VG München
Az: M 7 K 07.3934
Urteil vom 12.03.2008
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Halterin des Motorrades Marke Honda mit dem amtlichen Kennzeichen …….
Am 29. Juni 2007 führte die Verkehrspolizeiinspektion W. auf der Bundesstraße B 11 bei km 62,372 in Richtung K. eine Geschwindigkeitskontrolle betreffend Motorräder durch. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt in diesem Bereich 100 km/h. Um 13:53 Uhr wurde die Klägerin mit einer Geschwindigkeit von 151 km/h, abzüglich 5 km/h Toleranz, also 146 km/h gemessen. Die Messstelle befand sich noch vor dem Ort K.. Erst nach dem Ort K. geht die B 11 über in einen bei Motorradfahrern beliebten, kurvenreichen Streckenabschnitt.
Die Klägerin wurde angehalten und ihr Motorrad nach Art. 25 Nr. 1 PAG zur sonstigen Gefahrenabwehr wegen massiver Geschwindigkeitsüberschreitung sichergestellt und von einem Abschleppunternehmen abgeschleppt. Das Fahrzeug wurde am 2. Juli 2007 wieder ausgehändigt.
Mit Leistungsbescheid vom … August 2007 forderte der Beklagte die Kosten der Abschleppmaßnahme in Höhe von EUR 180,81 von der Klägerin.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. September 2007, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tage, erhob die Klägerin Klage und beantragt, den Kostenbescheid des Beklagten vom … August 2007 aufzuheben.
Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass der Bußgeldbescheid in derselben Sache aufgehoben und das Verfahren eingestellt worden sei. Die Klägerin habe sich an diesem Tage nicht auf dem Weg zu dem bei Motorradfahrern beliebten Streckenabschnitt der B 11 befunden, sondern wollte ihren in K. wohnenden Vater besuchen. Sie habe lediglich nach ihrer Anhaltung durch die Polizei erklärt, dass heute auch ein schönes Wetter wäre, um zu der genannten Bergstrecke zu fahren. Der Bruder der Klägerin wäre zudem in der Lage gewesen, das Motorrad abzuholen und der Vater habe dafür sorgen wollen, dass die Klägerin dieses bis zum Montag nicht mehr benutze. Die Klägerin gehöre nicht der Rennszene an, sondern verhalte sich immer verkehrsgerecht. Die Geschwindigkeitsmessung sei im Übrigen falsch gewesen, da kein standardisiertes Messverfahren zum Einsatz gekommen sei. Daher sei die Messung nicht verwertbar. Im Übrigen habe sich hinter der Klägerin ein PKW befunden und sei im Radarbereich der Messung gewesen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, die Sicherstellung sei rechtmäßig gewesen. Nach dem Ort K. schließe sich in südlicher Richtung der bei Motorradfahrern beliebte Streckenabschnitt der B 11 an. Dieser stelle einen Unfallschwerpunkt dar, bei welchem durch teilweise erhebliches Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sowie durch unzulässiges Überholen ein für Kradfahrer 30-fach erhöhtes Unfallrisiko bestehe. Für diese Strecke existiere eine regelrechte Rennszene. Unter dem Namen der Strecke existiere zudem eine eigene Internetseite für Motorradfahrer. Die Klägerin habe gegenüber den anhaltenden Beamten geäußert, dass sie den Berg ein paar mal auf und ab fahren wolle. Zudem habe die Klägerin ein T-Shirt mit dem Namen der Internetseite sowie dem Aufdruck „K., muss kesseln“ getragen. Zur Zeit der Sicherstellung hätten konkrete Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Klägerin im Falle einer Weiterfahrt erneut durch erheblich zu schnelles Fahren sich und andere Verkehrsteilnehmer einer Gefahr für Leib und Leben aussetzen würde. Das Krad sei sichergestellt worden, um die gegenwärtige Gefahr weiterer Verkehrsverstöße und die daraus resultierende Gefährdung oder Schädigung