromausfall auf den Servern der Beklagten. Die dort abgelegte Inhalte waren teilweise nicht mehr abrufbar. Darauf gab es von einem Großteil der Kunden der Klägerin massive Beschwerden.

In der Folgezeit stellte die Beklagte ein Schadensersatzformular ins Internet, auf dem betroffene Kunden Schadensersatzansprüche anmelden konnten. Auf dessen Inhalt wird verwiesen (Bl. 8-11 d.A.).

Die Klägerin behauptet: Die Verfügbarkeitsprobleme hätten bis 30. März 2001 angehalten. In der Zeit ab 27. März 2001 hätten ihre Mitarbeiter auf Kundenbeschwerden hin sämtliche verwalteten Domains durch Eingabe einzelner Adressen überprüft, um festzustellen welche Inhalte verfügbar seien, ob Verknüpfungen (links) noch funktionierten, Grafiken korrekt dargestellt werden und dergleichen mehr. Es hätten komplette Webpage-Pakete neu überspielt werden müssen, was weitere Prüfungen erfordert habe. Insgesamt sei ein Arbeitsaufwand von 19 Stunden à 160,00 DM zzgl. Samstags- und Sonntagszuschlag (insgesamt 4.760,00 DM netto) angefallen. Auf die Rechnung der Klägerin vom 10. April 2001 wird Bezug genommen (Bl. 7 d.A.).

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.760,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes seit dem 13. Mai2001 zuzahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Nachdem die Klageerwiderung den Prozessbevollmächtigten unter dem 12. November 2001 zugestellt worden ist, hat das Gericht im Verhandlungstermin darauf hingewiesen, dass es eine weitere Replik erwartet und für notwendig erachtet hätte.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zwar zulässig hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zwar ist eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach gemäß § 536a BGB gegeben. Ein Webhosting-Vertrag ist nach Mietrecht zu beurteilen (vgl. Koch, BB 1996, 2049, 2054; Cichon, Internetverträge, 2000, Seite 54). Die Nichtabrufbarkeit der „gehosteten“ Inhalte stellt einen Mangel der vermieten Sache dar (vgl. Cichon, a.a.O. Seite 59). Diesen hat die Beklagte zu vertreten. Da der Mangel (Serverausfall) im Gefahrenbereich der Beklagten liegt, hat sie darzulegen und zu beweisen, dass sie den Mangel nicht zu vertreten hat (vgl. Palandt/Weidenkaff, 60. Auflage 2001, § 538 BGB Rn. 11; m.w.N.). Dafür trägt die Beklagte nichts vor. Vielmehr hat sie sogar ein Formular zur Anmeldung von Ansprüchen ins Netz gestellt.

Die Klägerin hat jedoch einen durch den Ausfall der Server der Beklagten verursachten Schaden (§§249 ff. BGB) nicht substanziiert dargetan.

Zwar kann in dem Formular der Beklagten grundsätzlich ein Schuldanerkenntnis von Schadensersatzansprüchen gemäß § 781 BGB gesehen werden. Dieses Anerkenntnis bezieht sich jedoch allein auf ihre Haftung dem Grunde nach. Dies folgt aus dem Schadensersatzformular selbst, wonach die einzelnen Schäden vom Kunden aufzuschlüsseln und nachzuweisen sind. Es entbindet die Klägerin deshalb nicht von ihrer Darlegungs- und Beweislast zur Ursächlichkeit und Umfang eines auf dem Serverausfall der Beklagten beruhenden Schadens.

Die Klägerin beschränkt sich hier im Wesentlichen darauf, auf ihre Rechnung vom 10. April 2001 Bezug zu nehmen, wonach 19 Stunden Zeitaufwand ä 160,00 DM für die Wiederherstellung „diverser Internetseiten, der X und zerstörter Grafiken“ angefallen seien. Sie legt nicht dar, welche Seiten und Inhalte, in welchem Umfang zerstört wurden und welche konkreten Arbeiten im Einzelnen dafür aufgewendet wurden. Der Vortrag ist für die Beklagte nicht einlassungsfähig.

Ferner trägt die Klägerin selbst vor, es hätte auch umfangreiche Überprüfungsarbeiten an sämtlichen Domains (auf vorhandene Inhalte, Links, Darstellung von Grafiken) durch Eingabe der einzelnen Adressen gegeben. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb für solche Nebenarbeiten eine Fachkraft zu einem Stundensatz von 160,00 DM eingesetzt werden musste.

Darüber hinaus ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb in der maßgeblichen Zeit vom 27. bis 30. März 2001 Überprüfungen und Neuaufspielungen von Internet-Inhalten möglich gewesen sind. Denn die Klägerin behauptet zugleich, ein Zugriff auf die Server der Beklagten sei nicht möglich gewesen. Es bleibt im Dunkeln, was dann durch eine Fachkraft überprüft worden ist. Das bloße Nachgehen von Kundenbeschwerden durch Eingabe der beanstandeten Internet-Adresse kann jedenfalls nicht mit 160,00 DM pro Stunde abgerechnet werden. Andernfalls würde die Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) verstoßen.

Schließlich bleibt die Klägerin auch eine Erklärung schuldig, weshalb sie Samstagsund Sonntagszuschläge gelten macht. Die Störungen dauerten nach ihrem eigenen Vortrag vom 27. März 2001 (Dienstag) bis 30. März 2001 (Freitag).

Dem zum Unfang der Wiederherstellungsarbeiten weiter angebotenen Zeugenbeweis war letztendlich nicht nachzugehen. Die Beweisaufnahme liefe auf eine unzulässige Ausforschung des Zeugen hinaus.

Das Gericht brauchte die Klägerin auch nicht auf die Substanzlosigkeit ihres Vertrages gemäß §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO nochmals hinzuweisen. Denn die Beklagte hat in der Klageerwiderung die fehlende Subtanz gerügt. Die Klägerin ist anwaltlich vertreten (vgl. OLG Gelle, NZG 1999, 265, 266). Im Übrigen hat das Gericht im Termin auch darauf verwiesen, dass es eine Replik auf die Klageerwiderung, die bereits am 12. November 2001 (8 Tage vor dem Termin) zugestellt worden ist, eigentlich erwartet und auch für notwendig erachtet hätte. Die Beklagte – die aus Kostengründen im Termin selbst auftrat – hat darauf keinen Schriftsatznachlass (§ 283 ZPO) beantragt. Das Gericht ist nicht gehalten, einer anwaltlich vertretenen Partei weiteren Sachvortrag aufzudrängen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen finden ihre Grundlage in §§ 91 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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