der Betroffenen oder anderer Verkehrsteilnehmer zu verhindern. Die Polizei und andere Behörden hätten bereits auf verschiedene Weise versucht, den Missbrauch dieser Strecke als Rennstrecke zu bekämpfen, beispielsweise durch verstärkte offene Polizeipräsenz, Geschwindigkeitsmessungen ohne Anhaltungen, Öffentlichkeitsarbeit, Fahrtenbuchauflagen und Anordnungen der Überprüfung der Eignung zum Führen eines Fahrzeugs. Ein Platzverweis sei kein geeignetes Mittel, da dieser sich nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand kontrollieren lasse und keine abschreckende Wirkung erziele. Auch die Sicherstellung von Fahrzeugschlüsseln erscheine angesichts der Existenz von Zweitschlüsseln nicht geeignet. Zwar habe sich bei der Messung noch ein PKW in selber Fahrtrichtung befunden jedoch in 100 m Abstand. Nach dem Messprotokoll sei die Visiereinrichtung des Lasermessgerätes jedoch frei gewesen. Die Geschwindigkeitsmessung mit einem zugelassenen und geeichten Laserhandmessgerät sei nach den damals gültigen Verkehrsüberwachungs-Richtlinien durch einen geschulten Beamten erfolgt. Es handele sich nicht um eine Radar-, sondern um eine Lasermessung. Die Messung mit einem Laserhandmessgerät sei seit 1999 als standardisiertes Verfahren zugelassen. Lediglich die Regelungen zur Justierung der Visiereinrichtung, d.h. der Abstand für die Probemessung, wurde nach der streitgegenständlichen Messung geändert. Daher wurde das Bußgeldverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit eingestellt. Das konkrete Laserhandmessgerät sei vom Bayerischen Landesamt für Maß und Gewicht am 13. September 2007 überprüft worden und kein Fehler bei der Einstellung der Visiereinrichtung gefunden worden. Die Messung sei somit korrekt erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12. März 2008 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Leistungsbescheid vom 10. August 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage des Leistungsbescheids ist Art. 1, 10 Abs. 1 Nr. 5 Kostengesetz (KG) i.V.m. Art. 25 Nr. 1, 9 Abs. 2, 76 Polizeiaufgabengesetz (PAG) i.V.m. § 1 Polizeikostenverordnung (PolKV). Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Kostenrechnung ist, dass sie dem Grunde und der Höhe nach ergehen durfte. Die Kostenrechnung ist dem Grunde nach rechtmäßig, wenn die Abschleppanordnung rechtmäßig ergangen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschleppanordnung ist derjenige des polizeilichen Einschreitens (vgl. Schmidbauer/Steiner, PAG, Art. 11 RdNr. 22).
Die Polizeibeamten durften das Abschleppen des klägerischen Motorrades gemäß Art. 25 Nr. 1, 9 Abs. 1 PAG anordnen. Nach Art. 25 Nr. 1 PAG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Der Begriff der „Gefahr“ erfordert dabei das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Eine solche besteht, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu befürchten ist, dass nach den gegebenen Tatsachen im weiteren Verlauf der zukünftigen Entwicklung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eintreten wird (vgl. Schmidbauer/Steiner, PAG, Art. 11 RdNr. 11). Unter öffentlicher Sicherheit versteht man die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen sowie den Bestand und das Funktionieren des Staates. Unter öffentlicher Ordnung ist die Gesamtheit jeder ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen zu verstehen, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung für ein geordnetes staatsbürgerliches Gemeinschaftsleben der in unserem Land wohnenden Menschen angesehen wird (vgl. Schmidbauer/Steiner, PAG, Art. 11 RdNr. 12).
Eine Sicherstellung eines Fahrzeuges ist u.a. dann möglich, wenn vom Verhalten eines Fahrzeugführers gegenwärtige Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Dies gilt insbesondere in allen Fällen, in denen die Polizei die konkrete Gefahr der Wiederholung erheblicher Verkehrsverstöße durch den Betroffenen feststellen kann (vgl. Schmidbauer/Steiner, PAG, Art. 25 RdNr. 42 mit zahlreichen Beispielen).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 46 km/h überschritten. Dieser Verkehrsverstoß steht angesichts des in den Akten befindlichen Messprotokolls für das Gericht fest. Die mit dem eingesetzten Laserhandmessgerät Riegl FG 21-P durchgeführte Messung ist ein seit Jahren anerkanntes, standardisiertes Messverfahren. Das Gerät befand sich nach Überprüfung durch das Bayerische Landesamt für Maß und Gewicht vom 13. September 2007 in einem korrekten, fehlerfreien Zustand. Die Lasermessung am streitgegenständlichen Tag erfolgte nach den damals gültigen Richtlinien. Erst später, mit Schreiben vom 12. Juli 2007, änderte das Bayerische Staatsministerium des Innern die Richtlinien betreffend die Entfernungsbereiche für die Visiereinrichtung auf 135 m – 220 m. Bei der streitgegenständlichen Messung erfolgte der Test der Visiereinrichtung in einer Entfernung von 124,7 m. Das Bayerische Landesamt für Maß und Gewicht konnte bei seiner Überprüfung des Geräts keine Dejustierung der Visiereinrichtung feststellen. Daher ist von einer korrekten Messung der Geschwindigkeit auszugehen.
Dieses Verhalten der Klägerin stellt zudem ohne Zweifel einen durchaus schwerwiegenden Verkehrsverstoß dar. Dafür spricht beispielsweise, dass die Rechtsprechung im Ordnungswidrigkeitenrecht bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von mehr als 50 % regelmäßig von einem vorsätzlichem Verhalten ausgeht (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 25. 8. 2006 – 2 Ss 214/06 / 3 Ws (B) 437/06, 2 Ss 214/06, 3 Ws (B) 437/06 -). Zudem ist eine derartige Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Bußgeld von EUR 100,– sowie mit einem Fahrverbot von einem Monat und drei Punkten bewehrt (vgl. 11.3.7 BKat). Zwar wurde die Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer geraden Strecke festgestellt und damit an einem grundsätzlich eher ungefährlicherem Streckenabschnitt. Eine verdeckte Geschwindigkeitsmessung mittels einer Laserpistole ist jedoch technisch nicht in Kurven möglich. Die Laserpistole erlaubt eine Messung auch aus größerer Entfernung, ohne dass der gemessene Kraftfahrer die Messung wahrnimmt. Andere, auch in Kurven mögliche Messmethoden wiederum erlauben keine verdeckte Messung. Eine offene Messstelle hingegen würde rasch entdeckt und keine Wirkung mehr entfalten. Bei einem derart massiven Verstoß gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit und dies zudem auf gerader Strecke konnte die Polizei daher zu Recht davon ausgehen, dass die Klägerin auch in der weiteren Folge mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet.
Zwar erfolgte die Geschwindigkeitsmessung noch vor dem Ort K. und damit nicht in dem für Motorradfahrer besonders interessanten, bergigen und kurvenreichen Streckenabschnitt der B 11. Es handelt sich jedoch um den weiteren Anfahrtsbereich zu dem erheblich unfallträchtigen Streckenabschnitt der B 11. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass im Rahmen des polizeilichen Ermessens auch Kontrollstellen im näheren Umfeld eines Unfallschwerpunktes eingerichtet werden. Das Gericht ist zudem der Auffassung, dass bei einer derart massiven Geschwindigkeitsüberschreitung wie der Vorliegenden auch auf „normalen“ Strecken eine Sicherstellung durchaus in Betracht kommt. Im vorliegenden Fall ergaben sich durch die Äußerung der Klägerin, dass sie den K. ein paar Mal auf und ab fahren wolle, sowie das Tragen des T-Shirts mit der einschlägigen Aufschrift die nach dem Ort K. befindliche Bergstrecke betreffend weitere Anhaltspunkte für die Polizei, dass die Klägerin auf dem Weg zu dem unfallträchtigen Streckenabschnitt war. Die nunmehr getroffene Aussage, dass die Klägerin lediglich zu ihrem in K. wohnenden Vater unterwegs gewesen sei, muss als reine Schutzbehauptung gewertet werden.
Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung in diesem Maße ist zudem die Sicherstellung zur Abwehr von möglichen weiteren erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit sowohl der Klägerin selbst als auch für andere Verkehrsteilnehmer auszugehen. Dies gilt im Besonderen, da der nach dem Ort K. folgende Streckenabschnitt einen Unfallschwerpunkt darstellt und ein 30fach erhöhtes Unfallrisiko für Motorradfahrer aufweist. Die Strecke dient als Bundesstraße zudem dem überregionalen Verkehr, ohne dass in diesem Bereich eine Ausweichmöglichkeit auf eine Bundesautobahn bestünde. Dies bedeutet, dass auf dieser Strecke auch normaler PKW- und Güterkraftverkehr stattfindet. Des weiteren ist die Strecke auch bei Radfahrer-Gruppen als Bergstrecke beliebt, so dass eine Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern keinesfalls ausgeschlossen werden kann.
Die Sicherstellungsanordnung ist auch nicht unverhältnismäßig i.S.d. Art. 4 PAG. Insbesondere stand kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr zur Verfügung.
Der genannte Streckenabschnitt der B 11 erfreut sich wegen seiner kurvenreichen, bergigen Straßenführung sowie seines landschaftlichen Reizes vor allem bei Motorradfahrern seit Jahren großer Beliebtheit. Der Streckenabschnitt wird dabei auch als Rennstrecke missbraucht und weist im Vergleich zu anderen Bundesstraßen vor allem für Motorradfahrer eine erhebliche, nämlich 30fach erhöhte Unfallgefahr auf. Im Internet gibt es eine eigene Seite für Motorradfahrer zu dieser Strecke. Des Weiteren finden sich im Internet auf diversen Videoportal-Seiten zahlreiche Videos mit Rennszenen von dieser Strecke, bei welchen auch Tacho und Drehzahlmesser des jeweiligen Motorrades zu sehen sind, welche deutlich die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um ein Vielfaches erkennen lassen. Die Polizei hat in den vergangenen Jahren mit unterschiedlichsten Mitteln versucht, diesen Unfallschwerpunkt zu entschärfen, ohne dass jedoch dauerhafte Erfolge erzielt werden konnten. So haben Polizei und Verwaltung beispielsweise offene Kontrollen zu den „motorradrelevanten Zeiten“ durchgeführt, Geschwindigkeitsmessungen ohne Anhaltungen gemacht, die Öffentlichkeitsarbeit intensiviert (z.B. durch Medienberichte, Plakat- und Handzettelaktionen), Fahrtenbuchauflagen erlassen und in Fällen besonders schwerer Verstöße auch die Überprüfung der Eignung zum Führen eines Fahrzeuges angeordnet. Alle Maßnahmen schlugen sich nicht nachhaltig in der Unfallstatistik nieder. Nach Überzeugung des Gerichts ist daher aufgrund dieser Vorgeschichte der bloße Platzverweis nach Art. 16 PAG nicht als milderes Mittel in diesem Zusammenhang geeignet. Ein solcher Platzverweis wäre aufgrund der Länge der Gesamtstrecke und deren Unübersichtlichkeit nur mit unverhältnismäßigen Mitteln kontrollierbar und im Ergebnis ein weiteres untaugliches Mittel. Auch eine Sicherstellung der Fahrzeugschlüssel stellt angesichts der Existenz von Zweitschlüsseln kein geeignetes Mittel zur Abwehr der Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung dar. Wie bereits ausgeführt, gilt dies auch im Falle der Klägerin, die zwar vor dem unfallträchtigen Streckenabschnitt kontrolliert und gemessen wurde, bei der es jedoch eindeutige Anzeichen dafür gab, dass sie auf dem Weg dorthin war.
Die Sicherstellung erfolgte zudem ermessensfehlerfrei (Art. 5 PAG, § 114 VwGO). Die Ermessensentscheidung der Polizei ist seitens des Gerichts nur eingeschränkt und nur auf Ermessensfehler hin überprüfbar. Als Ermessensfehler haben sich dabei in der Rechtsprechung drei Fallgruppen entwickelt, der Ermessensnichtgebrauch, der Ermessensfehlgebrauch und die Ermessensüberschreitung (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 RdNr. 10). Die Polizei hat die Sicherstellungen ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 km/h durch extensive Öffentlichkeitsarbeit angekündigt. Diese Grenze von 40 km/h wurde von der örtlichen Polizei mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern abgestimmt. Grundsätzlich liegt ein Ermessensnichtgebrauch nicht schon dann vor, wenn sich die ausführende Behörde an interne Weisungen oder Mitwirkungsakte anderer Stellen gebunden sieht (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 RdNr. 19). Es ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass sich die örtliche Polizei an diese vorab mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern abgesprochene Einschreitensgrenze bei der Anordnung der Sicherstellungen gehalten hat. Die Grenze von 40 km/h, ab welcher die Sicherstellungen angeordnet werden, liegt zur Überzeugung des Gerichts im Rahmen des polizeilichen Ermessensspielraumes. Nach Nr. 11.3.7 BKat ist bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften von 40 km/h erstmals auch ein Fahrverbot von einem Monat vorgesehen. Neben einem Bußgeld von EUR 100,– wird die Ordnungswidrigkeit zudem mit dem Eintrag von drei Punkten in die Verkehrssünderkartei in Flensburg geahndet (Nr. 5.4 Anlage 13 zu § 40 FeV). Bei geringfügigeren Überschreitungen verbleibt es bei einer Geldbuße ohne Fahrverbot. Hinsichtlich der Auferlegung eines Fahrtenbuches nach § 31a StVZO genügt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.9.1999, BayVBl 2000, 380 = NZV 2000, 368) bereits ein lediglich mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß. Für das Einschreiten im Wege der Sicherstellung wurde hier seitens der Polizei und des Bayerischen Staatsministeriums des Innern eine deutlich höhere „Hürde“ betreffenden die Schwere des Verkehrsverstoßes gewählt. Die Bußgeldkatalog-Verordnung sowie die sich aus der Fahrerlaubnisverordnung ergebende Punktebewertung stellen eine neutrale, auch jedem Führerscheininhaber bekannte Bewertung von Verkehrsordnungswidrigkeiten dar, an welcher sich die örtliche Polizei und das Bayerische Staatsministerium des Innern orientieren können hinsichtlich der Einschätzung der Schwere einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Die Wahl dieser Grenze beruht somit auf sachlich genau abgrenzbaren Gründen. Ein Ermessensfehlgebrauch ist insoweit nicht erkennbar. Es kann dahinstehen, ob eventuell auch eine andere, höhere Grenze hätte gewählt werden können. Die gewählte Grenze ist jedenfalls sachlich begründet und auch nicht zu niedrig angesetzt.
Auch von einem Ermessensnichtgebrauch kann im Hinblick auf das generelle Einschreiten der Polizei bei Überschreiten der 40 km/h-Grenze nicht gesprochen werden. Aus den bei der Kammer anhängigen bzw. bereits abgeschlossenen weiteren Verfahren ist bekannt, dass im Einzelfall bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 40 km/h von einer Sicherstellung abgesehen bzw. der Leistungsbescheid aufgehoben wurde, wenn im Einzelfall besondere Gründe vorlagen. Dies zeigt deutlich, dass durchaus noch im Einzelfall eine Ermessensabwägung stattgefunden hat und nicht pauschal jedes Motorrad bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 40 km/h sichergestellt wurde.
Bedenken gegen die Höhe der Gebühren und Auslagen bestehen nicht und wurden seitens der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Berufung war nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf EUR 180,– festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).